23. Verliebt
»Tut mir leid«, meint Reece später, als wir in seinem Zimmer sind. Er seufzt und reibt sich über die Augen. »Meine Eltern können manchmal einfach nur so peinlich sein.«
»Es sind Eltern, das ist ihr Job«, antworte ich grinsend. Dann füge ich noch hinzu: »Sie meinen es nur gut, Reece.«
Ich packe meine Sachen zusammen, während ich mit ihm rede und möchte sie in mein neues Zimmer tragen. Gerne wäre ich hiergeblieben, aber wenn es schon bewohnbar ist, muss ich es auch beziehen.
Ich schnappe mir ein paar Klamotten und gehe Richtung Zimmertür, da stellt sich Reece mir in den Weg. Er hat die Arme vor seiner nackten Brust verschränkt und sieht mich mit hochgezogener Braue an. »Was glaubst du, wo du hingehst?«
»In mein Zimmer?«, antworte ich, doch es klingt eher wie eine Frage. Er nimmt mir meine Klamotten aus der Hand und wirft sie auf mein altes Bett, dabei schüttelt er den Kopf. »Du gehst nirgendwohin, Küken. Heute hast du die große Ehre in meinem Bett zu schlafen.«
»Die große Ehre?«, frage ich entsetzt und sehe ihn angewidert an. »Reece, ich werde ganz bestimmt nicht in dem Bett schlafen, in dem du mit gefühlten zehntausend Mädchen Sex gehabt hast.«
»Sex?«, fragt er und runzelt die Stirn. Er sieht mich an, als hätte ich ihm verkündet ich sei Santa Claus. »Ich habe mit keinem der Mädchen, die du gesehen hast, Sex gehabt. Außerdem habe ich die Bettwäsche extra für dich gewechselt.«
Er grinst mich frech an und zeigt stolz auf sein frischbezogenes Bett. Ich schüttele ungläubig den Kopf. »Du hattest keinen Sex? Das glaubst du doch wohl selbst nicht, Reece. Ich habe nichts gegen deine blöde Vergangenheit als männliche Schlampe, aber gegen Lügner habe ich sehr wohl etwas.«
Wow, wir sind nicht einmal einen Tag zusammen - wird das jetzt unser erster Streit? Ich bin nicht scharf darauf, mich mit ihm zu streiten, aber wenn er ernsthaft glaubt, dass ich so dumm sei und ihm diese Geschichte abkaufe, hat er es nicht anders verdient.
»Emma«, seufzt er und sieht mich fast verzweifelt an. »Ich schwöre, ich hatte keinen Sex. Ich kann nicht leugnen, dass ich etwas mit diesen Mädchen getan habe, aber es war kein Sex. Man kann auch anders Spaß haben.«
Ich reiße entsetzt die Augen auf. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Ich fühle mich irgendwie unwissend und unschuldig, weil ich nicht verstehe, worauf er hinaus will. »Warte mal, was? Wie?«
»Willst du das wirklich wissen?«, fragt er und dieses typische Grinsen taucht wieder in seinem Gesicht auf. Pervers und dreckig, ja genau das ist er. Warum habe ich mich noch einmal in ihn verliebt? Ich lächle als ich all seine liebenswürdigen Eigenschaften aufzähle, die mich dazu gebracht haben, mich in diesen Jungen zu verlieben. Er kümmert sich um andere, beschützt die Menschen, die er liebt und er kann so verdammt hartnäckig sein, wenn er etwas will. Ich könnte wahrscheinlich ein ganzes Buch über Reeces menschliche Perfektion schreiben, aber das würde niemandem etwas bringen.
Leicht panisch schüttele ich den Kopf. »Nein, ich will es nicht wissen.«
Er nickt zufrieden und lässt sich auf sein Bett fallen, dann klopft er auf die Stelle neben sich. Ich gehe langsam auf ihn zu. Auch wenn ich ihn in den letzten Monaten kennenlernen durfte, habe ich das Gefühl, dass mir etwas ganz Wichtiges von ihm verborgen geblieben ist. Etwas, dass er mir absichtlich verheimlicht. Was stimmt nicht mit dir, Reece Baldon?
Reece hebt die Decke an, sodass ich mühelos hineinschlüpfen und mich neben ihn legen kann. Etwas unsicher bleibe ich neben ihm liegen, im Dunkeln, und weiß nicht was ich tun soll oder darf und was zu weit geht. Ich höre ihn neben mir leise lachen. »Warum so schüchtern, Küken? Komm schon, fall über mich her. Immerhin bin ich doch perfekt für dich, oder nicht?«
Ich erstarre bei seinen letzten Worten und drehe mich zu ihm um. Meine Hände krallen sich in seine Brust. Langsam aber sicher gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit und ich kann Reeces Silhouette in der Dunkelheit erkennen.
»Du hast uns vorhin belauscht?«, frage ich entsetzt. Reece grinst breit, was ich durch das Mondlicht, das durch das Fenster fällt, sehen kann. »Ich habe keine Ahnung wovon du redest, immerhin habe ich auch nur meine unperfekte menschliche Art.«
Ich boxe ihn fest auf den Oberarm und kann nicht anders, als mich in Grund und Boden zu schämen. Er hat es gehört. Er hat es verdammt noch mal gehört. Wie peinlich ist das denn bitte?
Reece aber lacht leise vor sich hin. Bevor ich es überhaupt kommen sehen kann, legt er plötzlich den Arm um mich und drückt mich an sich. Ich komme nicht drumherum an seiner Haut zu riechen. Haut, die von nichts bedeckt wird.
