09 ⚜ Blutiges Verlangen
Mystic Falls 1001
Rebekah
Nie fühlte ich mich mächtiger als in dem Moment, als das Blut meine Kehle hinab rann. Eigentlich sollte ich mich tot fühlen, aber das tat ich nicht. Stattdessen fühlte es sich so an, als würde ich gerade wiedergeboren werden. Wiedergeboren in ein neues Leben.
Meine Zähne hatten sich im Hals des Mädchens versenkt und tranken gierig das Blut. Noch gestern fand ich den Gedanken so etwas überhaupt in Erwägung zu ziehen absolut widerwärtig, aber stattdessen genoss ich es. Ich genoss das Gefühl das Leben dieses Mädchens in meinen Händen zu halten.
Erst als mein Vater mich grob wegschubste und auch Niklaus dazu zwang das Blut zu trinken klang mein Hochgefühl ab. Zitternd lag ich neben dem Feuer auf dem kalten Boden und fasste mir meinen Händen vorsichtig an meine spitzen Zähne. Das durfte nicht wahr sein!
Alles um mich herum nahm ich verstärkt wahr. Das Flackern der Flammen im Kamin, die vielen aufgeregten Stimmen außerhalb und selbst das Zwitschern der Vögel hörte ich unerträglich laut. Es war so viel auf einmal, dass ich mich viel zu überwältigt und verwirrt fühlte, um alles gleichzeitig aufzunehmen.
Ich verstand nicht was hier passierte. Ich verstand nicht einmal, wieso ich lebte. Und ich hasste es.
Als Nik sich zu mir umdrehte starrte ich entsetzt auf das Blut, dass von seinem Kinn auf den Boden tropfte und sich überall an ihm befand. Und dann starrte ich auf seine dunklen Augen und die schwarzen Adern, die sich darunter bildeten. Das schlimmste daran war das Wissen, dass ich genauso aussah.
Das allerschlimmste aber war dieser nagende Hunger nach Blut, der einfach nicht mehr vergehen wollte. Selbst den Gedanken jemanden dafür zu töten hieß ich im Moment willkommen. Es machte mich genauso verrückt wie die vielen Emotionen, die gleichzeitig auf mich einströmten.
,,Eines Tages werdet ihr mir dankbar sein", sagte mein Vater nur kalt und zwang das Mädchen aufzustehen. ,,Ich werde mich nun um eure Geschwister kümmern."
,,Wieso?", fragte ich leise. ,,War Henriks Tod nicht genug? Musstest du uns alles wegnehmen, was wir noch hatten?"
,,Henriks Tod hat gezeigt, dass wir uns von diesen wilden Bestien nichts mehr gefallen lassen. Ihr seid nun die mächtigsten und unsterblichsten Kreaturen auf dieser Welt. Niemand kann uns besiegen."
Er wollte sich umdrehen, aber hielt nochmal inne. ,,Du willst wissen, wieso das nötig war? Weil eure menschliche Schwäche euch schon immer im Weg gestanden hat. Ihr wart schwach, aber das ist nun vorüber. Der Zauber ist gesprochen und ihr werdet nichts davon mehr rückgängig machen!"
,,Das ist doch kein Zauber, Vater! Das ist ein verdammter Fluch! Du hast uns alle verflucht. Für immer und ewig."
Niemand sollte ewig leben. Eliza hatte von Anfang an Recht gehabt. Ich war naiv gewesen meinen Eltern zu vertrauen.
Doch mein Vater ging einfach ohne ein weiteres Wort zu sagen. Wahrscheinlich um den anderen dasselbe anzutun wie uns. Ich schwieg und warf mich Nik in die Arme, der die Umarmung erwiderte und mich fest an sich drückte.
Und jetzt, wo mein Vater endlich den Mund hielt hörte ich in der Vielzahl der Geräusche noch etwas anderes. Das aufgeregte Schlagen eines Herzens und das Rauschen von menschlichem Blut. Im Schatten erkannte ich kleine Bewegungen, die normalerweise kein menschliches Auge erfassen konnte.
,,Bekah", flüsterte jemand und machte selbstbewusst einen Schritt nach vorne. Ich ließ Klaus los und stand auf. Jedoch wich ich einen Schritt zurück, weil ich mir in Erinnerung rief, wie sehr ich das menschliche Blut wollte. ,,Vor ein paar Stunden sind wir noch in der Sonne gesessen und haben darüber geredet, dass ich deinen Eltern nicht traue. Erinnerst du dich?"
So hatte ich Eliza nie erlebt. Sie wusste nicht, wie sie sich mir gegenüber verhalten sollte. Also nickte ich nur langsam, aber alles was ich sah war die pulsierende Ader an ihrem Hals. Die Vorstellung meine Zähne hineinzurammen jagte mir eine erschreckende Vorfreude ein.
,,Ich bin hergekommen, weil im Dorf jemand ermordet wurde. Ihr wart alle tot. Du warst tot. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel Angst ich hatte, dich verloren zu haben."
Elizas Stimme klang sehr leise, aber in meinem Kopf fühlte es sich an, als würde sie schreien.
,,Bitte sag mir, dass meine Rebekah noch irgendwo da drin ist."
Ich suchte die Rebekah, die sie meinte. Aber momentan wurde alles von einem dunklen Schleier überlagert und ich fühlte mich so gar nicht mehr wie ich selbst. Diese ausgelassene Stimmung vor ein paar Stunden mit Eliza fühlte sich an wie eine weit entfernte Erinnerung.
Mein Blick fiel wieder auf die Pulsader. ,,Lauf weg", sagte ich plötzlich. ,,Lauf weg, Eliza."
Eliza wechselte hastig einen Blick zwischen Klaus und mir. ,,Du solltest auf sie hören, Liebes. Das Blut in deinen Adern riecht verlockend", pflichtete mein Bruder mir bei.
,,Blut? Ihr wollt mein Blut trinken, so wie das von diesem Mädchen?", fragte sie fassungslos und starrte uns aus geweiteten Augen an. ,,Ihr seid doch irre"
Ich schloss meine Augen und als ich sie öffnete konnte ich spüren, wie sie schwarz wurden und wie sich die dunklen Adern bildeten. Meine Eckzähne wurden um einiges länger. Ich fauchte, um ihr absichtlich Angst zu machen. Ich wollte nicht, dass sie zum Opfer dieses nahenden Hungers wurde.
,,Ich sagte, du sollst weglaufen, Eliza!", fuhr ich sie ein drittes Mal an. ,,Rebekah Mikaelson ist tot. Alles was ich will ist dein verdammtes Blut, also lauf endlich!"
Und dann lief sie. Eliza Parkson sah mich noch einmal traurig an, dann rannte sie los.
Leider wollte ich ihr folgen, obwohl Klaus lautstark widersprach.
Ich rannte schneller als jeder Mensch oder Wolf es jemals konnte zu unserer Hintertür, die bereits weit offen stand und die warme Morgensonne hereinließ. Eliza kam natürlich nicht weit. Sie rannte gerade mal wenige Meter hinter der Tür.
Doch allzu siegessicher sollte ich in Zukunft nicht mehr sein. Denn als ich den ersten Schritt nach draußen machte, erfüllte mich das Gefühl von innen heraus zu brennen. Ich schrie vor Schmerz und krümmte mich zusammen. Voller Entsetzen starrte ich meine Haut an, auf der sich knallrote Brandflecken bildeten. Panisch schrie ich weiter, sodass selbst Eliza sich verwundert umdrehte und stehenblieb.
Plötzlich hielt jemand meinen Arm und zerrte mich in den Schutz des Hauses, wo ich erst einmal zusammensank und mich zitternd an Klaus drückte.
,,Was war das?", fragte ich leise mit einem Blick auf meinen Arm. Dort begannen die Brandflecken erstaunlicherweise bereits zu heilen.
Klaus starrte zur Tür. ,,Ich fürchte Mutters Zauber hatte Konsequenzen. Und das ist eine davon."
,,Ich verstehe es nicht", murmelte ich verwirrt und hielt meine Hand vorsichtig in die Sonnenstrahlen der Morgensonne. Sofort begann es wieder unerträglich zu brennen und Klaus schlug meine Hand weg.
,,Mutter hat uns in Wesen der Nacht verwandelt. Ich glaube wir können nicht in die Sonne ohne zu verbrennen", versuchte er eine Erklärung dafür zu finden.
,,Ich wollte meine beste Freundin töten, habe Hunger auf Blut und kann nicht in die Sonne. Was ist nur aus uns geworden, Nik?"
Klaus sah mich ausdruckslos an. ,,Ich weiß nicht, was los ist. Aber wir werden das zusammen überstehen. Als Familie."
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