7•| Auf Clubsuche
Emma dachte, als sie vorhin nach Normans Nachfrage keine Ideen hatte, war ihr Kopf am leersten, doch nun hatte sie erfahren, wie leer ihre Gedanken wirklich sein konnten.
Sie war nicht sonderlich dumm, im Gegenteil, die meisten Antworten konnte sie sich durch einfaches Überlegen herleiten, doch sie hätte sich wohler gefühlt, hätte sie vorher gelernt.
"Du sahst ziemlich panisch aus", bemerkte Norman am Tisch, als sich Emma mit ihrem Tablett zu ihm setzte.
"Ist die Arbeit gut gelaufen?"
Emma nickte leicht zögerlich.
"Hättest lernen sollen", meinte Ray. Er schob sich den letzten Bissen seines Sandwiches in den Mund.
Verwirrt sah Emma den Schwarzhaarigen an. Hatte er etwa wirklich gelernt?
Sie musste sich unbedingt mit ihm unterhalten, bevor sie sich wieder ihrer traumhaften Rettungsaktion widmeten.
"Was habt ihr beide heute eigentlich vor?", fragte Norman wieder, er sah zwischen ihr und Ray hin und her.
"Eigentlich nichts", antwortete Emma nachdenklich, auch sie begann nun, ihr Kantinenessen zu verspeisen.
Es war eine kleine Portion Milchreis mit zwei eingelegten Kirschen darauf.
"Du, Norman?"
Er schüttelte den Kopf.
"Schach fällt heute aus", meinte Norman.
"Welchen Club habt ihr euch ausgesucht?"
Emma sah ihn verdutzt an. Seit wann sollten sie sich denn einen Club aussuchen?
"Schülerzeitung", antwortete Ray, der das Papier seines Sandwiches anstarrte.
"Hä, seit wann bist du denn in 'nem Club?", fragte Emma, die Verwirrung übernahm sie gänzlich.
"Wir mussten uns am Anfang des Schuljahres einen aussuchen. Hast du das etwa vergessen?"
Emma sah ihn stumm an.
Sie hatte sich nirgends angemeldet. Sie wusste ja nicht einmal, welcher Club zu ihr passen würde.
"Schau mal im Volleyball-Club vorbei, die suchen ständig nach neuen Mitgliedern", schlug Norman vor.
Sofort war sie Feuer und Flamme für diesen Vorschlag. Aber alleine wollte sie da auch nicht hingehen.
"Könnt ihr... vielleicht mitkommen?", fragte Emma und sah sie mit großen Augen an. Norman blickte zu Ray, dann wieder zurück zu Emma.
"Natürlich", sprach Norman, während Ray zur gleichen Zeit die Frage beneinte. Schockiert sah der Schwarzhaarige Norman an. Schnell musste er jedoch einsehen, dass jeglicher Widerstand zwecklos war, Norman war nicht mehr abzubringen.
Motiviert sprang Emma durch den Eingang der Turnhalle und landete elegant auf beiden Füßen.
Ein großes Netz hing etwas schlaff in der Mitte der Halle, auf jeder Seite stand eine Gruppe Schüler. Eine wirklich kleine Gruppe, insgesamt waren sie gerade einmal fünf Kinder.
Einer der Schüler pritschte den Ball über das Netz, dann drehte er sich zur Tür um.
"Emma!"
"Don!"
Der große, schlaksige Junge sprintete zu dem Mädchen und strahlte sie an.
"Wir brauchen unbedingt mehr Spieler!", meinte er, und nun fiel sein Blick auch auf Norman und Ray.
"Ihr kommt wie gerufen."
Don drehte seinen Rücken dem Netz zu. In seinem Team waren nun Emma, Norman und ein Junge, namens Nat. Dem gegnerischen Team gehörten Ray und drei weitere Jungs, die sich als Lev, Thoma und Lannion vorstellten.
