~Das Problem~
Unmotiviert saß Lia im Verwandlungsunterricht und starrte ihre Aufgaben an.
Sie verstand sie nicht. Genau wie sie Albus nicht verstand. Er hatte keinen Grund, Amya zu ärgern, aber er tat es, seit dem Zwischenfall in der Besenflugstunde. Und er war leider auch nicht der einzige.
Rose war die ganze Zeit wütend und Lia enttäuscht.
Das wäre jetzt etwas, dass sie vielleicht von Scorpius erwartet hätte, aber niemals von Albus.
Frustriert vergrub sie den Kopf in den Armen. Tilly warf ihr mitleidige Seitenblicke zu und seufzte selbst leise. Die Aufgaben waren viel zu schwer. Lia seufzte erneut und begann dann, irgendetwas aufzuschreiben, dass vielleicht stimmen könnte.
Die Woche verging zäh wie Kaugummi. Die einzigen Lichtblicke waren Zaubertränke und Verteidigung gegen die dunklen Künste.
Rose wechselte kein einziges Wort mit Albus und Amya wurde immer stiller. Es gab Tage, da sagte sie kein Wort. Und nicht nur Albus ärgerte sie, auch einige Slytherins und auch zwei Ravenclaws machten mit.
Irgendwie machte es keinen Spaß mehr Unterricht zu haben, wenn immer jemand die arme Amya piesackte.
Irgendwann reichte es ihr dermassen, dass sie abends im Schlafsaal saß und ihren Eltern schrieb.
Hallo Mama, Papa und Océane.
Wie geht es euch so? Mir geht es gut, aber ich habe eine Frage an euch. Was würdet ihr tun, wenn plötzlich euer bester Freund und Cousin eure Freundin mobbt? Weil das ist passiert. In unsere Klasse ist anfangs Woche ein neues Mädchen gekommen, Amya, sie ist sehr kränklich und war bei der Auswahl im Krankenhaus. Am Nachmittag in der Besenflugstunde war sie dann halt zum ersten mal geflogen und die schlechteste der Klasse. Seit dem mobbt Albus Potter sie. Aber er ist nicht der einzige, fast die ganze Stufe mobbt sie. Sie spricht nicht mehr. Rose, Albus Cousine und meine beste Freundin, ist richtig sauer und spricht nicht mehr mit Albus. Was soll ich tun? Die Stimmung ist im Moment gerade fürchterlich. Auch ich bin total enttäuscht von Albus, denn von ihm hätte ich das nie erwartet.
Tut mir leid, dass das jetzt ein ernstes Thema ist und dieser Brief nicht einer ist, in dem ich euch erzähle, wie toll hier alles ist. Aber zum Schluss noch, in drei Wochen ist das Testspiel für die Quidditchmanschaft. Ich habe beschlossen, mit zu machen. Probieren geht über studieren.
In liebe, Lia.
Sie rollte den Brief auf und band ein Stück Schnur darum. Dann machte sie sich auf den Weg in die Eulerei.
Sie band den Brief wieder einem hübschen Steinkauz um das Bein und sagte ihm, wo er hin musste. Dann lief sie zurück in den Gemeinschaftsraum, um dort ihre Hausaufgaben zu machen.
Der Freitag war schrecklich. Überall bewarfen sie die arme Amya mit Papierkugeln, lachten sie aus und riefen ihr Schimpfwörter hinterher.
Albus streckte ihr die Zunge raus und rief laut: "Wieso gehst du nicht einfach zurück ins St. Mungos? Dort vermisst dich niemand!" Dann lachten er, die zwei Ravenclans und die Slytherins.
Amya weinte leise und versteckte ihr Gesicht hinter ihrem Haar. Auch im Unterricht warfen sie ihr immer Papierflieger an, wenn der Lehrer gerade nicht hin schauten und Albus reichte Zettelchen durch die Klasse, auf denen schlimme Dinge standen.
Als Amya zum wiederholten mal eine Papierkugel an den Kopf gekriegt hatte, stand sie wortlos auf und rauschte aus dem Raum.
