• Prolog •
15 Jahre zuvor:
„John leise, die Kinder schlafen."
Jetzt nicht mehr.
Mit einem Knarren öffnete sich die Holztür und ein kleiner Schatten huschte über den Hausflur.
Leise schlich das dunkelhaarige Mädchen durch die Nacht und schlüpfte in den nächsten Raum.
Ratlos fiel ihr Blick auf den kleinen Körper vor sich, dessen Brustkorb sich regelmäßig hebte und senkte.
„Lenny, hey wach auf.", flüsterte sie.
Als jedoch keine Reaktion von ihrem Gegenüber erfolgte, begann sie langsam an ihrem schlafenden Bruder zu rütteln.
Nach einigen wenigen Sekunden öffneten sich langsam seine grünen Augen.
„Was ist denn Cally?", müde wollte er sich gerade auf die andere Seite drehen, da zog sie ihn vorsichtig an seinem Arm, aus dem Bett.
Der Junge wusste nicht so wirklich was vor sich ging und eigentlich wollte er nur ganz dringend wieder in der Schlaf finden. Doch seine kleine Schwester beharrte weiterhin darauf und so schlurfte er ihr nach, die Treppe hinunter .
„Mama und Papa machen unten irgendwas Komisches.", murmelte das Mädchen besorgt.
Neugierig schlichen die beiden Kinder auf Zehenspitzen in Richtung Wohnzimmer des geräumigen Hauses.
Das Anwesen von Wiesen begrenzt nah bei der Stadt St Andrews, nur wenige Minuten weg von den Klippen.
Schlecht ging es der schottischen Familie nicht, denn die Eltern verdienten viel Geld mit ihrem Job.
Doch er hatte auch seinen Preis.
Und diesen mussten die Eltern heute zahlen.
Denn was die Geschwister dort sahen, war nicht für Kindesaugen bestimmt gewesen.
Auf dem dunklen Parkett war eine Blutspur gezogen, obwohl sich dies im schummrigen Mondlicht nur erahnen ließ. Dunkle, klebrige Abdrücke, die so gar nicht in das sonst so ordentliche Anwesen der Familie Benton passte.
Nur das wirklich groteske war, dass die Abdrücke in einem leblosen Körper endeten.
Aber es war kein normaler Toter, nein ganz und gar nicht .
Seine gesamte Haut war von dunklen Haaren überzogen und aus seinen nackten Füßen, sowie Händen, ragten lange Klauen. Klauen, die so scharf schienen, dass sie durch Granit hindurch dringen könnten.
Eigentlich sah er sonst aus wie ein Junge, doch schien er einfach kein Mensch zu sein.
Von draußen fiel Licht des Vollmondes in das Wohnzimmer und nur schwer war erkennbar, wie sich die Kinder hinter der Tür versteckten.
Mittlerweile wollte auch der Junge unbedingt wissen, was hier vor sich ging. So hielt er sich den Zeigefinger vor den Mund und das Mädchen blieb stumm.
Die Eltern legten den leblosen Körper auf dem Wohnzimmertisch ab.
„Ava rufst du bitte den Eliminationsservice an?"
Die dunkelhaarige Frau zückte ihr Handy und begann leise zu flüstern. In ihren Gesichtszügen zeichnete sich der leichte Ausdruck von Sorge ab. Doch schnell schob sie ihn beiseite. Schließlich musste sie professionell bleiben.
„Guten Abend, Ava Benton hier, wir haben einen B12 und bräuchten jemanden zur Beseitigung des Körpers. Gut danke."
Sie legte auf und stemmte ihre zierlichen Arme in die Hüfte. Die Anstrengung des Abends lag in ihren Knochen und sie hoffte, dass die Aktion bald ein Ende finden würde.
Das Mädchen musste sich strecken, um zu sehen was dort genau vor sich ging, denn ihr Bruder überragte sie bei Weitem und immer wieder schob er sich in ihre Sicht.
Fasziniert beobachtete sie den Körper, doch dann plötzlich geschah etwas Komisches.
Die Krallen und Haare zogen sich zurück. Schneller als es physiologisch möglich wäre. Und nach wenigen Sekunden lag dort einfach nur noch ein lebloser Junge auf dem Wohnzimmertisch der Familie Benton.
Die grünen Augen des Mädchen weiteten sich, bei dem nun so anders aussehenden Wesen. Und in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit überkam sie ein kleiner Laut vor lauter Überraschung. Doch das reichte aus und die Augenpaare der Erwachsenen lag auf ihnen.
Die Deckung war aufgeflogen.
_______
Das erste Mal, als ich eine Leiche sah, war ich sechs Jahre alt gewesen. Man könnte nun annehmen, dass so etwas ein Kind langfristig traumatisieren würde. Doch noch immer weiß ich, dass ich mich ständig nur gefragt habe, warum seine Augen denn so golden gewesen waren. So golden, wie kein menschliches Auge jemals hätte aussehen können.
Mein Vater hatte mir gesagt, dass es ein böses Wesen gewesen sei. Ein Wesen, kein Mensch.
Ab da wusste ich, dass unsere Familie anders war.
Es gibt Böses in unserer Welt.
Nicht nur Verbrecher und Mörder, nein keine bösen Menschen. Die existieren glaubhaft auch in Mengen , aber die Dinge, die ich meine sind anders.
Sie haben spitze Zähne, Krallen und Gifte mit denen sie uns schaden können.
Der Mensch war gut, die anderen Wesen waren böse. So wurde es mir zumindest seit Kindesbeinen von meinen Eltern gelehrt.
Und wie Kinder nun einmal so waren, eiferten sie ihren Eltern nach, die nicht vollkommener hätten sein können.
Mein Vater wurde von unseren Verwandten gern als hochbegabt bezeichnet, er war wortwörtlich ein Genie. Der schlaue Kopf unserer Familie, niemals würde ich an diesen Intellekt auch nur ansatzweise herankommen.
Doch auch meine Mutter hatte ihre Stärken, wortwörtlich. Sie war schnell, mutig und konnte in jeder Situation einen kühlen Kopf behalten.
Zusammen waren sie das perfekte Team.
Alles in mir sehnte sich danach genauso zu werden wie sie. Und eben gleich dachte mein Bruder.
Sie halfen den Menschen, sie befreiten uns von all dem Bösen dort draußen und machten die Welt zu einem sichereren Ort. So glaubte ich es zumindest immer.
Und so eiferten wir ihnen nach und zählten die Tage bis zu unserem 21. Geburtstag, denn dann würden wir aufgenommen werden, in die Academy - A.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro