Zweiundzwanzigstes Türchen ❄️
Lisa x Han Jisung ☃️
Frierend eile ich durch die Kälte, während es um mich so heftig schneit wie schon seit Jahren nicht mehr. Ziel ist die WG, in der mein bester Freund Lee Know wohnt. Ich weiß, dass er über die Feiertage zu seinen Eltern fahren wollte, doch vielleicht ist das Glück auf meiner Seite und ich treffe ihn noch an, bevor er sich auf den Weg macht...
Doch das Glück ist nicht auf meiner Seite. Als ich völlig durchnässt und durchgefroren an die Tür klopfe, ist es nicht Minho, der mir öffnet.
"Lisa?" Es ist Han, sein Mitbewohner, der mich anschaut, als wäre ich ein Alien.
"Ist Minho noch da?"
"Nein, er wollte zu seinen Eltern und ist vor ungefähr einer Stunde gefahren." Erst jetzt scheint ihm aufzufallen, dass ich keine Jacke und nur dünne Sneaker trage.
"Fuck, komm erstmal rein, du musst ja komplett durchgefroren sein."
Zitternd nicke ich und betrete die WG, die angenehm warm ist - und mir gerade wie ein Ofen vorkommt.
"Zieh dir erstmal was trockenes an, ich leg dir ein paar Sachen raus... Nachdem ich mir die Hände gewaschen habe." Er schaut auf seine Hände, die von Teig nur so verklebt sind - genau wie die Tür an den Stellen, die er angefasst hat.
"Geh schonmal ins Bad, dusch heiß. Sachen lege ich dir vor die Tür." Verspricht er dann und eilt zurück in die Küche, um seine Hände zu säubern.
Normal hätte ich ihm widersprochen, vor allem, da ich ja eigentlich zu Minho wollte, doch mir ist so kalt, dass die Aussicht auf eine heiße Dusche zu verlockend ist, um sie auszuschlagen.
"Danke..." Bibbere ich, streife meine Schuhe ab und tapse auf nassen Socken in das Badezimmer, wo ich mich auch dem Rest meiner Sachen entledige. Ich warte einen Moment, bis das Wasser auch wirklich heiß ist, bevor ich mich darunter begebe und lasse mich von der Hitze umhüllen, die auf meiner Haut nahezu brennt.
Noch nie im Leben war mir so kalt wie jetzt.
Und diese Kälte kommt nicht nur von dem Schneesturm, der draußen tobt. Sie kommt auch von dem Streit mit meinen Eltern - dem letzten Streit. Dem Streit, in dem wir füreinander gestorben sind.
Ab sofort habe ich keine Eltern mehr.
Doch bevor die Tränen erneut über meine Wangen laufen können, drehe ich das Wasser ab und zwinge mich, meine Gedanken auf etwas anderes zu konzentrieren.
Han hat Wort gehalten und mir einen Stapel Kleidung vor die Tür gelehnt, in die ich dankbar schlüpfe. Vor allem die dicken Socken, die Minho für mich immer in einer Schublade behält, sind in diesem Moment Gold wert.
Trotzdem ist mir noch immer kalt, als ich in die Küche gehe, in der Han schon wieder hantiert.
"Auf der Theke steht ein Tee für dich." Erklärt er mir abwesend, bevor er sich wieder in das Plätzchen-Rezept vertieft, was zwischen den ganzen Zutaten liegt.
"Wieso sieht das denn so anders aus als auf dem Foto?" Flucht er kurz darauf und ich sehe ihm an, wie kurz er davor steht, den Verstand zu verlieren.
"Zeig mal her." Fordere ich ihn auf und setze mich auf einen der Hocker, die an der Theke stehen.
"Hier..." Brummt er, während er erneut seinen Teig anstarrt.
Schnell überfliege ich das Rezept und sehe mir dann ebenfalls den Teig an, der wirklich gar nichts mit dem Foto gemein hat.
"Da hilft nur wegschmeißen und neu machen." Stelle ich schweren Herzens fest, was Han frustriert aufstöhnen lässt.
"Das kann doch nicht so schwer sein."
"Soll ich dir helfen? Oder lieber gehen und dich in Ruhe lassen?" Schiebe ich schnell noch hinterher. Han und ich kennen uns schließlich nur flüchtig und ich will seine Gastfreundschaft wirklich nicht überstrapazieren.
