Ein Gespräch mit Dumbledore
June saß kreidebleich am Hufflepuff Tisch beim Frühstück und starrte auf den Brief, den sie gerade bekommen hatte. Ein weiterer Brief von der Gringotts Bank. Doch anders als letzte Woche waren es keine Rechnungen, die zu bezahlen waren.
Antrag auf finanzielle Unterstützung
ABGELEHNT
Der Brief informierte sie zudem über ihren aktuellen Kontostand...
,,Ist alles okay?" fragte Penny vorsichtig. June nickte wie in Trance und starrte die Summe auf dem Pergament vor ihr an. Sie war so niedrig, dass sie sich nicht einmal traute sie auszusprechen. Penny spähte über ihre Schulter und warf einen Blick auf den Brief. Sie sog scharf die Luft ein.
,,Ach, June..." seufzte Penny mitleidig und starrte ihre Freundin mit großen Augen an. Ein riesiger Kloß bildete sich in Junes Kehle.
,,Penny, was soll ich tun?" krächzte sie mit zitternder Stimme.
,,Hör zu, du musst nicht auf dich alleine gestellt leben! Du kannst dir Hilfe holen! Und auch wenn es blöd klingt, ihr könntet doch in ein Waisenhaus ziehen..." begann Penny alle erdenklichen Möglichkeiten aufzuzählen. Doch keine davon kam für June in Frage. Alleine wegen May... May konnte auf keinen Fall in einem herkömmlichen Waisenhaus leben! June musste unbedingt versuchen, mit ihren beiden Schwestern in ihrem Haus zu bleiben! Doch woher sollte sie das Geld nehmen?
,,Das sagst du so leicht..." murmelte June und fuhr sich frustriert durch die Haare. ,,Ich bin siebzehn Jahre alt! Ein Zauberer-Waisenhaus würde nur May und April aufnehmen... und in ein Muggel-Waisenhaus können wir auf keinen Fall ziehen..."
,,Es gibt sicher andere Möglichkeiten!" versuchte Penny ihr zuzusprechen. Doch June schüttelte nur den Kopf.
,,Nicht für mich..." seufzte sie und stopfte den Brief in ihre Tasche.
,,Ihr könntet sicher eine Weile bei uns Zuhause wohnen!" schlug Penny vor.
,,Das ist sehr lieb, Penny..." murmelte June. ,,Aber das ist auch keine Lösung..."
Sie schob ihren Teller von sich weg und machte sich bereit aufzustehen.
,,Wo willst du hin?" fragte Penny verwirrt.
,,Ich... möchte ein bisschen alleine sein..." seufzte June. Ihre beste Freundin nickte nur verständnisvoll. Ohne eine weitere Antwort abzuwarten machte sich June auf den Weg in die Mädchentoilette im dritten Stock. Sie öffnete eine Kabine und setzte sich auf den geschlossenen Toilettendeckel. Dort blieb sie sitzen und dachte nach.
Penny machte sich derweil nach dem Frühstück alleine zum Klassenzimmer für Verwandlung auf. Von ihrer besten Freundin war dort jedoch nichts zu sehen. Der Zeiger der großen Wanduhr näherte sich immer weiter dem Unterrichtsbeginn. Als schließlich Professor McGonagall kam um den Klassenraum aufzusperren, war von June immer noch keine Spur.
Penny setzte sich in die zweite Reihe und überlegte schon, ob sie June als krank melden sollte, damit sie keinen Ärger bekam. Doch plötzlich huschte June als allerletzte gerade noch rechtzeitig ins Klassenzimmer hinein. Sie zwängte sich an den anderen Schülern vorbei und setzte sich zu Penny.
,,Perfektes Timing..." zischte Penny ihr zu. June packte nur ihre Bücher aus und antwortete nicht.
,,Was hast du so lange gemacht?" fragte Penny.
,,Nachgedacht..." antwortete June leise. Penny beugte sich leicht nach vorne und blickte ihr ins Gesicht. Ihre Augen waren glasig. June drehte sofort ihren Blick weg von ihr. Seufzend lehnte sich Penny wieder zurück. Ihre Freundin tat ihr so leid... doch sie wusste selbst nicht, wie sie ihr helfen konnte.
June schien die ganze Stunde über nicht bei der Sache zu sein. Sie starrte dauerhaft nur auf die aufgeschlagenen Seiten ihres Schulbuches und hörte McGonagall kaum zu. Während Penny, sowie die anderen Gryffindors und Hufflepuffs eifrig mitschrieben, bekam June nicht einmal mit welchen Stoff sie gerade durchmachten. Das zog sich bis zum Ende der Stunde hin.
,,Als Hausaufgabe lest ihr bitte Kapitel fünf vollständig." verkündete die Lehrerin nachdem sie die Stunde beendete.
,,Ich muss kurz in die Bibliothek, kommst du-..." wollte Penny June fragen, doch diese hatte leider andere Pläne.
,,Tut mir Leid! Ich... Ich muss noch schnell was erledigen!" fiel sie ihrer Freundin ins Wort.
,,Oh... okay." murmelte Penny verwirrt.
,,Tut mir Leid..." seufzte June und eilte nach vorne um mit Professor McGonagall zu sprechen.
,,Professor!" rief sie der Lehrerin zu. Sie blickte sie über ihre Brille hinweg auffordernd an.
,,Was kann ich für sie tun, Miss Summers?" fragte sie.
,,Ich... müsste mit Professor Dumbledore sprechen." murmelte sie der Lehrerin leise zu. Sie zog überrascht die Stirn in Falten.
,,Der Direktor ist zur Zeit sehr beschäftigt." antwortete Professor McGonagall skeptisch. June seufzte.
,,Aber es wäre wirklich, wirklich dringend, Professor!" drängelte June weiter.
,,Ich kann nachsehen, ob ich für nächsten Monat eine Besprechung für sie einrichten kann." meinte die Professorin und begann irgendwelche Unterlagen auf ihrem Schreibtisch zu sortieren. June biss sich verzwickt auf die Unterlippe.
,,Bitte, Professor!" bettelte sie weiter. ,,Ich müsste unbedingt so bald wie möglich mit ihm reden!"
Die Lehrerin blickte sie aus den Augenwinkeln an und seufzte. Sie legte die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch ab.
,,Kommen sie mit..." forderte sie June auf und ging voraus. June atmete erleichtert aus und folgte der Lehrerin eifrig, bis die beiden vor einem goldenen Wasserspeier ankamen.
,,Beeilen sie sich." sagte Professor McGonagall bevor sie das Passwort aussprach.
,,Lakritzschnapper!"
Der Wasserspeier begann nach oben zu fahren und gab eine Wendeltreppe frei. June schluckte nervös und machte einige Schritte darauf zu. Sie ging die Stiegen hinauf, bis sie bei einer Bürotür ankam, deren Türknopf die Form eines Greifers hatte. Ihr Herz klopfte wie wild. Sie holte tief Luft und klopfte an.
,,Herein!" ertönte dumpf eine Stimme von innen. Vorsichtig öffnete June die Tür und trat in den geräumigen Büroraum ein. An den Wänden ringsum hingen die Porträts ehemaliger Schulleiter von Hogwarts. Es gab einen offenen Kamin und dutzende Regale voller Bücher. In der Mitte des Raumes stand ein großer Schreibtisch, hinter welchem ein Mann mit langem, weißem Bart, einer Halbmondbrille und einem dunkelblauen Samt-Umhang saß.
,,Miss Summers!" stellte er überrascht, dennoch mit einem leichten Lächeln auf den Lippen fest.
,,Guten Tag, Professor..." grüßte June nervös und strich sich aufgeregt eine Haarsträhne hinter ihr rechtes Ohr.
,,Es tut mir sehr leid, dass ich sie störe... Ich bin mir sicher, sie haben bestimmt hundert andere, wichtigere Dinge zutun, aber ich..." stotterte sie, doch Dumbledore unterbrach sie schmunzelnd.
,,Setzen sie sich doch bitte!" forderte er die Schülerin auf und deutete auf den Besucherstuhl gegenüber von ihm. June setzte sich zögernd in Bewegung und nahm Platz.
