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Am Samstag war es dann soweit. Ich sollte mein erstes Date mit Harry haben. Ehrlich gesagt bin ich schon etwas nervös, schließlich ist es mein erstes Date seit einer sehr langen Zeit und es ist auch nicht alltäglich mit einem Promi auszugehen und erst recht nicht, das alles nur vorzuspielen. Trotzdem freue ich mich darauf, auch wenn ich ein mulmiges Bauchgefühl habe, da ich nicht weiß, was mich erwartet.
Das kurze bellen der Klingel reißt mich aus meinen Gedanken. Wie erwartet steht Harry vor der Tür. „Hey" sagt er grinsend. Er trägt ein lockeres Hemd, welches seine Muskeln betont und eine dunkle Jeans. Hinter ihm entdecke ich eine Limousine. Wow. Ich komme aus dem staunen kaum noch raus. Niemals hätte ich geträumt, jemals mit einer Limousine zu fahren. Aber sind wir mal ehrlich, als Kind wollten wir das alle einmal. Spätestens nach dem man sich Serien wie Gossip Girl angeschaut hat. Ich lege eigentlich keinen Wert auf materielle Dinge, aber beeindrucken kann man mich damit schon. Aber was habe ich denn erwartet? Natürlich würde Harry nicht einfach die U-Bahn nehmen oder uns ein Taxi rufen.
„Alles in Ordnung?" Harry sieht mich skeptisch an. Erst jetzt bemerke ich, dass ich ihn noch nicht mal begrüßt habe. „Hey, entschuldige" beginne ich den Satz. Allerdings zögere ich. Wie soll ich ihm auch sagen, dass mich das ganze total beeindruckt. Ich möchte jetzt auch nicht oberflächlich klingen, da ich das auch nicht bin. Ein Mädchen wie ich, das sich sowas wie eine Limousine nicht leisten kann, freut sich aber über solche Dinge.
„Schon gut" sagt er nur, scheint er doch meine Unsicherheit zu merken. Ich bin ihm dafür wirklich dankbar, auch dass er nicht weiter nachfragt. „Wir sollten los" fügt Harry dem zuvor gesagten an. Erst da merke ich, was für eine peinliche Stille und Unsicherheit zwischen uns liegt.
Einen letzten Blick in den Spiegel und ich folge ihm durch die Tür. Ich trage ein weißes Kleid mit Spitze und einem süßen Gürtel, geschminkt habe ich mich heute natürlich, heißt Mascara, Eyeliner und ein natürlicher Ton Lidschatten und Rouge. Normalerweise fühle ich mich so dezent geschminkt wohler, doch heute fühle ich mich etwas underdressed. Ich weiß nur leider immer noch nicht, wo wir hingehen. Hätte ich das gewusst, wäre es wesentlich einfacher gewesen, mich passend anzuziehen. Durch Harrys Aufzug weiß ich aber, dass wir nicht einfach nur ins Kino gehen.
Vor der Limousine hält mir Harry die Tür auf, er ist ein wahrer Gentleman, was ich ehrlich gesagt nicht erwartet hätte. „Steig schon ein, das ist nichts besonderes in meiner Welt" schmunzelt Harry, nachdem er sieht, wie sehr ich das ganze bewundere. Ich folge seinem Befehl und setze mich. Kurze Zeit später nimmt auch Harry neben mir platz. Peinliche Stille breitet sich aus. Ich hasse diesen Moment, in der keiner weiß, was er sagen soll.
„In deiner Welt mag das normal sein, für mich wird gerade ein Traum war" gestehe ich leise, um die stille zu brechen. „Mit mir auszugehen war dein Traum?" lacht Harry. Ich werde rot. Ich weiß, andere Mädchen, oder vielleicht auch Jungen, träumen davon, mit Harry auszugehen. Ich jedoch gehöre nicht zu diesen Groupies, die Harry 24/7 stalken, das Zimmer voller Poster haben oder andauernd von ihm träumen. Ich höre ab und an seine Musik, die auch andauernd im Radio läuft, aber ansonsten habe ich mich kaum mit ihm beschäftigt. Ich interessiere mich nicht besonders arg für das Leben der Stars.
„NEIN, nein das meinte ich nicht" rufe ich peinlich berührt aus. „Ich meine in einer Limousine zu fahren"
„Wieso?" Er sieht mich fragend an. Anscheinend kann er das nicht ganz nachvollziehen. „Wir kommen aus verschiedenen Verhältnissen. Dir wird alles nachgeworfen, du könntest alles haben, was du wolltest. Ich.."Ich beende den Satz nicht, ich möchte weder Harry beleidigen, noch irgendwelche Details über mein Leben ausplaudern, die ihn nichts angehen. Wartend sieht Harry mich an, anscheinend erwartet er doch, dass ich den Satz beende. Nach kurzem überlegen füge ich also hinzu: „Ich hatte es nicht immer leicht in der Vergangenheit, das ist alles."
„Was meinst du damit?"
Um dem Thema auszuweichen frage ich nur: „Wohin gehen wir? Wie sieht der Plan für heute aus?"
Harry merkt meinen Themenwechsel, frägt aber nicht weiter nach. „Wir gehen essen. Das Management verlangt einen Kuss vor der Kamera." Nach kurzem zögern fügt er noch hinzu: "Es tut mir wirklich leid, dass du da jetzt mit rein geraten bist. Ich werde aber versuchen, dir das ganze so angenehm wie möglich zu machen. Und mir selbst auch."
„Danke" gebe ich mit einem ehrlichen Lächeln zurück. Ich erwarte nicht, dass es einfach wird, schließlich werde ich morgen schon wieder in sämtlichen Zeitungen gedruckt sein, aber seine Worte bedeuten mir dennoch viel.
„Hast du deine Familie eingeweiht? Ist es für sie auch in Ordnung, dich auf allen Titelseiten zu sehen?" Fragt er ehrlich besorgt. Ich hatte gehofft, unser Kuss würde nicht auf den Titelseiten erscheinen, aber da Harry das erwartet, der da mehr Ahnung hat als ich, erwarte ich nun auch nichts anderes mehr. Ich hasse es.
„Ich bin alt genug." sage ich knapp. Der Abend ist jetzt schon gelaufen. Wieso musste er auf dieses Thema zu sprechen kommen?
„Aber du wirst ihnen doch wohl nicht komplett egal sein" versucht Harry mir zu erklären, warum er dieses Thema angeschnitten hat. Kann er denn nicht einfach locker lassen? Anfangs war er doch auch sehr verständnisvoll.
„Hm" seufze ich. Den Rest der Fahrt schweigen wir, jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach.
Die Limousine hält vor einem Fünf Sterne Hotel. Harry reicht mir seinen Arm, in dem ich mich einhake, und führt mich hinein, zu einem Platz, der etwas abseits liegt, man uns trotzdem sofort sieht. Schließlich muss ich in den nächsten paar Stunden einen glaubwürdigen Kuss mit Harry hinlegen. Mir wird schon ganz flau im Magen, wird Zeit, dass ich dieses Gefühl mit einem Wein ersticke. Anders überlebe ich den Abend heute nicht.
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