Schmerz
Einen schönen guten Abend!
Wieder mal habe ich lange an diesem Kapitel gefeilt, bis ich endgültig damit zufrieden war. Aber nun habe ich es frisch für euch fertig geschrieben und ihr könnt es nun lesen.
Viel Spaß dabei!
Kapitelname: Schmerz
Wörterzahl: 2011
Vorkommende Personen: Richard Z. Kruspe, Paul Landers, Christoph Schneider, Till Lindemann
Sicht: Richard
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Mit üblen Schmerzen erwache ich aus einem quälenden Traum. Wo bin ich? Wer bin ich? Was ist passiert? Das sind die Frage, die mir in diesem Moment durch den Kopf schießen. Ich blinzle der hellen Sonne entgegen und drehe mich auf den Rücken. Mein Körper fühlt sich an, wie eingerostet. Schnell ist mir klar, dass ich mich in meinem Wohnzimmer befinde. Ich greife in Richtung Boden, wobei ich eine Glasflasche umwerfe. Leicht erschrocken drehe ich meinen Kopf nach rechts, auf dem Parkettboden liegt nun eine geleerte Flasche Wodka. Habe ich die wirklich selbst ausgetrunken? Kein Wunder, dass ich mich so scheiße fühle. Aber was ist denn passiert, dass ich mir derartig die Kante gebe?
Doch indem ich mich aufsetze, fällt mir alles wieder ein. Jonas Geburt, die Sorgen und die Angst, das Gespräch mit dem Kinderarzt, die Aussage, dass Jona womöglich behindert sein könnte und vor allem Jamies Worte schießen mir durch den Kopf. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Ich muss unbedingt zu Jona, jetzt!!
Mein Plan wird jedoch direkt beim Aufstehen durchkreuzt, denn mein Handy, welches auf dem Tisch liegt, fängt an zu klingeln. Angespannt ergreife ich das Gerät und drücke auf den grünen Hörer, ohne vorher auf das Display zu sehen.
„Kruspe?!"
„Hallo Richard, ich hoffe, dir ist nicht entgangen, dass wir an einem Album arbeiten und du seit zwei Stunden hier sein solltest", poltert Till auf der anderen Seite der Leitung los.
Scheiße, die Albumarbeiten. Die habe ich ja völlig vergessen- Nach arbeiten ist mir auch nicht, aber ich muss wohl. Die letzten Tage waren schließlich schon frei. Aber zeitgleich muss ich auch unbedingt zu Jona. Was mache ich denn jetzt?
„Es tut mir leid, Till. Mir geht es nicht gut, ich lag gestern schon flach und habe einfach verschlafen. Ich werde mich lieber noch einen Tag ausruhen und zum Arzt gehen."
„Okay, du klingst auch nicht besonders gesund", seine Stimme wirkt schon ruhiger, „Dann mal gute Besserung."
„Danke, bis morgen, hoffentlich."
Damit lege ich wieder auf.
Schnell mache ich mich fertig und nehme alles mit, was ich für Jona brauche. Dann mache ich mich auf den Weg zur Charité. Jetzt ist wenigstens nicht ganz so viel Verkehr, bei der Uhrzeit auch kein Wunder.
Doch zunächst muss ich dort erst einmal einen Parkplatz finden. Ist dies geschafft, steige ich aus und nehme die Sachen mit, die ich für Jona mitgenommen habe. Ich mache mich auf den Weg in das Gebäude, doch jeder Schritt fällt mir schwer. Ich suche die Kinderintensivstation, hoffentlich ist alles gut. Mit dem Fahrstuhl fahre ich in den 3. Stock. Die Kinderstationen sind schön gestaltet, bunt, voller Bilder. Die Wände bemalt mit Disneymotiven. Zunächst muss ich an der Information vorbei.
„Was kann ich für Sie tun?", fragt die freundliche Krankenpflegerin.
„Ich möchte zu meinem Sohn, Jona Kruspe."
„Ach, Sie sind der Vater. Das ist gut, Herr Doktor Malchow wollte mit Ihnen sprechen, er wartet bereits auf Sie. Ich gebe ihm schnell Bescheid, warten Sie einen Moment."
Die Krankenpflegerin steht von ihrem weißen Bürostuhl auf und verschwindet für kurze Zeit.
Als sie wiederkommt, ist der Arzt von gestern bei ihr. Er begrüßt mich und bittet mich, mit in das Arztzimmer zu kommen. Ich folge ihm in eben dieses, darf vor dem Schreibtisch platznehmen.
„Tut mir leid, dass ich erst jetzt hier bin, ich wollte schon früher da sein ..."
„Nun sind Sie ja da, aber wirklich gesund sehen Sie nicht aus."
„Alkohol und wenig Schlaf", gebe ich einfach zu, „Und ich mache mir Sorgen. Wie geht es Jona? Ich wollte schon gestern zu ihm, aber es ging nicht..."
