21. Dezember - Zuhause (Marie)
Der Himmel über den Wolken war besonders im Winter einfach nur wunderschön anzusehen. Seine Farbe war von keinem intensiven blau, wie im Sommer und er hatte auch nicht die Farben eines neuen Tages wie im Herbst oder Frühling; es wirkte viel eher, als läge eine zarte Eisschicht auf ihm.
Hier über den Wolken gab es kein Eis. Es gab auch keinen Regen, keinen Wind und keine Blitze. Es wurde Nacht, und die Sterne leuchteten. Es wurde Tag, und die Sonne tauchte alles in ein helles Licht.
»Fred Weasley, wo willst du schon wieder hin?«, donnerte eine helle Frauenstimme durch den Himmel und ein junger Mann mit wirrem roten Haar erstarrte in seiner Bewegung.
»Ich wollte nur-«, fing er mit leiser Stimme an, wurde jedoch sofort unterbrochen. »Versuche nicht mich anzulügen, bei Merlin und-«
»Hat mich gerade jemand gerufen?«
»Nein!«
»Aber...«
»James, bitte kümmere dich um Merlin ich muss mit Fred ein ernstes Wörtchen reden!«
»Lily, bitte! Lass den armen Jungen doch-«
»James! Er ist kein kleines Kind mehr und wir dürfen den Himmel nicht verlassen. Versteht ihr das denn nicht, bei Merlin!«
»Anwesend!« »Sei ruhig, Tatze!« »Sei doch selber leise, Krone!«
Fred konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen, während eine wütende Lily Potter auf ihn zukam. Ihr hüftlanges Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten, der nun bedrohlich hin und her schwang.
»Fred«, begann sie mit ermahnendem Ton und als ihre Blicke sich trafen, wurde ihr Gesichtsausdruck sanfter.
»Ich weiß doch. Aber bald ist Heiligabend und ... ich wollte einfach mal schauen, ob alles bei Ihnen in Ordnung ist.« Sanft lächelnd zog Lily den jungen Weasley an sich und strich ihm vorsichtig übers Haar. (Was erstaunlich war, denn Lily Potter war deutlich kleiner, als Fred.)
»Sie werden traurig sein, und die Kerzen werden nicht so hell leuchten wie in den letzten Jahren.« Fred schluckte und eine Träne löste sich von seinem Kinn.
»Nur einen kurzen Blick?« Lily ließ ihn seufzend los. Dann nickte sie sanft. »Aber ich komme mit«, flüsterte sie leise.
*
Es hatte sich seit seinem letzten Besuch im Fuchsbau viel verändert. Vorallem aber das Haus. Fred konnte nur erahnen, woher plötzlich die finanziellen Mittel gekommen waren, aber der Hof der Familie schien von Grund auf erneuert worden zu sein. Das alte Chaos war diesen Renovierungen jedoch nicht gewichen und Fred war sichtlich erleichtert um diesen Umstand. Mit Lily an seiner Seite betrat er vorsichtig den Vorgarten, der im Halbschatten lag, doch seine Schritte hinterließen keine Spuren im Schnee oder ließen die feinen Eiskristalle leise knarschen.
Dennoch schien es, als hätte jemand die Anwesenheit der beiden verstorbenen wahrgenommen. Eine Holzklappe in der Tür zur Küche knarzte leise und ein junger Hund stürmte in den Garten.
»Sie haben einen Hund?«, flüsterte Fred und kniete sich zu dem kleinen Racker hinab. Vorsichtig streichelte er dem Tier über das Fell, seine Finger stießen gegen das kalte Metall des Namensschildes. »Alastor«, las Fred vor und kurz zuckten seine Mundwinkel. »Er sieht ihm schon ein wenig ähnlich, nicht?«, kam es von Lily und ächzend erhob sich Fred. Eine Schwermut hatte sich über ihn gelegt und mit mulmigen Gefühl, die Worte der jungen Potter, die körperlich in seinem Alter war, beachtete er nicht weiter.
Fred musste die Tür nicht öffnen, er hätte einfach so durch sie hindurch laufen können, doch in dem Moment, in dem er über die Schwelle zu seinem Zuhause treten wollte, schwang die helle Tür auf und Fred blieb wie erstarrt stehen.
»Mum! Ich hol Harry, Hermine und Ron aus Devon ab, bis nachher!« Ginny Weasley stand in der Tür, von Kopf bis Fuß erkannte Fred selbstgestrickte Dinge seiner Mutter. Ginny sah... nicht traurig aus. Müde, vielleicht etwas betrübt, aber nicht am Boden zerstört.
Ein Stich durchzuckte sein Herz. Was hatte er erwartet? Das seine Familie bis zum Schluss um ihn trauerte? Nein... es war gut so.
Vorsichtig betrat Fred nun das Haus, und es schien für einen kurzen Moment, als wäre die Zeit stehen geblieben. Es hatte keinen Krieg gegeben, er war nie gestorben, er war einfach nur eingeschlafen, kurz vor den Ferien, und nun wieder nach Hause zurückgekehrt.
Überall hingen Girlanden und Zweige und Weihnachtsdekoration. Ein sanfter Duft von Zimtkeksen hing im Raum und leise Weihnachtsmusik ertönte aus einem alten Radio über dem Kamin. Im Wohnzimmer glänzte der Weihnachtsbaum wie eine Leuchtkugel und es war einfach... schön.
»Mum!«
Molly Weasley saß in der Küche, den Zauberstab locker zwischen den Fingern haltend dirigierte sie eine Menge an Küchengegenständen, die auf ihren Befehl hin backten und kochten und strickten, während sie mit einem Lächeln durch ein altes Fotobuch blätterte.
»Mollyröllchen, sind die Jungs schon da?« Eine zarte Röte legte sich auf die Wangen seiner Mutter und Fred konnte nicht anders, als zu weinen und zu lachen. Arthur Weasley betrat den Raum, er wirkte gesund und ausgeruht.
»Nein, aber sie werden bald eintreffen.« Arthur nickte.
Fred ließ seinen Blick zu der Uhr auf dem Stapel Tischdecken beim Besteckschrank gleiten, im selben Moment hob Molly den Blick.
Freds Zeiger war auf "Zuhause" gerichtet. Kurz flackerte der Blick seiner Mutter auf und Fred war sich sicher, Tränen erkennen zu können. Aber sie weinte nicht. Und er war ihr dafür dankbar.
»Wir müssen los.« Lily hatte eine Hand auf seine Schulter gelegt.
»Ich weiß... nur noch ein bisschen?« Sie schüttelte den Kopf und Fred spürte, wie er ihrer Berührung nicht Stand halten konnte. Langsam führte Lily Fred aus der Küche wieder hinaus auf den Hof.
In der Ferne konnten sie vier Gestalten ausmachen. Freds Augen wurden groß und Lily warf ihm einen vielsagenden Blick zu.
»Keine Sorge, du wirst sie wiedersehen. Wir, James und Ich, werden dafür sorgen. Ihr habt so viel für Harry getan... das mindeste ist es, es dir in irgendeiner Form zurückzuzahlen.«
Während der Himmel sich zuzog und feine Schneeflocken zu einem Schneegestöber wurden, wurde die Erde unter Freds Füßen immer kleiner und kleiner.
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