69.
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Rain
Und dann gingen alle Lichter aus.
Ich hörte jemanden schreien.
Elvira? Trish?
Keine Ahnung.
Mein Atem ging schwer.
Ich taumelte.
Was hatte ich da getan? Was?
Jeremy packte mich am Arm damit ich nicht fiel.
„Ich hab mich erinnert.", flüsterte ich fassungslos. „Dieser Raum. Die Bilder..."
Wie von Sinnen schüttelte ich den Kopf.
„Da war dieser Schacht."
Plötzlich merkte ich, wie Ian mich schüttelte. „Rain! Rain!"
Im schwachen Licht erkannte ich sein angespanntes Gesicht.
„Rain!"
Er sah panisch aus. „Bist du dir sicher?"
„Ich kannte ihn – seine Augen – und dann waren da immer Jem's Augen. Er hat die gleichen.", stammelte ich von Sinnen. „Sie kamen mir immer so bekannt vor."
Ich machte mich los. „Leslie hat mich gezwungen zu fliehen! Sie waren so kurz davor mich zu kriegen!"
Mit zitternden Händen strich ich mir die Haare aus dem Gesicht.
„Ja. Er war es."
„Rain, ist dir klar, was du da behauptest?", fragte Cohen flüsternd.
Ich sah ihn an. „Ja – ich schwöre!"
„Ein Mitglied des Königshauses – bist du verrückt?"
„Ich glaube ihr."
Jem's Stimme durchdrang ruhig den Raum.
Ich begann zu zittern. „Lass mich los – lass mich los!", sagte ich zu Jeremy.
„Rain – bleib ruhig."
Ich stolperte zu der einen Wand, wo zahlreiche Bilder waren. „Wir müssen hier raus – wir müssen hier raus!"
Ich hielt mich an einem Bilderrahmen fest. „Wir müssen hier raus!"
„Rain bleib ruhig verdammt noch mal!"
„Ich kann nicht."
Mir war schwindelig.
„Doch – kannst du!"
Ich hörte gar nicht mehr zu. Alles war so wirr. Wie damals.
„Ich hätte es nicht sagen dürfen. Hätte es nicht sagen dürfen.", schrie ich.
„RAIN!"
„Begreift ihr denn nicht? Da er jetzt weiß, dass wir alle wissen wer er ist -" Ich schluchzte auf. „Was habe ich getan?"
Ich stolperte wieder. Die Tränen bahnten sich unaufhaltsam ihren Weg über mein Gesicht. „Nein!"
„Rain!"
Es war Jem. „Hey - scht." Warme Hände umfassten mich. „Alles ist gut – ich glaube dir."
Doch ich schüttelte wieder den Kopf.
„Er wird uns alle töten -"
„Nein, wird er nicht."
Ich sah mich hektisch um. „Dieser Raum ist nicht zufällig ausgewählt."
Ich machte mich wieder los. „Das ist eine Falle!" Panisch sah ich zu den vielen Bildern, konnte aber in der Dunkelheit nichts erkennen.
„Jem – das ist eine Falle! Es sind die Bilder – die Bilder!"
Ich sah auf ein Bild, dass einen Mann in schwarzer Kleidung Kleidung zeigte. Glaubte ich jedenfalls.
Dann stürzte ich schon zum nächsten.
„Überall sind Kameras. Er hat uns schon die ganze Zeit aufgedeckt. Das ist die perfekte Methode – schaut auf die Bilder!"
„Rain? Was redest du da?", fragte Cohen.
Ich sah auf das nächste Bild.
Eine Landschaft mit einer Frau.
„Seht auf die Bilder – irgendetwas stimmt nicht mit ihnen!", schrie ich.
Ich hörte viele Leute auf einmal im Raum herumgehen und tasten.
„Macht jemand Licht!"
Hektisch ging ich zum nächsten – irgendwo musste er hier alles lahmlegen können – irgendwo.
Plötzlich hielt ich inne.
„Wartet!", sagte ich.
Es war ganz am Ende und die Leinwand war schwarz gewesen. Es war mir gleich als allererstes aufgefallen.
Komplett schwarz.
Alle blieben stehen.
Es hatte einen goldenen Rahmen – und das Bild bestand aus einer komplett schwarzen Fläche.
„Das muss es sein!", flüsterte ich.
„Was? Welches?", sagte Trish panisch.
„Das hier."
Ich konnte absolut nichts erkennen.
Meine Instinkte schrien mir zu, dass ich keinen einzigen Schritt weiter machen sollte.
„Warte Rain – ich komme – welches?", fragte Ian.
„Das hier – es ist komplett schwarz."
„Das ganz hinterste!", ertönte Jem hinter mir.
Ich kniff die Augen zusammen, konnte jedoch nichts erkennen.
Verflucht.
„Hat jemand Licht?"
„GLEICH!", schrie Elvira.
„Rain – ich bin fast bei dir – wo bist du?"
„AU!", hörte ich eine Männerstimme schreien, doch konnte ich sie niemanden zuordnen.
„Sorry – ich pass auf – Rain du wartest!"
Ich bekam alles nur vage mit.
War da nicht ein gelber Punkt?
Ich war nie so ein Fan von Kunst gewesen, die nur aus drei Strichen oder so bestand.
Vielleicht kam es mir so vor – oder es täuschte wegen der Lichtverhältnisse, aber anscheinend war da doch irgendetwas darauf gemalt – abgesehen von der schwarzen Farbe.
Ich hob langsam meinen Arm, doch bevor ich die anderen warnen konnte, war es zu spät.
Denn als ich es berühren wollte, griff ich ins Leere.
Und bevor ich noch einen Laut geben konnte, wurde ich hineingezogen.
Schon spürte ich eine Nadel, die in meinen Hals drang und dann war da nichts mehr.
Jem
Plötzlich hörte ich ein leises „Ratsch". Ich runzelte die Stirn. „Habt ihr das gehört?", fragte ich.
„Was?", fragte Ian.
„Dieses Zischen?"
„Welches Zischen – Rain?"
Ich machte einen Schritt vor. „Rain – hast du das gehört?"
Keine Antwort.
Scheiße.
„RAIN?", brüllte ich.
Ich machte wahllos einen Schritt vor. Zu dem Bild. Dort wo sie vor einer Sekunde noch gestanden hatte.
„Rain!", schrie jetzt auch Ian.
Das schwarze Bild, ging mir durch den Kopf.
Der Trick war zu einfach gewesen – verdammt.
„Was heißt das?", fragte Trish entsetzt.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, nein, nein, nein!"
Ich schlug gegen die Leinwand. „Nein."
„Was heißt das, Jem?"
„Das heißt.", zischte ich, „dass sie gerade vor unseren Augen weggeschnappt wurde."
Elvira stieß einen Fluch aus.
„Ich hab es ihr noch gesagt, ich hab es ihr gesagt, dass sie es nicht berühren soll!", fauchte Ian. „Aber was macht sie? Sie berührt es!"
„Ian - beruhige dich!"
Ich ließ mich gegen die Wand sinken.
„Sie hatte Recht gehabt – es muss mein Vater sein."
„Hat hier jemand Licht?", sagte Cohen. Seine Stimme klang angespannt.
„Wartet.", Elvira raschelte einmal und ich hörte ein Feuerzeug knipsen.
Ich sah in die Gesichter der Anderen.
Trish hielt Emilio's Schultern umklammert.
Ian hatte den Kopf in die Hände gelegt.
Brillen – Junge schaute ausdruckslos auf das Bild.
„ÉD!", bellte Cohen. Er schreckte auf und sah zu Cohen. „Immer noch der Alte, was?"
„Édouard - bitte sagen Sie, dass Sie da durch kommen."
Der Angesprochene schnaubte. „Ja."
Ich sah ihn scharf an und er zog eine Augenbraue hoch. „Nur die Frage ist, wie lange. Wir sind hier mitten in einem Hochsicherheitsschloss und ich habe nur einen Fernseher und ein Pad. Das könnte Ewigkeiten dauern."
Ich fluchte.
„Er muss es sein! Es muss mein Vater sein!"
Ian sah mich erstaunt an.
„Denkt mal nach! Wann waren die Rebellenangriffe? Wer hat das denn durchgegeben, dass dort wieder jemand gestorben ist? König Holder? Nein – ich! Er war nie dort. Er ist ständig weg gewesen. Und es gibt noch ein Detail:Unser Palast ist nie angegriffen worden!Nur der Illéa – Palast!"
Cohen schüttelte den Kopf. „Wie hätten wir das übersehen können? Wie?"
„Er war zu unauffällig. Und jetzt hat er Rain."
Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. „Was hat er mit ihr vor?", flüsterte ich verzweifelt. „Was?"
„Leute!" Ich sah zu Emilio. „Die Tür ist wieder auf."
Wir sahen uns an.
Trish lächelte grimmig. „Lasst uns diesen Mistkerl schnappen."
Und dann gingen die Sirenen los.
Trish
Ich rannte.
Ich rannte so schnell ich noch nie in meinem ganzen Leben gelaufen war.
Na gut. Ich war schon einmal schneller gewesen.
Aber seit ihr schon einmal in einem Feenkostüm Amok gelaufen? Nein?
Ich sah nämlich leider keine andere Möglichkeit, als mit einen Messer in den Händen durch die panischen Menschenmassen zu laufen.
Alle schrien herum. Alle hatten Angst. Und Trish lief mit einem Messer herum und bahnte sich den Weg aus dem Getümmel.