»Du brauchst dich nicht zu schämen, Küken«, flüstert er mir ins Ohr. »Ich habe deine Worte genossen.«
Reece drückt seine Lippen auf mein Schlüsselbein und haucht zarte Küsse auf meine vibrierende Haut. Seine weichen Lippen wandern rauf, meinen Hals entlang, meinen Nacken, bis rauf zu meinem Ohr. Überall küsst er mich hauchzart. Die Art wie mein Körper darauf reagiert, ist mir fremd und unerklärlich. Zuerst spüre die Hitze in meinem Körper wachsen und sich verbreiten, aber es ist eine andere Art der Hitze, die ich sonst immer spüre. Als er mir sanft ins Ohrläppchen beißt, klopft mein Herz so heftig, dass ich fast schon Angst habe, dass es in tausend kleine Teile zerspringt.
»Reece«, stöhne ich leise und versuche ihn von mir wegzudrücken. Niemals in meinem ganzen Leben hätte ich gedacht, dass es so weit kommen würde zwischen uns. Dass er mich solche unanständigen Dinge tun und fühlen lässt.
Ich wollte ihm irgendetwas wichtiges sagen, aber was? So kann ich mich einfach nicht konzentrieren. »Hör... auf... Oh Gott, Reece...«, flüstere ich. Bitte lass nie jemals jemanden davon erfahren, was ich gerade tue und fühle.
Reece Lippen sind inzwischen wieder hinab gewandert zu meinem Hals. Seine Küsse werden drängender und dominanter, sie haben nichts mehr mit den Küssen von vorhin gemein. Er beißt mir in den Hals, während ich stöhne und mich unter ihm, der sich inzwischen halb über mich gelegt hat, winde. Es ist nicht so, als gefallen mir seine Berührungen, es ist eher so, dass ich sie zu sehr genießen zu scheine. Ich habe Angst, vor lauter Gefühlen und Adrenalin zu platzen. Ist Reece eigentlich klar, was er da tut?
Im nächsten Moment wandert er weiter hinab mit seinem Mund. Moment mal! Was hat er vor? Seine Lippen schweben hauchzart über meinen Hals und dem Schlüsselbein. Ich reiße die Augen erschrocken auf, als sich seine Hand unter mein T-Shirt zu schieben versucht. Mit einem Mal erwache ich aus meiner Trance, stemme die Hände gegen seine Brust und drücke ihn weg. »Reece, bitte! Halt!«
Ich spüre wie Reece sich von mir entfernt und sich dann wieder neben mich aufs Bett fallenlässt. Er seufzt schwer und dreht sich dann mit schuldbewusster Miene zu mir um. Ich liege immer noch auf dem Rücken und versuche zu begreifen, was da eben zwischen uns passiert ist und vor allem was mein Körper gefühlt hat.
»Es tut mir leid«, flüstert er irgendwann, woraufhin ich mich, immer noch ein wenig perplex von den neu erworbenen Erfahrungen, zu ihm drehe. Seine Augen zeigen Reue. »Ich hatte mich plötzlich nicht mehr unter Kontrolle.«
Ich nicke bloß und beiße mir auf die Unterlippe. Reeces Augen verfolgen alles was ich tue, er sieht mich mit interessierten, wachsamen Augen an. »Du weißt gar nicht wie schön du bist, Emma.«
»Ich muss dir etwas gestehen«, sage ich und senke die Lider, damit ich ihm dabei nicht in die Augen sehen muss. »Ich bin noch nicht bereit für das hier. I-ich habe keinerlei Erfahrung und-«
Er lacht und dann spüre ich seinen Finger unter meinem Kinn. Mir ist es so schwergefallen ihm das zu sagen und alles was er tut ist lachen? Er hebt meinen Kopf an, damit ich ihn ansehe. »Es reicht mir schon, dich im Arm halten zu dürfen. Mehr brauche ich nicht.«
Ich sehe Reece erleichtert an und lächle. »Was jetzt?«
»Ich hätte verdammt Lust dich zu küssen, bis unsere Lippen wund sind«, antwortet er grinsend. Ich kichere leise und lehne mich weiter zu ihm vor, als ich flüstere: »Warum tust du es nicht einfach?«
Eine Sekunde später liegt Reeces Mund auf meinem, seine Lippen öffnen sich und mit ihnen öffnet sich ein neues Feuerwerk der Gefühle. Er drückt eins seiner Beine zwischen meine, um mich noch näher an sich zu drücken. Zuerst bin ich leicht geschockt über seine plötzliche Bewegung, doch dann fange ich an es zu genießen. Der Kuss wird immer leidenschaftlicher. Irgendwann liege ich auf ihm, was mir erst auffällt, als Reece mich zurückhält. Er drückt mich sanft von sich und sieht mich grinsend an, dabei leckt er sich über die Lippen.
»Ich habe echt nichts dagegen, wenn mein Mädchen mal die Krallen ausfährt. Das ist verdammt sexy«, meint er grinsend und streicht mir eine schwarze Strähne hinters Ohr. »Aber das Bett hat schon angefangen zu quietschen. Ich will meine Eltern und Maddy nicht wecken.«
»Oh«, sage ich nur. Natürlich! Ich hätte vorher an die anderen denken sollen. Aber ich war so tief in diesen Kuss versunken, dass ich meine Umgebung komplett ausgeblendet habe.
»Komm her, Küken«, meint er und drückt mich wieder aufs Bett, an seine Seite. Er legt den Arm um mich, woraufhin ich meinen Kopf auf seine Brust lege und zufrieden die Augen schließen. Das ist unsere erste gemeinsame Nacht. Alleine diese Nacht ist zauberhaft. Kann es überhaupt noch besser werden?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro