5. Das Ende
Nach der Schule holte ich Alec wie geplant von seinem Klassenraum ab und wir gingen zusammen durch den Wald zum Anwesen. Die ersten paar hundert Meter wusste keiner so recht, was er sagen sollte. Ich war mit meinem Kopf aber auch schon weiter in der Zukunft und stellte mir tausend mögliche Szenarien vor, die das Treffen zwischen Peter und Alec darstellen könnten. Ich hatte Sorge um sein Leben und war am überlegen, ihm einfach den wirklichen Grund unserer Verabredung zu gestehen. Doch kurz bevor ich anfangen wollte etwas zu sagen, begann er zu reden.
"Stimmt es, dass das Haus nicht mehr bewohnbar ist? Früher hat dort doch die Hale Familie gewohnt. Und als dieser Brand ausbrach, kehrte nur Derek Hale wieder nach Beacon Hills zurück. Aber ich glaube, der ist auch schon wieder weggezogen. Nur sein fieser Onkel Peter liegt noch mit starken Verbrennung hier im Krankenhaus."
Ich war total verblüfft. Nie zuvor hatte ich diese Dinge gehört, denn dass Peter nicht im Krankenhaus war, wusste ich genau. Doch über Derek Hale hatte ich nicht mal ansatzweise Bescheid gewusst.
"Peter hat einen Cousin? Er liegt im Krankenhaus?", fragte ich deshalb überrascht und merkte nicht, dass ich mich dummerweise verplappert hatte.
Alec runzelte die Stirn und kombinierte schnell die Informationen, die ich preisgegeben hatte. So meinte er: "Kennst du ihn?" und ich brauchte schnell eine gute Ausrede. Nervös versuchte ich irgendetwas hinzustottern.
"Ich? Äh, nein...Woher denn auch?", lachte ich. "Ich hab bloß mal was von ihm gehört." Super gemacht Tandy, das war alles andere als glaubwürdig gewesen.
"Ich hoffe, ich werde diesem Kerl nie begegnen. Ein so hinterhältiger Mensch dürfte eigentlich gar nicht auf dieser Welt leben.", erwiderte er leicht gereizt.
Ich schwieg ihn bloß an und starrte konzentriert auf den Boden.
"Ist alles okay bei dir?"
"Mh? Ja, alles gut.", meinte ich leise in meinen Gedanken verloren.
Wiederholt senkte ich den Kopf und dachte über die schrecklichen Dinge nach, die ich ihm schon angetan hatte und die ich ihm noch antun würde. Es brach mir das Herz Alec unwissend auszuliefern. Den restlichen Weg sagte keiner mehr ein Wort und kurze Zeit später, waren wir am Anwesen angelangt.
"Tandy, geht's dir wirklich gut? Du wirkst so unruhig.", fragte er erneut.
Ich antwortete nicht, denn er würde es an meiner Stimme hören, wie angespannt ich war. Wahrscheinlich hatte er meine Angst und Aufregung auch schon gerochen und ich konnte meine Gefühle nicht länger vor ihm verbergen. Egal wie sehr ich mich darauf fokussiert, nicht zu zittern, konnte ich mich nicht zusammenzureißen und ich zitterte nur noch mehr. Was hatte ich mir bloß bei all dem gedacht?
Plötzlich hörten wir aus dem Nichts ein lauten Brüllen schallen, das vom abgebrannten und zerstörten Dach des großen Hauses kam. Erschrocken schauten wir beide nach oben und dort stand Peter mit seinen scharfen Klauen und glühenden Augen.
"Ist das Peter Hale?", fragte mich Alec ganz aufgeregt.
Ich musste nichts sagen, denn er wusste die Antwort genau so gut wie ich. Ja, er war es und ich konnte Alec's Panik spüren, die schleichend auch mich überkam.
Peter sprang elegant vom Dach hinunter und landete circa 10 Meter vor uns auf dem mit Laub bedeckten Boden. Ich wich ein paar Schritte zurück, sah Alec in die Augen und konnte nicht anders, als anfangen zu weinen. Der ganze Schmerz kam auf einmal hoch und mein Herz zog sich krampfhaft zusammen. Alles, was jetzt geschehen würde, war meine Schuld und ich würde es ihm nicht mal übel nehmen, wenn er mich nun auf ewig hasste. Falls er überhaupt lebend aus dieser Sache rauskam. Er war total aufgelöst und wusste nicht, was ihm geschah.
"Was hat das alles zu bedeuten? Tandy, was macht er hier?"
"Alec, es tut mir so unendlich leid. Er bedroht meine Eltern, ich hatte keine Wahl. Bitte, verzeih mir.", schluchzte ich bitterlich.
Peter ging näher auf uns zu und natürlich musste er sich einmischen.
