Kapitel 77
Yoongis Sicht:
Ich war so froh, dass Jimin es geschafft hatte, Jason abzulenken und ich so mit Julia reden konnte. Nicht nur, dass ich sie so endlich wiedersehen konnte, so hatte ich auch die Möglichkeit gehabt diese ganzen Lügen richtig zu stellen. Alleine bei dem Gedanken daran, was meine Freundin die ganze Zeit über hatte über uns denken müssen, könnte ich diesem verdammten Großvater einmal mehr den Hals umdrehen.
Jetzt konnte ich nur hoffen, dass sie es auch ohne mich schaffen würde, den Übergang zu finden und auch zu benutzen. Wenn sie Glück hatte, würde sie auf Jimin treffen, der ihr helfen konnte. Wenn nicht... konnte ich nur auf das beste hoffen...
Wie gerne ich auch mitgekommen wäre, aber ich wollte ihr den Rücken freihalten und Jason noch eine Weile beschäftigen. Wenn man vom Teufel spricht... In diesem Moment trat der Braunhaarige um die Ecke und kaum hatte er mich gesehen, verfinsterte sich seine Miene. „Wo ist sie?" Er machte einen Schritt auf mich zu. Sollte das jetzt bedrohlich wirken? Ja? Gut, war es nämlich definitiv nicht.
Gelangweilt lehnte ich nur an der Wand. „Ich weiß nicht, wen du meinst." „Tu nicht so. Du und diese kleine schwarzhaarige Nervensäge, die mich gerade schon abgefangen hat, ihr steckt doch unter einer Decke." Gespielt überrascht zog ich eine Augenbraue hoch. „Jimin? Was hat der jetzt damit zu tun?" Der mehr als wütende Neuankömmling wollte mich am Kragen packen, doch bevor der Jüngere reagieren konnte, hatte ich uns beide um 180° gedreht und nun war er derjenige, der mit dem Rücken zur Wand stand.
„So, jetzt würde mich einmal interessieren, warum du hier so einen Aufstand machst." Belustigt schnaubte mein Gegenüber. „Als ob du nicht weißt, nach wem ich suchen könnte." Unschuldig schüttelte ich mit dem Kopf. „Na dann werde ich mal deinem untergebildetem Gehirn ein wenig auf die Sprünge helfen. Braune, lange Haare, blaue Augen, Magierin Cavanoughs Enkelin und deine Ex-Freundin." Beim letzten musste ich mich echt zusammenreißen, um ihm nicht an den Hals zu fallen. Aber genau das war es ja, was er wollte. Wir provozierten uns im Prinzip gegenseitig. Doch nicht mit mir. Ich würde nicht nachgeben.
„Achso, du redest von Julia. Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen? Ja, also die habe ich nicht gesehen. Wie kommst du auch darauf? Schließlich darf ich sie ja nicht sehen und was mein Vater mir befiehlt, daran halte ich mich natürlich." Dabei setzte ich einen Unschuldsblick auf, welcher Jason sichtlich noch aggressiver machte. „Du denkst doch nicht, dass ich dir das glauben werde." Übertrieben geschockt legte ich die Hand aufs Herz. „Wie kannst du mir nur zutrauen, ich würde dich anlügen?"
Wieder machte er einen Schritt auf mich zu, sodass wir uns direkt in die Augen sahen. Während mein Blick ziemlich ausdruckslos war, schlich sich auf seines ein fieses Lächeln. „Na, jetzt weiß ich wenigstens, wo ich nach der kleinen Ausreißerin suchen muss." Das lief jetzt nicht so, wie es geplant war.
Bevor ich noch etwas erwidern konnte, hatte mich der Braunhaarige nach hinten geschubst und war den Weg nach unten gerannt. Scheiße. Ich musste zu Julia. Und zwar schnell. Kurz überlegte ich, ihm nachzurennen und somit versuchen ihn aufzuhalten oder einen besseren, kürzeren Weg zu gehen. Die Entscheidung fiel mir nicht schwer.
So schnell es ging, rannte ich los. Aber nicht Jason hinterher, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Ich wollte eine Abkürzung auf der Rückseite des Gebäudes nehmen. Ich hatte Julia nur den anderen Weg beschrieben, da dieser wesentlich einfach zu merken war. Bei dem, den ich nahm, hätte sie sich vermutlich schon im Gebäude verlaufen.
So aber flitzte ich um die Ecken, rannte durch die Gänge und versuchte wirklich darauf zu achten, nicht allzu viele Leute anzurempeln, was angesichts dessen, dass ich immer wieder zwischen Vampir- und normaler Geschwindigkeit hin und her wechseln musste, nicht gerade das einfachste war.
So, jetzt nur noch um die Ecke und dann- "Yoongi. Wo willst du hin." Nein! Nein! Nein! Nicht jetzt, nicht hier und eigentlich überhaupt nicht. Ich war wütend, gestresst und besorgt um meine Freundin und dann kam er? Wie viel Pech konnte man Bitteschön haben.
Ich drehte mich schwungvoll zu meinem Vater um. „Ich habe etwas zu erledigen und zwar JETZT." Ich hatte mich schon wieder meiner Ausgangsrichtung zugewandt, um weiter zu laufen, doch da machte mir der Idiot einen fetten Strich durch die Rechnung. „Ich weiß, wo du hin willst und das wirst du schön bleiben lassen."
Geschockt und gleichzeitig wütend ging ich auf meinen Vater zu. „Ich werde es NICHT bleiben lassen. Ich habe sie schon einmal verloren und ich werde nicht zulassen, dass diese Arschlöcher sie noch einmal mitnehmen." „Du hast kein Recht, darüber zu entscheiden." „Aber dieser Idiot, der sich Großvater nennt, doch kein Problem damit hat, wenn sie geschlagen wird, der schon?" Entgeistert sah ich zum Älteren. Das konnte nicht sein Ernst sein.
„Du darfst auch nicht immer alles glauben, was du so hörst. Und glaube mir, es ist das Beste für sie, wenn-" Ich fiel ihm ins Wort. Egal, wie sehr er das hasste. Diesen Mist konnte ich mir keine Sekunde länger anhören. „Du willst wissen, was das Beste für sie ist, huh? Du kennst sie ja nicht einmal. Alles, was dir wichtig ist, sind deine politischen Beziehungen. Wie es Julia oder mir dabei geht ist dir doch scheiß egal. Und wenn du denkst, dass ich die ganze Zeit tatenlos daneben saß oder auch jetzt nichts Unternehmen werde, dann irrst du dich gewaltig. Ich liebe dieses Mädchen. Was verstehst du daran nicht? Und ich schwöre dir, ich werde nicht zulassen, dass dieser Tyrann sie kaputt macht. Mir egal, was du darüber denkst oder was für „Probleme" das deiner Meinung mit sich führt. Du hast geschrieben, ich solle mich darauf konzentrieren, was wirklich wichtig im Leben ist. Nur für den wahrscheinlichen Fall, dass du es immer noch nicht verstanden hast: Sie ist mir wichtig und ich werde um sie kämpfen. Akzeptier das oder lass es sein. Aber eines kann ich dir sagen. Bis du es nicht verstanden hast, musst du nicht damit rechnen, mich wieder zu sehen."
Nach meiner Predigt war mein Vater erst einmal sprachlos. Das war auch gut, denn so konnte ich mich in Vampirgeschwindigkeit von ihm abwenden und meinen Weg fortsetzten, wobei ich vermutlich noch einen Gang schneller als zuvor einschaltete.
„Komm schnell!" Ohne zu fragen, was los war, rannte mir nun auch der Schwarzhaarige hinterher, als ich ihn zwischendurch aufsammelte. So schnell wir konnten stürmten wir aus dem Gebäude, die Straße entlang und dann quer übers Feld. Einen Weg gab es nicht. Man musste einfach wissen, wo man lang musste, sonst war man hier verloren - ein Grund mehr, weshalb für Julia der andere Weg besser gewesen war.
Mittlerweile hatte Jimin auch gecheckt, was mein Ziel war und er rannte jetzt nicht mehr hinter, sondern direkt neben mir. In der Ferne tauchte endlich das bekannte Haus auf, welches mich jedes Mal begrüßte, musste ich in diese Welt springen.
Zu unserer Verwunderung herrschte an unserem Ziel eine Totenstille. Entweder war weder Julia noch Jason hier gewesen oder sie hatten mein Mädchen schon mitgenommen. Ich konnte nur beten, dass es nicht letzteres war.
Jimin hatte meinen besorgten Gesichtsausdruck bemerkt und seinem zu Urteilen dachte er das Gleiche. „Lass uns mal schauen, vielleicht war sie ja wirklich noch nicht hier." Auch wenn das verdammt unwahrscheinlich war, tat ich kommentarlos, was mein Freund sagte. Etwas Besseres konnten wir ja auch nicht machen. Ich lief sogar ein kleines Stück den Feldweg entlang, auf dem sie hätte kommen müssen, in der Hoffnung, sie hätte sich hier irgendwo verirrt. Doch zu meiner Enttäuschung fand ich nichts und niemanden.
Meine Besorgnis stieg immer mehr, als ich schließlich zu Jimin zurückkehrte und ihn auf dem Boden kniend vorfand. Sofort eilte ich zu meinem Freund. „Was ist los?" Stumm zeigte der Schwarzhaarige vor sich und jetzt sah auch ich, was er meinte.
