Dann Drei...
Die Wolken lagen dich zugezogen über Gotham, als Tim an diesen Morgen gerade sein Zimmer verlies. Die tägliche Morgenhygiene bereits abgeschlossen, schlenderte er noch etwas schlaftrunken die langen Stufen der Haupttreppe des Manors hinunter, um sich in der Hauptküche seinen heißgeliebten Muntermacher zu brauen.
Er war noch nicht einmal an der Tür zum besagten Zimmer, als er bereits die dumpfen Töne einer hitzigen Diskussion hören konnte:
"Das ist schwachsinnig Grayson. Mit dieser Front brauchen wir noch mehr Schubkraft, um den Druck des Gegenwindes zu kompensieren."
"Aber dadurch wird die Wendigkeit erhöht. In der Skyline macht sich das besser."
Tim schenkte dem keine Aufmerksamkeit und betrat die Küche mit einem kurzen gelangweilten:
"Morgen."
Dick und Damian schauten nicht von ihren Plänen auf, als sie erwiderten:
"Morgen."
Der Teenager umrundete die große Kücheninsel, welche förmlich gepflastert war mit Bauplänen und nahm sich aus einen der Hängeschränke eine Tasse heraus.
Begleitet von einem langen Gähnen wurde das Porzellan unter den Kaffeeautomaten gestellt und kurz darauf allmählich mit dem schwarzen Gebräu gefüllt.
Tim nutzte die Zeit um währenddessen eines von Alfreds Sandwichen aus dem Kühlschrank zu holen.
Bewaffnet mit Sandwich im Mund und dem Kaffee in der Hand setzte er sich an das kleine Stückchen der Kücheninsel, welches nicht von Plänen besetzt wurde.
Begleitet von der Diskussion der beiden Möchtegerningeneure segnete sowohl Kaffee als auch Sandwich so langsam das Zeitliche. Tim war gedanklich in seiner ganz eigenen Welt. Er überflog seine imaginäre To do List von den Dingen, die er heute noch machen musste. Berichte für Bruce verfassen, Blumen holen, Connor besuchen, an den Übergriffen im Hafenbezirk arbeiten...das wird wieder ein ziemlich voller Tag.
In Gedanken versunken registrierte er es nicht sofort, dass er irgendwann angesprochen wurde.
"Tim,...Tim...TIM!"
Davon etwas aufgeschreckt und den Mund gefüllt mit belegtem Brot schaute er schließlich fragend zu Dick.
"Man, wenn du nachdenkst, bekommst du echt nichts mit." warf Richard ihm vor und zeigte daraufhin auf ihre Pläne. Unter Damians missbilligenden Blicken fragte er nun:
"Kannst du da vielleicht mal einen Blick drauf werfen?"
Tim kaute auf seinem Sandwich herum, als er über die Arbeitsfläche spähte, um sich einen Überblick zu verschaffen.
Es waren Baupläne für einen neuen Jet, den die Beiden scheinbar bauen wollten. An für sich waren die Rohpläne nicht schlecht, jedoch...
"Ihr solltet die Front länger machen und an einen Eisvogel anlehen. Deren Schnäbel sind so konstruiert, dass sie beim Eintauchen ins Wasser so gut wie keine Geräusche verursachen. Gerade wenn ihr aus den Höhlen hier starten wollt, ist das von Vorteil. Bei einer relativ platten Nase wird die Luft in den Tunneln beim Durchfliegen vor dem Jet hergeschoben und dabei komprimiert. Das verursacht beim herausfliegen eine plötzliche Freisetzung mit extremen Lärm und könnte unseren geheimen Standort verraten. Zudem wird durch diese schmale Form der Windwiederstand reduziert. Um die Wendigkeit beizubehalten, solltet ihr die Flügel so gestalten, dass man sie auch weiter einfahren kann und man so einen energiesparenden Langstreckenmodus und einen wendigen Kurzstreckenmodus hat. Außerdem würde ich euch empfehlen die Außenhülle ähnlich wie Haihaut zu gestalten um die Aerodynamik zu verbessern und das Getriebe eher mittig im Jet zu platzieren, damit es nicht sofort beschädigt wird, solltet ihr beschossen werden. Damit ist der Jet sowohl schneller als auch widerstandsfähiger."
Dick legte nachdenklich einen Finger an sein Kinn, während Damian nur verärgert zischte:
"Klingt plausibel."
"-Tt-"
Tim vernichtete gerade den letzten Bissen seines Brotes, als er noch hinzufügte:
"Es ist immer Ratsam sich bei solchen Problemen an der Natur zu orientieren. Sie hat immer die besten Lösungen für sowas. Übrigens Dick, kann ich mir heute mal dein Auto ausleihen? Ich wollte zu Connor und vorher noch Blumen für ihn holen. Auf dem Motorrad würden die mir wahrscheinlich kaputt gehen."
