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A Matter of TIME - 2


Mr. Cummings wartete, bis jeder andere Student den Vorlesungssaal verlassen hatte und lehnte während des Wartens lässig mit seinem Hintern an seinem Pult und hatte die Arme dabei vor seinem Oberkörper verschränkt. Bedächtig beobachtete er seine Studenten, die sich eilig daran machten, seinen Saal zu verlassen und dabei auch ein deutlich geringfügiger Geräuschpegel herrschte als normalerweise. Sobald die letzte Person verschwunden war, sah Cummings abwartend zur weit geöffneten Tür und schien zu überlegen, ob er diese schließen sollte, entschied sich dann aber offenbar dagegen.

„Aubrey", sagte er, löste sich gleichzeitig von seinem Schreibtisch und ließ die Hände in die Hosentaschen seiner schwarzen Anzughose gleiten.

„Wieso kennen Sie meinen Namen?", fragte ich plump, nachdem ich mich zugegebenermaßen doch sehr darüber wunderte, dass er überhaupt schon meinen Nachnamen kannte.

„Sie gehören zu den besten Studenten in meinem Kurs und Sie sind bei jeder Vorlesung überpünktlich", antwortete er schlicht und tat dabei so, als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt wäre. Irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck sagte mir, dass das nicht die vollständige Antwort war, aber ich versuchte nicht weiter darüber nachzudenken.

Es war mehr als seltsam, hier alleine mit meinem BWL Dozenten zu stehen, und ich konnte mich nicht erinnern, dass ich mich jemals außerhalb der Vorlesung mit ihm unterhalten hatte. Er musterte mich mit einem unergründlichen Blick, anstatt mich aufzuklären, wieso ich gerade hier mit ihm stand. Ich war immer noch einige Meter von ihm entfernt und dennoch lag mir der Duft seines Aftershaves oder Parfüms in der Nase, von dem er sich generell immer eine halbe Flasche über zu kippen schien, nachdem ich das auch von meinem Platz aus immer riechen konnte, wenn er unterrichtete. Ich hatte schon immer gedacht, dass dieser Mann verdammt eingebildet war mit seinen teuer aussehenden Klamotten und seinem dreihundert Dollar Haarschnitt.

„Was wollen Sie von mir?", fragte ich schließlich ungeduldig, weil er nicht den Anschein machte, als wollte er in nächster Zeit mit der Sprache rausrücken.

„Ich möchte Ihnen gerne sagen, dass ich mich dafür bedanke, dass Sie eingegriffen haben", erwiderte er, ging zwei oder drei Schritte näher auf mich zu und musterte mich mit zu Schlitzen geformten Augen von oben herab. „Gleichzeitig möchte ich Ihnen für die Zukunft aber auch nachdrücklich mitteilen: Sollten Sie es noch einmal wagen, sich in Dinge einzumischen, die Sie überhaupt nichts angehen, dann lernen Sie mich ganz schnell von einer völlig anderen Seite kennen, Aubrey. Habe ich mich damit klar ausgedrückt?"

Ich gehörte nicht zu den Menschen an der Uni, die Mr. Cummings fürchteten. Ich hatte vielleicht Respekt vor ihm, aber mit Sicherheit keine Angst. Daran änderte auch sein fragwürdiger Auftritt nichts und ich wich nicht von der Stelle, als er nochmals einen Schritt auf mich zu machte. Trotzig sah ich ihm in seine wilden, vor Zorn getrübten Augen und ich fragte mich automatisch, woher dieser plötzliche Sinneswandel gekommen war, aber gleichzeitig hätte mir das nicht weniger egal sein können.

„Sie drohen mir?", fragte ich mit fester Stimme und richtete mich dabei kerzengerade auf. Wir standen uns auf einmal so nah, dass ich bereits seinen heißen, ausgestoßenen Atem auf meinen Wangen spüren konnte.

„Nein, Aubrey", verbesserte er mich kopfschüttelnd und ein selbstgefälliges Lächeln nagte an seinen Mundwinkeln. „Ich drohe Ihnen nicht, ich zeige Ihnen lediglich auf, was passiert, wenn Sie sich über mich hinwegsetzen."