Oder versuchte es zumindest.
Die Rosenblätter flatterten und dieser bescheuerte Unterrock knallte immerzu gegen mein Bein.
Hinter mir hechelte Éd japsend hinter mir her.
Wir hatten uns aufgeteilt.
Emilio war mit Jem gegangen.
Elvira mit Jeremy, Cohen mit Ian.
Verdammt, halte durch – deine Freundin ist dort draußen!, ermahnte ich mich.
Erst jetzt wurde mir bewusst wen wir als Feind hatten.
Den König, der hier die absolute Alleinmacht hatte.
König Holder.
Ich musste zur Königin. Sofort.
Ich lief fast in einen Wachen. „Wo ist die Königin?", zischte ich.
„H-hinten.", stammelte dieser.
Ich fluchte und kehrte um, als ich schon einen Mann mit einer Gewehr in der Hand sah.
Ohne zu Zögern rammte ich ihm das Messer in das Bein und entwand ihm seine Waffe. „Wie viele von Euch gibt es noch?"
Er lachte dreckig.
„Rebellisch was? Ihr könnt nicht gewinnen."
Ich fluchte und trat mit dem Fuß in sein Gesicht.
Er sackte bewusstlos zusammen.
„Los, los, los! Machen Sie den Weg frei!", schrie ich.
Eine Zofe sprang erschrocken aus dem Weg.
Überall waren Leute mit bunten Kostümen zu sehen.
Diverse Katzen die Befehle riefen (das waren meist Soldaten, die keine Lust hatten sich zu verkleiden und den Zofen ihren Eyeliner abgeschwatzt hatten), ja es war das reinste Chaos.
Ich boxte mich durch die Menge.
Ich erblickte Céline, Rain's Zofe in dem Getümmel, die gerade beschäftigt war, einen Mann mit Maschinengewehr auszuweichen,
Bevor sich ein weiterer Mann auf Céline stürzen konnte, boxte sie ihm einmal in den Bauch.
„Céline!", schrie ich.
Ihre Augen schauten mich durch die Maske fragend an. „Wo ist die Königin?"
„Hinter mir!"
Ich nickte. „Céline – sie haben Rain! Du musst die Leute hier in Sicherheit bringen – sofort!"
Sie stieß einen Schrei aus, doch nickte.
Die Menge wurde immer dichter.
Verzweifelt versuchte ich durchzukommen.
Ich trat und schlug, kam aber nicht weiter.
Grimmig nahm ich das Gewehr in meiner Hand und schoss in die Decke.
Alle um mich herum stoben auseinander – selbst ein paar Südrebellen.
Wenn der König sie höchstpersönlich noch einließ.
Endlich erblickte ich die Königin.
Sie weigerte sich in einen Schutzraum zu gehen.
„RHEA!", brüllte ich.
Erst nach dem dritten Mal hörte sie mich.
„TRISH? Was machst du hier? Suche Schutz."
„Wo ist der König – wo ist dein Mann?"
Sie zog verwirrt die Augen zusammen, doch reagierte sofort, als jemand die angreifen wollte.
Mit einem gekonnten Schlag hinderte sie einen Typen mit fettigen Haaren einen Wachen fertig zu machen.
„Was – ich weiß nicht!"
„Er ist der Mann mit der Maske Rhea! Wir müssen etwas tun! Er hat Rain!"
Ihr Gesicht wandelte sich zu Entsetzen.
„Nein.", flüsterte sie.
„VORSICHTIG!", brüllte ich wieder, doch ein Soldat ging zwischen einen weiteren Rebellen.
„Ihr müsst sie sofort befreien – Trish – wenn er die Uhren öffnet, dann sind wir verloren!"
„Aber er braucht noch Jem – er ist in Sicherheit."
Doch Rhea schüttelte heftig den Kopf.
„Trish – er braucht Jem nicht. Er ist ebenfalls ein Jéla!"
Meine Augen weiteten sich. „Du musst sie sofort befreien! Wenn nicht wird noch heute das Königreich Illéa stürzen – ich sorge hier für Sicherheit – denk nach! Wo kann sie sein?"
Ich fluchte. „Ich weiß nicht."
„Mein Mann." Rhea schüttelte ungläubig den Kopf.
„Er hat aber noch nicht die Uhren, Rhea!"
Sie dachte einen Moment nach und ich zog sie hinter eine Mauer. „Ihr habt keine andere Wahl – ihr müsst einen Handel mit Holder machen! Könnt ihr ihn irgendwie erreichen?"
Ich nickte.
„Mach Trish – wir sind sonst zu spät."
Bevor ich mich umdrehen konnte, hielt sie mich noch einmal auf und umarmte mich nochmal.
„Viel Glück, Trish. Es liegt jetzt nur noch an dir. Und Rain."
Und dann ließ sie mich los.
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