Das Herz in der Truhe

,,Also ehrlich gesagt, Tia Dalma...ich glaube nicht an so einen Quatsch wie Prophezeiungen oder vorherbestimmten Schicksalen. Ich für meinen Teil, habe mein Schicksal selbst in der Hand."

David sah sie vielsagend an, während alle anderen immer noch mit ihren Blicken auf ihn und Kate ruhten. Anscheinend wusste Tia Dalma mehr über sie, als sie eigentlich wissen konnte, doch David glaubte ihr kein Wort. Für ihn war sie bloß eine verrückte Wahrsagerin, die nicht mehr alle Latten am Zaun hatte.

,,Wir werden sehen!", erwiderte Tia Dalma und wandte sich schließlich wieder an Will. ,,Was für eine Hilfe, kann ich euch bieten? Du weißt, dass ich Bezahlung erwarte.", raunte sie dann Jack entgegen, der wissentlich nickte.

,,Ich hab was zu bezahlen!"

,,Ach, ja?", brachte Kate überrascht hervor.

Jack nickte, ehe er Pintel zu sich winkte, der ihm einen großen Käfig anschleppte. Jack zog das Tuch vom Käfig und zum Vorschein kam der verfluchte Affe von Barbossa. Der Captain zückte seine Pistole und knallte den Affen ab, der aber natürlich unversehrt blieb.

,,Sieh mal einer an...Daddys Familienerbstück.", meinte Kate nur und David grinste leicht.

,,Siehst du? Ein untoter Affe. Ziemlich gut.", sagte Jack und reichte Tia Dalma den Käfig.

Sie musterte den Affen, ehe sie schließlich den Käfig öffnete, woraufhin Jack raussprang und in ein Nebenzimmer rannte.

,,Au revoir, Jack.", sagte David beiläufig, doch Gibbs sah dem Affen entsetzt nach.

,,Nein, nicht doch! Ach, Ihr ahnt nicht, wie lange wir gebraucht haben, um ihn zu fangen."

,,Das Angebot ist fair.", meinte Tia Dalma und stellte den Käfig beiseite.

,,Wir suchen das hier.", wechselte Will nun das Thema und holte den Stofffetzen aus seinem Mantel, welchen er auf dem Tisch ausbreitete. ,,Und das, wofür er da ist."

Alle sahen zu Tia Dalma, die mit geheimnisvollem Blick auf die Zeichnung des Schlüssels sah, ehe sie sich an Jack wandte. Dieser hielt gerade einen Hut in den Händen und schien etwas desinteressiert zu sein.

,,Der Kompass, den du von mir bekommen hast? Kann er dich nicht zu ihm führen?"

,,Möglicherweise! Wieso?", meinte Jack, woraufhin Tia Dalma sich grinsend setzte.

,,Haha, Jack Sparrow, hast keine Ahnung, was du willst. Oder weißt du es doch? Bist aber zu unwillig, es als Eigen anzuerkennen?"

Alle sahen zu Jack, der sich anscheinend ertappt fühlte, denn er tat so, als hätte er gar nicht zugehört. Kate wandte den Blick von ihm ab, denn sie hatte das Gefühl, dass nicht sie damit gemeint war. Tia Dalma hingegen nahm das Thema wieder auf und lehnte sich entspannt zurück.

,,Dein Schlüssel führt zu einer Truhe. Und was sich in der Truhe befindet ist das, was ihr sucht. Oder nicht?"

,,Was ist in der Truhe?", fragte Gibbs frohlockend.

,,Gold? Juwelen? Herrenlose Besitztümer von großem Wert?", brachte Pintel hervor und bekam große Augen.

,,Nichts Böses...hoffe ich mal.", meinte Ragetti und schluckte schwer.

Tia Dalma beugte sich vor und schaute vielsagend in die Runde.

,,Ihr alle kennt doch...Davy Jones, ja? Ein Mann...des Meeres. Ein großer Segler! Solange, bis ihm das Ärger bereitete, was allen Männern Ärger bereitete." sagte sie geheimnisvoll.