Neben Autospuren war ein nicht gerade kleiner Blutfleck. „Denkst du, dass ist Julias Blut?" Auch wenn die Frage eigentlich unnötig war, musste ich sie einfach stellen. Jimin zuckte nur mit den Schultern. „Ich dachte, du könntest das wissen, schließlich warst du ja derjenige, der sie gebissen hat. Nicht ich." Da hatte der Jüngere Recht. Ohne zu zögern wischte ich mit meiner Hand durch das immer noch nasse Blut und steckte einen Finger in den Mund.
So sehr ich mir auch gewünscht hätte, es wäre nicht so, war ich mir zu 100% sicher. „Das ist Julias." „Hätte ja nicht gedacht, dass deine Dämlichkeit, von ihrem Blut zu trinken, noch einmal für etwas gut seien könnte." Leicht belustigt lachte ich einmal kurz auf und boxte gegen seinen Oberarm. „Jetzt wissen wir wenigstens, wo wir hin müssen."
„Du willst da jetzt einfach so hin?" Ungläubig sah Jimin zu mir hoch, während ich nur entschlossen nickte. „Hältst du das wirklich für eine gute Idee?" Nein, natürlich war es das nicht, aber ich konnte sie nicht länger in den Händen solcher Idioten sehen. Das schien auch Jimin bemerkt zu haben, denn er seufzte einmal, bevor auch er wieder aufstand und mir eine Hand auf die Schulter legte. „Sollen wir nicht wenigstens die anderen dazu holen?" Nun war ich derjenige, der seufzte. „Okay. Aber Beeilung."
* * * * *
Es war schon beinahe wie ein Dejavue, als wir endlich am Eingang angekommen waren und das Empfangskomitee bereits da stand. „Du hast keine Ahnung, wovon ich rede...? Hm ja, ist klar. Das sehen wir ja." „Halt's Maul, Jason. Wir wollen zu meiner Freundin." „Ex-Freundin."
Anders als vorhin machte dieses Mal ICH einen bedrohlich Schritt auf den Jüngeren zu, wovon dieser sich nicht einschüchtern ließ. „Nein. Sie ist immer noch meine Freundin." „Das will ich von der kleinen Prinzessin selber hören." Dabei zierte sein Gesicht ein fieses Grinsen. Eigentlich hätte mir schonen diesem Moment auffallen sollen, dass irgendetwas nicht stimmen konnte, aber blind vor Wut blendete ich alles um mich herum aus. „Dann frag sie doch." „Warum ich, wenn ihr das selber machen könnt?" Verwundert hob ich eine Augenbraue. Warum sollte er uns freiwillig mit Julia reden lassen.
Jason drehte sich um und ging auf das Tor zu. „Was ist? Kommt ihr jetzt oder wollt ihr da draußen Wurzeln schlagen?" „Woher wissen wir, dass es keine Falle ist, huh?" Damit hatte Jimin genau meine Gedanken ausgesprochen.
Der Braunhaarige kam zu uns zurück, stellte sich aber dieses Mal vor Jimin. „Du kannst ja denken, was du willst, aber ich versichere dir, Sir Cavanough ist nicht so blöd und fügt dem Vampiprinzchen", damit zeigte er auf mich, „Schaden zu. Also entspann dich mal." Immer noch skeptisch blickte Jimin von Jason zu mir und dann zu Namjoon. Dieser gab schließlich durch sein Nicken seine Einverständnis und wir folgten dem Jüngeren in das Schloss.
Ein paar wenige Male hatte ich das Gebäude schon mal betreten, wirklich auskennen tat ich mich hier dennoch keineswegs, weshalb ich mich an das Arschloch von Führer hielt, welcher uns zu einem großen Saal brachte. Dort drehte sich Jason dann zu uns um. „Ich hole sie eben, dann könnt ihr selbst mit ihr reden."
Kaum war er weg, wandte sich unser Jüngster an Namjoon. „Mir gefällt das hier nicht." „Mir auch nicht. Aber er hat Recht. Richard wäre schon schön blöd, wenn er sich mit Yoongis Vater anlegen würde." Nun mischte sich auch Hoseok ein. „Trotzdem. Irgendetwas stimmt hier nicht." Da war ich ganz seiner Meinung. Es passte einfach nicht. Die ganze Zeit durften wir nicht zu ihr und auf einmal war alles kein Problem? "Vielleicht kann uns Julia ja selber sagen, was hier auf einmal los ist." Ich wusste, dass mich der Silberhaarigen beruhigen wollte, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass Julia selbst uns wenig helfen konnte.
Als sich schließlich die Türen öffneten und Jason mit meinem Mädchen eintrat bestätigte sich meine Vermutung. Ich will ja nichts sagen, Namjoon, aber ich glaube, dass wird viel schwieriger, als wir gedacht haben.
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