„Ist notiert, was aber noch lange nicht heißt, dass ich mich dementsprechend verhalte, Mr. Cummings", erwiderte ich und hielt dabei nach wie vor seinem starren Blick stand. Ich schnappte mir erneut meine Tasche und machte mich auf den Weg zur Tür, ehe ich nochmals in der Bewegung innehielt. „Und für Sie immer noch Miss Miles, wenn ich doch bitten darf."

„Wie Sie wünschen, Aubrey", antwortete Cummings provozierend, doch ich ließ mich nicht darauf ein.

Ohne mich nochmal zu ihm umzudrehen, verließ ich seinen Vorlesungssaal und rief im hinausgehen: „Okay, James."

In diesem Moment war ich sehr froh, vor einiger Zeit seinen Vornamen aufgeschnappt zu haben.

*

Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Eigentlich hatte ich Cummings bisher immer gemocht, auch wenn er ein ignorantes, selbstverliebtes und rücksichtsloses Arschloch war, denn gut unterrichten konnte er wenigstens im Vergleich zu vielen anderen Dozenten an der Hochschule. Er hatte es geschafft, dass ich ihn innerhalb von nur einer Vorlesung zu hassen angefangen hatte. Nicht nur, weil er mir mehr oder minder gedroht und mich zurechtgewiesen hatte, sondern auch deshalb, weil er mich mit der Benutzung meines Vornamens regelrecht provozieren wollte. Dieser Typ spielte sich auf, als ob er die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte, dabei konnte er nicht viel älter sein als ich. Vermutlich hatte er gerade erst die dreißig überschritten. Seine eingebildete Aufmachung und der Bart ließen ihn nur älter wirken – und auch das, was ihm wohl vor seinem Job an der Uni widerfahren war.

Die Gerüchteküche war ja voll mit Geschichten. Nur weil er als Dozent an der Wildwood University arbeitete, hieß das doch noch lange nicht, dass er tun und lassen konnte, was er wollte. An meiner nun um hundertachtzig Grad geänderten Meinung über ihn änderte auch seine halbherzige Danksagung nichts. Eigentlich sollte er für sein Verhalten gegenüber meinem Kommilitonen richtig Ärger bekommen, aber ich wusste genau, dass nichts dergleichen passieren würde. Normalerweise verhielt Cummings sich nicht so und es war nichts passiert – dank mir. Elendes Arschloch. Trotzdem würde ich zu gerne wissen, wieso sich mein Dozent derart hatte provozieren lassen. Was hatte es mit diesen Dog-Tags auf sich? Denn das war meiner Meinung nach der ausschlaggebende Punkt gewesen, nicht der Kommentar über seinen nicht abstreitbaren Status des Frauenhelden.

Immer noch fassungslos und genervt von den Ereignissen des heutigen Tages – dem ersten überhaupt nach den Semesterferien – fuhr ich mit meinem schäbigen und mehr kaputten als funktionierenden Ford zurück zu meiner kleinen Wohnung ganz am Rand der Stadt. Ich hätte zwar weiterhin bei meinen Eltern wohnen können, die sogar in der gleichen Stadt wohnten, doch dagegen hatte ich mich massiv gewehrt, sobald ich angefangen hatte zu studieren. Natürlich wollte ich nicht, dass sie mich dafür zusätzlich noch finanziell unterstützen, weswegen ich mir seit Beginn meines Masterstudiums einen neuen Job gesucht hatte, der deutlich mehr abwarf als alles, was ich zuvor gemacht hatte. Es handelte sich dabei nicht um die spannendste Tätigkeit, aber als Büroangestellte bei einer hiesigen Versicherung verdiente man wirklich nicht schlecht und es blieb sogar noch etwas am Ende des Monats übrig, was ich nicht für die Miete oder Lebensmittel brauchte.

Ich parkte mein Auto auf der gegenüberliegenden Seite meiner Wohnung und eilte dann zügig über die Straße und hoch in die oberste Etage, in der mein kleines, aber feines Heim lag. Es war wirklich alles andere als eine Luxuswohnung, aber immer noch besser, als weiterhin bei meinen Eltern zu wohnen. Ich ging ins Badezimmer und machte mich kurz frisch, ehe ich mich in frische Klamotten zwängte und währenddessen schon wieder auf dem Weg nach unten war. Meine Schicht fing in der Regel immer unmittelbar nach dem Ende meiner letzten Vorlesung des Tages an. Am Abend arbeiteten nicht mehr viele Menschen bei der Versicherung, doch war der Kundenservice bis spät abends für seine Kunden erreichbar.

„Hey Aubrey", grüßte mich Sam, die eine der ältesten Mitarbeiterin war und allen hier nur als Black Mama bekannt war – dieser Spitzname war mehr als positiv gemeint. Sie war die Beste und wenn einem etwas auf dem Herzen lag, war sie sofort zur Stelle.

„Sam, hi. Wie geht es Robby? Gefällt ihm seine Uni?", fragte ich höflich, denn ich wusste, dass ihr Sohn heute ebenfalls seinen ersten Tag gehabt hatte – es war seine Erstie-Woche im Bachelorstudium.

„Ach, weißt du", begann Sam und machte eine abwinkende Geste. „Er jammert schon jetzt wieder wie der größte Weltmeister, aber ich denke, es gefällt ihm dort."

„Er wird sicherlich schnell reinkommen, das ist am Anfang ganz normal, glaub mir. Wenn er erst einmal Anschluss gefunden und sich auf dem Gelände zurechtgefunden hat, ist alles andere gar nicht mehr so schwer, wie man sich das im Vorfeld ausmalt", versuchte ich Sam zu beruhigen, denn auch wenn sie sich immer wie die taffe Frau aus dem Bilderbuch verhielt, sah ich ihr mittlerweile leicht an, wann sie etwas wirklich beschäftigte und wann nicht.

„Wie lange hat das denn bei dir gedauert?", wollte Sam wissen und erwischte mich damit eiskalt. Ob sie wohl wusste, dass das in meinem Fall nicht so leicht zu erklären war?

„Nicht lange", antwortete ich dann ausweichend, lächelte matt und hoffte, dass sie das nicht bemerkte. Wenn sie etwas gemerkt hatte, sagte sie aber wenigstens nichts weiter dazu und nickte.

„Danke für deine aufbauenden Worte, Aubrey", meinte sie und lächelte jetzt selbst.

„Immer gerne, Sam", erwiderte ich und machte mich dann an die Arbeit, sobald sich unsere Black Mama an den Platz unweit von mir gesetzt hatte.

Heute war zum Glück ein Tag, an dem die Arbeit ohne größere Ereignisse und schnell über die Bühne ging. Ich hatte wie immer gedanklich mehrfach unserem Chef gedankt, der vor einer Weile einen teuer aussehenden Kaffeevollautomaten für unsere Abteilung gekauft hatte, damit ich mich damit bei Laune halten konnte. Ich war fast schon erstaunt, als Sam mich an meinem Schreibtisch abholte und wir wie jeden Abend zusammen zum Aufzug und unseren Autos gingen.

Als ich zu Hause ankam, war es bereits kurz nach elf und ich war völlig erledigt. Auf meinem Weg in mein winziges Badezimmer, schmiss ich den Ofen an und würde mir gleich eine Tiefkühlpizza reinhauen und mich noch für ein oder zwei Stunden auf meine Couch verziehen. Leider fingen die Vorlesungen am nächsten Morgen sehr früh an und als ich einen genaueren Blick auf meinen Plan riskierte, verging mir umgehend noch mehr die Lust, denn ich las Mr. Cummings Name – direkt als erste Lehrveranstaltung am Tag. Das konnte ja heiter werden.

