29. Kapitel
Natürlich war Milo gekommen, um seine Liebste anzufeuern. Nach jeder verdammten Szene, in der auch nur Fusselchen von Ava zusehen gewesen war, war er aufgesprungen und hatte gebrüllt und applaudiert wie ein Verrückter.
Die verstörten Blicke der Umstehenden hatten mir nach und nach mehr Röte ins Gesicht getrieben, doch Milo war das herzlich egal gewesen.
Er hatte gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd, bis zu dem Moment in dem Clay und Ava gemeinsam die Bühne betreten hatten.
Verstohlen hatten Harper und ich beobachtet, wie das stolze Lächeln nach und nach aus Milos Gesicht verschwunden war, bis seine Lippen lediglich einen schmalen Strich bildeten und er die Augen zu Schlitzen zusammengezogen hatte.
Ich konnte sogar schwören, dass sich das strahlende Blau seiner Iris verdunkelt hatte, als Clay seine Lippen länger als nötig auf Avas verweilen gelassen hatte.
Während der Rest den Publikums in einen tosenden Applaus ausgebrochen war, hatte er sich mit verschränkten Armen zurück gelehnt und grimmig auf die Bühne gestarrt.
„Was für ein widerliches Ende", hatte er leise gemurmelt und Harper und mich somit zum Schmunzeln gebracht.
Nun standen wir zitternd am Hinterausgang und warteten darauf, dass Ava uns mit ihrer Anwesenheit beehrte.
Gelangweilt grub ich die Absätze meiner Winterstiefel in die vereiste Schneeschicht und zog den Kragen meiner Winterjacke enger um meinen Hals.
Mein Blick schweifte zu Harper hinüber, deren honigblondes Haar in dem Schein der Straßenlaterne geradezu golden leuchtete. Sie zog sich gerade den dunklen Hut zurecht und zupfte einzelne Strähnen unterhalb des schwarzen Stoffes hervor, ehe ihr Blick den meinen begegnete.
Fragend zog sie eine Augenbraue nach oben und neigte den Kopf zur Seite. „Was ist?"
„Nichts", erwiderte ich mit hochgezogenen Schultern. Harper runzelte die Stirn und drängte sich näher an mich heran, ehe sie mit gesenkter Stimme flüsterte: „Hast du mit Blake geredet?"
Stumm schüttelte ich den Kopf und ignorierte den dumpfen Schmerz, der sich bei der Erwähnung von Blakes Namen in meiner Brust ausbreitete.
Es war lächerlich, dass wusste ich. Wie konnte ich jemanden nachtrauern, den ich selbst verscheucht hatte?
Harpers Züge wurden weicher und ich senkte etwas genervt den Blick, um ihrer bedauernden Miene zu entgehen.
Ich hatte es satt ständig bemitleidet zu werden. Und das auch noch für meine eigenen Fehler.
„Was macht ihr morgen an Silvester?", wechselte ich deshalb rasch das Thema und warf auch Milo einen fragenden Blick zu. Seit Avas Kussszene war Harpers Mitbewohner ungewohnt ruhig und zurückhaltend gewesen.
„Wir wollten ein paar Leute einladen. Nichts Großartiges", erklärte Milo mir knapp und warf einen ungeduldigen Blick Richtung Ausgang.
„Hat dir Ava nichts davon erzählt? Sie hat gesagt ihr würdet kommen." Harper neigte ehrlich verwundert den Kopf zur Seite, als sie meine verwirrte Miene bemerkte. „Nein, sie hat nichts dergleichen erwähnt."
„Vermutlich hat sie es nur vergessen", meinte Harper und vergrub ihre Finger in den Taschen ihres dunkelbraunen Wintermantels.
Ich nickte zustimmend. Das würde meiner Freundin ähnlichsehen.
In diesem Moment stieß Ava auch schon lachend die Tür des Hinterausgangs auf. Milos Gesicht erstrahlte augenblicklich, bis er sah, dass jemand seinen Arm um die Taille seiner Angebeteten gelegt hatte.
„Hey Leute", begrüßte uns Ava mit einem breiten Lächeln und zwinkerte Harper und mir verschwörerisch zu, nachdem sie einen vielsagenden Blick auf Clay geworfen hatte.
Armer Milo. Ich schielte mitleidig zu ihm hinüber, doch er hatte demonstrativ den Blick abgewandt und grub die Spitzen seiner Schuhe in den Schnee.
Harper hingegen begrüßte Clay mit einer knappen Umarmung, doch als die Beiden sich zum Gehen wandten, warf sie mir einen kurzen Blick zu und rollte mit den Augen.
