Kapitel 2
Ich hasste es, wie einsam und kalt die Wohnung erschien, seit Quentin weg war. Mit ihm war auch die Wärme und Vertrautheit verschwunden. Ich konnte diese Wände nicht mehr als mein sicheres Zuhause betrachten. Seine wundervolle Person war meine Heimat und Zuflucht gewesen.
Heute kam mir dieser Ort fürchterlich fremd vor. Ich passte nicht hinein. Jeder Zentimeter dieser beschissenen Wohnung erinnerte mich an ihn. Es schnürte mir die Kehle zu. Mittlerweile war ich an einem Punkt angelangt, bei dem sich jede doch so kleine Ablenkung als nutzlos erwies.
Wohin ich auch hinschaute, überall sah ich uns. In der Küche kochten wir gemeinsam das Essen, im Wohnzimmer lagen wir eng umschlugen auf der Couch und im Badezimmer machten wir uns zusammen für den Tag fertig. Es war eine Routine, die mir nun ungemein und schrecklich fehlte.
Am schlimmsten fühlte ich mich im Schlafzimmer. Das Bett kam mir viel zu groß vor. Ich wusste nicht, wie ich in der Leere, die er hinterlassen hatte, schlafen sollte. Sein Platz war neben meines gewesen. Ich hatte es nicht mal übers Herz gebracht, sein weiches Kissen zu entsorgen.
Solange sein Duft noch an diesem haftete, würde ich es niemals entfernen können. Jede Nacht klammerte ich mich an das Ding aus Seide und weinte leise. Stück für Stück verblassten seine Spuren. Mit jedem weiteren Tag verschwand Quentin allmählich mehr aus meinem Leben.
Einige seiner Kleidungsstücke waren trotzdem nach wie vor in den Schubladen verstaut. Es waren ein paar Hemden und Pullovers sowie Boxershorts. An wärmeren Tagen schlief ich noch immer in seinem Hemd ein während mich an kälteren Tagen sein Pullover geborgen hielt.
Ich konnte es nicht lassen. Wenn ich ein Stückchen von ihm an mir spürte, fühlte ich mich ihm näher. Ich erzwang mir es förmlich, indem ich mir besonders seine übrig gebliebenen Sachen suchte, die mich ihm näher brachten. Verzweiflung war ein bitteres Empfinden. Jede Faser meines Körpers und Herzens vermisste ihn.
Es war unmöglich, mich von seinem Zeug zu trennen, weil ich noch nicht bereit war, ihn loszulassen. Ob er wohl noch an mich dachte? Oder war er schon dabei, mich zu ersetzen? Quentin hatte noch nie jemanden gebraucht. Er dagegen kam auch ohne mich bestens zurecht.
Die Verlobungsgeschenke der Gäste lagen unberührt vor mir. Es war nicht richtig, diese zu behalten, da die Hochzeit schließlich nicht mehr stattfinden würde. Trotz allem konnte ich es noch nicht über mich bringen, die Geschenke zurückzusenden. Irgendeine starke und unsichtbare Kraft hielt mich davon ab.
Unsere Geschichte wäre für immer abgeschlossen, wenn ich die Geschenke entsorgte. Nichts, außer meinem Verlobungsring, würde dann noch darauf hinweisen, dass Quentin und ich heiraten und eine Familie gründen wollten. Der Anblick meines funkelnden Rings tat höllisch weh.
Ich erinnerte mich an jedes kleine Detail seines Antrags. Er brachte mich an den schönsten Ort, den ich mir je zu träumen gewagt hätte. Die Aussicht war atemberaubend gewesen. Als ich mich suchend nach ihm umdrehte, war er schon auf den Knien und brachte den Ring zum Vorschein.
Nach seiner wundervollen Liebeserklärung schwor er mir eindringlich, dass er keinen einzigen Tag mehr ohne mich verbringen wollte. Ich hatte ihm geglaubt. Die Vorstellung, gemeinsam mit ihm die unterschiedlichen Lebensabschnitte zu beenden, hatte sich so verdammt schön angefühlt.
Quentin hatte fest entschlossen geklungen, während er mir sagte, dass ich die Frau war, die bis zum Tod an seiner Seite stehen sollte. All das hatte ich mir auch gewünscht. Ich hatte ihm sofort mein ehrliches Ja-Wort gegeben. Er hätte mein Mann und der Vater unserer Kinder sein können.
Hätte ich doch bloß erahnen können, dass er sich drei Wochen nach seinem Antrag umentscheiden würde, dann wäre ich mir in dieser jetzigen Sekunde nicht so erbärmlich vorgekommen. Jedes Mal, als er mir zart ins Ohr flüsterte, wie sehr er mich liebte, hatte er wohl nichts weiter als bittersüße Lügen erzählt.
Ich hatte wirklich versucht, ihn dafür zu hassen, aber es gelang mir nicht. Es war nur meine Vermutung, das, was ich mir einredete, um mich besser zu fühlen. Wie es in Quentins Kopf aussah, als er die Trennung wollte, wusste ich nicht. Wir hatten darüber nicht ausgiebig gesprochen. Rein gar nichts hatten wir aneinander gesagt.
Es war, als hätte er mich innerlich blockiert, sodass ich keinen einzigen Laut von mir hatte geben können. Ich hatte geschwiegen, er hatte sich entschuldigt. Er ging, ich weinte. Statt mit ihm zu reden, ließ ich zu, dass in jenem Moment all die ungesagten Worte zwischen uns mein Leben ruinierten.
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