*

Am nächsten Morgen war ich dennoch wieder die Erste in Mr. Cummings Vorlesungssaal, als ich jedoch eintrat und sah, dass der Platz, an dem er normalerweise um diese Uhrzeit schon längst saß, leer war, blieb ich irritiert stehen und sah mich um. Vielleicht war er ja direkt zum Rektor vorgeladen worden, auch wenn das nichts ändern würde? Die Tür zu dem Saal stand sperrangelweit offen, weswegen ich davon ausgegangen war, dass er hier war. Davon abgesehen stand seine helle Ledertasche neben dem Pult und seine Unterlagen lagen verteilt darauf. Er war wirklich leichtsinnig, seine Sachen derart offen hier liegen zu lassen, aber andererseits würde sich wohl keiner trauen, sich an diesen zu schaffen zu machen – erst recht nach gestern.

Nachdem ich meinen Dozent nicht hatte entdecken können, ließ ich mich schließlich einfach wie gewohnt auf meinen Platz sinken, zückte meine Kopfhörer und entschied mich dafür, vor Lesungsbeginn noch etwas Musik zu hören, um mich mental auf die wohl schlimmste Vorlesung aller Zeiten vorzubereiten. Ich legte meinen Kopf auf meinen Unterarmen ab, womit mein Gesicht fast vollständig von meiner aufgeschlagenen Kapuze verdeckt war und lauschte den beruhigenden Klängen meines Lieblingssängers. Es mussten noch keine zehn Minuten vergangen sein, als ich hörte, wie jemand mit schnellen, festen Schritten den Saal betrat. Zunächst dachte ich, dass es vielleicht einer meiner Kommilitonen sein könnte, doch als ich diese tiefe, raue Stimme hörte, wurde ich umgehend eines Besseren belehrt.

„Nein, das kommt nicht in Frage", hörte ich Mr. Cummings entschieden sagen und wenig später, wie er sich laut seufzend auf seinen Platz setzte. „Ich habe gleich eine Vorlesung, verdammt. Ich will jetzt nicht weiter darüber reden! Vielleicht hätte ich es dir erst gar nicht erzählen sollen, du Idiot. Ich bereue es schon wieder", fluchte er ungehalten.

Ob er mich überhaupt bemerkte hatte? Vielleicht dachte er auch einfach, dass ich ihn sowieso nicht hören konnte, weil er mein Kabel und das Handy auf meinem Tisch liegen gesehen hatte. Zu dumm nur, dass ich gerade keine laute Musik hörte.

„Nein, ich lege jetzt auf. Bis dann, Ethan", sagte Cummings und schließlich wurde es wieder still in seinem Saal.

Ich überlegte, ob ich mich aufrichten und nachsehen sollte, was er jetzt machte, aber ich entschied mich dagegen. Eigentlich hatte ich ihn ja nicht gehört, richtig? Wer wohl Ethan war? Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, spürte ich, wie jemand auf mich zukam und schließlich tauchte eine schwarze Anzughose in meinem Blickfeld auf. Gespielt ahnungslos hob ich meinen Kopf und sah hoch zu Mr. Cummings, der kritisch auf mich herabsah, aber noch kein Wort sagte. Scheinbar erwartete er, dass ich meine Kopfhörer wegpackte, aber eigentlich hatte ich keine Lust, dieser Aufforderung nachzukommen nach dem, was er gestern abgezogen hatte. Doch Mr. Cummings hielt stand, rollte schließlich genervt mit den Augen und machte eine auffordernde Geste nahe seinen Ohren. Widerwillig folgte ich also doch seiner Aufforderung.

„Was wollen Sie?", fragte ich seufzend und packte währenddessen meine Kopfhörer zurück in meine Tasche, um ihn nicht länger ansehen zu müssen.

„Ihnen auch einen guten Morgen", bemerkte Cummings finster, allerdings war da noch etwas, was in seiner Stimme mitschwang, ich allerdings nicht zuordnen konnte.

„Morgen", brummte ich und spielte kurz mit dem Gedanken, ob er sich möglicherweise bei mir entschuldigen wollte, aber andererseits würde es mich schwer wundern.

„Was machen Sie schon so früh hier, Miss Miles?", verlangte er zu wissen und ich staunte nicht schlecht, als er mich tatsächlich nicht mehr mit meinem Vornamen ansprach. Ich grinste innerlich vor mich hin, als mich die Erkenntnis traf, dass er wohl kapiert hatte, dass es keine Art war, so mit mir umzugehen.

„Ich bin doch jedes Mal so früh vor Ihrer Vorlesung hier. Das muss Ihnen doch aufgefallen sein oder?", antwortete ich und hoffte, dass dieser seltsame Konflikt von gestern nicht mehr zur Sprache kommen würde, wenn er sich schon nicht entschuldigen wollte.

„Haben Sie mein Telefonat belauscht?", fragte er daraufhin unvermittelt und machte damit nicht nur meine Hoffnung zunichte, dass er sich vielleicht doch noch entschuldigen würde, sondern auch, dass er wieder ganz der Alte war. Dieser Kerl hatte wirklich ernstzunehmende Stimmungsschwankungen.

„Was für ein Telefonat?", fragte ich unschuldig zurück und sah ihn dabei verständnislos an. „Ich habe Musik gehört."

„Natürlich haben Sie das", erwiderte er sarkastisch und verschränkte dann wieder die entblößten Unterarme vor seiner Brust, nachdem er sich an diesem Morgen die Ärmel seines weißen Hemdes nach oben gekrempelt hatte. Ich riskierte einen kurzen Blick auf seine zahllosen, immer anders aussehenden Narben. Sie sahen wirklich besorgniserregend aus.

„Wenn ich es zugebe, verraten Sie mir dann, wer Ethan ist?", erwiderte ich zuckersüß und sah ihn herausfordernd an, auch wenn ich nicht genau betiteln konnte, woher auf einmal dieser Mut kam.

„Sie sind manchmal ganz schön direkt", meinte Cummings kopfschüttelnd, machte sich dabei aber schon wieder auf den Weg zurück zu seinem Pult.

„Und Sie ganz schön unkonventionell für einen Dozenten", erwiderte ich trocken, schlug mir dabei die Kapuze zurück und strich mein langes, geschwungenes braunes Haar über meine rechte Schulter.

Cummings, der wieder vorne an seinem Pult angekommen war, drehte sich nochmal zu mir um und ich meinte fast schon so etwas wie ein unterdrücktes Lächeln gesehen zu haben, was sich auf seine Lippen hatte stehlen wollen, doch dann traten die ersten Studenten in den Hörsaal. Dieser Umstand ließ das Gespräch zwischen uns abrupt abbrechen und auch nachdem immer mehr Studenten in den Saal strömten und sich noch unterhielten, wenn auch leise, dachte ich die ganze Zeit darüber nach, wie seltsam es war, dass ich in meinem gesamten ersten Semester nicht so viele Worte mit Cummings gewechselt hatte wie alleine an diesem Morgen. Zumindest in einem privat erscheinenden Kontext. Heute wirkte er auch schon wieder ganz anders als noch am Tag zuvor. Ich war der festen Überzeugung gewesen, dass seine Vorlesung am heutigen Tag ätzend werden würde, aber erstaunlicherweise hatte dieses kurze Wortgeplänkel zumindest für mich die Einstellung dazu verändert. Sein Verhalten war für mich äußerst irritierend. Möglicherweise war das ja seine Art gewesen, sich bei mir zu entschuldigen.

Sobald sich Cummings wie in seiner üblichen Manier an seinen Pult lehnte und auffordernd in die Menge blickte, verstummten die Studenten im Saal noch schneller, als es sonst der Fall war. Es war erstaunlich, wie sehr die Leute ihn respektierten. Das tat ich auch nach wie vor noch, auch nach diesem Zwischenfall. Vielleicht wurde dieser Umstand aber auch nur noch davon verstärkt, dass er sich indirekt bei mir entschuldigt hatte und ich das Gefühl nicht los wurde, dass Mr. Cummings eine viel komplexere Persönlichkeit hatte, als es auf den ersten Blick den Anschein machte.

„Guten Morgen", begann Mr. Cummings, was für seine übliche Art schon verdammt höflich war. „Bevor wir beginnen, möchte ich mich bei Ihnen für den Vorfall, der sich in meiner gestrigen Vorlesung ereignet hat, entschuldigen", schob er schnell hintenan und man merkte ihm richtig an, dass er das so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. „Gut, nachdem das gesagt wurde, machen wir weiter."

