
71.
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Rain
Holder sah mich eine Weile lang an.
Sein Gesicht war zu einer Fratze verzerrt, doch dann lachte er laut auf.
„Oh Rain, das ist – wundervoll."
Ich zuckte zurück. „Wundervoll. Wie wundervoll."
Er hob die Hände hoch und legte den Kopf in den Nacken. „Das ist wundervoll!", brüllte er.
„Du bist einfach wundervoll."
Cohen rastete den Hahn der Pistole ein.
Holder sah ihn an. „Was? Ich sagte doch nur, dass das wundervoll ist! WUNDERVOLL!"
„Binde sie los.", sagte Jem plötzlich ruhig.
Holder schnaubte. „Sie losbinden – aber sicher mein Jungchen – na los, binde sie los, binde sie los!"
Zögernd ging Jem einen Schritt auf mich zu, obwohl ich heftig den Kopf schüttelte.
„Ich binde sie los!"
Er lachte wieder. „Ich sagte doch: Binde sie los!"
Ohne mich zu beachten holte Jem ein Messer aus seiner Tasche und schnitt die Plastikbänder auf.
„Wieso tun sie das?", fragte Trish.
Holder sah sie direkt an."Ach Schätzchen, glaubst du ich bin nicht vorbereitet? Solange auch nur einer von euch ein Mätzchen macht, gehen dort die Kameras an. Und die ganze Welt wird von diesem Komplott wissen. Also – wieso werden wir nicht Freunde?"
„Du.", zischte Jem, während er mir aufhalf. „Wirst gar nichts mehr machen."
„Mit dir möchte ich mich noch später beschäftigen – abgesehen davon will ich doch, dass Miss Day ihre letzte Stunde noch in einigermaßen angenehmer Haltung und..." Er sah herablassend auf Jem's Hand auf meinem Arm, „...Umgebung verbringt."
Jem's Griff wurde fester und ich drückte beruhigend zurück.
„Also – wieso wollen wir nicht anfangen?"
Er sah zu Trish. „Oh – das habe ich vergessen." Sie machte einen Schritt vor. „Ich habe den Schlüssel nicht."
Holder's Augen verdunkelten sich, doch bevor er sich auf Trish stürzen konnte, stellte Emilio sich knurrend zwischen sie.
Der König seufzte genervt. „Muss ich das sagen? Trish, rücke die Uhr heraus."
Sie schnaubte. „Würde ich, würde ich wissen wo sie sich befindet."
Ich sah Jem beunruhigt an, doch er schüttelte nur den Kopf.
„Also gut, Kind.", fauchte Holder, ich gebe dir eine letzte Chance -" Plötzlich ertönte ein Schuss. Ich fuhr zusammen.
Ian stand mit funkelnden Augen vor Holder. „Ich schieße.", sagte er mit tödlich ruhiger Stimme. „Ich schieße, darauf können sie sich verlassen. So lange, bis die Kugeln durch ihre kugelsichere Weste dringen."
„Illéa – Bälge.", sagte Holder amüsiert. „Illéa. Wisst ihr was? Diesen Namen verabscheue ich. Ich verabscheue ihn. Dieser...Mann, hat dieses ganze Land zerstört...alles! Und sein Gift zieht sich durch die ganze Generation, die einfach nicht verschwinden will."
Hasserfüllt sah er mich an. „Ich habe es ihnen allen versucht zu erklären, aber dieser Fratz von König Clarkson wurde immer panischer. Also hatte ich keine Wahl mich seinen Regeln zu stellen. Ja, ich – ICH! Als Anführer der Südrebellen! Und wisst ihr was?"
Er lachte irre.
„Es war eine Genugtuung in seine Augen zu schauen, sein eklig stolzes Gesicht zu sehen. Seine reizende Frau ist zuerst gefallen. Und dann habe ich diesen ärmlichen Mann getötet."
Jem umfasste mich fester. „Und ich werde dieses Königshaus vernichten! Das ist das Beste was Jéla passieren kann! DAS BESTE. Mit Illéas Schatz werden wir aus dieser Scheiße herauskommen – ALLE!"
„Aber dann ist da dieses lächerliche Casting! Wer braucht dieses Casting – und wieder einmal festigen sie ihre Herrschaft. Ja, und mein eigener Sohn?"
Er wandte sich zu uns.
„Mein eigener Sohn, sucht sich eine Illéa aus. Eine ILLÉA! Eine größere Schande kann ich mir nicht vorstellen! Und liebt sie noch! Zuerst war es ein Schock. Und glaub mir Rain, wenn ich dich nicht brauchen würde, als Werkzeug, dieses Geheimnis aufzubewahren, würde ich dich schön aufschlitzen. Von oben bis unten. Du hast immer noch die typischen, ähnlichen Augen der Illéas! Ich werde sie dir aufschlitzen du kleine Schlampe, du Hure, du..."
„DAS REICHT!" Jem trat schützend vor mich.
„Du wirst kein einziges Wort weiter sagen. Er schob mir hinter den Rücken eine Pistole zu und ich nahm sie.
„Kein einziges Wort du Mörder!"
Holder schnaubte. „Du hattest nie besonders viel Grips, mein Junge. Nie, zu meinem eigenen Leidwesen. Hätte mir wohl nicht dein Mutter aussuchen sollen -"
„Hören Sie auf!" Mit gezogener Waffe richtete ich die Waffe auf sein Herz. „Sieh haben kein Recht ihn so zu nennen!"
Holder sah mich eine Weile an, dann - ja er kreischte schon was auf. „Oh wie schön. Wie schön! Ich liebe Märchen!"
Er drehte mir den Rücken zu.
„Wisst ihr was Leute? Die kleine Prinzessin hier liebt meinen Sohn auch noch!" Jem erstarrte neben mir und ich schloss meine Augen. „Also haben Sie in gewisser Weise doch Liebe erzwungen, Cohen."
Ich biss mir auf die Lippe.
„Nein.", Jem's Stimme klang überraschend tief.
Irritiert sah Holder ihn an. „Erzwungen war es nicht. Sie wurde von dir gezwungen zu gehen."
Ich zitterte.
„Oh super. Noch ganz in sie verfallen – sehr gut gemacht – wusstest du, dass sie in einem Puff gejobbt hat? Bestimmt kann sie gut Menschen um den Finger wickeln." Er leckte sich über die Lippen.
„Na – mit wie vielen Typen hast du geschlafen hm, hm?"
Plötzlich konnte ich nicht mehr und mir liefen die Tränen über die Wangen. „Na los Kleine, antworte mir ant -"
„Ich sagte es reicht!", brüllte Jem. Auch er zückte eine Waffe.
Ich rang nach Luft. Es war so stickig.
„Ach wie nett. Du? Du willst mich töten? Du? Oder doch lieber Rain? Dann würdest du mich umbringen, Rain? Dann wärst du eine Königsmörderin – auch ein schöner Titel. Denn exakt zehn Sekunden nach meinem Tod, würde es drei Sekunden dauern, bis sich hier die Kamera anschalten – reizend. Die Erwählte eine Rebellin? Oder Cohen der Berater? Keiner von euch würde es tun. KEINER!"
Er fletschte die Zähne. „Keiner von euch, ihre feigen Mistkerle! Selbst Sie nicht Ian – sie sind dafür zu ehrenhaft und würden niemals den Namen Illéas schädigen! Also was ist ihr Problem?"
Keiner antwortete.
Holder schnaubte. „Also gut, also gut, ich verstehe. Aber selbst wenn ihr mich umbringt. Der Geist, meine Anhänger werden nie aufgeben."
„Nein.", flüsterte ich. „Werden sie nicht."
Ich richtete mich auf, straffte meine Schultern. „Genauso wie der Gedanke der Hoffnung nicht überlebt hat. Er ist auch nie gestorben – und es wird immer Gegner des Königshauses geben - so funktioniert die Welt."
„Oh, was für dilettantische Wahrheiten!"
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die Wahrheit ist, dass wir alle unterdrückt werden! ALLE! Und das ist die Chance – die Chance dem allen ein Ende zu setzen!"
Jem schnaubte. „Und was willst du jetzt?"
Holder schaute ihn an. „Folge mir, Jem. Mache dieses Königshaus zu etwas besserem – alle diese Dummköpfe! Illéa lass alles hinter dir! Das ist doch das, was du dir gewünscht hast! Immer. Du wirst König werden! König!"
Er kam zu ihm.
„Wir werden diese Uhren öffnen – alle. Wir werden dieses Königreich mächtiger machen und reicher!"
Jem sah ihn an.
Holder lief wie von Sinnen zu den anderen. „Und ihr, werdet nicht mehr sein – NICHTS!"
„Ja."
Holder drehte sich um. „Was?"
„Ja.", sagte Jem. „Wir würden größer sein." Ich sah etwas anderes in seinen Augen aufblitzen. Es war keine Wut.
Oder Angst.
Sondern Mitleid.
Aufrichtiges, ehrliches Mitleid.
Mitleid gegenüber seinem eigenen Vater.
„Ja. Würden wir." Jem hob seine Hand. „Aber immerhin sind wir doch innen drin doch alle wie Gregory Illéa."
Und dann schoss er.
Jem
„Daneben.", sagte er. „Du hast daneben geschossen."
Er grinste und fasste an seinen blutenden Hals. „Streifschuss. Und das aus drei Meter Entfernung. Das kann aber fast keiner schaffen."
„ Aorta."
„Welcher Ort?"
„Ich sagte: Aorta." In diesem Moment begriff er es und sank auf die Knie. Panisch drückte er seine Hände auf die Wunde. „Aorta. Halsschlagader. Dauert ein bisschen bis du ausblutest."
Ich ließ mich heruntersinken und sah ihn in die Augen. „Dein Sohn hat doch ein wenig mehr Grips als du gedacht hattest."
Und dann zog ich Rain am Arm und stürmte mit ihr heraus.
Trish
Wir saßen alle da.
Alle im Kreis.
Unfähig uns zu bewegen.
Alle in einem Gang.
Jem hatte den Arm um Rain gelegt, die ausdruckslos in die Leere starrte.
Éd hatte seine Brille abgenommen und Ian schaute nach oben an die Decke, als glaubte er, dass sie gleich einbrechen würde.
Elvira riss gerade den Rest ihres Meerjungfrauenkostüms vom Leib und kürzte es mit ihrem Messer auf Minikleidlänge.
Jeremy sammelte schweigend die Reste ein.
Cohen schmiss seine Waffen auf den Boden.
Und ich?
Ich sah zu Emilio. „Mil?"
Ich lächelte. „Rosa?"
„Haben wir es geschafft?"
Er sah mich mit seinen braunen Augen an. „Ich glaube, wir haben noch einen weiten Weg vor uns."
Ich nickte.
„Aber ich denke sie."
Ich wies mit einen Blick auf Rain und Jem.
Er nickte. „Ja."
Ich zog aus der Tasche die Uhr.
„Du hattest sie doch?"
Ich lächelte. „Natürlich."
„Du bist raffiniert, Rosa."
Ich nickte. „Ich weiß."
Er knuffte mir in die Rippen.
Dann verfielen wir wieder ins Schweigen.
Um uns herum tobte immer noch die Schlacht, und man konnte die vielen Rufe der Soldaten, Schreie und Alarmglocken.
Aber trotz allem fühlte ich mich sicher.
Sehr sicher sogar.
Vielleicht sind es die Menschen, die bei uns sind, die Sicherheit meinen.
Ich legte alle Uhren in einen Kreis.
Dann reichte ich sie Rain.
Sie lächelte müde.
Dann sah ich zu den anderen.
„Wollen wir?"
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