XXI. Orpheus und Eurydike
Wait for Me (Reprise) - André De Shields, Hadestown Original Broadway Company
«Wer denkst du zu sein, der du es wagst, dich den Regeln unserer gesamten Welt zu widersetzen? Den Regeln der Götter?»
Die Stimme dröhnte in meinem Kopf und erwachte den Samen des Zweifels in meinem Herzen zum Leben. Doch ich weigerte mich, ihn Wurzeln schlagen zu lassen.
Eurydike, dachte ich. Es genügte, um den Spross zu töten und mich daran zu erinnern, weshalb ich überhaupt hier war; hier, zwischen den durchscheinenden Silhouetten zielloser Seelen und Monstern, die so schrecklich waren, dass ich wahrscheinlich schon längst vor Angst tot umgekippt wäre, hätte ich noch einen einzigen Tropfen Vernunft besessen.
Aber die Liebe zu meiner Frau war stärker als Angst es jemals sein könnte, und so hatte ich Kerberos direkt angeschaut, während er mich dreistimmig angeknurrt hatte.
Jeder Lebende hatte wahrscheinlich in irgendeiner Form Angst vor dem Tod. Auch ich war nur ein Mensch, aber ein Mensch, der es nicht ertragen konnte, die Liebe meines Lebens zu verlieren. Lieber ging ich wortwörtlich bis zur Unterwelt, machte alle zwölf Aufgaben des Herakles durch und spazierte direkt durch den Tartaros als auch nur mit einem einzigen Gedanken zu akzeptieren, sie niemals wiederzusehen.
«Du gehörst nicht hierher.»
Weder tat es Eurydike, und dennoch war sie hier.
Ich hatte ihr gesagt, sie könne gehen, wohin auch immer sie wolle, solange ich ihr nur dorthin folgen könne. Hades hatte meine Worte gehört und Eurydike in sein Reich entführt. «Beweise es, dass du ihr überallhin folgen würdest», schien er zu sagen und mich damit herauszufordern.
Sowohl er als auch ich wussten beide, dass es unnatürlich für Lebende war, in die Welt der Toten einzudringen. Und ja, wer war ich schon, dass ich es dennoch tat? Ich war doch nur ein einfacher Musiker.
Ich konnte nicht anders als leise zu lachen, als ich das Gesicht des Hades sah, kälter als der brutalste Winter. Er sollte wissen, dass Liebe auch den einfachsten Mann die verrücktesten Dinge tun lassen konnte. Er war es, der eine Frau entführt und in der Dunkelheit eingesperrt hat, nur, um sie bei sich zu haben. War es da wirklich unnatürlicher, dass ich nicht wahrhaben wollte, Eurydike an ihn verloren zu haben?
Es mochte ein schwieriger Weg sein, sie zurückzuholen, aber niemals so schwierig wie die Vorstellung, dass ich weiterleben sollte, ohne sie, während sie für den Rest meiner Tage ausserhalb meiner Reichweite war. Ich würde nicht zulassen, dass sie hier unten zu einer der durchscheinenden Seelensilhouetten wurde, ohne Sinn und für immer alleine.
- Juli 2024
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