"Als ob ich dich bei dem Wetter nochmal rauslassen würde." Schnaubt er, entsorgt den Teig in der Tonne, bevor er mich anschaut. "Du bleibst schön hier. Und... Wenn du mir helfen könntest, wäre das toll. Ich kann zwar kochen, aber beim Backen bin ich ein Hoffnungsloser Fall."
"Tee kochen kannst du auf jeden Fall gut." Ziehe ich ihn etwas auf. "Aber... Danke. Ich wüsste auch grade gar nicht wohin. Deshalb hatte ich gehofft, Minho noch zu erwischen..."
"Den hast du zwar verpasst, aber du kannst erstmal hier bleiben. Er hat da garantiert nichts gegen. Also, womit fangen wir an?"
"Als erstes räumen wir erstmal alles auf." Entscheide ich. "Wir brauchen Platz."
Han nickt und schnell ist die Arbeitsplatte wieder leer und vor allem sauber. Im Hintergrund läuft leise Musik, was die Stimmung zwischen uns zusätzlich noch entspannt und so arbeiten wir mehr oder weniger schweigend, bis wir einen glatten Teig vor uns liegen haben.
"Der kann jetzt erstmal für zwei Stunden in den Kühlschrank, damit er später nicht so klebt. Möchtest du in der Zeit noch andere Plätzchen machen?"
"Gerne. Wenn du noch Lust hast, mir zu helfen? Alleine endet es wohl wieder nur im Chaos."
"Klar, ich hab nichts besseres vor. Und ich kann schließlich nicht zulassen, dass du ohne Plätzchen dastehst, Jisung." Necke ich ihn dann wieder etwas, was ihn zum Lachen bringt.
"Wir haben wohl beide Dinge, die wir niemals zulassen würden."
Ungefragt reicht er mir einen neuen Tee, den ich dankbar annehme. Mir ist zwar bei weitem nicht mehr so kalt wie zu Beginn, doch richtig warm ist mir noch immer nicht. Und Han scheint das genau zu wissen. Genau wie die Tatsache, dass ich nicht über das reden möchte, was vor einigen Stunden passiert ist.
Stattdessen schenkt er mir die Ablenkung, die ich so dringend brauche.
Die Zeit vergeht wirklich im Flug. Wir backen vier verschiedene Sorten von Plätzchen und die Stimmung zwischen uns wird immer entspannter. Han ist eine überraschend angenehme Gesellschaft, ja, er schafft es sogar, dass ich mir nicht ununterbrochen Gedanken über alles mache. Stattdessen bringt er mich sogar immer wieder zum Lachen.
Er provoziert mich auf humorvolle Art und Weise, bis mir nichts anderes mehr einfällt, als mit einer Hand voll Mehl nach ihm zu werfen.
Für einen Moment wird er gefährlich still...
Und bevor ich es mich versehe, fliegt das Mehl auch schon in meine Richtung.
Quietschend versuche ich, mich aus der Schusslinie zu bewegen... Doch da steht er auch schon hinter mir und lässt ein Ei genau über meinem Kopf zerbrechen.
Entsetzt schaue ich ihn an, während er mich noch mit etwas Puderzucker bestreut und dabei aus dem Lachen gar nicht mehr herauskommt.
"Na warte!" Mir fehlen weitere Worte, weshalb ich mich ebenfalls bewaffne und jetzt die Jagd nach ihm aufnehme. Er kennt die Wohnung natürlich besser als ich, doch ich bin hartnäckiger und so schaffe ich es, ihn mit dem Ei zu treffen, bevor er sich im Badezimmer in Sicherheit bringen kann.
Und damit die Sauerei noch schöner ist, lasse ich das Kakaopulver, das ich in der Pullitasche versteckt habe, über seinen Kopf rieseln und verteile es mit beiden Händen großzügig in seinem Gesicht.
Da wir mittlerweile schon späten Nachmittag haben, sind seine Bartstoppeln unter meinen Fingerspitzen schon wieder deutlich zu fühlen, was mich innehalten lässt.
Was mache ich hier eigentlich grade?
Hans Arme sind fest um mich geschlungen, sein Gesicht so nah an meinem, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren kann.
