☆ 8. Dezember ☆
"Ihr könntet heute auch Plätzchen backen, wenn ihr wollt, dann müsste ich das nicht mehr machen. Die Zutaten liegen schon alle in der Küche."
Ich nickte. "Klar, machen wir, Mum."
Anders als gestern wollte ich den Tag nicht verplempern, sondern meiner Mutter eine Hilfe sein.
Sie winkte uns noch einmal zu, bevor sie in den Buchladen ging und uns alleine ließ.
Nach und nach wachten auf unsere kleinen Freunde auf und krochen schläfrig aus ihren Türchen.
"Früh aufstehen sollte verboten werden", gähnte Sixtan und Toasty nickte zustimmend.
Jana sah auf die Uhr. "Es ist doch schon elf?"
Six warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu und wiederholte noch einmal mit Nachdruck: "Zu! Früh!"
Ich kümmerte mich nicht um die Konversation, sondern suchte mit meinen Augen nach dem achten Türchen des Adventskalenders.
"Da!", sagte Lio und zeigte auf das Gesuchte.
Ich grinste vorfreudig und wollte es gerade öffnen, als Mopsis Rufen mich aufhielt.
"Uh darf ich? Bittebittebitteeeee!"
Ich lachte und streckte ihr meine Handfläche hin, auf die der kleine Hund sofort draufsprang.
Ich hob Mopsi zu dem Türchen hoch und sie öffnete aufgeregt die quietschenden Tür.
"Hallo?", rief der kleine Hund und man hörte Schritte an den Wänden hallen.
Dann kamen zwei Personen aus dem Raum hinter dem achten Türchen herangelaufen.
Ein Mädchen, dessen braune Haare zu einem Bob geschnitten waren und welche einen beigen Strickmantel und eine feine Kette mit einem großen Mondanhänger trug.
Sie war mir sofort sympathisch und hatte einen ziemlich guten Style, wie ich neidisch feststellte.
Neben ihr stand ein hochgewachsener, hagerer, dünner Mann mit langer, hakiger Nase.
Er hatte einen wichtigtuerischen Blick aufgesetzt und hielt einen großen, metallenen Spitzer in der Hand.
"Guten Tag!", nickte er in die Runde, "Ich bin Knut. Ich bin ein professioneller Bleistiftanspitzer, ausgebildet wurde ich im Ikea. Die werte Dame neben mir heißt Daliah, ihr könnt sie aber auch Milchmitzimt nennen. Sie ist meine treueste Kundin!"
Daliah winkte uns zu und wir winkten zurück.
"Ich kenne dich irgendwoher", überlegte Mopsi und betrachtete sie.
"Vielleicht, weil sie eine berühmte Künstlerin und Autorin ist?", gab Lio ihr einen Denkanstoß und Mopsi riss die Augen auf.
"Jaa stimmt! Von dir stammen doch unter anderem die Bilder "cup of coffee and random boy", "losing mind" und "New girl n kunst", oder?", stellte sie aufgeregt fest und Daliah nickte bescheiden.
"Deine Bücher sind auch einfach nur toll, am liebsten mag ich 'Salty Tears'! Dein ganzer Schreibstil ist einfach nur-", band sich nun der Fuchs in die Konversation ein und suchte wohl nach dem angemessen Wort.
"Aesthetisch?", schlug Yumi vor und der Fuchs nickte heftig.
"Ja! Einfach nur aesthetisch!"
Daliah strahlte mittlerweile. "Danki!"
Nun kamen langsam auch die anderen angehüpft und begrüßten die beiden Neuankömmlinge begeistert.
"Wollen wir uns mal alle in die Küche verlagern? Wir haben den Auftrag, Plätzchen zu backen", fragte ich und erhielt freudige Zustimmung.
Kaum eine Stunde später war die Weihnachtsbäckerei schon im vollen Gange.
Während Sixtan, Jana, Toasty und Lina immer wieder neuen Teig anrührten, rollten Herr Osiem, Dumbledore und Foxy bereits festen Teig aus.
Bob, Knut und der kleine Drache Kokosnuss stachen mit für sie übergroßen Ausstechformen Plätzchen aus dem rohen Teig heraus und schoben diese dann weiter zu Daliah, Freiheitsstreberin, Goethes Hund und Mopsi, die die Plätzchen verzierten.
Lio und ich verlagerten die fertigen Plätzchen dann auf Bleche und schoben sie in den Ofen, während wir bereits gebackene und ausgekühlt Plätzchen in große Blechdosen verpackten.
Dabei sangen wir alle Weihnachtslieder, auch wenn die schiefen Stimmen überwiegten.
Ein lautes Lachen ließ uns von unserer geschäftigen Arbeiten aufschauen.
Sixtan fiel vor Lachen fast um, weshalb sie sich haltsuchend an dem großen Holzlöffel festhielt, mit dem die Vier eben noch den Teig umgerührt hatten.
Lina und Jana sahen ebenfalls feixend in die Schüssel hinein und ich konnte mir sofort denken, was passiert war.
Als ich Toastys verzweifelte Rufe hörte, bestätigte sich mein Verdacht.
Ich ging zu der Schüssel, während alle anderen sich größtenteils wieder singend ihrer Arbeit widmete.
Ich fischte Toasty vorsichtig aus dem klebrigen, flüssigen Plätzchenteig heraus, bevor sie noch weiter darin versinken konnte.
Sixtan konnte sich immer noch nicht beruhigen, obwohl sie mittlerweile schon vor Lachen weinte.
"Das ist nicht witzig!", rief Toasty und ich hatte eine Déjà-vu von dem Tag, an dem Sixtan unter dem Schnee begraben worden war.
Ich betrachtete das kleine Toast und musste grinsen.
Sie schüttelte leise vor sich hin jammernd den Teig von sich wie ein nasser Hund, der sich den Regen aus dem triefenden Pelz schüttelte.
"Willst du ein Plätzchen zum Trost?", fragte ich und Toastys Miene hellte sich auf.
Ich reichte ihr eines und sie betrachtete den Keks glücklich.
"Aber wehe, ihr vergiftet mich jetzt damit!", warnte sie und biss dann voller Vorfreude in das Plätzchen.
"Und?", fragte Jana gespannt und Toasty seufzte selig.
Das war der Startschuss und auf einmal wollten alle ein Plätzchen probieren.
Ich verteilte das Gebäck und kurz darauf herrschte eine zufriedene Stille, die nur durch das gemütliche Kauen und Schmatzen gestört wurde.
"Ist noch eines für mich übrig? Dieser herrliche Duft liegt ja in der ganzen Wohnung", fragte eine herzliche Stimme hinter mir amüsiert und ich drehte mich um.
"Mum! Natürlich, hier", lächelte ich und reichte ihr einen Keks.
Sie musterte uns kurz alle und erst jetzt fiel mir auf, dass keiner von uns ohne Mehl in Gesicht, Händen und Haaren beziehungsweise Fell davongekommen war.
Wir mussten wie ein abgekämpfter Haufen pudriger Fake-Schneemänner aussehen.
Meine Mutter nahm das Plätzchen und biss hinein.
Sie schloss glücklich die Augen. "Hmm, das ist aber lecker!"
Lio und ich haben uns stolz ein High Five und auch die Bewohner des Zeitverkürzers jubelten fröhlich.
"Erzählst du uns zur Belohnung eine Geschichte?", bettelte Dornröschen meine Mutter an und sie lächelte.
"Was wollt ihr denn für eine hören?", wollte sie wissen und setzte sich an den Küchentisch.
Kurz stand sie wieder auf, um ein bisschen Teig zu entfernen, auf den sie sich gesetzt hatte.
"Über jemand Nettes!", rief Lina. "Über jemand Cooles!", rief Sixtan. "Über jemand, dessen Geschichte man nicht vergisst", sagte Knut nüchtern.
Meine Mutter schien kurz zu überlegen, doch dann ließ sie ihre Fantasie wie schon so oft Wunder bewirken und entführte uns in eine andere Welt.
Während wir alle wieder stumm Plätzchen in Massenproduktion herstellten, lauschten wir ihrer Erzählung.
"Ich möchte euch von einem Jungen erzählen, welcher der Pizza-Polizei angehörte. Er war der Hüter des Gesetzes und stets darauf bedacht, dass die geltenden Regeln eingehalten werden. Besonders gut musste er auf die heiligen Pizzagesetze achten."
"Die heiligen Pizzagesetze?", fragte Lio und meine Mutter nickte.
"Heiliges Pizzagesetz Nummer 1: Auf einer Salamipizza dürfen niemals weniger als zehn kleinen Salamischeiben liegen.
Heiliges Pizzagesetz Nummer 2: Schokoladenpizza wird in erster Linie immer erst einmal als suspektes Objekt betrachtet und muss durch einen Geschmackstest überprüft werden.
Heiliges Pizzagesetz Nummer 3: Menschen, die Pizza nicht mögen, werden vom Staat überwacht, weil sie als gefährlich eingestuft werden müssen.
Der Junge legte eine unfassbare Karriere in seinem Job hin und wurde schon bald Polizeihauptkomissar bei der Pizza-Polizei."
Ich musste kichern.
Lina hob neugierig den Kopf. "Wie heißt der Junge?", wollte sie wissen, doch meine Mutter zwinkerte nur verschwörerisch.
Und plötzlich hatte ich das Gefühl, dass wir die Antwort auf diese Frage schon sehr bald erhalten würden.
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Für dieses Kapitel ausgeliehen: milchmitzimt
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