Neuanfang
Das Licht um mich wurde langsam schwächer. Die Stimmen verschwammen zu Rauschen im Hintergrund. Das Letzte, was ich spürte, war, wie jemand an meiner Schulter rüttelte und meinen Namen brüllte, bevor mein Geist in die Dunkelheit überging.
Vorsichtig blinzelte ich in einen flackernden Stern, der direkt über mir zu schweben schien. Ausser dieser leuchtenden Kugel, war es um mich herum stockfinster. Nur in der Ferne konnte ich einige kleine Punkte ausmachen, die immer wieder verschwanden, nur um kurz darauf erneut aufzutauchen. Langsam rappelte ich mich vom Boden hoch, doch fiel wieder auf meine Knie, als ich mich an meinem Krankenbett festhalten wollte. Das war jedoch nicht mehr hier. Genau wie das Krankenhaus und meine Familie. Nur die Dunkelheit und diese zart glimmenden Kugeln, die durch die Luft schwebten. Erneut probierte ich, auf meine Füsse zu kommen, was diesmal auch gelang. Vor mir breitete sich unendlich weite Finsternis aus. Es stellte sich heraus, dass ich auf einer Art Brücke durch die Dunkelheit stand. Auf beiden Seiten erstreckte sich ein Abgrund in die Tiefen dieser Welt, die aussah wie der Nachthimmel zu Hause. Nur dieser Weg durch die Luft irritierte mich ein wenig und als die Kugel sich in Bewegung versetzte und an mir vorbei schwebte, berührte sie mich leicht an meinem nackten Arm. Die Kugel war nicht warm wie ihr Licht, sondern eiskalt. Schon diese kurze Berührung brachte mich aus meinem soeben erlangten Gleichgewicht und erneut fiel ich auf die Knie. Die Kugel jedoch schien das nicht zu interessieren. Sie schwebte einfach weiter den Weg entlang, als wollte sie mir bedeuten, ihr zu folgen.
Seit einiger Zeit lief ich nun durch den Himmel, als sich vor mir eine Treppe aus der Dunkelheit manifestierte. Steil ragte sie vor mir durch das Zwielicht und nicht weit von dem Steg entfernt stand auf der Treppe eine Tür, auf die die Kugel langsam zuflog. So schnell wie es mir nach dem langen Marsch möglich war, rannte ich los, um die Tür zu erreichen. Die Kugel blieb endlich stehen und begann langsam ihr Licht zu dimmen. Schwer atmend kam ich bei der Tür an, deren Spalten sanft leuchteten. Meine Hand hob sich fast wie von selbst und legte sich auf die Türklinke. Vorsichtig drückte ich die Klinke hinunter und mir entfuhr ein leichter Seufzer der Erleichterung, als die Tür, die etwas in die Jahre gekommen war, nicht quietschte. Vor mir erstreckte sich ein komplett neue Szenerie, die sich in den Grundfesten von der hinter mir unterschied. Das Licht erhellte gleissend den Raum, der einem Operationssaal glich, doch es waren keine Menschen, wie ich sie kannte, die dort standen und ein Kind gebaren. Von ihnen allen ging ein leichter Schimmer aus, wobei das Neugeborene regelrecht strahlte. Erst als ich einen Schritt über die Schwelle machen wollte, fiel mir auf, dass ich auf ein Standbild blickte. Kein Geräusch drang zu mir und auch setzte sich das Bild nicht in Bewegung, als ich in den Raum trat. Ohne jemanden zu berühren ging ich langsam und mit berechneten Schritten zwischen den herumstehenden Personen hindurch. Von einem unnatürlichen Drang getrieben, flog ich fast auf das Kleinkind zu und blieb kurz davor stehen. Langsam hob sich meine Hand und bewegte sich auf die Wange des kleinen Lebewesens zu und erst da merkte ich, dass ich nicht mehr wirklich einen Körper besass, der das Kind hätte berühren konnte. Ich war durchscheinend, bestand aus dichtem Nebel oder Rauch, der sich aber wie mein alter Körper verhielt und auch atmete ich nicht. Jedenfalls nicht so, dass ich es kontrollieren oder merken könnte. Ein Ruck ging durch meinen Scheinkörper und meine Hand berührte nun das Kind, ehe ich es verhindern konnte.
Alles drehte sich und ich fiel in tiefe Schwärze. Schwärze ohne kleine Lichtblitze darin. Nur ein schnell grösser werdendes gleissendes Licht am vermeintlichen Boden war zu sehen. Ich hatte das Licht erreicht und dann schlug ich meine Augen auf und gab dem Drang nach zu schreien mit dem komischen Gefühl etwas Wichtiges vergessen zu haben, doch wurde diese Nebensächlichkeit kurz darauf von dem alles einnehmenden Hunger zur Nichtigkeit wurde.
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674 Wörter
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