,,Und was bereitet allen Männern Ärger?", wollte Will wissen, woraufhin Tia Dalma ihn wieder verführerisch anlächelte.

,,Was kann das sein?"

,,Die See?", schlug Gibbs vor.

,,Das 1x1?", kam es von Pintel, ehe sich auch Ragetti an einem Vorschlag versuchte.

,,Die Dialektik von Gut und Böse?"

Alle sahen ihn an, als wäre er verrückt geworden. Ragetti wandte den Blick beschämt ab und schließlich warf Jack die Lösung des Rätsels in den Raum.

,,Eine Frau!"

,,Eine Frau! Er verliebte sich.", stimmte Tia Dalma ihm zu, doch Gibbs widersprach ihr.

,,Nein, nein, nein! Ich habe gehört, er verliebte sich in die See."

,,Dieselbe Geschichte, aber eine andere Version. Und alles ist wahr. Hört ihr, es war eine Frau! So wechselhaft und hart und unbezähmbar, wie die See. Er hat nie aufgehört, sie zu lieben.", erklärte Tia Dalma.

,,Klingt eher nach einem tragisch Verliebten, als nach einem Schurken.", sagte Kate beiläufig.

,,Doch der Schmerz, den ihm das bereitete, was für sein Leben nicht tragbar. Aber zu süß, um sein Leben zu beenden.", sprach Tia Dalma weiter und Will beugte sich leicht vor.

,,Was genau, befindet sich in der Truhe?"

,,Sein Herz!", erwiderte Tia Dalma und legte sich poetisch eine Hand auf ihres.

Kate und David sahen sich verblüfft an, aber Ragetti und Pintel schienen ihr das nicht ganz abzunehmen.

,,Wirklich? Oder im übertragenen Sinn?", hakte Ragetti nach.

,,Er hat sein Herz wohl kaum wörtlich in eine Truhe getan.", fuhr Pintel ihn an, ehe er jedoch wieder zu Tia Dalma sah. ,,Oder doch?"

,,Ich glaub', mir wird schlecht!", brachte David angewidert hervor.

,,Die Gefühle waren wertlos, die ihm das Leben mit seiner kleinen übrigen Freude noch zu bieten hatte. Und so, entfernte er sein Herz mit einer Klinge, schloss es in eine Truhe und versteckte sie von der Welt. Den Schlüssel...trägt er bei sich jeden Augenblick.", sagte Tia Dalma und deutete vielsagend auf den Stofffetzen.

,,Warum überrascht mich das nur nicht.", brachte Kate hervor und warf einen wissenden Blick Richtung Jack, als Will aufstand und den Piraten sauer ansah.

,,Du hast es gewusst!"

,,Das hab ich nicht! Ich hab nicht gewusst, wo der Schlüssel ist, aber jetzt wissen wir es. Also müssen wir jetzt nur an Bord der Flying Dutchman klettern, schnappen uns den Schlüssel und dann fahren du und David zurück nach Port Royal und befreit eure beiden Schätzchen. Aye!"

Jack sah Will überzeugend an, da er seinen Plan natürlich für genial und unumgänglich hielt. Kate wollte natürlich auch, dass Mila und Elizabeth so schnell wie möglich frei kamen, doch sie hatte ein ungutes Gefühl bei dem Plan. Es würde ganz sicher nicht so einfach werden, wie Jack es darstellte und Davy Jones den Schlüssel zu stehlen würde eine riskante Aktion sehen. David schien das Gleiche zu denken, denn er schüttelte nur den Kopf und sah Jack skeptisch an.

,,Das ist keine gute Idee!"

Doch der Pirat wandte sich bereits von den Freunden ab, als Tia Dalma plötzlich aufstand und ihre rechte Hand nach Jack ausstreckte und ihm einen fordernden Blick zuwarf.

,,Lass mich deine Hand sehen!"

Jack drehte sich zu ihr und winkte ihr mit der Rechten zu. Doch der Blick von Tia Dalma wurde nur härter und dann kam Jack schließlich der Forderung nach und reichte ihr seine linke Hand, die er immer noch verbunden hatte. Tia Dalma wickelte den Stoff ab und als die Freunde auf Jacks Hand starrten, weiteten sich ihre Augen vor Schreck. Denn auf der Hand des Piraten prangte ein riesiger schwarzer Fleck und die Boshaftigkeit, die von ihm ausging, war deutlich zu spüren.

,,Das schwarze Mal! Schwarzes Mal...schwarzes Mal!", keuchte Gibbs entsetzt und drehte sich um sich selbst.

Pintel und Ragetti taten es ihm gleich, um anscheinend irgendwie zu verhindern, dass sie verflucht wurden. Jack sah seine Crew an und grinste verschlagen.

,,Meine Augen sind so gut wie eh und je. Nur, dass ihr es wisst."

,,Jack, woher kommt das?", fragte Kate fassungslos und ergriff ebenfalls seine Hand, als Tia Dalma sie losgelassen hatte und Richtung Hinterzimmer verschwand.

,,Wo hab ich's denn...wo hab ich's denn..."

,,Jack, wo hast du das Mal her?", wiederholte Kate ihre Frage, doch der Pirat schwieg und entzog ihr stattdessen seine Hand.

Kate sah zu David und Will, die sich zweifelhafte Blicke zuwarfen und Jack dann misstrauisch musterten. Es war allen Drei klar, dass der Pirat etwas vor ihnen verheimlichte und sie wollten alle natürlich nur zu gerne wissen was.
David sah zu Pintel und Ragetti, die sich etwas zurücklehnten und in einen abgelegenen Raum starrten. Es sah fast so aus, als würden sie da etwas Interessantes sehen, aber er konnte keinen Blick in den Raum werfen. Kate verdrehte unterdessen die Augen, als Jack die Abwesenheit von Tia Dalma nutzte und einen Ring von ihrem Tisch stibitzte. Da kehrte die Voodoo Dame auch schon wieder zurück und offenbar war ihre Suche von Erfolg gekrönt, denn sie hielt ein Glas mit Sand gefüllt in den Händen.

,,Davy Jones kann nirgendwo anlegen. Er kann sein Schiff nur einmal alle 10 Jahre verlassen und an Land gehen. Das Land gibt dir Sicherheit, Jack Sparrow. Und deshalb wirst du Land mit dir tragen.", sagte sie und drückte Jack kurzer Hand das Glas mit Sand in die Hände.

Der Pirat nahm es entgegen, musterte es aber mit einem eher kritischen und abfälligen Blick.

,,Dreck! Das ist 'ne Flasche voll Dreck."

,,Ja!", erwiderte Tia Dalma und Jack sah sie zweifelnd an.

,,Wird diese Flasche voll Dreck hilfreich sein?"

,,Wenn du sie nicht haben willst...gib sie mir zurück."

,,Nein!"

Jack zog das Glas mit Dreck enger an sich und sah Tia Dalma trotzig an, als wolle sie ihm sein Spielzeug wegnehmen. Die Freunde schüttelten nur die Köpfe, während Tia Dalma triumphierend grinste.

,,Dann ist sie hilfreich!"

Die Freunde kamen um ein Grinsen nicht drum rum, doch dann wandte sich Will an Tia Dalma und warf ihr einen vielsagenden Blick zu.

,,Ich hab das Gefühl, dass wir irgendwie die Flying Dutchman finden müssen."

Sie nickte und setzte sich wieder an den kleinen Tisch. Dann nahm sie eine Hand voll von Krabbenknochen, schüttelte sie und ihre Stimme klang wie ein geheimnisvolles Flüstern, als sie die Krabbenknochen auf den Tisch warf.

,,Ein Hauch...von Schicksal!"