19. Dezember - Bianca di Angelos Todestag
Ein trauriges Jubiläum. Aber keine Sorge, ich habe einen hübschen kleinen Oneshot in Petto.
Die Wintersonne lugte aus dem bewölkten Himmel wohlwollend auf das morgendliche Venedig. Sie spiegelte sich in den Fenstern der Palazzi, glitzerte auf den Wellen der Kanäle und beschien die Tauben, die gurrend über den Markusplatz wanderten und Brotkrumen suchten. Auch die ersten Geschäfte hatten schon aufgesperrt. Menschen traten auf die Straße und gingen ihre täglichen Wege. Die ersten Vorboten des Faschismus zeichneten schon ihre Spuren in der Gesellschaft. Die Menschen begannen, das nun auch zu bemerken und eine ängstliche Beklommenheit machte sich langsam breit. Das berührte aber manche nicht im geringsten: die Kinder. Ihr Lachen erfüllte die Straßen wie jeden Morgen. Sie liefen durch die Gassen, jagten einander über die Brücken, spielten zwischen den Kanälen. Unter ihnen waren auch Nico und Bianca di Angelo. Ihre Mutter hatte sie nach draußen geschickt, um die letzten Weihnachtsvorbereitungen zu erledigen. Sie vertraute Bianca und vor allem auch Venedig genug, dass sie ihre Kinder allein auf der Straße spielen ließ. Nico allein allerdings wäre in dem Gewirr aus Gassen vermutlich hoffnungslos verlorengegangen. Er war fünf Jahre alt, Bianca sieben. "Bianca!" Nico drückte sich gerade die Nase an der Auslage einer Konditorei platt. "Schau mal!"
Sie stellte sich neben ihn und betrachtete die Kekse, Windbäckereien und Kuchen, die da ausgestellt lagen. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. "Ja, ich weiß Nico, das sieht lecker aus. Aber wir haben kein Geld!"
Nico zog einen Schmollmund. Er verstand das Konzept von Geld noch nicht so recht. Was er schon verstand, war, dass er Kekse wollte, aber keine bekam und das war unfair. Er stampfte mit dem Fuß auf. "Ich will aber Kekse!"
"Nico." Bianca hockte sich vor ihrem Bruder nieder. "Wenn man etwas will, dann muss man dafür Geld hergeben. So funktioniert das. Und wir haben kein Geld, deswegen können wir auch keine Kekse bekommen. Verstanden?"
Er sah sie mit großen braunen Augen voller Krokodilstränen an. "Verstanden."
"Gut." Sie nahm seine Hand. "Komm, wir gehen zum Grande Canale und schauen den Booten zu."
Sofort waren alle Kekse der Welt vergessen. "Jaaaa, Boote!"
Gegen Mittag kamen die beiden mit knurrenden Mägen nachhause. Sie aßen, dann scheuchte ihre Mutter wieder zum Spielen nach draußen. Erst als die Sonne bereits den Horizont kitzelte und den Himmel in den schönsten Farben malte, kamen sie endgültig nachhause. Dort gab es ein festliches Abendessen. Dann wurden Weihnachtslieder gesungen. Nico kam endlich zu seinen Keksen. Und dann, dann gab es Geschenke. Nico riss begeistert seines auf. Es war ein Piratenschiff. Begeistert musterte er es. "Was ist das, Mama?"
Maria kniete sich neben ihren Sohn. "Ein Piratenschiff! Schau, da ist die Totenkopfflagge. Und da, es sind sogar Piraten darauf! Siehst du den kleinen Papageien auf der Schulter des Kapitäns?"
Nico war hellauf begeistert. Und es sollte nur der Beginn einer jahrelangen Begeisterung für Piraten sein. Bianca öffnete ebenfalls ihr Geschenk. Es war ein Buch. "Grie-chi-sche My-my-mythologie!", las sie langsam den Titel.
"Da sind Geschichten drin, auch welche über euren Vater", erklärte Maria.
Bianca fuhr mit den Fingern über die Buchstaben des Titels. "Wow", wisperte sie.
Nico strich über die verblassten Buchstaben auf dem zerfledderten Umschlag. Sein Vater hatte ihm das Buch und das Schiff im letzten Jahr zu Weihnachten gegeben. Nico hatte keine Ahnung, wie er das aufgetrieben hatte, aber er war unglaublich dankbar. Der Fockmast des Schiffes fehlte zwar schon, die Farbe am Bug war abgeblättert und einzelne Seiten fielen aus dem Buch, aber es waren beides einzigartige Erinnerungsstücke an seine Schwester. Er stellte das Schiff zurück ins Bücherregal, legte das Buch daneben und stellte seine kleine Hadesfigurine auf den Deckel. "Frohe Weihnachten, Bianca", flüsterte er. Dann verließ er die Hütte, um sich auf den Weg nach Neu Rom zu machen.
Wenn ihr euch fragt... Ja, ich hab mich teilweise an Herr der Diebe angelehnt, ich hab zwischenzeitlich irgendwie ein ziemliches Prosper-und-Bo-Feeling bekommen.
Eure
Luna_Levesque
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