Thoma und Lannion kannte Emma bereits, sie waren auf dem Weg zur Schule und auch auf dem Schulhof kaum zu überhören.
"Okay, ich hoffe ihr könnt ein bisschen Volleyball", meinte Don aufgeregt.
"Emma, du bist für die Angriffe zuständig, bedeutet du musst springen. Norman, wenn der Ball auf unsere Seite kommt, musst du ihn annehmen. Und Nat, du musst den Aufschlag machen!"
Wie Don es von ihm verlangte, warf Nat den Ball nach oben und schlug ihn auf die andere Seite des Feldes.
Lev nahm den Ball geschickt von unten an und lenkte ihn zu Thoma, der ihn hoch in die Luft spielte. Schließlich sprang ausgerechnet Ray nach oben und schlug den Ball mit einer gewaltigen Kraft auf den Turnhallenboden, Norman sah hilflos aus.
Don knirschte mit den Zähnen.
"Norman, probier' dich mal als Zuspieler."
Die Aufstellung war nun effektiver, Don nahm den Aufschlag mit Leichtigkeit an, Norman lenkte den Ball genau zu Emma. Das Mädchen fixierte den Ball, warf die Arme nach hinten und sprang so hoch wie sie es nur konnte. Sie konnte ungehindert auf das andere Feld sehen, und begann zu lächeln.
Sie holte aus und traf den Ball mit der Handfläche, schlug ihn in Rays Richtung. Mit einem lauten Knall landete der Ball im Gesicht des Schwarzhaarigen, der rücklings zu Boden fiel.
"Du miese Kuh", fluchte er und wischte sich über die Nase. Für einen kurzen Augenblick waren alle verstummt.
Lannion war der erste, der einen Ton von sich gab. Der Blonde sah zu seinem besten Freund Thoma und beide begannen sie, Ray lauthals auszulachen.
"Seid still", grummelte dieser und machte sich wieder bereit.
So ging das hin und her, mal bekam Ray einen Ball ab, den er nicht kontrollieren konnte, mal zeigten Thoma und Lannion, was sie als perfektes Duo draufhatten.
Es war bereits spät am Abend.
Während einer kurzen Pause tippte Ray Emma an.
"Wie läuft es nachher?", flüsterte er ihr zu, und Emmas Blick wurde ernster. Sie durfte nicht vergessen, dass sie eigentlich Norman retten mussten.
"Wir werden einfach jeder einzeln kämpfen und wer fertig ist, hilft dem anderen", erklärte sie leise. So hatten sie es immer gemacht, wieso sollte sich jetzt etwas ändern?
War es vielleicht wegen Lucy?
"Das meine ich nicht", entgegnete Ray ihr, und nun hatte Emma nicht den geringsten Schimmer, was er von ihr wollte.
"Ich glaube, wir machen für heute Schluss", kündigte Don an und deutete auf den Himmel, der sich bereits verdunkelt hatte.
"Oh oh!", rief Thoma aus und sah besorgt zu Lannion.
"Wenn es schon nach 21 Uhr ist, wird Mama mich köpfen!"
Emma und Ray beeilten sich und verließen gleichzeitig die Turnhalle.
"Wir haben vielleicht nicht mehr viel Zeit, um Norman zu retten", erklärte Ray sich.
"Und ich denke, dass musst du in deine Geburtstagsplanung irgendwie einberechnen."
Gedanklich schlug sich Emma die Handfläche an die Stirn. Normalerweise würde man Geburtstage von anderen vergessen, sie aber hatte allen Ernstes ihren eigenen Geburtstag vergessen.
"Wir müssen da wohl etwas Besonderes für Norman machen", meinte sie fest entschlossen.
"Ich dachte, ihr wartet auf mich...", sprach Norman hinter ihnen, seine Stimme brachte einen enttäuschten Ton mit sich.
Emma lief es eiskalt den Rücken hinunter. Irgendwie hatte sie es im Gefühl, dass hinter diesem Ton mehr steckte als gedacht.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro