☆ 6. Dezember ☆
An diesem Samstag bewegten wir uns kaum.
Wir schliefen bis 14 Uhr und verbrachten den Nachmittag damit, Filme anzuschauen. Auf Toastys Wunsch hin fingen wir auch an, die Serie "The Vampire diaries" zu schauen.
Um Punkt Null Uhr knallte das fünfte Adventskalendertürchen auf und zwei Mädchen kamen hinausgeklettert.
Das Mädchen mit den längeren braunen Haaren, welches ihr in einem Pony über die Stirn fielen, und den braunen Augen sprang fast schon begeistert in die Runde.
"Hii!", rief sie aufgeregt und strahlte.
Das andere Mädchen folgte ihr etwas schüchterner, während sie ebenfalls aufgeregt lächelte. Sie trug ein schwarzes T-Shirt, auf dem in weißer Schrift eine Herzfrequenz aufgedruckt war.
"Ohh, wie toll, wir werden ja immer mehr!", rief Bibi aufgeregt und der Fuchs zog die beiden Neuankömmlinge gleich zu ihnen.
Ich fing an breit zu grinsen.
"Ich seh niemanden!", beklagte sich Lio und ich drehte mich zu ihm.
"Ich möchte dir eine Geschichte erzählen.
Sie handelt von zwei Mädchen namens Lina Strange und Jana Dream.
Die beiden Mädchen wurden auch die Wächterinnen der Träume genannt", begann ich zu erzählen, während alle Umstehenden fasziniert lauschten.
Selbst Lina und Jana hörten ihrer eigenen Geschichte zu, als würden sie sie das erste Mal hören.
"Wächterinnen der Träume?", fragte Lio interessiert, "Das klingt echt schön."
Ich nickte. "Das ist es auch.
Alle Träume, die von den Menschen vergessen werden, wenn sie aufwachen, sammeln die beiden ein und verwahren sie sicher auf.
Dabei ist es wichtig, dass sie immer eine Einheit bilden und sich nicht streiten.
Würden sie ihren Frieden brechen, würden alle Träume wieder auf die Erde zurückfallen und auf dem Boden zerbrechen.
Ab und zu fällt den beiden ein Traum herunter. Wir Menschen bemerken dies allerdings nicht wirklich, für uns sieht es aus wie ein herabfallenden Stern. Bevor du fragst, ja, herunterfallende Träume sind Sternschnuppen", fuhr ich fort und schaute wieder zu Lina und Jana, die mich glücklich anlächelten.
Lio blinzelte ein paarmal, dann lächelte er verzaubert. "Hey, ihr beiden."
Die zwei Mädchen winkten zurück, die eine aufgeregt, die andere schüchtern.
Plötzlich ließ Lina einen erschrockenen Schrei hören.
"Du bist ein Toast!", rief sie und deutete auf Toasty.
Diese blinzelte. "Offensichtlich ja", stellte sie trocken und verwirrt fest.
"Du misshandelst Bäume!", erwiderte Lina entsetzt und Jana musste kichern.
Toasty sog empört die Luft ein. "Gar nicht wahr!", verteidigte sie sich, doch zu spät.
Sixtan und der Fuchs hatten sich sofort der Unterstellung angeschlossen und begannen, eine Demonstration durch den Raum zu starten. Lina lief sofort mit.
Energische Rufe erfüllten die Luft.
"Rettet die Bäume, esst mehr Toasts!" "#MeTree!"
"Toasty, ich pack dich in den Toaster!" "Stoppt die Baummisshandlung!" "Justice for trees!"
Toasty versuchte verzweifelt, ihre Unschuld zu beweisen, während ich mich darüber wunderte, woher die drei plötzlich Demoschilder und dazugehörene T-Shirts hatten.
Bob, Jana und Herr Osiem stellten sich neben das verzweifelte Weißbrot, wohl um ihr mentale Unterstützung zu leisten, während sich Bibi und Dornröschen der lautstarken Demonstration begeistert anschlossen.
Dumbledore war irgendwohin verschwunden.
"Wollen wir uns ganz unauffällig pulverisieren?", schlug mir Lio leise vor und ich nickte kaum merkbar.
Langsam bewegten wir uns rückwärts, bis wir erleichtert meine Zimmertür schlossen und nun im Flur standen.
"Die haben echt alle einen Knall", lachte ich und Lio grinste zustimmend.
Unser Blick fiel aus dem Fenster. Seit gestern hatte es kaum aufgehört zu schneien.
Wenn das so weiterginge, könnten wir wirklich einen Schneemann bauen.
"Und was machen wir jetzt?", fragte ich.
Lio legte den Kopf schief. "Noch ein Film?"
Ich grinste wieder. "Klingt gut. Aber keine Garantie, dass ich dabei nicht einschlafe, die Verrückten halten mich wirklich auf Trab."
Wir schliefen beide schon beim zweiten Film ein.
Als wir wieder aufwachen, war meine Mutter schon wieder im Buchladen, weshalb Lio und ich sie erst abends zu Gesicht bekommen würden.
Wenigstens hatte sie morgen ihren freien Tag.
Der Schnee war tatsächlich liegengeblieben.
Sehr zur Freude von Sixtan, Toasty, Lina, Bibi und dem Fuchs, die Lio, Herr Osiem, Jana, Dornröschen und mir zum Aufwecken erst einmal eine Hand voll Schnee ins Gesicht getrieben hatten.
"Nächster!", rief ich und beäugte Dornröschen, die nun am Anfang der Schlange stand.
Ich wühlte in der Kiste herum, in der ich meine alten Spielzeuge und vor allem meine Barbies und deren Zubehör aufbewahrte.
Wir wollten unseren Plan, einen Schneemann namens Dieter zu bauen, in die Tat umsetzen, doch außer Dumbledore hatte keiner der Adventskalenderbewohner entsprechende Kleidung an.
"Probier mal den", sagte ich und reichte der Märchenprinzessin einen kleinen Wintermantel, den sie sich überstreifte.
"Oh, der passt ja gut. Vielen Dank, Yumi!", stellte sie entzückt fest und ich reichte ihr ein passendes Paar Winterstiefel und eine Wollmütze.
"Nächster!", rief ich und seufzte direkt danach. "Fox, du brauchst keine Winterklamotten. Du bist ein Fuchs, du hast einen dicken Pelz."
"Tz!", rief sie und stellte sich beleidigt zu den bereits eingekleideten.
Toasty band ich noch einen kleinen Schal um, Bob bekam warme Schuhe, Sixtan, Herr Osiem und Bibi gab ich jeweils eine Jacke, Stiefel und Mützen.
Danach waren die Klamotten meiner Barbies alle vergeben und alle Schneemannbauer dick und warm eingepackt.
Ich musste zugeben, dass die Klamotten schon sehr zufällig zusammengewürfelt waren und stylisch gesehen somit vielleicht nicht immer zueinander passten, aber das war ja nicht mein Problem.
"Na dann kann es ja losgehen!", rief Lio und der bunte, seltsame Haufen bewegte sich lachend und wild unterhaltend in Richtung Haustür.
Lio und ich folgten ihnen.
Während der kleine Trupp nun also beschäftigt war, Schnee zusammenzuhaufen, rollten Lio und ich drei große Schneekugeln.
Keuchend setzten wir diese aufeinander.
"Geschafft!", schnappte Lio nach Luft, als sich der Kopf des Schneemanns schon wieder löste.
"Neinneinneinneinnein!", rief ich, doch zu spät.
Der Schneeball rutschte von dem restlichen Körper und landete direkt auf Sixtan, die unter dem kalten Weiß begraben wurde.
So sehr ich auch wollte, ich konnte mein Lachen nicht zurückhalten.
Während Jana, Dornröschen und Toasty das Zahlenmädchen wieder ausgruben, sank ich zu Boden und konnte nicht mehr aufhören.
Sixtan schnaubte bibbernd. "D-d-das i-i-ist nicht wi-witzig!"
Nun fingen auch Lio und der Fuchs an zu lachen und auch Toasty stimmte gleich darauf mit ein.
Als ich mich ein wenig beruhigt hatte, hielt ich Sixtan meine Handfläche hin.
"Komm", kicherte ich, "Ich mach dir einen Tee, du brauchst Wärme."
Toasty machte schon den Mund auf, doch der Fuchs hielt ihn ihr rechtzeitig zu.
Six grummelte etwas unverständliches, krabbelte allerdings zitternd auf meine Hand.
"Baut ihr mal Dieter weiter, Six und ich kommen bald wieder", wandte ich mich an die anderen, bevor ich mit ihr hineinging.
Ich setzte Sixtan auf der Küchentheke ab und ging in mein Zimmer zurück.
Tatsächlich fand ich doch noch ein paar nützliche Barbie-Klamotten in meiner alten Spielekisten und brachte sie Six.
Dann setzte ich Tee auf.
"Ich hätte viel lieber weiter am Schneemann gebaut", brummelte sie, während sie ihre Beine baumeln ließ.
Ich sah sie streng an. "Willst du etwa krank werden, Six?", fragte ich und fühlte mich augenblicklich wie eine Mutter.
Sixtan kicherte. "Ich leide sowieso schon an chronischer Lostheit."
Ich lachte, während ich den Tee aufgoss; selbstverständlich in kleines Puppengeschirr. Dementsprechend viel verschüttete ich auch.
"Pass auf, dass du dich nicht verbrennst", wies Sixtan mich zurecht, "Dir würde ich das zutrauen!"
"Tz! Sei mal netter, ich mach dir hier gerade Tee", antwortete ich gespielt beleidigt, worauf Sixtan nur grinsend die Augen verdrehte.
"Nett sind nur dumme Leute, die sich dadurch bessere Chancen erhoffen."
Ich zog eine Augenbraue hoch und reichte ihr den Tee.
"Danke!"
"Sag mal, Six... Wo wart ihr bisher? Ihr habt doch nicht jahrelang in dem Adventskalender gesteckt, oder?", fragte ich und sie nippte kurz an dem Tee.
"Nein, natürlich nicht. Wir waren in deinem Kopf. Und in dem deiner Mutter", antwortete sie dann.
"Aber wie geht das denn?", hakte ich nach.
Sie lächelte. "Yumi, wir sind keine lebendigen Lebewesen aus Fleisch und Blut... und Teig, auch wenn wir so aussehen.
Wir sind aus deiner Fantasie entstanden und wenn ihr uns vergessen würdet oder beschließe würdet, euch nicht mehr auf diese Träumereien einzulassen, würden wir uns sofort in Luft auflösen und würden keine Spur hinterlassen. Unsere Existenz ist abhängig von euch."
Nachdenklich sah ich sie an. "Ist das nicht irgendwie beängstigend? Wenn man weiß, dass man jeden Moment einfach so verschwinden könnte."
Sixtan lächelte wieder. "Ich finde es eher interessant, anstatt beängstigend. Aber ich denke, das ist Ansichtssache."
"Hm."
Die nächsten paar Minuten verbrachten wir im harmonischen Schweigen, Tee schlürfend und unseren eigenen Gedanken nachhängend, die wir wohl beide niemandem verständlich hätten erklären können.
Plötzlich rumpelte etwas in meinem Zimmer.
Ich sah auf die Uhr. "Was war das? Es ist erst 18 Uhr, es kann noch niemand aus dem sechsten Türchen sein."
Sixtan zuckte mit den Schultern. Sie stand auf und ich hob sie behutsam von der Küchentheke und setzte sie auf dem Boden wieder ab.
Gemeinsam schlichen wir zu meiner Zimmertür. Sie knarzte, als ich die Klinke vorsichtig herunterdrückte und die Tür aufschwingen ließ.
Eine Mandarine kullerte mir entgegen und ein erschrockener Ruf hielt mich auf. "Ah nein bitte nicht, komm später wieder!"
Sixtan schien die Situation mehr zu verstehen als ich, denn sie scheuchte mich entschlossen wieder zurück in den Flur.
"Geh du mal wieder zu den anderen, ich helfe den beiden da drin!", befahl sie mir und ich versuchte neugierig, nun doch einen Blick in den Raum zu erhaschen.
"Wem?", wollte ich wissen.
"Hab ich was gesagt?", fragte Six unschuldig. Anstatt sich von meinem strengen Blick einschüchtern zu lassen, streckte sie sich selbstbewusst und ich gab es seufzend auf.
"Na gut", gab ich nach. "Dann schau ich mal, wie weit die anderen schon mit Dieter sind."
Sixtan zwinkerte mir zu und verschwand in meinem Zimmer, während ich wieder nach draußen ging.
"Wow, ihr seid ja schon echt weitergekommen!", entfuhr es mir, als ich den neusten Fortschritt des Bauunternehmens begutachtete.
Toasty und Lina sahen besonders stolz drein.
"Wo hast du denn Six gelassen?", fragte Lio mich. Seine Wangen und seine Nasenspitze leuchteten mittlerweile angehitzt rot.
"Ich glaube, die zwei Bewohner des sechsten Türchens sind zu früh herausgestolpert und werfen jetzt mit Mandarinen herum", erklärte ich verwirrt.
"Was?!", riefen Jana und Herr Osiem entsetzt und keine drei Sekunden später sahen Lio und ich verwirrt den ins Haus eilenden Gestalten hinterher.
Ich sah meinen besten Freund an, der nur mit den Schultern zuckte. "Dann bauen wir Dieter wohl alleine fertig", sagte er und ich nickte zustimmend.
Dies taten wir dann tatsächlich auch. Als wir fertig waren, war ich schon ziemlich stolz.
Der Schneemann sah toll aus, auch wenn meine Finger nun endgültig abgestorben waren und es mittlerweile schon wieder finster war.
Lio ging es wohl genauso, weshalb ich nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag Tee aufsetzte.
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Für dieses Kapitel ausgeliehen: strange_mee jana_dream
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