Federn
Schnell sprang ich die drei Stufen runter, die zu der Kellertür der Schule führten. Das Lehrerzimmer lag im Ostflügel der Schule, der Haupteingang im Westflügel.
Wenn Herr Söder also noch irgendwas in der Schule machen musste, und dafür nicht ins Lehrerzimmer ging, hatte ich vielleicht doch noch eine Chance, rechtzeitig ins Gebäude zu kommen.
15 Minuten. 5 Pins.
Zwei Meter vor mir konnte ich das Schloss schon erkennen. Ich stieß noch einmal etwas Luft aus, um meine Anspannung loszuwerden, dann setzte ich mein Werkzeug wieder an das Schloss an. Klack.
14 Minuten. 4 Pins.
Der Dietrich verfing sich im Schloss, so, dass ich ihn nicht mehr bewegen konnte. Das konnte im Winter öfter passieren, also rüttelte ich ein wenig an ihm. Als er sich immer noch nicht bewegen ließ, zog ich ruckhaft an ihm.
Klack.
5 Pins. 13 Minuten.
Krrzkzring.
Ich hielt einen halben Dietrich in den Händen, die andere Hälfte steckte noch im Schloss. Okay, am Haupteingang überrascht zu werden war schon suboptimal, aber das hier war jetzt echt schlecht. Mir wurde übel, als ich daran dachte, was das für einen Ärger geben würde. Oder in der Zeitung stehen würde.
"Schüler versucht in Schule einzubrechen, um seine Hausaufgaben abzugeben. Der Einbruch misslang aber, weil seine eiserne Stange abbrach." Ich begann, wie ein betrunkener alter Mann auf einer Beerdigung, der den Verstand verloren hatte, loszuprusten. Ich war geliefert.
Nein, das wollte ich alles nicht. Ich ließ einfach alles fallen, was ich noch in der Hand hatte, und rannte weg. Die drei Stufen hoch, die jetzt wie riesige Berge auf meine zitternden Beine wirkten. Wieder an der Wand entlang zum Haupteingang, damit mich niemand an der Tür sehen würde.
Dort angekommen setzte ich mich an die Wand und weinte. Kalte Tränen brannten auf meinem Gesicht, als der Wind pustete. Meine Nase war so zu, dass ich nur noch durch den Mund atmen konnte. Ich suchte fieberhaft nach irgendeinem Ausweg aus meiner Lage, als ein Auto vor der Schule vorfuhr. OS-NP302. Nora Preiser. Meine beste Freundin. Mit Viktor, ihrem neusten, sehr ästhetischem Freund.
"Hey Vik, Hey Nora," rief ich den beiden entgegen, als sie endlich ausstiegen, "wieso seid ihr schon so früh hier?"
Vik schritt einen Schritt schneller auf mich zu als Nora, und antwortete mir auch zuerst: "Wir wollten vor dem Unterricht noch ein bisschen Mathe lernen. Bei dem Neuen macht es echt mal Spaß, findest du nicht?" Ich stockte kurz, fing mich aber wieder."Ja sicher, ist ganz okay der Typ."
Nora blickte mich nur mit durchdringendem Blick an. "Was ist los, Lars?", fragte sie mich. Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Ihr erzählen, warum ich einbrechen wollte? "Ich musste eben weinen, weil ich den Sommer so verrmisse. Du weißt schon, die Hitze, das ganze nackt-in-der-Wohnung-rumgelaufe, da wurd ich eben ein bisschen emotional." Ich grinste in ihr Gesicht. Zwar war das wirklich nicht überzeugend gelogen, aber wenn die beiden bei mir waren konnte ich nicht anders, als Sprüche zu klopfen. Ein paar Minuten redeten wir noch entspannt, dann kamen die ersten Busse.
Meine Hausaufgeben waren nicht angekommen.
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