Niemand verlor auch nur ein Wort über das, was gerade passiert war. Offenbar waren die Leute um mich herum durch seine halbherzige Entschuldigung nur noch mehr irritiert, genau wie ich. Bestimmt hatte ihn der Rektor gezwungen, sich so zu verhalten. Es glich ja schon einem Wunder, dass er sich überhaupt mal in etwas einmischte und die Universität gleichermaßen nach wie vor einen beachtenswerten guten Ruf hatte. Vermutlich gerade deswegen, weil der Rektor so etwas immer nicht beachtete oder beschwichtigend herunterspielte. Er war zwar verpeilt, kannte aber seine Mittel und Wege. Schlechte Publicity wäre tödlich, vor allem solche.

Sobald sich Mr. Cummings wieder seinen Unterlagen und dem Tafelbild widmete, welches immer noch das gleiche war wie vom Vortag, sah ich mich einmal verstohlen im Saal um. Der Kerl, mit dem es gestern zu diesem Vorfall gekommen war, wie es Cummings so schön betitelt hatte, war weit und breit nicht zu sehen. Ob er nun plötzlich krank geworden war oder ob er ab sofort nicht mehr in unserem Kurs war? Wir würden es wohl bald erfahren.

Ich verhielt mich während der Vorlesung so wie immer. Ich hörte aufmerksam zu, machte mir Notizen auf dem Skript, welches er gestern noch ausgeteilt hatte und beobachtete Cummings aufmerksam, während er erklärte und gestikulierte. Mir entging jedoch nicht, wie er öfter mal zu mir sah, wenn er der Ansicht zu sein schien, dass ich es nicht bemerkte. Doch ich bemerkte es. Jedes einzelne Mal. Einmal, als er das wieder tat, lächelte ich ihn breit an, um ihm zu signalisieren, dass das nicht gerade subtil war, was er hier betrieb. Cummings erwiderte daraufhin noch kurz meinen Blick, ehe er wegsah und weitersprach, als ob nichts gewesen wäre. Dieser Mann war wirklich ein Mysterium und mit Sicherheit keine einfache Persönlichkeit.

Am Ende der Vorlesung packte ich wie üblich gemächlich meine Sachen zusammen, damit ich den nach draußen stürmenden Studenten nicht in den Weg kam, doch als ich mit meiner geschulterten Tasche zum Ausgang des Saals kam, standen davor noch ein paar Kommilitonen von mir, deren Namen ich kannte, aber nie etwas mit ihnen zu tun hatte. So etwas wie Anerkennung spiegelte sich auf ihren Gesichtern, als ich an ihnen vorbeilief und mich zum nächsten Vorlesungssaal begeben wollte.

„Respekt, Aubrey. Starke Aktion gestern", sagte Brian, ein Kommilitone mit schulterlangem, braunem Haar und der Typ neben ihm nickte zustimmend.

„Danke, schätze ich", erwiderte ich schulterzuckend und wusste nicht recht, wie ich das nun einordnen sollte, dass diese Leute plötzlich mit mir sprachen, nachdem sie mich ewig ignoriert hatten und dann auch noch meinen Namen kannten. Diese erste Woche war wohl voller Überraschungen.

„Ich bin Brian", sagte der Typ, legte den Arm um die Schultern des anderen Kommilitonen von mir und strubbelte ihm spielerisch durch sein rabenschwarzes Haar. „Und das hier ist Jason."

„Ich weiß, wer ihr seid", bemerkte ich, lächelte aber dennoch leicht. „Nett euch kennenzulernen", sagte ich, auch wenn es albern war, weil ich diese Leute schon seit über einem halben Jahr fast täglich um mich herum hatte, für sie bisher jedoch nur Luft gewesen war.

„Musst du auch zu HS 4?"

„Klar, wir haben VWL ja immer zusammen", antwortete ich nach wie vor unschlüssig.

„Okay, dann lass uns doch zusammen gehen", schlug Brian vor, lächelte mich freundlich an und schließlich ging ich zum ersten Mal, seit ich an dieser Universität eingeschrieben war, nicht bewusst alleine zu meinem nächsten Kurs.

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