"Klar, der Schlüssel ist in meiner Jackentasche. Aber ärger sie nicht zu sehr." zwinkerte Dick ihm zu und Tim antwortete keck:
"Selbst wenn ich das machen würde, wäre sie mir mit Sicherheit nicht böse."
Damian sah die beiden nur verständnislos an. Die redeten über ein Auto, als ob es eine Person war. Idioten.
Tim trank seinen Kaffee aus und erhob sich dann wieder von seinem Platz. Die leere Tasse fand ihren Weg in den Geschirrspüler, bevor der Teenager sich mit einen kurzen:
„Ich mach mich fertig und fahre dann los. Viel Glück mit eurem Projekt.", von den beiden verabschiedete und den Raum verließ. Über die Schulter rief Dick ihm noch nach:
„Viel Spaß und grüß Conner von mir!"
Damit waren sie wieder nur zu zweit in der großen Küche.
Verärgert verschränkte Damian seine Arme und zischte:
„Ach er darf also mit deinem Auto fahren."
"Im Gegensatz zu dir hat er einen Führerschein und eine wesentlich geringere Risikobereitschaft. Vielleicht wenn du irgendwann 17 bist einen Führerschein hast und ich mir sicher bin, dass du nicht jeden über den Haufen fährst, den du nicht leiden kannst."
„-tt-, Mit deinem Auto würde ich eh nicht alle erwischen."
Der frische Schnee knackste dumpf auf, als die Reifen von Dicks Auto eine neue Spur in den Parkplatz zogen und der Wagen unter einer alten Eiche zum Stehen kam.
Der Motor verklang und Tim sah kurz aus dem Fahrerfenster zu seinem Zielort. Er war schon viel zu lange nicht mehr hier gewesen. Viel zu lange nicht bei ihm und innerlich strafte er sich bereits dafür.
Und sowas nannte sich bester Freund.
Er verließ das Auto und holte aus dem Kofferraum den Weihnachtskranz, welchen er zuvor beim Blumenladen gekauft hatte.
Tim ließ den Parkplatz hinter sich und öffnete das verzierte Gartentor des angrenzenden Grundstückes. Die Gegend war Menschenleer und der Schnee dämpfte alle Geräusche ab, sodass er nur die herabfallenden Flocken und seine eigenen stapfenden Schritte hören konnte.
Verschneite Wege führten ihn um weiße Steine, Büsche und allerlei Bepflanzung immer weiter durch die Anlage, bis er letztendlich sein angestrebtes Ziel erreichte.
Die Spur von Fußabdrücken verklang vor einem grauen Granit und die warmen Wolken aus Tims Lungen verlagerten ihren Tanz vor sein Gesicht.
"Hey Connor, wie geht's?"
Begann er zu reden und eine ihm bekannte Schwere breitete sich unmittelbar in seiner Brust aus. Seine Stimme kam bedrückt,...gequält,...traurig:
"Ich bin lange nicht mehr hier gewesen. Dafür kannst du mich ruhig verteufeln. Ich dachte...ich sollte mich zumindest vor Weihnachten mal blicken lassen, wenn ich dich schon allgemein nie besuchen komme."
Eine Pause folgte und Stille machte sich breit, welche lediglich vom herabfallenden Schnee unterbrochen wurde. Tim zögerte mit seinen Worten. Es fiel ihm schwer hier zu stehen und zu reden.
"Es...es ist nicht leicht für mich. Viele beneiden mich um meinen schlauen Kopf, doch dank ihm kann ich deinen tot immer wieder durchspielen. Die Szenarien, welche dich hätten retten können. Die letzten Momente, in denen ich dich sah. Und immer, wenn ich hier bin scheinen diese Bilder wieder und wieder in mir aufzuleben. Es ist, als ob dieser Ort sie immer wieder anfachen würde.
Ich...vermisse dich einfach zu sehr und das...quält mich."
Erneut hielt Tim inne. Kämpfte dagegen seinem Schmerz zu viel Platz zu bieten. Es war wie das Wetter an diesem heutigen Tag. Zugezogen, bedrückend, still und wie der Schnee der alles verdeckte, so erging es auch seinem eigenen Kopf. Er konnte hier und jetzt an nichts anderes Denken, als die Person, welche einige Meter unter seinen Füßen lag. Sich nicht ablenken von den Qualen.
"Ich habe dir übrigens was mitgebracht. Ein bisschen was Weihnachtliches, damit dein Grab nicht ganz so nackig aussieht."
Tim hockte sich vor den Stein, um den Tannenkranz auf das Grab zu legen und schaltete 3 der 4 LED-Kerzen auf diesem an. Seine Mundwinkel zogen sich ein wenig nach oben, als das gelbliche Licht etwas Wärme zwischen all den kalten Farben auszustrahlen schien und den kargen Granit nicht ganz so trostlos aussehen ließ. Der Teenager begann zusätzlich die dicke Schneeschicht von dem Stein zu streichen, während er weiterredete:
"Das ist gleich ein ganz anderes Bild. Das warme Licht passt besser zu dir. Übrigens haben Clark und Bruce Jon und Damian jetzt dazu verdonnert ein Team zu bilden. Du kannst dir sicher vorstellen, dass die beiden nicht sonderlich davon begeistert waren. Die Zwei können sich wirklich gar nicht leiden. Wobei mein Mitleid vor allem bei Jon liegt. Mich schüttelts alleine schon, wenn ich auch nur einmal mit Damian zusammenarbeiten muss und die zwei sehen sich jetzt mehrmals die Woche. Sie haben sich übrigens die Supersons genannt. Ich bin gespannt, ob das Team-Up so eine gute Idee war. Wenn du noch da wärst, würde er dir bestimmt die Ohren vollheulen, wie anstrengend Damian doch ist. Wahrscheinlich würde selbst ich dir jedes Mal die Ohren vollheulen, sobald ich diesen Gremlin sehe. Er ist so anstrengend. Jon hingegen ist ein Segen als Bruder. Zu Schade, dass er dich nie richtig kennenlernen konnte. Ihr hättet euch wirklich super verstanden. Dick lässt im Übrigen auch Grüßen. Er hat dich immer sehr gemocht."
Tim stand wieder auf und starrte nachdenklich auf die Inschrift. Es fiel ihm schwer sich zu öffnen und seine Gedanken mit Conner zu teilen. So zögerte er etwas mit seinen nächsten Worten, die ihn sichtlich belasteten:
„Sag mal Connor, würdest du es mir übelnehmen, wenn ich...wenn ich das Heldendasein aufgebe? Habe ich überhaupt das Recht dazu, nachdem so viele dafür gestorben sind?"
Stille folgte und aus der ferne versuchte ein kleiner Vogel mit seinem Gesang dieser Einhalt zu bieten. Die Schwere und Schuld schien sich wie ein Dämon fester denn je an sein Herz zu krallen,
„Ich war es, der unbedingt ein Held werden wollte. Doch mittlerweile habe ich das Gefühl, dass es mich nur noch...Das es mich verändert. Und das nicht zum Guten.
Ich denke viel nach. Mache mir Vorwürfe. Mache mir selber Druck besser und besser zu sein und habe immer das Gefühl, dass es dennoch einfach nie reicht, da nach wie vor Menschen, die mir nahestehen verletzt werden oder gar sterben. Vielleicht würde der ein oder andere auch noch leben, wenn ich nie Robin geworden wäre.
Mir kommt immer wieder der Gedanke, dass ich vieles verhindern hätte können. Ich weiß selber, dass mich das krank macht und bin unsicher was ich tun soll.
Könnte ich beispielsweise als Wissenschaftler mehr gutes schaffen? Vielleicht Heilmittel gegen Krankheiten entwickeln oder Maschinen konstruieren, die positives bewirken könnten.
Den Fortschritt eben voranbringen, statt jede Nacht die gleichen Verbrecher zu jagen und sich nur im Kreis zu bewegen.
Doch ist es Ok für mich das zu tun?
Ich wünschte du wärst hier. Ich könnte deinen Rat wirklich gut gebrauchen und...einfach die Zeit mit meinem besten Freund."
Tim hielt kurz inne und betrachtete das leichte Flackern der elektrischen Kerzen. Der weiße Schnee um sie herum reflektierte ihr Licht und hob das Grab zwischen all den kalten Tönen hervor.
Seine Gedanken kreisten um ihre gemeinsamen Erinnerungen. Wie sie sich kennenlernten, Conner immer einen Rat für ihn parat hatte und er sich uneingeschränkt auf seinen treuen Freund verlassen konnte. So eine bessere Hälfte gab es eben nur einmal. Es trieb die Trauer in seine Augen.
Nach einigen Minuten des Erinnerns beschloss Tim, dass es Zeit war zurück zu kehren. Er hatte schließlich noch eine Menge zu tun und hatte alles bereits gesagt, was er ihm sagen wollte.
Tim trat neben den Stein und legte ein letztes Mal seine Hand auf den kalten Granit.
„Ich wünsche dir einen schönen 3. Advent und auch jetzt schon schöne Weihnachten. Ich vermisse dich wirklich sehr Kumpel."
Damit ließ er das Grab seines geliebten Freundes hinter sich. Ohne Conner war alles einfach nicht dasselbe.
Titans #37:
„I've lost too many people Cassie. I want one back. I want my best friend back. I want Conner back. I miss him so much."
Tim Drake
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