„Dafür konnten wir schon mal einige Untersuchungen vornehmen. Er hat die erste Nacht schon mal geschafft. Beatmet wird er aber immer noch, dass ist einfacher für ihn. Also erschrecken Sie sich bitte gleich nicht, wenn Sie zu ihm gehen. Aber ansonsten geht es ihm den Umständen entsprechend gut. Was wir bisher feststellen konnten, dass Jona etwas zu wenig Hämoglobin im Blut hat. Das Hämoglobin ist der Farbstoff der roten Blutkörperchen und bindet den aufgenommenen Sauerstoff. Ist also das Transportmittel. Jetzt müssen wir natürlich gucken, woher das kommt und wie wir das beheben können."
„Okay... heißt das, er kann nicht so viel Sauerstoff aufnehmen?"
„Könnte man so sagen. Wir müssen natürlich noch weitere Untersuchungen machen, um weiter zu gucken, was er jetzt genau hat und zu was das führt. Wir müssen auch neurologisch gucken, ob da alles in Ordnung ist, aber alles mit der Zeit. Wenn Sie möchten, können Sie nun zu ihm. Ich bringe Sie hin."
Ich nicke einfach nur dankend und erhebe mich von dem Stuhl.
Doktor Malchow bringt mich zum Zimmer von Jona, öffnet die Tür und begleitet mich hinein. Bei dem Anblick möchte ich am Liebsten direkt wieder umdrehen oder einfach nur in Tränen ausbrechen. Ich gehe auf das Bett zu, betrachte meinen Sohn genau.
„Ich... Ich habe ein Plüschtier mitgebracht. Darf er das haben?"
„Natürlich, das ist kein Problem."
Ich nehme den weißen Plüschhasen, den ich mitgenommen habe, aus meiner Tasche und lege diesen in das Bett.
„Hier mein Kleiner, der wird auf dich aufpassen. Es wird alles wieder gut, du wirst sehen", ich wische mir eine Träne von der Wange.
Der Arzt verabschiedet sich vorerst wieder und ich setze mich an das Bett, betrachte Jona einfach nur und hoffe, dass es ihm bald besser geht. Ich möchte ihn wieder in meinem Arm halten, ich möchte doch nur, dass es ihm gut geht.
Die Stunden vergehen, ich kriege das gar nicht mit und letztendlich bin ich auf dem Stuhl eingeschlafen. Erst als mich eine Schwester weckt, realisiere ich wieder, wo ich eigentlich bin.
„Möchten Sie über Nacht hierbleiben?", fragt sie freundlich.
„Geht das denn?"
„Ja, bei Kindern ist das möglich, dass die Eltern bleiben. Hätten Sie vielleicht gerne einen Tee? Sie sehen nicht besonders gut aus."
„Ähm... ja, gerne doch."
„Wir haben auch noch was vom Abendessen übrig. Wenn Sie möchten?"
„Ich habe heute noch gar nichts gegessen", denke ich blöderweise laut.
„Dann erst recht. Ich kann verstehen, dass Sie aufgrund der Umstände keinen Appetit haben, aber wenigstens ein bisschen. Ich komme gleich wieder."
Die Schwester geht wieder aus dem Raum und ich sehe wieder zu Jona. Es ist alles unverändert. Sanft streiche ich mit einem Finger über Jonas winzige Hand und ich muss leicht lächeln. Wenn er doch gesund sein könnte, dass wäre zu schön.
„Ich habe dich lieb, mein Sternchen. Ich werde mich immer um dich kümmern, egal was du hast und egal wie schlimm es ist. Ich werde immer für dich da sein, das verspreche ich dir."
Tränen bahnen sich erneut über meine Wangen, ich komme gar nicht hinterher, sie wegzustreichen. Meine Hände zittern und mein Kopf schmerzt, diese beiden Tage kratzen ziemlich an mir. Aber ich ignoriere es, denn es nicht schlimm. Das, was mein Sohn grade durchmachen muss, ist schlimm.
Die Krankenschwester bringt mir den Tee und etwas zu essen. Ich habe nun wirklich keinen Hunger, aber der Tee tut ziemlich gut. Er durchwärmt mich und schenkt mir zeitgleich neue Kraft. Die Kraft, die ich jetzt für Jona brauche, damit es ihm schnell besser geht.
Auf Rat eines weiteren Krankenpflegers esse ich doch ein Wenig, auch wenn mir bei jedem Bissen weiter schlecht wird. Ich muss mir einfach sagen, dass Jona auch das hilft. Auch dadurch bekomme ich mehr Kraft. Und irgendwann ist der Zeitpunkt da, an dem ich wieder auf dem Stuhl einschlafe. In der Hoffnung, dass die Nacht ruhig verlaufen wird.
„Herr Kruspe? Herr Kruspe, wachen Sie auf", vernehme ich eine weibliche Stimme.
Ich schlage die Augen auf, vor mir steht eine blondhaarige Ärztin, die einige Jahre jünger als Dr. Malchow ist.
„Was ist denn los?"
„Die Nacht ist rum und wir wollten eine Untersuchung vornehmen. Sie möchten doch sicher dabei sein."
„Wie spät ist es?"
„Halb neun", antwortet die Ärztin.
„Ich muss zur Arbeit...", ich stehe vom Stuhl auf und wanke ein bisschen, mein Kreislauf ist noch nicht ganz in Schwung.
„Herr Kruspe..."
„Nein, ich schaff das schon. Ich muss zur Arbeit. Ich werde heute Abend wieder da sein, nach der Arbeit."
Auch wenn ich eigentlich gerne bei der Untersuchung dabei wäre, es geht nicht. Ich kann nicht noch einen Tag fernbleiben, nicht noch mal lügen. Ich fahre jetzt ins Studio, mache die heutigen Aufnahmen und Arbeiten und kommen dann wieder her. Auch wenn ich das nur schweren Herzens tue, ich will nicht die Wahrheit sagen, sie tut zu sehr weh.
Das Erste, was ich mir anhören darf, ist der Fakt, dass ich ziemlich beschissen aussehe. Dementsprechend wäre es einer Überlegung wert, später noch kurz nach Hause zu fahren und zu duschen, meine letzte Dusche ist ja schließlich doch schon zwei Tage her.
„Geht es dir wirklich wieder gut? Du wirkst so fertig und müde", merkt Paul an.
„Alles wieder in Ordnung. Ich habe nur schlecht geschlafen", ich lächle Paul an, versuche eine positive Rolle zu spielen.
Ich konzentriere mich so gut es geht auf die Arbeit und ignoriere Tills negative Kommentare gekonnt, sowas kann ich grade absolut nicht gebrauchen. Ich will nur, dass dieser Tag so schnell wie möglich um ist und ich wieder zu meinem Sohn kann. Mit jeder Minute, in der ich nicht bei ihm sein kann, schmerzt mein Herz mehr.
„Wir wollen nachher noch was Essen gehen, du kommst doch mit, oder?", fragt mich Schneider.
„Tut mir leid, aber so gut fühle ich mich dann doch noch nicht, ich möchte einfach nur ins Bett, damit ich morgen fitter bin", wieder ein Lächeln meinerseits, um überzeugender zu wirken.
„Vielleicht hast du ja recht, damit du morgen wirklich wieder gesund bist. Aber wir denken an dich", Schneider lächelt ebenfalls.
Bevor ich wieder zum Krankenhaus fahre, fahre ich zunächst nach Hause, um zu duschen und mich umzuziehen. Ich parke mein Auto und gehe danach in meine Wohnung. Doch direkt habe ich ein komisches Gefühl, etwas ist anders als sonst. Ich gehe durch die Räume, mir fällt auf, dass ein paar Sachen fehlen. Sie gehören allerdings alle Jamie. Im Badezimmer fehlen alle ihre Kosmetika. Im Schlafzimmer ist der Schrank von ihr leergeräumt. Letztendlich entdecke ich einen Zettel auf meiner Bettdecke. Ich nehme ihn zur Hand und setze mich auf das Bett, beginne zu lesen;
Hey Richard,
bestimmt fragst du dich, warum all meine Sachen nicht mehr da sind. Ich bin weg, für immer. Ich möchte dieses Leben nicht leben, ich bin noch so jung, da möchte ich noch was erleben. Nicht mein Leben lang auf ein ewiges Kleinkind aufpassen, Ich habe das bei einer guten Freundin gesehen, wie sehr es sie und ihre Eltern mitgenommen hat, weil ihre Schwester behindert ist. Immer ist alles zweitrangig. Auch dieses ewige Leid kann ich auf Dauer nicht ertragen. Ich wollte mit dir eine Familie gründen, eine Richtige. Ehrlich gesagt habe ich sogar Löcher in deine Kondome gestochen, damit ich schwanger werde. Ich wollte es. Aber nicht so. Ich habe mir alles so schön ausgemalt und wollte auch meinen Eltern von uns erzählen, aber das ist jetzt vorbei und ich bin auch froh, es nicht getan zu haben. Dann stellen sie keine Fragen. Es gibt keine Zukunft für uns. Natürlich werde ich den Unterhalt zahlen, aber ich habe die Mutterschaft abgelehnt. Du bist nun der alleinerziehende Vater und ich bin mir zu 100% sicher, dass Jona es bei dir gut haben wird. Er wird glücklich sein. Danke für die letzten Jahre, sie waren wirklich wunderschön. Es ist schade, dass es so enden musste, aber ich kann nicht anders.
Ich liebe dich.
Jamie
Wütend zerknülle ich den Brief und werfe ihn gegen die Wand.
"Du beschissene kleine Schlampe! Wie kann man nur so feige sein, hä?! Sowas wie dich habe ich geliebt! Einen Scheiß tut es dir leid, du Rabenmutter! Wir schaffen das auch ohne dich! Ich hasse dich! Ich hasse dich! ICH HASSE DICH!"
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