,,Was führt sie zu mir?" fragte Dumbledore. June atmete tief durch.
,,Ich... ähm..." begann sie... Sie wusste nicht wirklich, wie sie es sagen sollte.
,,Ja?" fragte Dumbledore nach.
,,Ich... kann mein letztes Schuljahr auf Hogwarts nicht beenden." brachte sie stotternd hervor. Der Professor riss überrascht die Augen auf.
,,Wie bitte?" fragte er verwundert. June blickte nur verlegen zur Seite. Dumbledore verschränkte seine Finger ineinander und musterte June nachdenklich.
,,Dürfte ich den Grund erfahren?"
,,Meine Eltern sind Anfang Sommer dieses Jahres durch einen... Unfall... ums Leben gekommen. Und... ich habe einfach nicht genug Geld um für mich und meine Schwestern sorgen zu können..." erklärte June mit zitternder Stimme. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, was ihr das Sprechen erschwerte. Professor Dumbledore hörte aufmerksam zu.
,,Wir haben keine Verwandten, die ich um Hilfe bitten könnte... und es ist leider unbedingt notwendig, dass meine Schwestern und ich in unserem Elternhaus bleiben." fuhr sie fort und versuchte die Tränen wegzublinzeln. ,,Deswegen muss ich mir unbedingt einen Job suchen... und kann deswegen nicht weiter zur Schule gehen."
Dumbledore nickte verständnisvoll während June mit den Tränen kämpfte.
,,Hören sie... Nach dem Tod meiner Eltern möchte ich meinen Schwestern ein normales Leben ermöglichen! Ich will nicht, dass wir drei auch noch auseinander gerissen werden." flüsterte June.
,,Sie können bei ihrer Bank einen Antrag auf finanzielle Unterstützung stellen." meinte Professor Dumbledore.
,,Abgelehnt..." murmelte June nur. Der Professor nickte langsam. In seinem Kopf schien es zu rattern.
,,Ich bewundere sie sehr, June." sagte er schließlich. ,,Ihre Familie liegt ihnen so sehr am Herzen, dass sie ihre Schulische Laufbahn aufgeben würden. Sie haben in der Tat das große, gütige Herz einer Hufflepuff."
,,Danke, Professor Dumbledore." sagte June leise.
,,Aber ich glaube, dass die Schule abzubrechen nicht die Einzige Lösung ihres Problems ist." fuhr er fort. Junes Miene hellte sich auf.
,,Was?" fragte sie überrascht. Professor Dumbledore öffnete eine Schublade seines Schreibtischs und holte ein Blatt Pergament heraus.
,,Ihnen ist doch Hogsmeade bekannt, das Dorf in der Nähe von Hogwarts." begann er. Mit einem Schwung seines Zauberstabes erschienen plötzlich Zeilen und Texte auf dem Pergament. June sah gespannt dabei zu.
,,Nun, ich habe gute Kontakte zu einigen der Besitzer der Lokale und Geschäfte. Und mit dieser Einverständniserklärung..."
Der Direktor setzte mit einem weiteren Schwung seines Zauberstabes seine Unterschrift auf das Pergament.
,,Gestatte ich ihnen sich über die Wochenenden... Etwas dazu zu verdienen! Ohne die Schule abbrechen zu müssen." sagte er und reichte June das Pergament mit einem Zwinkern. June starrte ungläubig auf das Pergament. Der Professor starrte sie lächelnd über seine Halbmondbrille hinweg an.
,,Sie dürfen es nehmen." sagte er scherzhaft, als June das Pergament einfach nur anstarrte. Ungläubig griff sie danach und las sich den Text mehrmals durch.
,,Was sagen sie? Ist das eine geeignete Lösung?" fragte der Professor. June wandte ihm ihren Blick zu und starrte ihn mit glasigen Augen an.
,,Wie kann ich ihnen danken, Professor?" stammelte June. Dumbledore lächelte herzlich.
,,Indem sie das Beste daraus machen, Miss Summers!" antwortete er mit einem Zwinkern. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf Junes Gesicht.
,,Vielen Dank! Vielen, vielen Dank, ich danke ihnen!"
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