"Na ja, eine Wahl hatte sie schon, aber sie hat sich für ihre Familie und gegen dich entschieden. Also, lass uns nicht unnötig viel Zeit verschwenden und überlasse mir deine Macht, Junge!"
Wütend, verwandelte sich auch Alec in einen Werwolf. Seine Augen glühten in einem kräftigen Rot und seine Fangzähne waren ausgeprägter und größer, als die von Peter. Auch seine Krallen waren deutlich schärfer.
"Du Unmensch hast sie in ihre Verdammnis gezogen! Sie gehört nicht in Welt des Übernatürlichen! Und, macht es Spaß sie zu erpressen und sie vor Angst zittern zu sehen, wenn sie in deiner Anwesenheit verweilen muss? Ich werde mich auf jeden Fall nicht ohne einen Kampf ergeben.", schrie er ihm entgegen.
Peter lächelte nur selbstsicher und dehnte vorbereitend seinen Nacken.
"Anders hatte ich es auch nicht erwartet. Es wird mir eine Freude sein, dich zu töten."
Ich wollte mir diesen Kampf nicht antun, schüttelte den Kopf und lief tiefer in den Wald. Doch bevor ich auch nur zwei Schritte gehen konnte, machte Peter einen Satz und sprang, über Alec, direkt vor meine Füße.
"Wo willst du denn hin, Schätzchen? Du wirst schön hierbleiben!", knurrte er böse, packte mich grob am Arm und zerrte mich zurück. Er war zu stärk und ich konnte mich nicht wehren.
"Ah, Peter! Du tust mir weh!"
"Lass sie gehen, Peter! Sie hat nichts damit zu tun! Du willst schließlich meine Macht!", rief Alec zu uns hinüber, als ich losgelassen wurde und er sich zu ihm drehte.
Ich bewunderte, mit etwas Abstand, seinen Mut, sich für mich einzusetzen, obwohl das alles bloß meine Schuld war. Ich hätte mich für abstoßend und nicht länger vertrauenswürdig gehalten. Aber er war ein wahrer Freund.
"Ach, denkst du das wirklich?", fragte Peter ihn. "Dieses dumme Gör ist der besondere Werwolf. Dich umzubringen ist nur der erste Schritt. Sie hat eine Menge mit all dem hier zu tun!"
Dann wandte er sich schnaubend an mich.
"Du gehst jetzt sofort ins Haus und setzt keinen Fuß nach draußen, hast du das verstanden?"
Ich schluckte nur schwer und rannte, ohne Wiederworte, zum Eingang des Anwesens. Alec war nun noch verwirrter und blickte mir verwundert nach, als ich an ihm vorbei lief.
"Du bist der besondere Werwolf? Aber, wie ist..?"
Peter unterband seinen Satz und entgegnete ungeduldig:
"Tut mir ja wirklich sehr leid eure kleine Fragestunde zu unterbrechen, aber ich werde nicht länger warten!"
So hechtete er los und verpasste Alec einen starken Prankenhieb ins Gesicht. Über sein Auge hinweg zog sich jetzt eine lange blutige Krallenspur und sein Aufschrei hallte unerträglich in meinen Ohren.
Wie gelähmt blieb ich stehen, versuchte meine Emotionen zu unterdrücken und aus Angst, von Peter gezwungen zu werden weiter zu gehen, sammelte ich meine Kraft und setzte meinen Weg schweren Herzens fort. Es war alles andere als leicht die Kampfgeräusche zu ignorieren und nur hilflos daneben zu stehen, ohne eingreifen zu können.
Ich beobachtete das Geschehen durch ein zerbrochenes Fenster im Untergeschoss. Eigentlich dachte ich, ein Alpha wäre einem Omega deutlich im Vorteil, doch überall lauerten aufgestellte Fallen auf Alec. Er wurde mit Pfeilen beschossen und blieb mit seinen Füßen in Erdlöchern stecken.
Ich hatte Peter's Fähigkeiten unterschätzt, er hatte gute Vorbereitungen getroffen und die Abläufe detailliert durchdacht. Ihre beiden Gesichter waren mit Blut vollgespritzt und ich erkannte tiefe Schnitte in ihren Oberkörpern und auf den Armen. Ab und zu wandte sich mein Blick ab, denn es war schrecklich ihre offenen Wunden zu sehen und die schmerzvollen Schreie zu hören.
Obwohl mir an sich nichts geschah, litt ich wahrscheinlich mindestens genau so sehr, wie sie. Da jede Sekunde neue Verletzungen dazu kamen, heilten sie kaum und man merkte, dass die gegenseitigen Angriffe abschwächten. Es zog sich relativ ausgeglichen in die Länge, bis Alec dann zum Schluss in eine Bärenfalle trat und sich nicht mehr befreien konnte.