Ich zuckte lediglich mit den Schultern und seufzte leise, als meine Augen Milos niedergeschlagene Silhouette streiften, welche hinter Ava und Clay her schlurfte.
„Er tut mir irgendwie leid. Zwar bin ich kein Fan davon, dass Ava und du ausgerechnet über meine Mitbewohner herfallen müsst, aber dieses Bild ist einfach nur traurig", flüsterte Harper mir leise zu, als sie sich bei mir unterhackte und dem Trio langsam folgte.
„Traurig? Es ist grauenvoll!", zischte ich zurück und betrachtete voller Abscheu, wie Ava ihren Arm um Clays Mitte schlang und ihn näher an sich heranzog. Ich mochte meine Freundin wirklich und unter normalen Umständen respektierte ich ihre, häufig wirklich fragwürdigen, Entscheidungen. Doch Milo auf solch eine brutale Art und Weise das Herz zu brechen, war einfach nur widerlich.
„Glaubst du sie macht das absichtlich? Sie weiß doch, was Milo für sie empfindet", fragte ich mit gesenkter Stimme und linste zu ihrem Mitbewohner hinüber.
Harper seufzte leise und folgte meinem Blick. „Natürlich macht sie es mit Absicht. Das ist eben Avas Art, ihren Gefühlen zu entkommen."
„Gefühle? Denkst du etwa, Ava empfindet wirklich etwas für ihn?" Ehrlich überrascht sah ich meine Freundin an.
Ja, ich hatte bemerkt das Ava eine gewisse Sympathie für den Mitbewohner unserer Freundin hegte, allerdings hatte ich nicht das Gefühl, dass diese auf einer romantischen Ebene herrschte.
Wenn sie wirklich mehr als nur Freundschaft für Milo empfinden würde, würde sie ihm das doch nicht antun, oder etwa doch? Sie hatte zwar merkwürdige Wege, um ihre Gefühle zu verschließen, doch ich dachte, dass das nur daran lag, weil sie noch nie jemanden getroffen hätte, für den sie wirklich etwas empfand.
„Natürlich empfindet sie etwas für ihn! Schau sie doch an!", erwiderte Harper energisch, geschockt darüber, dass ich die Gefühle meiner Freundin offensichtlich nicht bemerkt hatte.
Vielleicht lag es daran, dass ich in den letzten Monaten mit meinem eigenen Chaos beschäftigt gewesen war, anstatt mich auf die Emotionswelt meiner Freundinnen zu konzentrieren.
Ich richtete meine Augen auf Ava, welche in diesem Moment über ihre Schulter linste und einen verstohlenen Blick zu Milo hinüberwarf. Sie wollte ihn wirklich verletzten. Mit voller Absicht.
Verächtlich schüttelte ich den Kopf und betrachtete meine Freundin enttäuscht, ehe ich Harper drängend am Arm zog und zu Milo aufschloss.
Mit einem breiten Grinsen hackte ich mich bei ihm unter und ließ meinen Kopf auf seine Schulter sinken. Überrascht blinzelte er mich an.
„Ignorier die Beiden einfach", flüsterte ich ihm leise ins Ohr, „Das ist sowieso nichts ernstes." Ich zwinkerte ihm zu und hoffte, ihn so, um einen Teil seiner Sorgen zu erleichtern. Milo rang sich ein knappes, aber dankbares, Lächeln ab und ließ seinen Kopf auf meinen niedersinken.
„Danke, Macy, aber reden wir uns nichts ein: Zwischen den Beiden wird heute definitiv noch etwas laufen."
„Dein Gesicht passt nicht zur Stimmung."
Mit, vor der Brust, verschränkten Armen und gerunzelter Stirn starrte Sienna auf mich herab. Ihre hochgezogene Augenbraue verriet mir, dass sie auf Details wartete, doch ich verzog lediglich mein Gesicht zu einer missmutigen Grimasse.
„Und? Milos auch nicht", erwiderte ich trocken und deutete auf Harpers Mitbewohner, welcher mir daraufhin mit seinem Bier zuprostete. „Touché. Lass unsere wunderschönen Gesichter in Ruhe, Sienna."
Sienna rollte mit den Augen. „Wunderschön?"
„Ein Segen und ein Fluch", sagte ich und erntete damit ein zufriedenes High Five von Milo.
Enzos Freundin öffnete daraufhin nochmal den Mund, um etwas zu erwidern, doch ich schaltete bereits ab.
