6. Dezember || Regenmann
Als er zum zweiten Mal an diesem Tag in einer völlig fremdartigen Umgebung aufwachte, kam er sich dann doch ein wenig veralbert vor. Etwas benommen fasste er sich an die pochende Stirn, fing langsam an, den Raum um ihn herum genauer wahrzunehmen und musterte die eigenartigen Möbelstücke. Aus der Entfernung konnte er dumpf eine Stimme hören und da er nicht davon ausging, dass ihm gegenwärtig irgendeine Gefahr drohte, gab er ein paar Worte von sich, um auf seinen wachen Zustand aufmerksam zu machen. Kurz darauf öffnete sich die Tür, hinter der er auch die Stimme von eben vermutet hatte und herein kam jemand, dem er kürzlich schon einmal begegnet war.
Es war der verärgerte Mann aus dem Regen.
Dieser kam eilig auf ihn zu und musterte ihn kurz, bevor er fragte: „Okay Kumpel, wie geht's dir? Alles wieder in Ordnung?" Maurice nickte bloß. Die gesamte Situation passte noch immer nicht in das Bild seiner eigentlichen Realität und er konnte sich genauso keinen Reim darauf machen, warum das so war. Also fing er behutsam an, aus seinem Gegenüber etwas Aufschlussreiches heraus zu bekommen. „Darf man fragen, woher sie stammen? Sie sind nicht von hier, oder? Ihr Dialekt ist mir in einer gewissen Weise befremdlich.", das ist sicher ein guter Gesprächseinstieg gewesen. „Okay sorry, ich weiß echt nicht, was du meinst, aber kannst du aufhören so gestelzt zu reden. Es ist echt anstrengend dich so ernst zu nehmen." Doch der Braunhaarige erntete dafür bloß einen verständnislosen Blick von Maurice.
„Sag mal... bist du eigentlich obdachlos?" Mit einem Mal wurde Maurice doch ein wenig wütend: „Wie können sie es wagen! Sehe ich etwa so miserabel gekleidet aus? Eine Frechheit. Ich bin ein hochangesehener Antiquitätenhändler und sie wollen mir vorwerfen, dass-" „Warte mal, meinst du das jetzt echt ernst?", fiel der Mann aus dem Regen ihm verblüfft ins Wort. „Also ich darf sie doch bitten!", erwiderte Maurice bloß trotzig und verschränkte die Arme. „Okay gib mir mal 'ne Minute, ich ruf nur schnell 'nen Kumpel an." In der Erwartung, dass der Mann, sobald er aus der Tür verschwunden war, vermutlich gleich das Haus zusammenschreien würde, hielt Maurice sich vorsichtshalber schon einmal die Ohren zu. Irgendwelchen undefinierbaren Lärm hatte er in letzter Zeit schon genug ertragen müssen. Doch es blieb still. Vielleicht war ‚anrufen' ja auch nur eine andere Formulierung für: an die Tür klopfen gewesen...
Dann blieb es eine ganze Weile lang ruhig.
Bis irgendwann der Mann aus dem Regen mit einem weiteren braunhaarigen Mann wieder zur Tür hereintrat und auf Maurice deutete. Die Situation erschien ihm wieder einmal ein wenig verrückt. Der Regenmann, nach dessen Namen Maurice noch immer nicht gefragt hatte, flüsterte dem anderen etwas zu, drehte sich dann um und ließ den neuen Fremden mit ihm im Raum alleine. Ein wenig fühlte er sich schon wie ein Strafgefangener. „Und du bist...?", kam der noch immer unbekannte Mann auf ihn zu und hielt ihm freundlich die Hand hin. Maurice nahm diese offene und freundliche Begrüßung dankend entgegen und erwiderte: „Maurice mein Name, sehr erfreut, Sir." Ein Stirnrunzeln seines Gegenübers verriet ihm, dass auch für ihn irgendwas an der Situation nicht stimmte, aber der versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. „Ich bin Michael. Und der Typ in dessen Wohnung wir gerade sind, heißt übrigens Patrick." Maurice nickte, dass wirkte bis hierhin alles noch absolut nachvollziehbar für ihn. Doch dann kam eine Frage, die ihn erstaunlicherweise stocken ließ.
„Weißt du, wie viel Uhr wir gerade haben?"
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