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A Matter of TRUST - 4


Promise
Ben Howard

Sobald ich Robbys schwere Schritte im Treppenhaus vernahm und spätestens dann, als ich seine reuevollen Gesichtszüge bemerkte, wurde mein Herz schwer. Er lächelte zwar, aber es war nicht echt. Ich war so eine egoistische Idiotin. Ich trampelte auf seinen Gefühlen herum, die er ganz offensichtlich für mich hegte und doch wollte ich ihn nicht verlieren. Robby war ein verdammt guter Kerl. Er hatte alles, was sich eine Frau nur wünschen konnte.

„Hey", hauchte ich leise und suchte direkten Blickkontakt, den Robby allerdings nur kurz erwiderte, ehe er schleunigst an eine andere Stelle sah.

„Hi", erwiderte er schwach und schwieg einen Augenblick lang, ehe er weitersprach. „Können wir ... reden?", fragte er vorsichtig, sah mich dabei wieder unmittelbar an. Ich hatte ihn noch nie so bedrückt erlebt.

Ich nickte mechanisch und signalisierte ihm, vorzugehen. Robby bog selbstverständlich in mein Wohnzimmer ab, doch glücklicherweise schaltete ich trotz meines vernebelten Gehirns schnell genug, um vorzuspringen und mir schleunigst James' Brief zu schnappten. Ich wollte ihm nicht vorenthalten, dass James mir diesen geschickt hatte, doch jetzt war nicht der richtige Moment, um darüber zu sprechen. Ich wollte mit ihm darüber sprechen, aber nicht so. So wie er sich verhielt, war ihm meine Reaktion nicht aufgefallen.

Nachdem ich uns beiden ein Glas Wasser geholt hatte – in erster Linie, um meine Nerven etwas zu beruhigen – setzte ich mich neben ihn auf mein Sofa und verschränkte meine Hände in meinem Schoß. Es lag immer noch ein geringer Abstand zwischen uns, doch all das erinnerte mich so schmerzhaft an James, dass ich mich schleunigst räusperte, um zu sprechen, doch Robby kam mir zuvor.

„Es tut mir leid, Aubrey", sagte er und schüttelte dabei entschieden mit dem Kopf. „Ich hätte dich nicht küssen dürfen, das war falsch. Ich weiß, dass du ... in diesen James verliebt bist und nicht ..."

„Hör auf, Robby", unterbrach ich ihn mit dünner Stimme und ehe ich es mich versah, griff ich nach einer seiner Hände, die er sichtlich nervös auf seinen Oberschenkeln rieb.

Sofort wanderten seine blau-grünen Augen zu mir. Für einen Moment sahen wir uns einfach nur unverwandt an und niemand wagte es zu sprechen. Ich sah den Sturm an Gefühlen und Empfindungen in seinem Blick. Er musste es nicht laut aussprechen, ich hatte auch so verstanden. Robby hatte sich in mich verliebt, das war nicht zu übersehen. Wie lange er dieses bisher gut behütete Geheimnis wohl schon mit sich herumtrug? Ich dachte besser nicht länger darüber nach. Ich war so blind gewesen. Eine Welle der Selbstverachtung und auch des Mitleids überkam mich. Eine gefährliche Mischung.

„Es ist die Wahrheit. Oder etwa nicht?", erwiderte Robby fast schon sachlich, doch ich sah den winzigen Funken Hoffnung, der plötzlich in ihm entfacht wurde – ich stockte.

Sein rabenschwarzes Haar stand heute in alle Richtungen ab, aber es sah an ihm alles andere als ungepflegt aus. Seine engen Jeans betonten seine muskulösen Beine und sein dunkelblaues, kurzärmeliges Poloshirt mit Kragen umspielte locker seine trainierten Oberarme. Robby war sexy. Robby war attraktiv. Das ließ sich nicht abstreiten und dennoch entschied er sich für mich, die graue Maus in den viel zu großen Hoodies. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hätte ich mein Glück nicht fassen können, doch heute ... Heute wusste ich nicht, wie ich mit dieser ganzen Situation umgehen sollte. Das alles, was sich in den letzten Wochen abgespielt hatte, war einfach viel zu viel. Viel zu kompliziert für mich.

Ich war vollkommen verwirrt und meine Gefühle spielten verrückt. Ich wusste längst nicht mehr, was ich wollte oder gar, was gut für mich war. Ich war hin- und hergerissen, während Robby hier neben mir saß, mich auf diese Art aus seinen traurigen Augen anblickte und James irgendwo in der Wüste hockte und mich dennoch schier um den Verstand brachte. Wieder einmal wünschte ich mir, ich könnte mich einfach in Robby verlieben. Das Letzte, was ich wollte, war, dass er sich meinetwegen schlecht fühlte. Dass er meinetwegen litt.

Ohne darüber nachzudenken, rutschte ich ein kleines Stückchen näher an Robby heran. Seine Augen glitten hektisch über mein Gesicht und ich sah ihn schlucken. Was wohl in seinem Kopf vor sich ging? Ich für meinen Teil wollte ihn einfach nicht länger so niedergeschlagen sehen. Er sollte sich wieder besser fühlen. Konnte ich das wieder in ihm auslösen? Konnte ich vielleicht doch etwas für ihn empfinden? Konnte ein zweiter Kuss, der von mir aus ging, etwas an meinen Gefühlen ändern?

„Aubrey", flüsterte Robby zögernd, doch er ging nicht auf Abstand.

Mein Blick wanderte hinab auf seine vollen Lippen und ehe ich es mich versah, bewegte sich mein Gesicht unnachgiebig nach vorne und brachte unsere Münder Zentimeter für Zentimeter näher zusammen, bis ich ihn auf meiner Haut spüren konnte. Der Kuss war vollkommen zaghaft und genauso schnell vorbei, wie er auch gekommen war, doch eins wurde mir dadurch dennoch unmittelbar ein für alle Mal bewusst: Robby war nicht James. Er war kein solch begabter Küsser wie James und es entstand auch nicht dieses Feuer, welches ich jedes Mal gespürt hatte, wenn James' und meine Lippen miteinander verschmolzen waren. Trotzdem war es kein unangenehmes Gefühl, diese Form der Nähe mit Robby zu erfahren. Es war schlichtweg anders und mir war klar, dass ich niemals auf die Art für ihn empfinden konnte, wie ich es für James tat und dennoch verband mich mit Robby ein ganz besonderes Band, welches ich nicht genauer benennen konnte.

Ich wollte ihn bei mir haben, ihn nicht verlieren, auch wenn eine leise Stimme tief in mir richtigerweise sagte, dass das, was ich hier tat, absolut falsch war und ich ihm die Wahrheit sagen musste. Ich ignorierte sie und genoss für den Augenblick die Ruhe und den Frieden, der nach unserem Kuss herrschte. Behutsam lehnte ich mich an Robbys Schulter, woraufhin er stumm den Arm um mich legte. Für den Augenblick verlor keiner von uns ein Wort darüber und schließlich schloss ich meine Augen, konzentrierte mich auf die ruhige Atmung des Mannes neben mir und war froh, einige Herzschläge lang alles auszublenden.

*

Der Weg zu seinem Ort der Ruhe war deutlich länger, als ich ihn in Erinnerung gehabt hatte. Es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit ein, seit ich das letzte Mal dort gewesen war und ich war nicht einmal hundertprozentig sicher, dass ich überhaupt dorthin zurückfinden würde. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre es ihm nicht recht, wenn er wüsste, dass ich nun alleine dorthin ging, aber der Drang danach, James irgendwie nahe zu sein, war viel zu groß geworden. Hoffentlich war sein Freund zwischenzeitlich nicht zurückgekommen, für den er darauf aufpasste, wobei ich mittlerweile nicht mehr mit absoluter Sicherheit sagen konnte, dass es sich bei jenem Freund möglicherweise um Marc handelte.

Gerade als ich anfing, an meinem sonst so guten Orientierungssinn zu zweifeln, erkannte ich auf der linken Seite die schmale Abzweigung, die in den Wald hineinführte. Umgehend setzte ich einen Blinker, bremste ab und fuhr von der Straße ab auf den holprigen Waldweg, der mich ordentlich in meinem Wagen durchschüttelte. Es war noch deutlich heller, als an jenem Tag, an dem ich mit James hierhergekommen war, was wohl der Hauptgrund dafür war, weswegen der Weg zu diesem kleinen vorgelagerten Parkplatz nicht ganz so gruselig und bedrohlich wirkte. Die noch hoch stehende Sonne drang deutlich stärker durch das dichte Geäst und blendete mich leicht, doch erkannte ich umgehend den Parkplatz, sobald sich die Bäume lichteten. Mein Herz schlug von einer Sekunde auf die nächste mit dem doppelten Tempo weiter, als ich mir einbildete, James unmittelbar neben mir sitzen sehen zu können, als ich auf die Beifahrerseite schaute. Hastig schüttelte ich meinen Kopf und stieg ruckartig aus. Langsam drehte ich wirklich durch.