In diesem Moment wünschte ich mir, ich hätte meine Kräfte unter Kontrolle gehabt, um ihm zu helfen, aber ich schaffte es nicht mich zu verwandeln. Ich denke, auch ihm war bewusst, dass er seinem Schicksal ins Auge blicken musste und dass es Zeit war aufzugeben. Zuerst versuchte er ein letztes Mal, mit gesammelter Energie, die sich ins Fleisch bohrenden Zähne der Falle zu öffnen, doch er schaffte es nicht.
Ich sah nur noch, wie Peter triumphierend auf ihn zu lief und er mit seiner Hand ausholte. Danach drehte ich mich weg, hielt mir verbittert die Ohren zu und hörte das endgültige Brüllen von Alec.
Mit den Händen vor dem Mund, saß ich zusammengekauert unter dem Fenster und weinte. Vorwurfsvoll zweifelte ich an der Vergangenheit. Wäre ich damals nicht auf Peter eingegangen, hätte es nie so weit kommen müssen und alle anderen hätten ihr normales Leben fortführen können. Alec würde noch unter uns weilen und meine Eltern wären nicht in Gefahr gewesen. Ich hatte jemanden blind in den Tot laufen lassen, um meine Familie zu beschützen. Und eines war klar, das würde ich mir niemals verzeihen.
Nachdem ich eine Weile in Trauer und Wut versunken war, traute ich mich einen ersten Blick nach draußen zu werfen. Leblos lag Alec's Körper auf dem Boden und Peter stand, immer noch stolz, neben ihm. Jetzt glühten auch seine Augen Rot und ich konnte erkennen, wie er, schwer atmend, seine neue Kraft genoss.
Er war komplett mit Blut überströmt und seine Kleidung war zerrissen. Es war das schlimmste Bild, das je in meinem Kopf erscheinen war und so schnell würde ich es auch nicht mehr vergessen. Was hatte ich nur getan?
Er trug die Leiche davon und begrub sie ein paar Meter vom Haus entfernt, damit keiner sie finden würde, falls sich doch mal jemand hier her verirren sollte.
Als er kurze Zeit später wiederkehrte, rannte ich verheult und mit fließenden Tränen auf ihn zu. Ich war so wütend und konnte diese Wut einfach nicht zurück halten. Und so hämmerte ich mit meinen Fäusten auf seine Brust und schrie:
"Du hast ihn getötet, du Mörder! Das hat er nicht verdient! Warum hast du das getan?"
"Jetzt komm mal runter, Kleine!", antwortete er. "Jeder Mensch muss irgendwann sterben, das ist der Lauf des Lebens. Hätte ich ihn am Leben gelassen, hätte er jedem davon erzählt, das ich jetzt ein Alpha bin und keiner wird dies je erfahren. Außerdem bin ich ein Raubtier und Raubtiere töten nun mal andere Leute. Egal, ob zum Überleben oder aus der einfachen Lust heraus."
Er hielt mich davon ab, weiter auf ihn einzuschlagen, packte meine Schultern und drückte seine Krallen in meine Haut. Ich versuchte standhaft zu bleiben und den Schmerz auszublenden, damit er wusste, dass ich ihm nicht unterlegen war, aber es ging nicht. Das qualvolle Stechen ließ mich leise aufkeuchen und das Weinen war ebenfalls nicht zu unterdrücken.
"Du bist nicht in der Position mich zu schlagen! Ein Anruf und deine Eltern sind tot!", fügte er noch hinzu, löste seine Klauen und stieß mich zurück ins Haus.
Bedrückt und völlig aufgelöst setzte ich mich allein in die Küche und dachte darüber nach, ob ich versuchen sollte gegen Peter zu kämpfen und mich zu rächen. Theoretisch müsste ich stärker sein als er. Aber mir wurde klar, dass ich ohne Training nicht die geringste Chance hatte. Ich konnte mich ja nicht mal verwandeln.
Der zweite Gedanke, der mir kam, war einfach heimlich wegzulaufen. Doch auch diesen verwarf ich anschließend wieder. Er würde darauf achten, dass ich nicht abhauen konnte, denn ihm war wahrscheinlich auch bewusst, dass er zur Zeit noch die Macht über mich hatte und er wusste genau, dass ich nicht in der Lage war, meine vollen Fähigkeiten zu nutzen.
Ich war in einem unüberwindbaren Teufelskreis gefangen und fand keinen Ausweg aus ihm hinaus.
Hallo 👋🏻
Und Kapitel fünf ist draußen und es ist wieder etwas länger. Ich hoffe die Kampfszene hat euch gefallen und ihr konntet etwas mitfiebern.😊
Freut euch schonmal auf den nächsten Teil, der dann wieder circa in einer Woche kommen wird.
Übrigens vielen herzlichen Dank für die fast 60 Reads♥️. Bleibt dran!
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