Doch irgendwas hält mich zurück, mich von ihm zu lösen. Stattdessen sehe ich in seine braunen Augen, die mich so intensiv mustern, dass mir die Knie weichwerden.
"Denk nicht nach." Flüstert er, während er mir immer näher kommt...
Doch bevor auch nur irgendwas passieren kann, schlägt mit einem Mal die Haustür auf.
"Fuck, ist das kalt draußen! Ähm... Störe ich?"
Minho steht in der Tür und sieht uns vollkommen verstört an.
Man muss ihm zugute halten, dass wir vermutlich wirklich ein absolut verrücktes Bild abgeben, wie wir vollgeschmiert mit Mehl, Ei und Kakaopulver eng umschlungen im Flur stehen...
Han ist der erste, der wieder handlungsfähig ist.
Er gibt mich mit einem kleinen Seufzen frei, bevor er Minho anschaut.
"Was machst du hier? Wolltest du nicht zu deinen Eltern fahren?"
"Wollte ich, aber ich hab was vergessen. Das ist aber keine Antwort auf meine Frage." Noch immer schaut er verwirrt von einem zum anderen und so seufze ich ebenfalls.
"Ich wollte zu dir, weil es zuhause eskaliert ist. Du warst nicht da, Han schon und er hat mich abgelenkt."
"Das sehe ich..." Er zieht eine Augenbraue hoch.
"Warte - wie schlimm eskaliert?"
Jetzt spüre ich nicht nur seinen Blick auf mir, sondern auch noch den von Han, der besorgt eine Hand auf meine Hüfte legt.
"Sie sind für mich gestorben und ich für sie."
"Oh fuck." Minho will mich umarmen, doch ich weiche zurück. "Sau du dich nicht auch noch ein."
Da liegen Hans Arme auch schon wieder um meinen Körper.
"Ich umarme sie stellvertretend für dich mit." Erklärt er über meine Schulter hinweg Minho. "Ich bin schließlich schon eingesaut."
"Klar..." Minho grinst leicht.
"Und so gerne ich auch bleiben würde, ich muss wieder los. Lisa, möchtest du mitkommen oder bleibst du hier?"
"Ich bleibe." Gerade ist mir nämlich absolut nicht nach Familie, sondern mehr...
Nach Hans Gesellschaft, der noch immer so nah bei mir steht.
"Mach dir um mich keine Sorgen, ich denke, hier bin ich in guten Händen."
"In den besten." Mischt Han sich ein und wackelt mit den Augenbrauen - etwas, von dem ich nicht einmal wusste, dass er das kann. Wie ich so vieles über ihn noch nicht weiß.
Minho sieht mich noch einmal fragend an, doch als ich nicke, holt er schnell das vergessene Geschenk, bevor er auch schon wieder zurück in den Schneesturm läuft.
"Wo waren wir stehen geblieben?"
Han wartet gerade solange, bis Minho wirklich weg ist, bevor er mich wieder näher zu sich zieht.
"Ich weiß nicht." Gebe ich atemlos zurück. "Vielleicht an der Stelle, an der du mich küssen wolltest?"
"Stimmt." Er verzieht seine Lippen zu einem kleinen Grinsen, was meinen Herzschlag spürbar beschleunigt.
War Han schon immer so attraktiv?
Ich schließe meine Augen und lehne mich ihm leicht entgegen, was ihn dazu verleitet, seine Hand an meine Wange zu legen.
"Willst du das wirklich?"
Mein Nicken ist alles, was es braucht.
Wenn mir seine Blicke vorher schon weiche Knie beschert haben, schafft es sein Kuss, meine Knie gefühlt aufzulösen.
Nie wurde ich so geküsst wie von ihm in diesem Augenblick.
"Han..." Flüstere ich, als wir uns schließlich lösen.
"Ja?"
"Mach das nochmal..."
"Mit dem größten Vergnügen." Han grinst leicht, bevor er mich erneut küsst und damit alle Gedanken aus meinem Kopf einfach auslöscht.
Er hat recht. Manchmal muss man nicht nachdenken, sondern einfach genießen. Und das tue ich eindeutig.
Ich habe zwar keine Ahnung, was genau das zwischen uns jetzt ist, doch für den Moment ist es nicht von Bedeutung, denn ich genieße einfach das Gefühl, das er in mir auslöst.
Für alles andere ist später noch genügend Zeit.
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