In den letzten Wochen war es auf jeden Fall wärmer geworden, doch der schneidende Wind, der hier unmittelbar an den Klippen herrschte, fuhr mir nach wie vor eisig unter die Kleidung, weswegen ich mir umgehend die Arme um den Körper schlang und zusätzlich meine Jacke aus dem Kofferraum hervorkramte. Ich schnappte mir meine Tasche von der Rückbank und ging dann den abzweigenden Weg nach unten. Wenig später bemerkte ich wieder das Schild, auf dem etwas von Privatgrundstück stand, doch ich ignorierte es und ging weiter. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als mein Blick endlich auf den Leuchtturm fiel. Er sah genau so aus, wie ich ihn in Erinnerung behalten hatte. Der ganze Ort erfüllte mich schlagartig mit einer Form der Ruhe, die mich überraschte. Ich sah die Bank, auf der wir beide nebeneinander gesessen und mir James zum ersten Mal etwas über sein Leben offenbart hatte. Selbst jetzt, wenn ich genau hinsah, bildete ich mir ein, ihn dort sitzen zu sehen. In seiner Lederjacke, während seine Unterarme auf der Lehne ruhten und er stumm auf das tosende Meer starrte.

Schleunigst riss ich meinen Blick wieder davon los und sah zurück zu dem Leuchtturm und dem angrenzenden, kleinen Wohnhaus. Es sah nicht so aus, als ob jemand hier wäre. Alles wirkte ziemlich verlassen und kein bisschen verändert zum letzten Mal, als ich hier gewesen war. Offenbar musste ich mir keine Sorgen machen, ohne James hier zu sein. Zögerlich ging ich auf die Bank zu, legte meine Tasche ab und setzte mich dann auf das harte Holz. Mein Blick war starr auf das dunkle Meer gerichtet, welches heute nicht so tobte, wie bei meinem letzten Besuch hier, aber dennoch zog mich dieser Ort umgehend wieder in seinen Bann. Für einen Augenblick gönnte ich mir einen Moment der absoluten Stille und blieb bewegungslos. Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen und meine Emotionen nicht überkochen zu lassen, während ich an die schönen und irgendwie auch unbeschwerten Momente, die ich an jenem frühen Abend mit James hier verbracht hatte, zurückdachte. James fehlte mir so sehr, wie noch nie und ich holte schlussendlich den mitgebrachten Collegeblock aus meiner Tasche hervor und schnappte mir einen Kuli. Bevor ich bloß wieder in Tränen ausbrach, musste ich diese Energie nutzen, um James auf seinen Brief zu antworten. Deswegen war ich schließlich hier. Ich hatte mich entschlossen, ihm zurückzuschreiben. Mir war bewusst, dass ich mich hüten musste zu viel Preis zu geben, doch ich konnte seine Zeilen schlichtweg nicht ignorieren – auch wenn es definitiv die bessere Option gewesen wäre. Ich wollte nicht, dass er sich nie mehr bei mir meldete. Ich wollte nicht, dass ich kein weiteres Lebenszeichen von ihm erhielt, solange er wo auch immer saß und Tag für Tag in Kämpfe verwickelt war.

Frustriert biss ich auf meiner Unterlippe herum, als ich mehrere Minuten nur da saß und fieberhaft überlegte, was ich ihm überhaupt schreiben sollte. Wie ich ihm schreiben sollte. James hatte so neutral und fast schon sachlich gewirkt. Ich musste es irgendwie schaffen, auf eine ähnliche Art und Weise meine Sätze zu formulieren. Andernfalls würde das zu viel verraten und das war das Letzte, was ich wollte. Ich wusste nicht, was das zwischen uns nun war oder eben auch nicht war, aber ich wusste, dass ich verdammt wachsam bleiben musste, wenn ich keinen Fehler machen und alles aufs Spiel setzen wollte. Mir war bewusst, dass James alles andere als ein leicht zu durchschauender Charakter war und ich wollte keinen Keil zwischen uns bringen.

Nachdem ich weitere geschlagene zehn Minuten nur auf das leere obere Blatt auf meinem Block gestarrt, meine Unterlippe weiterhin malträtiert und meinen Kuli in einem mörderischen Tempo hin- und hergeflippt hatte, seufzte ich genervt. Vermutlich musste ich einfach anfangen, dann würden die Worte wie von selbst aus mir herausfließen. Zumindest hoffte ich das. Innständig. Wieso musste das so verdammt schwer und kompliziert sein?

