09 Blutlinie
Das Türchen mit der Nummer 9 klemmt leider; alles, was ich bisher erschnuppern konnte, war der Titel. Ich hoffe, ich bekomme das Ding heute oder morgen auf.
Bitte entschuldige die Umstände.
Das Türchen ist aufgegangen, die Werkzeuge, die ich von der lieben _Jay_M_ erhalten habe, waren hilfreich. Weil ich aber eure lieben Kommentare nicht wegradieren will, lasse ich das sperrige Türchen noch etwas hier. Nun lasst es uns aber öffnen und den Inhalt ansehen. Ich wünsche euch viel Vergnügen mit einem verspäteten Türchen Nummer 9.
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Der riesige Grizzly steht auf seinen Hinterbeinen, brüllt sich die Seele aus dem Leib und schlägt seine Pranken wild um sich, um die Wölfe, die ihn angreifen, abzuwehren. Er weiß nicht, wie ihm geschieht. Nie greifen Wölfe ein stärkeres Tier an, aber dieser Winter ist unglaublich hart; die Wölfe haben den Bären in seiner Höhle geschnuppert und tatsächlich angegriffen, ihn aus dem Winterschlaf geholt und nun wehrt er sich um sein Leben. Um ihn herum ist der Boden bereits blutrot verfärbt, die mächtigen Wölfe sind ungewöhnlich stark, als wären sie nicht von dieser Erde. Wenn die Pranke des Bären ein Tier erwischt und wegschleudert, schüttelt sich der Wolf nur kurz und greift wenig später erneut an. Sie werden einfach nicht weniger, der Bär verliert seine Kraft.
"Seit wann greifen wir Bären an, Serigala? Du weißt, welche Bestien aus ihnen entstehen, wenn wir sie nicht töten können."
Die angesprochene Wölfin senkt ihren Kopf, stellt sich neben die Anführerin des Rudels. "Ich weiß, Shial, aber wir mussten etwas fressen und andere Tiere finden wir hier keine mehr."
"Du hattest Glück, dass der Bär schwach war. Wo ziehen wir hin?"
"Ich verlasse das Alaskarudel, wenn es sein muss. Ich suche nach meiner Familie, das weißt du. Seit ich damals in Kanada gespürt habe, dass meine Tochter noch leben könnte, will ich ihr folgen. Ich hatte gehofft, ihr würdet mich begleiten."
"Serigala - du weißt, wir würden dir überall hin folgen. Aber deine Familie ist tot. Du hast dich getäuscht, das war nicht deine Tochter."
"Ich muss es genau wissen, Shial. Suren hat meinen Mann getötet und nun verfolgt er mich und meine Töchter. Ich muss sie finden, bevor es zu spät ist. Verstehst du mich?"
"Das tue ich, wirklich, aber du kannst nicht unser gesamtes Rudel gefährden, nur um einer Legende nachzujagen. Dieser Suren, von dem du sprichst, starb vor langer Zeit; es war dein Mann, der ihn tötete, kurz bevor er seinen Verletzungen erlag. Die Legende, Satan persönlich habe Suren wiederbelebt und als seinen persönlichen Werwolf herangezogen, ist eine hübsche Gutenachtgeschichte, die wir unseren Welpen erzählen; eine Geschichte, nicht mehr."
"Ich werde gehen, mit oder ohne euch. Mein Entschluss steht fest."
"Dann gebe ich dir Farkas und Amarok mit. Sie sind stark und dir treu ergeben, auch wenn sie nicht aus deiner Sippe stammen. Du brauchst Unterstützung, falls es diesen Wolf-Dämon tatsächlich geben sollte."
"Ich danke dir, Shial. Wir stehen in eurer Schuld." Die Wölfinnen reiben ihre Köpfe aneinander.
Wenig später trotten drei Wölfe vom Rudel weg, ein ungewöhnlich großes Weibchen und zwei Jungrüden. Zurück bleiben ihre Spuren im Schnee.
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Die Wanderung quer durch Alaska und ganz Kanada hat viele Wochen gedauert. Der Winter hat sich zurückgezogen und dem Sommer Platz gemacht. Die drei Wölfe streifen durch den Yellowstone Nationalpark, immer auf der Hut, nicht entdeckt zu werden.
„Serigala, seit unzähligen Monden folgen wir dir, doch nun haben wir eine Spur. Es ist eine kleine Stadt nicht weit von hier. Man munkelt, es seien in letzter Zeit Werwölfe gesehen worden."
„Dann lass uns hingehen. Wie nennt man den Ort?"
„Bozeman." Amarok ist sichtlich stolz darauf, dass er seiner Anführerin diese wichtige Information hat geben können. Vorsichtig nähert sich das kleine Rudel der Stadt in Montana. Am Stadtrand verwandeln sich die Wölfe in Menschen.
„Ich hasse es, so unbeweglich und plump zu sein", meckert Farkas, doch Amarok straft ihn nur mit einem strengen Blick. Die drei Gefährten setzen sich in ein Straßencafé und beobachten. Ein knallgrüner, offener Volkswagen Beetle fährt vorüber, am Lenkrad sitzt eine auffällige Blondine. Wenig später parkt der Wagen des Sheriffs am Bordstein gleich gegenüber. Ein älterer uniformierter Mann, der früher wohl einst sehr sportlich gewesen sein mag, steigt aus, rückt seine Sonnenbrille zurecht, bevor er die Hose hochzieht und in das Gebäude tritt.
„Meinst du, wir sollten nachfragen gehen?"
„Nein." Serigala ist als Mensch eine attraktive Mittfünfzigerin mit leicht angegrautem Haar; ihr Blick lässt keinen Zweifel an ihren Worten aufkommen. „Wenn wir den Sheriff direkt ansprechen, dann schöpft er womöglich Verdacht. Wir sollten stattdessen mit den Menschen reden. Ich schlage vor, wir treffen uns in einer Stunde wieder hier.
„Was willst du tun, wenn du deine Tochter findest?", will Amarok wissen. Er nippt an seiner Cola. „Das wollte ich dich schon den ganzen Weg fragen."
„Es geht um die Erhaltung der Familie. Es geht um die Blutlinie. Wir sind die älteste Familie von Wölfen auf diesem Planeten. Wir bekämpfen das Böse seit Generationen. Es gibt da etwas, das ich meinen Töchtern nie gesagt habe. Es ist wichtig, dass sie es erfahren, falls sie noch leben. Mehr braucht ihr nicht zu wissen."
Die zwei Jungrüden trotten davon, jeder in eine andere Richtung. Serigala hat ihnen grob beschrieben, wie ihre Töchter als Menschen aussehen könnten. Sie selbst begibt sich in den Stadtpark und setzt sich auf eine kleine Mauer. Im Park sonnen sich nicht viele Menschen. Eine Gruppe von Touristen scheint sich störend nah zu einem jungen Liebespaar gesetzt zu haben. Offensichtlich regt sich die junge Frau auf, sie geht in Richtung der Toiletten davon. Was dann geschieht, zieht Serigalas ganze Aufmerksamkeit auf sich.
Die Jugendliche verwandelt sich in einen stattlichen Wolf und vertreibt die Touristen, welche laut schreiend die Flucht ergreifen. Einzig der junge Mann bleibt seelenruhig sitzen, wartet darauf, dass sich seine Freundin zurückverwandelt. Anschließend lachen sie herzhaft über den gelungenen Streich. Serigala wird warm ums Herz; so viele ähnliche Szenen hat sie früher mit ihrem Mann ebenfalls erlebt. Sie fühlt sich von der jungen Wölfin angezogen. Doch das kann nicht sein. Ihre Töchter wären um einiges älter. Dieses Mädchen hier ist höchstens siebzehn Menschenjahre alt, dennoch spürt Serigala eine eigenartige Verbindung zu ihr. Sie zieht sich zwischen einige Bäume zurück und verwandelt sich. Als Wolf tritt sie aus dem Wald und beobachtet die zwei jungen Menschen am See. Sie ist überzeugt, am Ziel zu sein. Dann zieht sie sich zurück, dreht noch einmal kurz den Kopf. Sie will sich das hübsche, lachende Gesicht des Mädchens einprägen als dieses plötzlich den Kopf dreht und ihr direkt in die Augen blickt.
Eiskalte Energie durchfährt ihren Körper. Sie rennt so schnell sie kann davon, verwandelt sich an einer geschützten Stelle zurück und eilt dem Café zu, wo sie mit ihren Gefährten verabredet ist. Dieses Mädchen ist definitiv eine Verwandte, doch eine, von der Serigala bisher keine Kenntnis hatte. Die alte Werwölfin weiß nicht genau, ob sie sich darüber freuen oder ob sie vielmehr Angst vor der unzähmbaren Macht haben sollte, welche von dem Mädchen ausgeht. Die Blutlinie scheint noch zu existieren und sie ist stärker denn je.
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So, wir haben hier eine Art Prolog zum finalen dritten Teil rund um Luzie und Loupine. Der Test ist stark gekürzt, damit er in ein Adventstürchen passt. Wann es mit der Geschichte weitergehen wird, weiß ich nicht.
Für das nächste Jahr stehen ja bereits „Bittersüß" und „Räbloch" auf dem Programm, werden als gedruckte Bücher erscheinen. Zudem stecke ich mitten in der Überarbeitung von „Sweet Little Sixteen". Aber die Ideen wären da.
Etwas verspätet wünsche ich euch einen tollen neunten Dezember – ich hoffe, er war wunderbar. Danke für eure Geduld.
Euer Bruno
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