63 ⚜ Renn so schnell du kannst
ELIZA
In der vorübergehenden Bleibe der Mikaelsons kuschelte ich mich in ein paar Wolldecken ein und entfachte ein Feuer im Kamin. Das Wohnzimmer heizte sich schnell auf und wärmte meine steifen Glieder. Nachdenklich starrte ich in die züngelnden Flammen und sortierte meine Gedanken. Rebekah hatte mir alles erzählt, aber ihre Geschichte wies beachtliche Lücken auf. Zwar berichtete sie von einem verlockenden Angebot, aber wenn ich fragte, welches Angebot beinahe mein Leben kostete, dann erhielt ich nur uneindeutige Antworten.
Meine Magie spielte nicht mehr verrückt. Die Verbindung zwischen Esther bestand immer noch. Sie war bei mir wie ein stiller Wegbegleiter, aber diesmal war ich diejenige, die einen Vorteil daraus zog. Ich hatte Zugang zu ihrer Magie erhalten. Die Kraft prickelte in meinen Adern und wartete nur darauf, von mir gebraucht zu werden. Davon hatte ich widerrum nichts erzählt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Mikaelson diese Neuigkeit nicht gut aufnehmen würden.
,,Sieh an, das Gesindel ist in mein Haus zurückgekehrt." Das war Klaus, der von einem Spaziergang zurückkehrte. An seinem Mundwinkel klebte getrocknetes Blut und Schneeflocken verfingen sich in seinem langen Haar. Er sah atemberaubend gut aus.
,,Hast du mich vermisst? Ich wusste nicht, dass ich dir so viel bedeute", sagte ich ganz ergriffen.
Klaus grinste unheilverkündend. ,,Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich dich hier toleriere. Meine Schwester scheint etwas an dir zu finden und wenn ich dich rauswerfe, ist sie unausstehlich."
,,Siehst du. So schlimm findest du mich nicht, denn alle anderen, die mit Rebekah das Bett geteilt haben, sind längst tot. Du kannst es einfach nicht ertragen, wenn sie jemand anderen als dich in ihrem Leben hat."
,,Gut, dass du es ansprichst. Damit wären wir beim eigentlich Grund, warum ich dich sprechen wollte. Schließlich verdanken wir es dir, dass Mutter von den Toten zurückkehrt und Rebekah einen hirnverbrannten Schwachsinn verspricht, der ihren Traum von einem menschlichen Leben wahr werden lässt."
Als er meinen Blick bemerkte, hob er eine Augenbraue. ,,Das hat sie dir nicht erzählt? Und ich dachte, dass ihr euch so sehr vertraut."
Ich wusste genau, was Klaus damit bezwecken wollte. Leider hatte er Erfolg. ,,Was willst du eigentlich von mir?", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
,,Man kann dir nicht vertrauen, Eliza. Ich habe lange genug zugesehen, wie du meine Pläne vereitelst. In letzter Zeit passiert einfach zu viel, an dem du Schuld bist. Seltsam, dass ausgerechnet DEINE Freundin meinen Doppelgänger befreit. Ist es nicht merkwürdig, dass ausgerechnet DU mit Katerina ins Bett gestiegen bist. Wahrscheinlich hast du sie auch noch vor mir gewarnt. Das reicht eigentlich schon, um das unerklärliche Bedürfnis zu verspüren, deinen hübsch Kopf abzureißen und in ein Löwengehege zu werfen. Heute hast du dem aber noch die Krone aufgesetzt."
Klaus applaudierte ironisch. ,,Da bin ich eine Stunde weg und erfahre, dass meine Mutter munter aus ihrem Grab klettert. Das gelingt ihr aber nur DEINETWEGEN."
Klaus Hand umschloss meine Luftröhre, die er mühelos zerquetschte. Meine Füße schwebten halb in der Luft und ich röchelte. ,,Ich wollte das nicht", krächzte ich.
,,Du wolltest das nicht? Wie beruhigend! Das ändert auch nichts daran, dass Vater längst auf dem Weg hierher ist. Du hast viel zu viel Aufmerksamkeit auf uns gelenkt!", schnaubte Klaus.
Mikael war hierhin unterwegs? Das nahm kein gutes Ende! Aber bei aller Liebe, das war doch nicht meine Schuld!
Klaus Griff wurde enger. Ich bekam keine Luft mehr. ,,Ich habe lange dabei zugesehen, wie du diese Familie in den Ruin treibst, Eliza Parkson! Also habe ich nachgedacht und bin zum Entschluss gekommen, dass Rebekah auch sehr gut ohne dich zurechtkommt. Letzten Endes kommen und gehen ihre Affären, aber ich werde für immer an ihrer Seite sein.
Mir lag ein sarkastischer und zweifellos provokanter Kommentar auf den Lippen: Du klingst wie ihr eifersüchtiger Exfreund.
Leider konnte ich das nicht sagen, weil ich meine Kräfte sparen wollte.
,,Nik! Was soll das werden?!" Rebekah stürmte wutembrannt ins Zimmer und funkelte ihren Bruder wütend an. Na endlich!
,,Ich bewahre dich vor deinem nächsten großen Fehler aufgrund deines grauenhaften Urteilsvermögen. Vater ist auf dem Weg hierher. Pack deine Sachen, dann können wir noch heute von hier verschwinden. Ich habe dieses Kuhdorf sowieso gehasst."
Ich machte mir Klaus kurze Unaufmerksamkeit zunutze, indem ich seinen Oberarm packte und ihm Magie entzog. Klaus keuchte. Esthers Kraft pulsierte durch meine Adern. Ich fühlte mich stark. Unbesiegbar. ,,Du kannst mich nicht bezwingen!", sagte ich atemlos.