James,

ich muss gestehen, dass ich tatsächlich nicht sicher war, ob ich deinen Brief tatsächlich öffnen und lesen sollte. Es wäre eine Lüge, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht auch mehrfach mit dem Gedanken gespielt habe, ihn ungeöffnet zu zerreißen und wegzuwerfen. Das ist es nämlich, was du eigentlich verdient hättest. So hat es sich für mich angefühlt, als du mich derart kalt und in deiner üblichen Arschlochmanier behandelt hast. Um ehrlich zu sein, weiß ich selbst nicht genau, wieso ich dir überhaupt schreibe. Wieso ich mir überhaupt die Mühe mache. Diese wenigen Zeilen an dich fordern mich wirklich heraus und ich habe mindestens genauso lange überlegt, ob ich sie überhaupt verfassen soll. Mich hat noch nie jemand derart gedemütigt. Also, dir zu sagen, ob dein Brief letzten Endes eine gute oder eine ganz schlechte Idee war, vermag ich nicht zu sagen.

Wieso hast du mir nichts gesagt, James? Wieso bist du einfach ohne ein einziges weiteres Wort abgehauen? Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie es sich für mich angefühlt hat, von Mr. Tate zu erfahren, dass du nicht mehr unser Dozent bist? Dass du so schnell zurückgehen würdest? Ich dachte, dass wir noch einmal eine Chance bekommen würden, miteinander zu sprechen. Ich verstehe es einfach nicht, aber ich höre nun besser auf damit. Du hast mir klargemacht, dass du nicht darüber sprechen möchtest. Ich hätte mir bloß gewünscht, dass du mir eine Chance gibst, damit abzuschließen, bevor du Hals über Kopf zurück zur Armee gehst. Schließlich sehen wir uns vielleicht nie mehr wieder.

Das mit Brian ist nicht deine Schuld, James. Wieso musst du dir selbst immer an allem die alleinige Schuld geben? Wenn jemand die Schuld daran trägt, dann Brian. Er ist verrückt. Und wenn du das nicht so siehst, akzeptiere wenigstens, dass immer zwei Menschen bei so etwas beteiligt sind. Wenn du schuld daran bist, dann bin ich das genauso.

Wenn du wirklich glaubst, dass ich, seit du fort bist, keinen Gedanken mehr an dich verschwendet habe, dann kennst du mich noch schlechter, als ich dachte. Gleichzeitig muss ich aber auch zugeben, dass ich tatsächlich nicht ganz verstehe, wieso du dich überhaupt bei mir gemeldet hast. Vielleicht willst du mir das irgendwann erklären. Bis dahin werde ich warten.

Ich kann deine Zeilen nicht einfach so stehenlassen, James. Ich denke, dass dir das letzten Endes doch klar war, oder etwa nicht? Oder kennst du mich tatsächlich nach all dieser Zeit immer noch derart wenig? Nach allem, was zwischen uns vorgefallen ist?

Du hast also ernsthaft dein altes Klappergestell abgegeben? Und das freiwillig? Ich bin schwer beeindruckt. Woher kommt denn der plötzliche Meinungsumschwung? Ich dachte du und das Steinzeit-Modell seid unzertrennlich?

Hoffentlich hast du den von dir besagten Einsatz gut bestanden und es kam niemand sonst zu Schaden. Ich denke oft an dich, weißt du? Vermutlich ist es dumm von mir, dir das so offen zu sagen, aber ich sorge mich um dich. Auch nach allem, was du mir angetan hast. Und ich sage, dass Brian verrückt ist ...

Robby ist für mich da. Er ist ein guter Freund. Ansonsten läuft hier alles wie immer. Der neue BWL Dozent ist der Horror. Mr. Nelson ist alt, fett und nervig. Hast du ihn zusammen mit Mr. Tate als deinen Ersatz ausgesucht? Wenn ja, müsste ich wirklich an deinem Urteilsvermögen zweifeln. Dieser Kerl hat meiner Meinung nach überhaupt keine Ahnung von BWL und erklärt noch schlechter, als Mr. Miller. Außerdem schafft er es nicht, respektiert zu werden. Manchmal glaube ich, dass Mr. Tate diese Leute mit Absicht danach aussucht – es sei denn BWL Dozenten, die dann plötzlich in der Armee sind, sind beteiligt.

Wie kommt es eigentlich, dass ein Stempel der britischen Feldpost auf deinem Briefumschlag war? Ich dachte, du wärst in der amerikanischen Armee?

Pass du besser auf dich auf.

Aubrey

Sobald ich zum Abschluss meinen Namen unter meinen Brief setzte, fiel mir ein schwerer Stein vom Herzen und ich lehnte mich seufzend zurück an die Lehne der Bank. Diese wenigen Zeilen waren eines der schwersten Dinge gewesen, die ich jemals getan hatte. Es war unfassbar schwer für mich vorzugeben, dass es mir soweit gut ging und ich nicht jede Minute, die James nicht hier bei mir war, litt. Ihm nicht einfach an den Kopf zu werfen, dass er mir das Herz in so viele tausend Teile gebrochen hatte, wie noch niemand jemals zuvor. Es gab so vieles, was ich ihm viel lieber sagen wollte als das, was nun schlussendlich auf meinem Block gelandet war, doch ich wagte es nicht. Es war besser so. Ehe ich es mir noch einmal anders überlegen konnte, löste ich die beiden Seiten vorsichtig von meinem Collegeblock, faltete sie sorgfältig zusammen und steckte sie daraufhin behutsam in den von mir ebenfalls gleich mitgebrachten Briefumschlag. Danach löste ich den Klebestreifen und versiegelte ihn. Dann fischte ich den Brief hervor, den James an mich geschickte hatte, notierte seine Anschrift bei der Armee und schrieb mich als Absender darauf. Abschließend klebte ich die vorhin bereits gekaufte Briefmarke darauf. Damit war es erledigt. Ich hatte es getan. Noch auf dem Rückweg von James' ganz persönlichem Rückzugsort, würde ich den Brief beim nächstbesten Briefkasten einwerfen und somit auf die Reise wohin auch immer schicken.

*

Zu allem Überfluss musste ich am heutigen Abend auch noch arbeiten und konnte nach diesem mehr als aufwühlenden Tag nicht einfach zurück in meine Wohnung fahren und mich unter meiner Decke verkriechen. Glücklicherweise war ich heute aber in eine Schicht eingeteilt worden, in der Sam nicht arbeitete. Mir stand nun wirklich nicht der Kopf danach, mich auch noch mit ihr über ihren Sohn auszutauschen. Vor diesem Gespräch graute es mich zunehmend, doch bisher hatte ich mich erfolgreich darum gedrückt. Somit würde diese Schicht hoffentlich schnell über die Bühne gehen, sodass ich schleunigst wieder heim konnte.

Ich saß vielleicht seit etwas mehr als zehn Minuten an meinem Platz und war mehr in Gedanken, als tatsächlich anwesend, als das Telefon auf meinem Schreibtisch das erste Mal klingelte. Ich seufzte und sah wütend darauf, ging aber einen Augenblick später ran. Das war es schließlich, wofür ich bezahlt wurde.

„Saver Way Insurance, Aubrey Miles, wie kann ich Ihnen behilflich sein?"

Abwartend lauschte ich auf die Antwort meines Gesprächspartners am anderen Ende der Leitung, doch anstatt einer Entgegnung, hörte ich nur, wie jemand hörbar nach Luft schnappte. Irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen.

„Hallo? Sind Sie noch dran?", fragte ich und vermutete bereits, dass mir mal wieder jemand einen Streich spielte – so etwas passierte fast täglich, wenn man hier arbeitete.

„Aubrey?", fragte da eine tiefe, männliche Stimme, die mir seltsam vertraut vorkam, doch ich konnte sie nicht direkt zuordnen.

„Ja, hier ist Aubrey Miles. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?", bestätigte ich und wiederholte meine übliche Floskel bei derartigen Angelegenheiten.

Für einen Moment herrschte erneut Stille am anderen Ende der Leitung und ich lehnte mich bereits genervt in meinem Schreibtischstuhl zurück, ehe der Mann sich doch endlich wieder zu Wort meldete.

„Das Mädchen aus dem Krankenhaus?"

Schlagartig erkannte ich die Stimme. Mit offenem Mund lehnte ich mich wieder nach vorne und starrte gebannt auf meinen Computerbildschirm, so als ob mir dieser erklären konnte, wie so ein riesiger Zufall nur möglich war. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich sagen sollte. Woher kannte dieser Kerl überhaupt meinen Nachnamen?

„Hier ist Ethan. Ethan Cummings, James' Bruder", erklärte mir mein Gesprächspartner in diesem Moment, so als ob ich nicht längst schon begriffen hatte, dass ich ihn hier gerade am Telefon hatte.

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