8. Kapitel
"Bitte beehren Sie uns bald wieder!", rief Tom dem letzte Kunden dieses Tages hinterher. Er warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr. Es war kurz vor sechs, endlich Feieraben. Seufzend streckte er seine steifen Glieder, er wollte sich nur noch hinlegen und schlafen.
Tom lebte nun schon seit drei Monaten in Bellington und langsam gewöhnte er sich an das rege Treiben der Großstadt. Der Tanuki hatte schnell eine billige Wohnung, gefunden, die nicht nah am lauten Straßenverkehr lag.
Außerdem hatte er einen Job in einem kleinen Supermarkt. Kunden betreuen, Warenlieferungen entgegenzunehmen und in die Regale einzusortieren, gehörten an seinem wichtigsten Aufgaben. Unter anderem bediente er manchmal die Registrierkasse oder arbeitete im Lager.
Die Arbeit war also ziemlich anstrengend, doch er liebte Herausforderungen und er war ein fleißiger Arbeiter - wie sein Chef öfter bemerkte. Das einzige, was Tom störte, war der Gehalt. Er verdiente nicht besonders viel, gerade so, um über die Runden zu kommen.
Deshalb versuchte der Tanuki hart zu arbeiten, damit er mehr Sternis bekommen würde.
"Gute Arbeit, Tom!" Die tiefe Stimme seines Chefs riss ihn aus seinen Gedanken. "Du kannst jetzt Feierabend machen", fuhr das Nashorn fort.
"Soll ich noch den Boden wischen?", fragte Tom. "Oder die Waren sortieren?" Doch der Ältere lehnte dankend ab. "Nein, nein, lass mich das machen. Geh nach Hause und ruh dich aus. Du siehst erschöpft aus."
Das war er eigentlich auch. "In Ordnung", gab der Tanuki nach. Er hatte gehofft, wenn er Überstunden machen würde, würde er auch mehr Sternis verdienen. Doch dem war nicht so.
Als Tom den Wohnblock erreicht hatte in dem er lebte, warf er sofort einen Blick in seinen Briefkasten. Er ließ enttäuscht den Schwanz hängen, als sich keine Briefe darin befanden. Seufzend schloss er den Postkasten wieder und stieg die Treppe hinauf.
Tom hatte schon mehrere Briefe an Sable geschickt, doch sie schrieb ihm nie zurück. Auch nicht, als er an ihrem Geburtstag ein Geschenk zugesandt hatte.
Anscheinend will sie wirklich nichts mehr von mir wissen... Wahrscheinlich wird sie alle Briefe, die von mir stammen, zereißen und in den Müll werfen, ohne sie durchzulesen. Sein Herz zog sich bei diesem Gedanken zusammen.
Nachdem Tom die Tür aufgesperrt und seine Wohnung betreten hatte, machte er sich etwas zu Essen und ging daraufhin schlafen.
Es war an einem Nachmittag, als Tom ziellos durch die Stadt schlenderte und in seinen sorgenvollen Gedanken vertieft war. Wenn ich weiterhin so wenig Gehalt verdiene, werde ich wohl nie meinen eigenen Laden öffnene können. Außerdem hab ich noch nicht genug Erfahrung, wie man ein Geschäft überhaupt führt.
Er kickte verärgert einen Stein vor sich hin. Verdammt! Hab ich es doch überstürzt? Hätte ich vielleicht noch ein paar Jahre warten sollen, bevor ich hierher ziehe? Grummelnd schüttelte er den Kopf. Ich darf mich wegen sowas nicht entmutigen lassen! Ich muss einfach noch härter arbeiten, ja!
Tom lief eine Einkausfsstraße entlang, wo ziemlich viel los war. Er verschnellerte seine Schritte, um dem Trubel zu entfliehen. Jedoch hielt er abrupt inne, als er ein Tier erblickte, welches seine Aufmerksamkeit geweckt hatte.
Rotes Fell, buschiger Schwanz, große spitze Ohren. Kein Zweifel - ein Fuchs. Er stand auf einer großen, zerissenen Decke worauf einige Gemälde aufgestellt waren. Der Fuchs hielt fast jeden dritten Passanten auf und wollte ihn dazu bringen, eines seiner Bilder zu erwerben.
Doch die meisten ignorierten ihn, warfen einen flüchtige Blicke auf die Gemälde, oder liefen einfach eilig weiter. Millies Worte hallten laut und deutlich in Toms Gedächtnis.
Halt dich vor Füchsen fern!
Normalerweise würde er sagen, dass seine Mutter übertrieb, jedoch bekam er ein mulmiges Gefühl, wenn er diesen großen Fuchs vor sich sah. Er wirkte zwar nicht sonderlich bedrohlich, doch Toms Instinkte sagten ihm, dass er lieber einen großen Bogen um ihn machen sollte.
Angespannt tappte der Tanuki weiter. Er hastete, ohne den Fuchs anzusehen, an ihm vorbei und hoffte, dass er ihn nicht ansprechen würde. "Hey, Cousin!", rief der Händler und keine Sekunde später, wurde Tom am Arm gepackt. Sein Fell sträubte sich vor Schreck, bei dem festen Griff.
"Du siehst aus, wie jemand, der sich für Kunst interessiert!", stellte der Fuchs mit einem breiten Grinsen fest. "Ich habe genau das perfekte Gemälde für dich!" Tom trat unsicher einen Schritt zurück. "Äh...a-also-"
Doch er hatte keine Chance sich zu wehren, denn der Fremde zog ihn zu seinem kleinen 'Stand' - falls man das so nennen konnte - und zeigte ihm ein Bild. Darauf befand sich eine Waldlandschaft, eigentlich ganz simpel, dennoch war es ein wunderschönes Werk. Es hatte irgendwas...spezielles an sich.
"Na, gefällt's dir?", fragte der Fuchs. "Hab mir sehr viel Mühe gegeben. Eigentlich würde ich dieses Meisterwerk für 400.000 Sternis verkaufen, doch du, bekommst es für spottbillige 4.000!" Er legte einen Arm um den verwirrten Tom.
"Alter, da musst du zuschlagen!", plapperte der Fuchs weiter. "So einen Cousinen-Rabatt bekommt nicht jeder!" Der Tanuki wand sich aus dem Griff. Die Situation wurde ihm von Sekunde zu Sekunde unangenehmer.
"Also, was sagst du, Cousin?" Der Künstler hielt ihm seine weiße Pfote hin. "Schlägst du zu?" Tom hob ablehnend die Hand. "Äh...nein, danke", entgegnete er nervös. "Ich...äh...habe keine Interesse daran, sorry!"
Dieser Fuchs war ihm einfach nicht geheuer. Rasch machte er kehrt und lief eilig weiter. Er spähte über seine Schulter und sah das enttäuschte Gesicht des jungen Fuchses. Bedrückt ließ er die Ohren hängen und ließ sich im Schneidersitz auf die Decke plumpsen.
"Hey!" Tom erschrak und dachte im ersten Augenblick, dieser Ausruf wäre an ihn gerichtet. Doch als er sich umsah, entdeckte er einen wütenden Alligator, der aus dem Laden herausgeschossen kam, neben dem sich der Stand des Fuchses befand.
"Sieh an, wer es sich hier schon wieder bequem gemacht hat!", knurrte das Reptil. "Pack deinen Scheiß zusammen und verschwinde von meinem Laden, du Penner! Du vertreibts sonst noch meine Kunden!"
Der Jüngere erwiderte den Blick des wütenden Ladenbesitzers. "Komm mal wieder runter, ich mach hier nur meine Arbeit..." Der Alligator hob drohend die Faust. "Du wirst dich jetzt auf der Stelle verziehen!", brüllte er. "Sonst rufe ich die Polizei!"
Der Fuchs verharrte einen Moment noch, doch erhob sich dann und packte seine Sachen zusammen. "Komm wieder runter, Mann. Bin ja schon weg", murmelte er. Einige Passanten waren ebenfalls stehen geblieben und beobachteten das Geschehen.
Tom hatte plötzlich Mitleid mit dem Fuchs. Er sah ziemlich verwahrlost und abgemagert aus. Ob er überhaupt ein Zuhause hat? Der Arme... Er wird es bestimmt nicht leicht haben...
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