Ohne ihren Worten zu lauschen ließ ich meinen Blick durch Harpers, Milos und Blakes Wohnung gleiten. Die Drei hatten echt ordentliche Arbeit geleistet, wobei ich mir ziemlich sicher war, dass sie bei den Dekorationsvorbereitungen Hilfe bekommen hatten.
Die Wohnung meiner Freunde war in ein absolutes Party-Paradies verwandelt worden.
Überall windeten sich irrwitzige Girlanden und Luftschlangen, während die Hälfte des Bodens bereits mit glitzerndem Konfetti bedeckt war. Die Zahl 2020 flog in unzähligen, schillernden Ballonhüllen herum und reflektierte die tanzenden Lichtpunkte, die, auf mir unerklärliche Art und Weise, durch das Wohnzimmer schwirrten.
All die Gäste, von denen ich mindestens sechzig Prozent noch nie in meinem Leben gesehen hatte, hatten verrückte Hüte oder Brillen auf, während sie sich ausgelassen zum Takt der hippen Musik bewegten.
Hätte meine Laune in den letzten Tagen nicht ihren Tiefpunkt erreicht, wäre ich vermutlich hellauf begeistert von der Kulisse, die Harper und ihre Mitbewohner aus dem Boden gestampft hatten.
Wobei ich Zweifel hatte, dass Milo bei den ganzen Vorbereitungen eine großartige Hilfe gewesen war. Seit gestern war er mies drauf und ich bemerkte immer wieder, wie sein Blick zu Ava hinüberglitt, die sich in den letzten Stunden nicht von Clays Seite bewegt hatte.
Verstohlen suchte ich die tanzende Meute nach Blake ab. Er hatte auf meine Nachricht nach wie vor nicht reagiert und seitdem auch nicht versucht, mich zu kontaktieren.
Eigentlich sollte mich dieses Verhalten nicht sonderlichen überraschen, da ich ebenfalls nichts hinsichtlich dieser Sache versucht hatte, dennoch versetzte mir sein distanziertes Verhalten einen Stich.
War das der Alkohol oder war mein Hirn wirklich so begrenzt? Hm... Ich schiebe es einfach Mal auf die Frauenlogik, die nach wie vor ein unerklärliches Mysterium in unserer Welt zu sein scheint.
„Ich hol mir Nachschub", murmelte ich in Milos Richtung gewandt und erhob mich ächzend von dem Sofa. Sienna war auf magische Art und Weise verschwunden, was ich jedoch nur mit einem desinteressierten Schulterzucken zur Kenntnis nahm.
„Nimm mir was mit", brummte Milo, ohne seinen Blick von Ava zu lösen.
Skeptisch betrachtete ich die Bierflasche in seiner Hand, die nicht einmal ansatzweise geleert war. Aber es war weder meine Pflicht noch mein Recht, über Milos Trinkverhalten zu urteilen, weshalb ich lediglich nickte und mir einen Weg zur offenen Küche bahnte.
Angeekelt verzog ich das Gesicht, als ich endlich bei der Kücheninsel ankam und wischte mir die unfreiwilligen Berührungen von den Armen.
Jetzt wusste ich wieder, warum ich private sowie öffentliche Veranstaltungen in der Vergangenheit gemieden hatte.
Sich durch eine schwitzende Masse zu quälen, war einfach nur widerlich.
Ich schlängelte mich durch ein paar bekannte Gesichter hindurch, welche an der Theke lehnten und öffnete endlich den Kühlschrank. Kurz genoss ich die kühle Luft auf meiner Haut und schloss für einen sekundenbruchteil die Augen, ehe ich nach zwei Flaschen Bier griff.
Eigentlich mochte ich kein Bier. Die bittere Flüssigkeit traf einfach nicht meinen Geschmack, doch ich sah keine andere Lösung.
Ich brauchte den Alkohol in meinem Blut, um den Anbruch des neuen Jahres gebürtig zu feiern, ohne mit einer Grimasse herumzulaufen, als hätte ich erfahren das Shawn Mendes vergeben war. Doch wenn ich zu anderen alkoholischen Getränken greifen würde, würde ich schon innerhalb weniger Minuten nicht mehr richtig stehen können.
„Was willst du denn mit dem Bier? Ist das nicht ein bisschen zu hart für dich?"
Ich konnte spüren, wie mein Herz vor Aufregung pochte, als ich mich erwartungsvoll zu der Person umdrehte, in der Hoffnung, Blake würde mir gegenüberstehen.