"Warte, Amya!", rief Lia ihr nach und ungeachtet der Tatsache, dass gerade Unterricht war, stand sie ebenfalls auf und eilte ihr hinterher.
Dem Lehrer sagte sie, sie würden schnell auf die Toilette gehen und bevor dieser etwas sagen konnte, verließ sie den Raum auch schon.
Doch draußen auf dem Gang konnte sie Amya nicht sehen. "Amya!", rief sie und begann zu suchen. Sie fand sie nicht auf der Toilette und auch nicht in den Umliegenden Klassenzimmern.
Amya Jase war wie vom Erdboden verschluckt.
Schließlich trottete sie mit hängenden Schultern zurück in den Unterricht. Sie machte sich fürchterliche Sorgen, aber die Lektion war schon fast um und irgendwer musste die Sache ja noch ihrem Lehrer erklären.
Auch zum Mittagessen tauchte Amya nicht auf. Lustlos stocherten die Mädchen in ihrem Essen herum, bevor Tilly schließlich verkündete: "Wir müssen sie suchen!" Die anderen nickten und murmelten zustimmende Worte, dann standen sie auf und starteten im Schlafsaal.
Als sie gefühlt ganz Hogwarts abgesucht hatten, und Amya immer noch nicht gefunden hatten, war bereits Zeit fürs Abendessen, aber Lia hatte immer noch keinen Appetit.
Ihre Klassenkameradin war verschwunden, und sie sollten seelenruhig zu abendessen? Wie sollte denn das gehen?
"Ich geh nicht runter.", seufzte Rose und ließ sich missmutig in einen schwarzen Sessel fallen. Lia konnte sie durchaus verstehen. Sie wollte nicht Albus über den Weg laufen oder etwas essen. Lieber würde sie weiterhin Amya suchen gehen.
"Ich kann jetzt nichts essen.", seufzte Lia und ließ sich in einen gelben Sessel neben Rose fallen. Tilly und Wilke nickten nur traurig. Die Blicke der Mädchen sprachen Bände.
"Wir haben alles abgesucht!", jammerte Tilly und starrte demotiviert aus dem Fenster. Währenddessen lehrte sich der Gemeinschaftsraum allmählich.
"Wir haben ganz Hogwarts abgesucht!", hängte sie dann noch an, um ihre Aussage zu verstärken und quetschte sich zu Lia auf den Sessel, während Wilke sich bei Rose auf die Armlehne setzte. "Von oben bis unten.", stimmte Lia zu. "Weiß jemand, wo man noch suchen könnte?", fragte Wilke. Die anderen schüttelten alle den Kopf.
"Der einzige Ort, an dem wir noch nicht waren, ist draußen.", sagte Rose nachdenklich und stützte ihren Kopf auf ihrer Hand ab. Sie starrte wie Tilly zum Fenster heraus und schien angestrengt nach zu denken.
"Aber wo will sie da hingehen?", fragte Lia. "Ins Gewächshaus...", sie schweifte ab, ihre Augen wurden gross und ihr Kinnladen klappte hinunter. Dann sprang sie ruckartig auf und jagte Tilly einen solchen Schrecken ein, dass diese beinahe mitsamt den Sessel rückwärts umgefallen wäre. Das einzige, was das verhinderte, war das Gewicht und die Größe des Sessels.
Rose und Wilke aber sahen Lia verwirrt an. Diese rief laut aus: "Hagrid!"
Rose verstand sofort und sprang ebenfalls ruckartig auf. Dieses mal war es Wilke, die vor Schreck von der Armlehne in den Sessel plumpste.
"Kommt schon!", rief sie aus und war schon auf halbem Weg zum Ausgang, bevor Wilke und Tilly reagierten und ebenfalls aufstanden.
Die Mädchen rannten über die Schlossgründe Richtung verbotener Wald, an dessen Rand auch Hagrids Hütte stand. Sie war nicht ganz so, wie in den Büchern beschrieben. Zwar war sie nicht sehr gross, aber auch nicht klein, sie war größtenteils aus Stein, besaß aber ein Holzdach und einen riesigen Garten mitsamt Gartenhäuschen. Ein schiefer Kamin ragte aus dem Dach hervor und Rauch kam heraus. Es gab sogar eine winzige Veranda, auf der ein einziger Stuhl stand. Alles in allem sah es einfach nur unglaublich gemütlich aus.
Stürmisch klopfte Rose an die grosse, schwer aussehende Tür und von drin erklang eine tiefe Stimme: "Komm ja schon'" Nervös schauten die Mädchen einander an und Lia zwang sich, wenigstens halbwegs zuversichtlich zu lächeln.
Wenn Amya nicht bei Hagrid war, dann wussten sie auch nicht.
Die schwere Haustür knarzte, als sie geöffnet wurde und man konnte zuerst nur Hagrids Umriss erkennen, da es draußen doch schon ziemlich dunkel war und Hagrid von hinten erleuchtet wurde. "Rose, was is' n' los?", fragte er verwirrt und bemerkte erst dann die anderen Mädchen.
"Können wir reinkommen?", fragte diese nur unvermittelt und und machte schon Anstalten, sich an ihm vorbei in die Hütte zu drängeln. Aber Hagrid schob sie zurück.
"Das is' im Moment keine so gute Idee.", sagte er nur abwehrend und war drauf und dran, die Tür wieder zu schließen.
"Weshalb?", meldete sich Lia zu Wort und Hagrids Schweigen deutete sie so, dass entweder Amya in der Hütte war, oder ein Drachenei auf dem Feuer. Sie tippte, oder hoffte mehr auf erstes.
"Wir machen uns Sorgen um Amya.", ergriff nun wieder Rose das Wort und Hagrid seufzte auf. "Wie habt ihr nur rausgefundn' dass sie hier ist.", seufzte er und machte endlich den Weg frei.
Rose schlüpfte sofort zur Tür hinein und verschwand in der Hütte. "War so eine Vorahnung.", merkte Lia an, bevor sie mit Wilke und Tilly ebenfalls die Hütte betrat.
Und am grossen Tisch in der Mitte des Raumes saß tatsächlich eine Amya, vor ihr auf dem Tisch stand eine grosse Tasse mit einer dampfenden Flüssigkeit und Rose hatte sich ihr stürmisch um den Hals geworfen. Auch Lia, Wilke und Tilly waren überglücklich, ihre Freundin wohlauf vorzufinden.
Erleichtert umarmten sie Amya eine nach der anderen und Wilke legte bereits mit einer kleinen Predigt los: "Wir haben uns solche Sorgen gemacht! Wir haben ganz Hogwarts auf den Kopf gestellt!"
Amya lächelte nur matt, aber es war nicht wirklich ein glückliches Lächeln, ihre Augen spiegelten Trauer und Verzweiflung wieder. "Ich wollte euch keine Angst machen, aber das hab ich echt nicht mehr ausgehalten.", sagte sie betroffen.
Auch die Mädchen und Hagrid schwiegen betroffen. "Ich weiß echt nicht, was mit Albus los ist, er war noch nie so.", erklärte Rose traurig und Hagrid sagte: "Du solltest Harry und Ginny einen Brief schreiben. Oder soll ich das machen?" Rose schüttelte den Kopf. "Ich mach das schon.", seufzte sie und schloss Amya wieder in die Arme.
Sie sprachen noch eine halbe Ewigkeit, bevor sich die Mädchen wieder verabschiedeten.
Alle, bis auf Amya. Diese wollte noch nicht wieder in die Schule. Nicht einmal Hogwarts wollte sie betreten.
Schweren Herzens gingen Lia, Rose, Tilly und Wilke dann aber doch noch, bevor das Schlossportal noch zugeschlossen wurde.
Als Lia dann in ihrem gemütlichen Himmelbett lag, starrte sie nachdenklich die Decke an. Es plagten sie viel zu viele Gedanken. Der Atem der anderen ging ebenfalls unregelmäßig, woraus sie schloss, dass sie auch noch nicht schliefen.
Trotzdem war es still im Schlafsaal. Lia konnte das nur recht sein, so konnte sie vernünftig über das Geschehene nachdenken und ihren eigenen Gedanken nach hängen. Irgendwann schlief sie dann auch über eben diesen Gedanken ein.
Am nächsten Morgen schaute sie, sobald sie wach war, reflexartig zu Amyas Bett. Irgendwie deprimierte es sie, zu sehen, dass es leer war, obwohl sie wusste, dass Amya bei Hagrid übernachtete. Sie wusste jetzt, weshalb sich Harry, Ron und Hermine sofort mit ihm angefreundet hatten. Auch sie hatte den Halbriesen sofort ins Herz geschlossen.
Mit einem kleinen Seufzer kletterte sie aus dem Bett und schlüpfte in ihre Schuluniform, die am Ende ihres Bettes über das Brett hing.
Kurz darauf klingelte Tillys Wecker und alle beschwerten sich, sie solle ihn gefälligst ausschalten. Er war einfach viel zu laut für so früh am Morgen.
Bei Frühstück war es wieder das selbe Spiel wie am Tag davor. Niemand hatte gross Lust, etwas zu essen, obwohl sie alle nur ein paar von Hagrids steinharten Keksen gegessen hatten. Sie wussten jetzt zwar, wo Amya war und dass es ihr gut ging, aber sie würde heute nicht in den Unterricht kommen und Albus würde wohl kaum aufhören, sie zu ärgern.
Obwohl es kein ärgern mehr war, es war bereits Mobbing. Es war schon lange Mobbing, wie Lia feststellte.
Der Unterricht ging schleppend voran, Lia hörte kaum richtig zu und sie sah, dass Rose, Tilly und Wilke ebenfalls unmotiviert auf ihren Pergamentrollen herum kritzelten.
Beim Mittagessen sprachen die Mädchen kaum miteinander und waren die ersten, die fertig mit essen waren. Sie warteten nicht einmal den Nachtisch ab, sondern eilten direkt aus dem Schloss heraus, um zu Hagrid und Amya zu gehen.
Dort angekommen fielen sie ihrer Freundin erneut um den Hals. "Es ist so seltsam ohne dich.", erklärte Wilke betrübt und schaute sie traurig an.
"Wir schaffen das zusammen!", rief Rose und Lia stimmte ihr zu. "Du musst wieder in die Schule kommen.", ergänzte Tilly.
"Wir vermissen dich.", jammerte Wilke wieder und Lia sagte: "Wenn du nicht in die Schule kommst, will ich es auch nicht."
Daraufhin sahen sie alle entsetzt an.
"Aber du liebst Hogwarts doch.", protestierte Rose schließlich verwirrt und eilte um den Tisch herum zu Lia.
"Ja, aber ich habe Amya bereits nach einer Woche schon so lieb gewonnen, ohne sie will ich nicht mehr zur Schule.", erklärte Lia und Tilly stand mit einem Seufzen auf. "Dann will ich auch nicht zur Schule.", sagte sie und es dauerte keine Sekunde, bis Wilke und Rose genau das selbe sagten.
Amya starrte sie fassungslos an. "Seid ihr sicher?", fragte sie und ihre Stimme klang seltsam brüchig. Alle nickten. "Aber ihr müsst zur Schule!", rief sie verzweifelt aus. Lia nickte und entgegnete: "Du aber auch."
Dann war sie erst einmal still.
"Na schön.", verkündete sie schließlich. "Noch zwei Tage, so lange brauche ich mindestens noch eine Pause.
"Ja!", jubelte Tilly und fiel Amya wieder einmal um den Hals. Irgendwie tat sie das noch ziemlich oft. Amya lächelte daraufhin nur verlegen und die anderen grinsten breit zurück.
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Ich mag Amya, und ihr? Wie findet ihr meine Fanfiktion eigentlich bis jetzt? Ich würde mich über Kritik und Verbesserungsvorschläge sehr freuen^^
Lg, Seepfote
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