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11. Gefühlschaos

Am Morgen stehe ich, dafür dass es Samstag ist, ziemlich früh auf. Eigentlich ist das nicht so mein Ding. Ich meine das Früh-Aufstehen, aber ich glaube da bin ich nicht die Einzige.

Ich stehe leise vom Bett auf und versuche dabei so leise wie möglich zu sein, um Reece auch ja nicht zu wecken. Hastig schleiche ich zu meinem Kleiderschrank. Da der Winter langsam aber sicher anbricht, entscheide ich mich für einen Hoodie und eine Jeans.

Bevor ich das Zimmer verlasse, schnappe ich mir noch meine Tasche und schaue ein letztes Mal zu Reece herüber. Er liegt friedlich schlafend in seinem Bett. Wenn er schläft, kann er echt süß aussehen. Bei dem Anblick, der sich mir bietet, geht mein Herz auf. Die vollen Lippen sind einen kleinen Spalt breit geöffnet, seine Wimpern werfen Schatten auf seine Wangen. Was er wohl gerade träumt?

Mir fällt auf, dass er kaum zugedeckt ist und die Decke halb auf dem Boden liegt. Seine sowieso schon nackte Brust liegt nun komplett frei. Es ist wirklich ziemlich kalt, selbst hier im Zimmer. Was ist, wenn Reece sich erkältet? Unsicherheit überkommt mich und ich presse die Lippen aufeinander. Soll ich oder nicht? Ich überlege und überlege. Schließlich entscheide ich mich dafür, es zu tun und tapse zu ihm herüber, darauf bedacht keinen Laut von mir zu geben.

Bei ihm angekommen, schaffe ich es nicht, den Blick von ihm zu lösen. Ich werde einfach nicht satt von diesem Anblick.

Mein Blick fällt auf seine nackte Brust, die sich immer wieder hebt und senkt.

Ich versuche mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, greife nach der Decke und ziehe sie bis zu Reeces Kinn hoch, damit er es auch schön warm hat. Er seufzt leise und lächelt auf einmal. Überrascht weiten sich meine Augen.

»Danke Küken«, murmelt er. Ich starre ihn mit offenem Mund an, betrachte seine langen Wimpern, die vollen Lippen, die zu einem friedlichen Lächeln hochgezogen sind. Träumt er vielleicht noch?

Im nächsten Moment greift er nach meinem Arm und zieht mich zu sich. Ich reiße entsetzt die Augen auf und falle, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass er mich zu sich ziehen wird, auf ihn. Sein Griff ist fest, aber nicht so fest, dass es wehtut.

Er stöhnt vor Schmerzen, als ich schließlich mit dem Gesicht auf seine Brust falle. Ich traue mich nicht zu atmen, liege einfach nur da, auf ihm, mit aufgerissenen Augen. Wie ein ängstliches Tier, das in die Beutefalle eines größeren Tieres gefallen ist. Ich kann sein Gesicht nicht sehen, aber ich kann mir vorstellen, dass er gerade die Augen öffnet und... »Küken? Was tust du auf mir?«

Ich werde knallrot und versuche, mich von ihm zu stemmen, dabei fällt mir auf, dass seine Hand immer noch meinen Arm umfasst. Sein Blick trifft meinen, als ich mich neben ihn aufgesetzt habe, dann gleitet sein Blick zu seiner Hand, die meinen Arm festhält. Er runzelt die Stirn, während ich mit starkem Herzklopfen die Lippen aufeinanderpresse und seine Berührung insgeheim genieße.

Sein Blick hebt sich von meinem Arm und er schaut mir wieder in die Augen. Ich versinke im Grün seiner Augen.

Verwirrung macht sich in seinem Gesicht breit. Sein Mund öffnet sich leicht, so als würde er jeden Moment etwas sagen, aber es kommt kein Ton. Ich warte, begegne seinem Blick und halte ihm stand, obwohl es sich anfühlt, als würde ich in eine Steckdose greifen. Wenn ich in Reeces Nähe bin, habe ich andauernd das Gefühl zu explodieren. Was macht dieser Junge bloß mit mir?

»Oh«, meint er und lässt meinen Arm schnell wieder los. Als ob er erst jetzt begriffen hätte, was los ist. »Warum...?«

Ich lächle, als er seinen Satz unbeendet im Raum stehen lässt. »Ich wollte dich bloß zudecken und du hast nach meinem Arm gegriffen und daran gezogen. Keine große Sache, ich schätze du hast bloß geträumt.«

»Oh«, meint er noch einmal. »Tut mir leid, Em. Ich muss wohl wirklich geträumt haben«, sagt er lachend und dann zwinkert er mir zu, wieder ganz der Alte. So schnell geht das mit ihm. »Und ich dachte schon, du hättest dich wie eine Raubkatze auf mich geworfen.«

Ich lache laut über diese absurde Behauptung und schüttele dabei ungläubig den Kopf. »Das werde ich ganz bestimmt tun, Reece. Und wovon träumst du nachts?«

»Wovon wohl«, meint er mit einem anzüglichen Grinsen. »Natürlich von meinem kleinen Küken, das sich in ein wildes Kätzchen verwandelt.«

Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus, aber ich kann nicht verhindern dabei knallrot anzulaufen. Warum muss er auch immer solche dummen Sprüche bringen? Ich stehe langsam auf und greife nach meiner Tasche und der Kleidung, um mich auf den Weg zu machen. »Deine Sprüche werden auch immer schlechter, Reece. Du gibst nie auf, oder?«

»Aufgeben? Das Wort kenne ich nicht«, meint er, dabei wird sein Grinsen breiter. »Sind wir mal ganz ehrlich, Küken. Gib es zu, die Sprüche sind gut. Du wirst schon ganz weich. Ich sehe es dir an.«

»Nein. Definitiv nicht«, antworte ich lachend. »Und wenn diese Sprüche überhaupt annähernd funktionieren sollten, dann wohl für einen anderen Typ Mädchen.«

»Schade aber auch.« Sein Blick fällt auf die Sachen in meinen Händen. »Was hast du vor? Ein Date?«

»Ja«, lüge ich spontan, gespannt auf Reeces Reaktion. Seine Miene bleibt unverändert, aber gleichzeitig kommt mir sein Blick so viel intensiver vor als vor zwei Sekunden. Ich schlucke, halte seinem Blick jedoch stand.

»Mit wem?«, fragt er.

»Mit... Ava«, antworte ich und fange an zu lachen. Sein Gesichtsausdruck scheint sich zu entspannen und er grinst mich an. Lachend boxe ich ihn gegen die Schulter. »Oh man, du hättest deinen Gesichtsausdruck sehen sollen. Genial.«

Er verdreht die Augen, lächelt aber und sagt leicht genervt: »Ha ha.«

»Ach komm, das war lustig«, sage ich und wische mir die Tränen weg. »Bist du etwa eifersüchtig gewesen?«

Obwohl das bloß ein Witz gewesen ist, wird es plötzlich ganz still zwischen uns. Lange Zeit schaut er mir einfach nur in die Augen. Ich fühle mich unbehaglich, wippe von einem Fuß auf den anderen, als er mich einfach an den Schultern packt und mich umdreht. Im nächsten Moment falle ich auf sein Bett. Ich öffne die Augen und starre ihm direkt in die Augen. Er sitzt auf mir und grinst mich herablassend an, als er mir mit seinem Gesicht immer näherkommt. Das Lachen bleibt mir im Hals stecken, als mir bewusst wird, dass unsere Münder sich beinahe berühren. Ich traue mich nicht einmal mehr, zu atmen.

Seine Lippen heben sich zu einem amüsierten Lächeln, während er durch seine langen Wimpern auf mich herabschaut. Ich schaffe es nicht, mich zu bewegen.

»Ich wäre sehr eifersüchtig gewesen, Küken.«

Er scheint sich über meine Reaktion zu amüsieren. Ich liege völlig bewegungslos unter ihm, während mein Gesicht zu brennen scheint.

»Lass mich gehen! Ava wartet bestimmt schon«, presse ich hervor, auch wenn ich vermutlich lieber hier bleiben und andere tun würde. Ich kann ihm nicht verfallen sein. Ich habe Max und ich liebe Max. Ich darf mein Herz nicht an Reece verlieren. Er würde damit herumspielen, so wie er es jetzt tut. Das ist es doch, was Reece tut – mit den Gefühlen der Mädchen herumspielen. Aber ich verkrafte das nicht. Alleine die Wünsche, die seine Berührungen in mir hervorrufen, sollten weggesperrt werden. Warum reagiere ich so heftig auf Reeces Körper? Jedes Mal, wenn er mir zuzwinkert, habe ich das Gefühl, dass ich keine Luft mehr bekomme. Es fühlt sich gut an, aber es kann einfach nicht gesund sein. Warum habe ich mich nie bei Max so gefühlt?

»I-Ich... Reece, bitte geh runter von mir«, sage ich, aber meine Stimme klingt unsicher. Ich lege meine Hände an seine nackte Brust und versuche ihn von mir wegzudrücken. Ich muss hier weg. Jetzt sofort.

Reece scheint verwirrt zu sein, aber er steigt von mir ab und mustert mich mit leicht irritiertem Blick. Ich stehe auf und obwohl ich seinen Blick auf mir spüre, ignoriere ich ihn, greife nach den Sachen, die mir auf den Boden gefallen sind und renne ins Badezimmer. Hinter mir knalle ich die Tür zu und lasse mich dagegen fallen, bevor ich auf den Boden fallen lasse. Ich bin noch lange nicht so stark, wie ich versucht habe vorzugeben.

Ob ich es will oder nicht, ob ich versuche sie zurückzuhalten oder nicht, plötzlich strömen die Tränen meine Wange hinab. Wie ein Damm, der schon längst hätte zusammenbrechen sollen, weine ich leise vor mich hin.

Ich gehöre zu Max. Mein Herz gehört Max. Nur Max und keinem anderen. Ich muss mit Ava reden, denn so kann es nicht weitergehen. Sie muss mir doch weiterhelfen können.

Nachdem ich mich beruhigt habe und endlich aufgehört habe zu weinen, musste ich mir erst einmal eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht klatschen, bevor ich mich umziehen konnte. Es hat sich gut angefühlt, das kalte Wasser auf meinem Gesicht zu spüren.

Inzwischen habe ich mich umgezogen. Ich öffne vorsichtig die Tür, um auch ganz sicher zu gehen, dass Reece nicht draußen im Flur steht und auf mich wartet. Aber zum Glück ist der Flur leer und ich kann ruhigen Gewissens aus dem Badezimmer gehen und nach unten rennen. Ava ist bestimmt gleich da, also entscheide ich mich dafür, draußen zu warten. Nur um Reece auch ganz sicher nicht über den Weg laufen zu müssen. Nach dem Vorfall gerade, kann ich ihm für die nächsten paar Stunden einfach nicht über den Weg laufen. Lieber würde ich sterben.

Als ich aus der Haustür trete, fährt Ava gerade die Einfahrt auf. Ich winke ihr zu und renne auf ihr Auto zu, als es zum Stillstand kommt. Dann reiße ich die Autotür auf und setze mich auf den Beifahrersitz. Sie schaut mit überrascht an. »Äh... hi?«

»Hi«, antworte ich und rutsche ungeduldig auf meinem Sitz hin und her. »Würde es dir was ausmachen einfach loszufahren?«

»Ist irgendetwas passiert?«, fragt sie irritiert und startet den Motor, während sie rückwärts wieder herausfährt. Ich seufze. »Ja. Fahr los und ich erzähle es dir.«

Als wir das Haus der Baldons hinter uns lassen, fange ich an von heute Morgen zu erzählen. Ich lasse nichts aus, auch nicht, dass ich mich heulend im Badezimmer eingesperrt habe. Nicht einmal die Tatsache, dass ich mir gewünscht hätte, dass mehr zwischen uns passiert wäre, enthalte ich Ava vor.

»Sag Max die Wahrheit, mach Schluss mit ihm und gesteh Reece deine unendliche Liebe«, sagt sie. Ich schüttele heftig den Kopf und schnaube verächtlich. »Hast du auch ernstgemeinte Ratschläge zu bieten? Das werde ich nämlich nicht tun.« Ich denke kurz nach. »Wer weiß, vielleicht ist das hier auch nur eine kurze Schwärmerei.« Lüge.

Ava seufzt. »Wenn du meinst. Ich würde es wirklich tun, aber es ist immer noch deine Entscheidung. Du musst dich ja nicht jetzt entscheiden.«

Ich nicke. »Lass uns erst irgendwo was frühstücken gehen. Ich verhungere noch.«

»Alles klar. Essen ist immer eine gute Lösung«, meint sie zwinkernd.

Wir sitzen in einem naheliegenden Café. Ich habe mir einen Schokomuffin und eine Trinkschokolade geholt, während Ava lieber nach einem Brötchen und Kaffee gegriffen hat. Jetzt sitzen wir uns hier gegenüber und essen stumm vor uns hin.

Ich spüre ihren Blick auf mir, ignoriere ihn aber und versuche mich auf mein Essen zu konzentrieren. Wenn ich nichts gegessen habe, kann ich ziemlich unerträglich sein. Irgendwann sagt Ava: »Willst du meine ehrliche Meinung hören?«

Ich schaue sie fragend an. »Hm?«

»Ich glaube, er betrügt dich.«

Ich verschlucke mich beinahe an meiner Trinkschokolade, an der ich gerade noch genippt habe. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich sie an. »W-wer?«

Ava verdreht die Augen, als wäre ich schwer von Begriff und wahrscheinlich bin ich das gerade auch, denn mein Gehirn will einfach nicht begreifen wen sie meint. »Wen wohl? Max natürlich, dein ach-so-perfekter Freund.«

»Was? Max soll mich betrügen?« Ich lache auf und schüttele ungläubig den Kopf. »Nie im Leben.«

Wie kommt sie überhaupt auf so eine absurde Idee? Ich fasse es einfach nicht. Wie könnte mein lieber Max mich denn bitte betrügen? Mit wem überhaupt? Das Gegenteil ist ja wohl der Fall. Ich habe eher das Gefühl, dass ich ihn betrüge. Und diese Schuld scheint mich immer mehr zu erdrücken.

»Es ist bloß meine Vermutung. Ich habe darüber nachgedacht, was du mir erzählt hast. Zum Beispiel, dass er sich nicht mehr meldet und wenn ihr telefoniert oder sonst was, er so komisch ist«, meint sie und zuckt bloß mit den Schultern. »Ich finde das sind deutliche Hinweise dafür, dass er sich schuldig fühlt und dir aus dem Weg gehen will und dass er sich auch gar nicht mehr so richtig für dich interessiert.«

»Nein«, sage ich laut und starre sie an, dann noch einmal, dieses Mal etwas leiser. »Nein. Das kann nicht sein. Ich glaube das nicht.«

Sie hüpft von ihrem Platz auf, kommt zu mir herüber und legt den Arm um mich. »Meine Vermutung kann auch falsch sein, aber ich wollte es dir einmal sagen. Ich wollte dich nicht verletzen, aber ich finde, ich sollte ehrlich zu dir sein. Vielleicht liebt er dich ja noch, nur er hat Stress in der Schule oder sonst was, aber ich finde ihr solltet darüber reden.«

Ich nicke stumm, woraufhin sie mich fest in die Arme nimmt und an sich drückt. »Hey, jetzt sei nicht traurig. Ich finde, du solltest Max und Reece erst einmal vergessen und an dich selbst denken. Hab' ein bisschen Spaß. Immerhin sind wir hierhergekommen, um einen Tag unter uns Frauen zu verbringen.«

Ava klopft mir auf den Rücken. Ich muss lachen. »Du hast recht. Wir sollten heute Spaß haben. Ich kümmere mich später um Reece und Max.«

»Das ist meine Emma«, meint Ava kichernd und drückt mich noch einmal ganz fest an sich. Sie wirft ihre Haare nach hinten und grinst mich breit an. »Auf geht's. Komm schon.«

Ich stehe auf und lasse zu, dass sie mich hinter sich herzieht. Wir fahren in die nächstgelegene Stadt, in der sich dieser neue Laden befindet, von dem Ava mir schon die ganze Woche erzählt.

Ava und ich verbringen den ganzen Tag in der Stadt. Ich kaufe mir einen neuen Schal für den Winter und einen Hoodie, während Ava sich ernsthaft ein Kleid holt und das bei diesem Wetter.

»Wann willst du das denn tragen?«, frage ich sie lachend, als sie aus der Kabine stolziert. Ava winkt lachend ab. »Für so ein tolles Kleid findet sich schon ein Ereignis.«

Danach sind wir noch in ein paar andere Läden gegangen, die waren aber ehrlich nicht so gut. Ava hat auf keinen Fall zu viel versprochen, als sie die gesamte letzte Woche von diesem Laden geschwärmt hat.

Ich mustere sie lächelnd, was sie kurze Zeit nicht zu bemerken scheint, doch irgendwann scheint es ihr aufzufallen. Sie lächelt mich unsicher an. »Was ist los?«

»Nichts. Ich bin nur sehr sehr glücklich, dich zu haben«, antworte ich und umarme sie schließlich, weil ich wirklich nicht weiß wie ich die Zeit hier ohne sie überleben sollte. Keine Frage, ich genieße es in Amerika, aber die Sache mit Reece und Max strapaziert dennoch an meinen Nerven.

Ich schätze, ich muss die Sache Reece mal so langsam klären. Vielleicht sollte ich ihm sagen, dass ich nicht möchte, dass er mich wie eines seiner Betthäschen behandelt.

Während wir mit dem Auto nach Hause fahren, überlege ich mir wie ich das Gespräch mit Reece angehen soll. Ich werde einfach den Vorfall von heute Morgen ansprechen und ihm sagen, dass das ein Ende haben muss, dass ich einen Freund in Deutschland habe, den ich liebe.

»What do you mean? Oooh. When you nod your head yes. But you wanna say no. What do you mean? Heeey«, singen Ava und ich mehr oder weniger synchron zu Justin Biebers neuer Single. Ich gebe ja zu, dass ich nicht singen kann und um ehrlich zu sein, behaupte ich einfach mal, dass auch Ava nicht die größte Sängerin auf dem Planeten ist, aber wir haben Spaß bei dem was wir tun und das ist die Hauptsache.

»Oh man«, lacht Ava, nachdem ich das Radio leiser drehe. Ich muss zugeben, dass ich schon lange nicht mehr bei etwas so Schlichtem so viel Spaß gehabt habe.

»Das sollten wir wiederholen.«

»Für eine Zugabe bin ich immer zu haben«, antwortet sie grinsend. Doch dann verschwindet ihr Grinsen schlagartig wieder. Mit einem Mal wirkt sie ernst, presst sie die Lippen aufeinander.

»Ist alles okay?«, frage ich vorsichtig. Ich mustere sie, aber sie nickt einfach nur. »Mmh.«

»Lüg doch nicht.«

Ava sollte mir nichts verheimlichen, dass ihr so schwer auf den Schultern zu liegen scheint. Sie weiß so gut wie alles über mich, während ich kaum was zu wissen scheine.

»Ich... wenn ich es dir erzähle, wirst du mich vermutlich für eine Schlampe halten«, murmelt sie. Wie kann sie so etwas überhaupt nur denken? Ungläubig starre ich sie an. »Du denkst doch nicht wirklich, dass ich dich je für eine Schlampe halten könnte oder?«

Sie atmet hörbar laut aus. »Ich würde es dir nicht verübeln, Emma. Es ist... naja, ich halte mich ja selber schon für eine Schlampe.«

Macht sie das extra? Mich so auf die Folter spannen? Ich fühle mich wie vor den Kopf gestoßen. Langsam aber sicher werde ich unruhig. Was ist passiert, dass Ava so schlecht von sich selbst denkt?

»Ava«, sage ich ruhig, schaue diesmal aber nach draußen, damit sie sich auf keinen Fall in irgendeiner Weise von mir bedrängt fühlt. »Du kannst es mir ruhig erzählen, natürlich musst du es nicht tun, aber ich würde mich wirklich freuen. Und vielleicht wird es dir danach besser gehen. Glaub mir, ich würde dich nie für eine Schlampe halten können.«

Jetzt schaue ich doch kurz zu ihr herüber, denn ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich auch wirklich das richtige gesagt habe. Sie würde doch nicht gleich anfangen zu weinen oder?

Als ich ihr einen verstohlenen Blick zuwerfe, sehe ich ein warmes Lächeln auf ihren Lippen liegen. Es ist als hätte bis gerade ein Bus voller Kinder auf meinen Schultern gestanden, der jetzt wie aus dem Nichts verpufft ist. Alle Last fällt von mir, als ich begreife, dass ich anscheinend die richtigen Worte ausgesprochen habe.

»Gestern Abend war ich bei Lucian, du weißt schon, Reeces bestem Freund«, erklärt sie. Ich wusste nicht, dass er einen besten Freund hat, aber ich gehe mal davon aus, dass Lucian der Typ ist, mit dem ich ihn am meisten in der Schule sehe. Wenn ich richtig liegen sollte, ist Lucian ein großer Junge mit kurzen schwarzen Haaren und einer Narbe im Gesicht, gesehen. Er ist mindestens genauso einschüchternd wie gutaussehend.

»Und was ist passiert? Warum warst du dort?«, frage ich sie verwirrt, weil ich mir nicht vorstellen kann, was ein süßes kleines Mädchen wie Ava bei einem, naja, Typen wie Lucian zu suchen hat. »Ist es wegen einem Schulprojekt gewesen? Oder-«

»Wir haben miteinander geschlafen«, erklärt sie. Ich reiße entsetzt die Augen auf, schaffe es aber irgendetwas von mir zu geben. Ava rutscht unruhig auf ihrem Sitz hin und her. »Das zwischen uns läuft schon länger.«

»Seid ihr etwa zusammen?«, frage ich misstrauisch. Lucian sieht mir nicht wie der Typ Junge aus, der eine feste Beziehung eingehen würde. Ava hätte mir doch erzählt, wenn sie einen Freund gehabt hätte. Auch wenn wir uns noch nicht so lange kennen, hätte sie mir etwas so Wichtiges nie im Leben verheimlicht.

»Nein. Ich meine, wir treffen uns ab und zu einfach nur um... Sex zu haben.« Sie zuckt mit den Schultern. Bitte was? Ich starre sie immer noch an, kann mir nicht vorstellen, dass sie so etwas tun würde. Langsam aber sicher finde ich meine Sprache wieder. »Wieso?«

»Ich weiß nicht. Es kam irgendwann einmal dazu und es hat mir gefallen, danach habe ich ihn angerufen und... naja, ja. Inzwischen treffen wir uns mehrmals die Woche, aber wir sind nicht zusammen«, erzählt sie und ignoriert meinen starren Blick. Sie fühlt sich sichtlich unwohl und als ich das begreife, beiße ich mir auf die Zunge. Ich wollte ihr doch keine Vorwürfe machen.

Ich atme tief ein und aus, um Zeit zu schinden und überlegen zu können, was ich denn sagen könnte. »Wenn du ihn magst, dann solltet ihr zusammenkommen.«

Sie schüttelt entschieden den Kopf, so als hätte ich ihr etwas Unmögliches vorgeschlagen. Verwirrt schaue ich sie an. »Warum denn nicht?«

»Er will keine feste Freundin«, meint sie. Pah! Solche Typen machen mich wirklich aggressiv. Sie sind scharf auf Sex, wollen aber keine Beziehung eingehen. »Naja, das hat er nicht direkt so gesagt, aber es ist eindeutig.«

»Was?«, frage ich etwas lauter. »Du hast ihn gar nicht gefragt? Das musst du doch machen. Ansonsten wirst du es dir noch Jahre lang vorwerfen! Du kennst das doch dieses ewige hätte-ich-doch.«

Ava fährt in unsere Einfahrt ein. Sie parkt vor dem Garagentor und dreht sich zu mir um. »Das ist etwas ganz anderes, Emma. Ich weiß, dass er keine Beziehung möchte. Typen wie er lassen sich nicht einfach so binden. Aber ich... ich mag ihn echt gerne. Ich möchte doch nur bei ihm sein, das ist alles. Und wenn das der einzige Weg ist, dann muss ich wohl in den sauren Apfel beißen.«

Ich sehe es schon kommen. Das wird wirklich kein gutes Ende nehmen. Aber was kann ich tun, außer sie zu warnen? Schließlich bin ich nicht ihre Mutter und kann ihr nicht einfach so den Umgang mit diesem Typen verbieten. In diesem Moment wünschte ich mir wirklich, ich könnte es einfach tun. Ich nehme ihre Hände in meine. »Bitte versprich mir, vorsichtig zu sein.«

»Ich verspreche es.« Sie strahlt mich an. »Was ich dir aber eigentlich noch erzählen wollte, ist, dass ich ihn gestern nach Reece gefragt habe.«

Ich erstarre und reiße die Augen auf. »Du hast was?«

Sie winkt ab, als wäre es keine große Sache. Was es für mich schon irgendwie ist. »Ach, nur wegen der Drogensache. Er meinte, dass es stimmt. Das mit den Drogen, dass sie mit ihnen dealen und sie sogar nehmen. Ich habe dich nicht einmal erwähnt, keine Sorge.«

Ich atme erleichtert aus. Doch dann begreife ich erst, was sie mir gerade erzählt hat. Also stimmt es, dass er Drogen konsumiert? Ich reiße die Tür auf und springe aus dem Auto. »Sorry Ava, aber ich glaube, ich muss was klären gehen.«

Ava lacht bloß und winkt mir zu, als ich die Autotür zuknalle und auf die Haustür zu renne. Dem werde ich es zeigen. Wie kann er so etwas tun? Merkt er denn nicht, dass er nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen, die ihn lieben damit verletzt?

Ich habe Mühe den Schlüssel ins Schloss zu stecken, doch irgendwann schaffe ich es, reiße die Tür zitternd auf und schaue mich kurz im Flur um. Es dauert einige Sekunden, bis ich meine Umgebung analysiert habe und mich wieder orientieren kann. Mir fällt sofort das in der Küche brennende Licht auf. Mit schnellen, großen Schritten gehe durch den Flur. Meine Schritte hallen auf dem Boden wider, wie kleine Erdbeben. Die Ruhe vor dem Sturm, denke ich, als ich vor der Küche stehe und die angelehnte Tür schließlich aufreiße.

Reece sitzt neben Jack am Tisch, als wäre nichts. Während die beiden das Gemüse kleinschneiden, steht Maria glücklich vor sich hin trällernd am Herd. Sie scheint mich gehört zu haben, denn sie dreht sich um und strahlt mich an. »Hallo Schätzchen.« Ihr Lächeln fällt in sich zusammen, als sie meinen Gesichtsausdruck sieht. »Oh, was ist denn los? Du siehst so bekümmert aus.«

Bekümmert. Das ich nicht lache. Ich sehe ja wohl eher rasend aus. Ohne ihre Frage zu beachten, gehe ich auf Reece zu, um mich bedrohlich vor ihm aufzubauen. Er wirft mir einen neugierigen Blick zu, immer noch sitzend und die Gurken kleinschneidend. »Ist was, Küken?«

Ob was ist? »Ja, da ist sehr wohl etwas«, zische ich aufgebracht. Sein offensichtliches Desinteresse und die Überheblichkeit, die sich in seinen Augen widerspiegelt, tragen nicht gerade zu meiner Besänftigung bei. Jack, der neben Reece am Tisch sitzt, blickt verwirrt zu mir rüber. Ich beachte ihn nicht. Vermutlich sollte ich dieses Gespräch nicht vor seinen Eltern führen, doch die Wut brodelt in mir, möchte raus. Die Worte fließen nur so aus meinem Mund, obwohl ich weiß, dass ich sie nicht laut aussprechen sollte, dass ich mich benehmen sollte, weil ich nur ein vorübergehender Gast bin und mich das alles nichts angeht, aber ich schaffe es nicht. Ich kann die Worte nicht mehr zurückhalten.

»Du bist so ein verdammtes Arschloch«, fauche ich und beuge mich dabei zu ihm. Ich höre Maria hinter mir entsetzt nach Luft schnappen. Doch mein Blick hängt immer noch an Reece, der jetzt das Messer in seiner Hand loslässt und mich verwirrt und genervt zugleich ansieht. »Als hätten wir das nicht schon längst alle gewusst. Und was habe ich diesmal angestellt?«

Ich verenge die Augen und bohre meinen Zeigefinger in seine Brust. »Tu nicht so, als wüsstest du nicht wovon ich rede.«

Die Stirn in Falten gelegt, schaut er kurz an die Decke, als denke er tatsächlich nach, vielleicht tut er auch einfach nur so als ob. »Hmmm... Nein mir fällt nichts ein, sorry.«

Ich funkele ihn zornig an, kann einfach nicht glauben wie gleichgültig und kalt man sein kann. Warum lügt er? Aus welchem Grund tut er seinen Eltern so etwas an?

»Warum nimmst du Drogen?«, zische ich wütend. Reece reagiert anders, als erwartet. Er runzelt die Stirn, sieht mich dabei ungläubig an. »Drogen?«

Was soll das? Warum stellt er sich so naiv? Langsam aber sicher reißt auch bei mir der Geduldsfaden. Denkt er etwa ich sei dumm? Ich schüttele den Kopf und stelle mich wieder aufrecht hin. »Tu nicht so, Reece! Ich weiß genau, dass du Drogen nimmst, Ava hat es mir erzählt.«

Ich höre einen entsetzten Laut hinter mir ertönen und fahre erschrocken herum. Marias Augen sind weit aufgerissen, sie hält sich schockiert die Hand vor den Mund, während ihre Augen zwischen Reece und mir hin und her huschen, bis sie schließlich an Reece hängenbleiben. »Du nimmst Drogen?«

Reece springt auf und schüttelt heftig den Kopf. »Nein, ich nehme keine Drogen!«

»Hör auf zu lügen«, sage ich laut und schaue dabei zu Jack, der mindestens genauso entsetzt wie seine Frau wirkt. Er steht auf, legt dabei seine Hand auf Reeces Schulter, sodass dieser sich umdreht. »Reece, sag uns die Wahrheit. Nimmst du Drogen?«

»Ich schwöre, ich nehme keine Drogen«, verneint er laut und wirft mir einen zornigen Blick zu, als seine Eltern aufgebracht auf ihn einreden. »Von wem hast du diesen Mist?«

»Von Ava und die hat es von Lucian, deinem Freund«, erkläre ich misstrauisch. Warum hätte Ava mich anlügen sollen?

»Wow Emma, da hast du deine Infos aber direkt aus erster Hand. Du bist noch leichtsinniger, als ich gedacht habe.« Reece lacht auf, aber sein Lachen klingt bitter und kalt. »Lucian hat deine kleine, naive Freundin angelogen.«

»Reece«, mahnt Maria, die nun angefangen hat zu weinen und von Jack getröstet werden muss. Ihr ganzes Gesicht ist rot geworden und Tränen laufen ihr über die Wange. »Sag uns endlich die Wahrheit. Hat Emma recht?«

Reece greift nach einem Taschentuch, das auf dem Tisch liegt, geht auf seine Mutter zu und legt die Arme um sie. »Mom, ich schwöre ich nehme keine Drogen. Meinst du wirklich ich wäre so dumm?«

Maria nimmt das Taschentuch schniefend entgegen und putzt sich ausgiebig die Nase, bevor sie ihren Sohn mit knallroten Augen mustert und sich schließlich doch überreden lässt. Ich stehe nur dumm daneben und fühle mich wie vor den Kopf gestoßen.

»Du hast recht«, höre ich sie lächelnd sagen, als sie Reece wieder in eine mütterliche Umarmung schließt und auf die Stirn küsst. »Du bist doch mein Kind, Reece. In meinen Augen bist du immer noch der kleine Junge von früher.«

Reece nickt bloß, während er die mütterliche Tortur über sich ergehen lässt. Obwohl ich wette, dass es ihm auch ein wenig gefällt so behandelt zu werden. »Pscht Mom, hör auf zu weinen.«

Nachdem Maria sich endlich beruhigt hat, dreht sich Reece wieder zu mir. Seine eiskalte Miene lässt darauf hindeuten, was er von meinem kleinen Ausbruch vor seinen Eltern hält. Ich lächle zögernd, doch das scheint ihn in keinster Weise zu besänftigen. Er zeigt in Richtung Treppe, woraufhin ich ergeben nicke und schon einmal nach oben ins Zimmer gehe.

Fünf Minuten nachdem ich das Zimmer kleinlaut betreten habe, taucht auch er endlich auf. Reece lässt sich seufzend auf sein Bett fallen. Ich schaue auf, begegne seinem intensiven Blick.

»Warum glaubst du auch jeden Scheiß, den man dir erzählt?«, fragt er wütend. Seine Stimme klingt gepresst und kommt eher wie ein Zischen heraus. Ich schaue beschämt auf den Boden und atme tief ein und aus, bevor ich antworte. »Es tut mir leid, aber warum sollte dein bester Freund lügen?«

»Mein bester Freund.« Er lacht auf, aber dieses Lachen hat nichts Freundliches an sich. »Ich habe keine Freunde, Emma. Bis auf dich natürlich.« Seine Stimme trägt einen Hauch Sarkasmus mit sich, als er unsere Freundschaft erwähnt.

»Und was ist mit den Typen, mit denen ich dich immer in der Schule sehe?«, frage ich verwirrt.

»So etwas nenne ich nicht Freundschaft, Emma«, erklärt er und löst den Blick von mir. »Sie sind mehr als Feinde, aber weniger als Freunde. Und Lucian ist ein Arsch.«

»Aber ich dachte-«

»Er ist ein Arsch, Emma«, faucht Reece. »Nur weil ich mit ihm in der Schule gesehen werde, heißt das nichts.«

»Warum treibst du dich denn mit ihm herum, wenn er so ein Arsch ist?«, frage ich, bin immer noch nicht schlauer geworden aus Reece. Ich versuche Reeces Blick einzufangen, aber er geht mir mit seinen Augen aus dem Weg. »Das verstehst du nicht, Emma. Ich verstehe es selbst nicht einmal.«

Ich muss lachen. »Versuch doch einfach mal, es zu erklären.«

Reece hebt den Blick und schaut zu mir rüber. Er stutzt kurz, als überlege er, ob er sich mir tatsächlich anvertrauen solle. »Ich brauche keine Freunde im Leben. Keine Leute, die sich einmischen, aber... ich möchte auch nicht ganz alleine durch die Schule gehen.«

»Du hättest dir für deine Pseudo-Freundschaft echt jeden Volltrottel aus der Stufe herauspicken können. Und du meinst, Lucian ist da die beste Wahl?«

»Nein«, meint er grinsend. »Aber er stellt keine Fragen, er mischt sich nicht in mein Leben ein. Er ist nicht so neugierig und aufdringlich wie du.«

Ich verdrehe die Augen. »So neugierig bin ich gar nicht und aufdringlich sowieso nicht.«

Reece schüttelt grinsend den Kopf, bevor er sich seine Kopfhörer aufsetzt und sich von mir abwendet. Damit ist das Gespräch wohl beendet.

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