59 ⚜ Bulgarien
Eliza
Sechs Tage nach dem Rendez-vous mit Esther Mikaelson saßen wir schon wieder auf einem Schiff fest. Die Überfahrt nach Europa dauerte ewig. Ich hätte mir aus eigenen Stücken niemals die Mühe gemacht, den schmollenden Klaus wiederzufinden, aber Elijah und Rebekah bestanden darauf. Mein Aufspürungszauber verortete Klaus auf dem Weg nach Europa. Ich vermutete stark, dass er einen Rachefeldzug an Katerina plante, die ursprünglich aus Bulgarien stammte.
Ich hoffte inständig, dass Katerina ihre Familie warnte. In einer ruhigen Minute zog ich mich in mein Zimmer an Bord zurück und breitete eine Landkarte vor mir aus. Das einzige, was ich von Katerina besaß, war eine Haarklammer. Als ich mit ihr im Bett war ließ ich sie mitgehen, weil sie mir so gut gefiel.
Konzentriert sprach ich den bekannten Zauber und hielt die Haarklammer fest in meiner Hand. Etwas tropfte auf das Pergament. Ich öffnete die Augen. Blut. Eilig schob ich die Landkarte von mir und sprang zum Spiegel. Meine Nase blutete. ,,Was zum...", murmelte ich verwirrt. Hexen passierte das gelegentlich, wenn sie sich überanstrengten, aber keinen Vampiren. Vampire bluteten nicht. Niemals.
Ein Aufspürzauber gehörte zu den einfacheren Zaubern. Sich dabei zu überanstrengen war nahezu unmöglich.
,,Eliza, wie findest du... Was ist los?", Rebekah platzte plappernd in mein Zimmer, um mir ein neues Armband zu präsentieren, welches sie vermutlich von einem Crewmitglied gestohlen hatte. Seit sie nicht mehr irre war, kehrte sie zu ihrem alten Selbst zurück.
,,Nichts." Schnell drehte ich meinen Kopf zur Seite, damit sie das Blut an meiner Nase nicht bemerkte. ,,Ich wollte einen neuen Aufspürzauber sprechen, aber das Signal ist blockiert."
Das war gelogen. Ich war nicht einmal so weit gekommen, um zu merken, ob das Signal noch funktionierte.
,,Lüg mich nicht an. Was ist wirklich passiert? Geht es Nik gut?", fragte Rebekah besorgt. Meine blonde Urvampirfreundin war oft ein Lügendetektor - was ich meistens nervig fand.
Unauffällig wischte ich mit dem Ärmel über meine Nase, die glücklicherweise nicht mehr blutete und setzte ein Lächeln auf. ,,Nein, deinem Bruder geht es gut, von seinen Aggressionsproblemen mal abgesehen. Ich bin froh, dass es dir wieder gut geht." Einladend breitete ich meine Arme aus. Rebekah schmunzelte und nahm neben mir Platz. Gemeinsam sanken wir in die Kissen. Das Bett in der kleinen Kabine war eng und ungemütlich, aber das störte uns nicht. Rebekahs Kopf ruhte auf meiner Schulter. Ich atmete ihren Duft ein und strich durch ihre Haare. Wenngleich ich Regina gemocht hatte, war es nichts im Vergleich dazu, was ich fühlte, wenn Rebekah neben mir lag. Auch nach fünfhundert Jahren empfand ich immer noch dasselbe wie damals, als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte.
,,Ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich habe mich wie eine eifersüchtige Idiotin aufgeführt, obwohl obwohl diejenige war, die dich von sich gestoßen hat", sagte Rebekah irgendwann.
,,Schon gut, du hattest Recht. Regina und ich haben nicht zusammengepasst."
,,Doch, das habt ihr. Und deshalb habe ich sie von der ersten Sekunde an gehasst", antwortete Rebekah. ,,Ich habe sie angesehen und mir gewünscht, an ihrer Stelle zu sein."
Ich erstarrte. Meinte sie das ernst? ,,Und ich war mit ihr zusammen, weil ich nicht das haben konnte, was ich wirklich wollte."
Dich.
Es lag unausgesprochen in der Luft.
Leider kannte ich Rebekah zu gut. Die Mikaelsons waren großartig darin, epische Liebesgeschichten in den Sand zu setzen und ihr eigenes Glück zurückzustellen. Ich wollte dieses Mädchen so sehr, dass es wehtat, aber sie schaffte es immer wieder, alles zu ruinieren.
Deshalb kam es mir sehr gelegen, dass die Kabinentür aufschwang und ein Crewmitglied verkündete, dass wir in den Hafen einfuhren.
•••
Elijah, Rebekah und ich ritten stundenlang der schwachen Fährte von Niklaus hinterher. Es gelang mir, eine Verbindung zu ihm herzustellen, aber der Einsatz meiner Magie raubte mir die Kraft. Es kostete mich sogar Mühe, auf dem Sattel des Pferdes zu bleiben. Rebekah und Elijah erkundigten sich ständig nach meinem Wohlergehen. Selbst ihnen fiel auf, dass etwas nicht stimmte. Tapfer stritt ich alles ab und konzentrierte mich auf die bulgarischen Wälder.
,,Wir sind nicht mehr weit weg", verkündete ich am späten Nachmittag, etwa eine Stunde nach unserer letzten Pause.
Ich behielt Recht. Je näher wir dem kleinen Städtchen kamen, umso stärker spürte ich die Anwesenheit desjenigen, den ich finden wollte. Klaus.
,,Sicher, dass wir hier richtig sind? Sieht unbelebt aus", überlegte Rebekah.
,,Wir sind genau dort, wo wir hinwollten." Elijah nickte nach rechts. Im Straßengraben lag, achtlos hingeworfen, eine Leiche. Seine aufgerissene Kehle verriet uns die Anwesenheit eines Vampirs.
Ich stieg von meinem Pferd ab und band es an einen Zaun. Meine zittrigen Knie verunsicherten mich. Was war nur los mit mir? Hatte Klaus es darauf angelegt, die Suche nach ihm absichtlich schwer zu machen?
,,Und zu spät sind wir auch. Ich rieche Blut", ergänzte Rebekah. Leider hatte sie damit vollkommen Recht. Ich roch es ebenfalls. Wir folgten unserem Gespür und landeten vor einem baufälligen, aber idyllisch aussehenden Bauernhaus. Die Tür stand einen spaltbreit offen. Alleine die Tatsache, dass ich ungehindert eintreten konnte, war besorgniserregend. Ein klares Zeichen dafür, keinen Bewohner mehr lebend vorzufinden.
Die Dielen knarzten unter meinen Füßen. An Schnüren aufgehängte Töpfe schlugen klirrend aneinander. Ansonsten herrschte eine gespenstische Stille im Haus. Keiner sprach ein Wort, als wir uns immer weiter verarbeiteten. Im Flur stieg ich über die Leiche eines jungen Mädchens hinweg. Ich verkniff es mir, ihr ins Gesicht zu sehen.
,,Er kann es einfach nicht lassen", brummte Rebekah und schalzte mit der Zunge. ,,Schade um das hübsche Ding."
,,Niklaus!" , rief Elijah in die vermeintliche Leere hinein. ,,Ich weiß, dass du hier bist."
Ich öffnete die nächste Tür, eindeutig der Ursprung des Gemetzels. Fünf Leichen lagen überall im Raum verteilt. Das Blut klebte überall. Auf dem Boden, an den Wänden, in den schneeweißen Bettlaken. Hier wütete der Tod. Ein sehr rachsüchtiger Urhybrid ohne Manieren.
,,Möget ihr an einem besseren Ort sein", murmelte ich und sandte ein stummes Gebet für Katerinas Familie in den Himmel. Sie hatte nichts weiter getan, als ihr Leben vor Klaus zu retten - und jetzt bezahlte ihre Familie dafür. Katerina mochte ein manipulatives Miststück sein, aber sie verdiente das nicht. In dieser Geschichte stand ich nicht auf der Seite der Mikaelsons.
Glücklicherweise sahen Elijah und Rebekah ähnlich bestürzt aus. Klaus hatte Katerinas Familie nicht nur getötet, er hatte es wie ein richtiges Blutbad aussehen lassen.
Das ist der Preis, sich mit einem Mikaelson anzulegen.
Klaus trat aus dem Schatten. Auch er war über und über mit Blut besudelt. Sein zufriedenes Grinsen ekelte mich an. Diese Morde war unnötig gewesen. Ich war gewiss auch kein Engel, aber es gab durchaus Unterschiede zwischen Klaus und mir. Ich tötete, wenn ich es für nötig hielt. Er dagegen reiste einmal um die Welt, um sein verletztes Ego geradezubiegen.
Ich sagte nichts, raffte die Röcke und wandte mich ab. Schnellen Schrittes ging ich nach draußen und setzte mich auf die Schaukel, die an einem dicken Ast eines Apfelbaumes befestigt wurde. Vielleicht schaukelte Katerinas Schwester heute morgen noch friedlich darauf. In Momenten wir diesen wusste ich wieder, warum ich nicht mit Rebekah zusammen sein konnte.
Jemand verletzte Klaus Ego. Der angefressene Hybrid rächte sich - mal an Unschuldigen wie heute, an anderen Tagen erwischte es Rebekahs Feinde, Rebekahs Freunde oder Klaus eigene Familie. Aber es spielte keine Rolle, was er tat. Rebekah und Elijah würden ein paar Minuten sauer sein, aber letztendlich entschieden sie sich immer füreinander. Klaus hatte damals verhindert, dass wir zusammen sein konnten, indem er mich in Italien zurückließ. Heute beendete er das Leben an einer Familie, die ihm kein Haar krümmte.
Rebekah und ich erlebten viele schöne Stunden, aber dann wachte ich auf und sah das wahre Gesicht ihrer Familie.
Ich sammelte einen Apfel vom Boden auf, schloss die Augen und sprach einen letzten Zauber für heute. Fest hielt ich das Obst umklammert und dachte fieberhaft an die Person, die ich hierherlocken wollte. Katerina musste sehen, was Klaus getan hatte. Als ich die Augen öffnete, war der Apfel weg. Hoffentlich verstand sie die Botschaft.
Etwas warmes kitzelte an meiner Lippen. Blut. Schon wieder. Hastig wischte ich mit dem Ärmel über meine Nase. Ich schwankte. Schwindel überkam mich. Meine Knie trugen mein Gewicht nicht mehr. Kurz bevor die Dunkelheit mich einhüllte, hörte ich eine vertraute Stimme in meinem Kopf. Eine herzliche, einlullende Stimme: ,,Ich habe meiner Tochter ein Versprechen gegeben und Versprechen muss man halten. Es ist bald vollbracht."
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