Klaus lachte. ,,Ach ja? Das finden wir heraus." Ich hatte keine Ahnung, was Klaus mir antun wollte, denn in diesem Moment ließ ich die Magie frei. Klaus flog meterweit von mir weg. Die Fensterscheibe zerbrach und der Urhybrid wurde draußen vor dem Haus in den Schnee geschleudert.
Aber ich war noch nicht fertig.
,,Wolltest du nicht immer ein Werwolf sein?", fragte ich herausfordernd. ,,Willst du herausfinden, wie die Wölfe sich fühlen, wenn sie sich verwandeln? Ich gebe dir gerne eine Kostprobe."
Ich setzte Magie ein, um ihm sämtliche Knochen gleichzeitig zu brechen. Klaus jaulte vor Schmerzen, aber er schlug sich wacker. Ein Knochen nach dem anderen knackte mit einem ekelerregenden Geräusch.
,,Aufhören! Beide! Vater ist auf dem Weg und ihr habt nichts besseres zu tun, als euch gegenseitig zu bekriegen!", fluchte Rebekah sauer.
,,Dein Bruder ist selbst schuld! Er wollte mich umbringen!"
,,Andere sind schon für weitaus weniger gestorben, Eliza. Sei froh, dass ich dich überhaupt so lange toleriert habe." Klaus stemmte sich trotz gebrochener Knochen hoch. Ich hatte seinen starken Willen unterschätzt.
,,Du wirst sie nicht anrühren", zischte Rebekah.
Klaus kletterte durch das kaputte Fenster. Dabei schnitt er sich an einer Glasscherbe und blutete aus einem Schnitt an seiner Handfläche. ,,Du entscheidest dich für sie? Immer noch?"
,,Warum bist du so wütend? Warum willst du so sehr verhindern, dass unsere Mutter von den Toten zurückkehrt, Nik? Was verheimlichst du?"
Es stimmte, dass Klaus meine Vergehen in Bezug auf Katerina erst anprangerte, nachdem Esther zweimal aus ihrem Grab entkam. Wovor fürchtete er sich?
,,Sei still!"
,,Nein! Du wirst Eliza nicht umbringen! Ich habe jahrelang zugesehen, wie du jeden vernichtet hast, der mir je wichtig war! Eliza wird uns auf der Flucht vor Vater begleiten. Und wenn du ein Problem damit hast, dann werde ich dich verlassen und zwar für immer und ewig. Ich gehe mit Eliza fort und wir bauen uns ein neues Leben auf. Zusammen."
Ich lächelte. Das war das erste Mal seit langem, dass Rebekah sich zur Wehr setzte.
Klaus Miene verdüsterte sich bei jedem Wort, das aus Rebekahs Mund kam. Dann war er plötzlich weg. Wie vom Erdboden verschluckt.
Verwirrt drehte ich mich in alle Richtungen. Rebekah verschränkte unsere Hände miteinander. Sie lächelte mich traurig an. ,,Wir werden uns wiederfinden. Eines Tages."
,,Was...?"
,,Hör mir zu. Mehr Zeit kann ich dir nicht verschaffen. Nik wird zurückkommen und dann rennst du weg. So schnell du kannst. Du drehst dich nicht um. Du bleibst nicht stehen. Du siehst nicht zurück. Versprich es mir."
,,Das kannst du vergessen. Ich lasse dich nicht bei Klaus zurück. Du hast gesagt, dass wir zusammen verschwinden"
,,Vergiss mich. Ohne mich hast du eine echte Chance zu entkommen. Mich wird er niemals gehen lassen. Diesmal musst du dein eigenes Leben retten, Liebes."
,,DU bist mein Leben, Bekah."
Plötzlich ging ein Ruck durch Rebekahs Körper. Sie stöhnte und verzog das Gesicht. Dann kippte sie um wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Ihre Haut ergraute. Zuerst die Finger, dann ihre Arme. Zuletzt verblasste die Farbe aus ihrem Gesicht.
Klaus hatte seine Schwester aufgefangen und wartete, bis die Wirkung des Dolchs sich entfachte.
Sie hatte es gewusst. Sie hatte gewusst, welche Konsequenzen sie erwarteten, wenn sie mich verteidigte. Deshalb hatte sie in der vergangenen Minute den ganzen Unsinn von sich gegeben.
Wenn ich jetzt nicht verschwand, war es umsonst gewesen. Ich könnte kämpfen, meine neue Macht einsetzen. Aber ein Teil von mir wusste, dass ich nicht kontrollieren konnte, was in mir schlummerte. Und eine Hexe, die ihre Kräfte nicht unter Kontrolle hatte war nicht nur eine Gefahr für andere, sondern auch für sich selbst.
Ich war wütend. Wütend auf Klaus, Regina, Katerina und Esther. Wütend auf die ganze Welt.
,,Das war nicht das Ende", sagte ich und machte mich unsichtbar. Sanft strich ich ihr über die Wange. Sie sah friedlich aus.
Das war auch nicht unser Ende, Rebekah Mikaelson.
Und dann verschwand ich wirklich.
Ich rannte so schnell ich konnte.
Ich drehte mich nicht um.
Ich blieb nicht stehen.
Ich sah mich nicht um.
⚜️
Liebe Leser,
Dieses Kapitel war der Abschluss unserer Reise im Jahr 1492. Es wird wieder einen Zeitsprung geben und damit neue Herausforderungen für Rebekah und Eliza in einem sehr bekannten Setting. Spoiler - Wir reisen nach New Orleans ins Jahr 1887 und begegnen bekannten Gesichtern aus der Serie :)
Ich hoffe natürlich, dass ihr euch ebenfalls auf diese Reise begebt. Danke an alle, die immer noch dabei sind 😘
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