Auch wenn mich seine Ermahnungen bezüglich meines illegalen Alkoholkonsums in der Vergangenheit nur genervt hatten, würde ich jetzt alles dafür geben, seinem tadelnden, überheblichem Blick ausgesetzt zu sein.
Aber es war nicht Blake, welcher mich mit einem provozierendem Grinsen anlächelte. Ich schluckte die bittere Enttäuschung hinunter und versuchte mich an einem Lächeln. Dem Gesichtsausdruck des Typen nach, gelang mir das nicht besonders gut.
„Kyle, richtig?", fragte ich bemüht freundlich und musterte ihn unauffällig. Es verwunderte mich selbst, dass ich mich überhaupt noch an seinen Namen erinnern konnte. Eigentlich war er mir nur im Gedächtnis geblieben, weil ich Männer mit langen Haaren unglaublich unattraktiv fand. Und Kyles Haare waren nicht ein bisschen zu lang, sondern viel zu lang.
Ich versuchte mein Missfallen nicht allzu offensichtlich zu zeigen und zog noch einmal probehalber meine Mundwinkel nach oben.
Kyles Grinsen verlor seinen Charme. Anscheinend fand er mich auch nicht besonders anziehend. Warum sprach er mich dann überhaupt an? Sah ich von hinten etwa besser aus, als von vorne? Offensichtlich.
„Ja", erwiderte Kyle nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich und fand die Stärke seines Lächelns wieder. „Und du bist Macy, wenn ich mich recht erinnere."
Ich nickte zustimmend und betrachtete den Zopf in seinem Nacken. Um Gotteswillen! Der Kerl hatte ja längere Haare als ich! Und sie waren auch noch besser gepflegt als Meine!
War das denn zu fassen?!
Missmutig klemmte ich mir eine rote Strähne zwischen die Lippen und kaute darauf herum. Okay, vielleicht war das einer der zahlreichen Gründe, warum meine rötliche Pracht mit Spliss gesegnet war.
Mein minimales Interesse, mich mit Kyle zu unterhalten, verflog augenblicklich, weshalb ich etwas unbeholfen die beiden Bierflaschen hob und über seine Schulter hinweg auf Milo deutete.
„Wenn du mich entschuldigen würdest, ich muss die Schäden reparieren, die Amor angerichtet hat."
Kyle folgte meiner Geste und runzelte die Stirn, als sein Blick auf Milo fiel. Er schien irritiert über meine Worte, doch noch bevor er näher nachfragen konnte, schob ich mich an ihm vorbei und steuerte das Sofa an, doch ein kurzer Blick auf die tanzende Meute, welche sich in meiner Abwesenheit vergrößert zu haben schien, ließ mich diesen Gedanken gleich wieder verwerfen.
Ich seufzte frustriert auf und suchte nach einem alternativen Weg, der mich unbeschadet auf die andere Seite des Raumes bringen konnte.
Auf weiteren körperlichen Kontakt mit fremden, betrunkenen und das wichtigste; verschwitzten Personen, konnte ich nämlich wirklich verzichten.
Leider schienen meine einzigen Optionen der direkte Weg durch die Masse oder äußere Umweg zu sein.
Entschlossen drängte ich mich an den Rand der partywütigen Studenten und schob mich an der Wand entlang durchs Wohnzimmer.
„Versteckst du dich vor mir?" Beim Klang seiner, mir inzwischen so vertrauten, Stimme, zuckte ich zusammen. Um ein Haar wäre mir das nasse Bier aus der Hand gerutscht.
Langsam drehte ich mich um und blickte geradewegs in Blakes blaue Augen.
Mit gefurchter Stirn musterte er mich, ehe sein kühler Blick an meinem Gesicht haften blieb. Er sah irgendwie... wütend aus. Oder doch enttäuscht? Ich war mir nicht sicher. Jedenfalls war er alles andere als glücklich.
Als seine Augen auch noch die Bierflaschen in meinen Händen streiften, die ich krampfhaft umklammerte, wurde seine Miene noch düsterer.
„Blake", brachte ich mit zittriger Stimme hervor und senkte unruhig den Blick, ehe ich wieder seinen faszinierenden Augen begegnete.
Ich wusste wirklich nicht wie ich mich verhalten sollte. Schuldbewusst? Verärgert? Ausweichend? Verdammt.
Ich hatte nicht damit gerechnet das Blake heute Abend versuchen würde, mit mir in Kontakt zu treten. Hätte ich diese Option doch bloß in Betracht gezogen! Dann wüsste ich jetzt wenigstens, was ich von mir geben könnte, anstatt ihn wie anzustarren, als wäre er meine persönliche Erscheinung Gottes.
„Also?" Blakes Ton war distanziert, fordernd. Seine Stimme brachte mich zum Zittern.
„Was also?", hauchte ich, völlig überwältigt von seiner ungewohnten Nähe, die ich in den letzten Tagen so sehr vermisst hatte.
Die Falte auf seiner Stirn wurde tiefer, je länger ich ihn so unverhohlen anstarrte, doch ich konnte meinen Blick einfach nicht abwenden und das, obwohl Blake doch offensichtlich sauer auf mich war. Hoffentlich hatte ich nicht schon zu sabbern angefangen!
Mit einem Mal wurden Blakes Züge weicher. Keine Ahnung was ich gemacht hatte, doch mir gefiel diese Wendung.
„Ich mag es, wenn du lächelst", murmelte ich leise und strich, ohne großartig darüber nachzudenken, über die Stoppeln an seinem Kinn. Sie waren länger und dunkler geworden, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Berührt hatte...
„Bist du betrunken, Kiddo?", fragte Blake leise. Er hatte sich etwas vorgebeugt und meine forschenden Finger mit seiner Hand abgefangen. Ich hielt meinen Atem an, doch er stieß mich nicht fort. Meine Hand durfte auf seiner Haut verweilen.
Ein kleines, echtes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. „Ich hab doch gesagt, dass dieser Spitzname pervers klingt."
Oh Gott. Ich war nicht betrunken. Definitiv nicht. Doch der klitzekleine Alkoholanteil in meinem Blut vermischt den Gefühlen, die Blake in mir auslöste, waren einfach keine besonders gute Mischung.
Ich hatte das Gefühl bereits fünf Tequila-Shots intus zu haben, obwohl ich erst ein Bier geleert hatte. Und das nicht Mal allein – Ava hatte mir geholfen.
Blake ignorierte meinen Einwand und entfernte meine Hände von seinem Gesicht, woraufhin ich schmollend die Unterlippe vorschob und empört zu ihm aufsah. Fast schon wollte ich wie ein Kleinkind protestierten, als ich seine Finger an meinem Kinn spüren konnte.
Sofort durchzuckte mich ein Blitz und ich schloss mit einem wohlwollenden Seufzer die Augen. Ich genoss das Kribbeln, dass Blakes Berührungen in mir auslösten.
„Hey! Hier ist nichts mit versöhnen!" Verwirrt öffnete ich die Augen, als ich mit einem heftigen Ruck von Blake zurückgezogen wurde. Kurz taumelte ich, doch jemand fasste mich schnell am Arm und hinderte meine Nase daran, Bekanntschaft mit dem Wohnzimmerboden zu machen.
„Ich verlier hier nicht meine Leidensgenossin, nur weil plötzlich alles wieder zwischen euch funktioniert! Könnt ihr euch nicht später vertragen?", Milo klang ehrlich verletzt, als er sich bestimmt zwischen mich und Blake schob. Er warf seinem Mitbewohner einen kurzen Blick zu. „Ich brauch sie noch spätestens bis Mitternacht, danach könnt ihr euch von mir aus gerne die Zungen gegenseitig in den Hals schieben, aber nicht jetzt!"
Ich hob meinen Blick und sah Milo von der Seite an. Wenn meine Erinnerungen mich nicht trogen, hatte Harpers Mitbewohner gerade Mal ein Bier mehr als ich getrunken, was jedoch nicht seinem Zustand entsprach.
Er wankte noch mehr als ich und während er sprach, stolperte er immer wieder über ein paar Laute, was seine Worte träge und langsam klingen ließ.
„Keine Sorge, Milo. Ich lass dich heute Abend nicht im Stich", meinte ich und schlang schon im nächsten Moment meine Arme um seine Mitte. Milo grinste zufrieden und ich warf einen vorsichtigen Blick zu Blake hinüber.
Zu meiner Erleichterung schmunzelte er bei dem Anblick seines Freundes.
Als sein Blick den meinen kreuzte, hoben sich seine Mundwinkel kaum merklich. Ich konnte spüren, wie mich ein Schwall an Zuneigung überrollte und krallte meine Finger in Milos T-Shirt, um Blake nicht Jetzt und Gleich um den Hals zu fallen.
Ich erwiderte sein zaghaftes Lächeln erleichtert und formte ein „Bis später", mit den Lippen, ehe ich mich von Milo zurück zum Sofa schleifen ließ.
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