Ein Galgen im Atelier
„Meinst du, er kommt noch?", ungeduldig tippelt Sheila mit den Fingerkuppen auf ihrem Collegeblock herum und wirft mir dann einen fragenden Blick, aus ihren großen dunklen Augen zu, ehe sie sich ihre schulterlangen, mausbraunen Haare hinters Ohr streicht.
„Was?", irritiert schaue ich auf, war ich doch gerade damit beschäftigt gewesen, nicht die Hälfte meines Subs auf meinem Schoß zu verteilen.
„Professor Twany.", sagt sie und mustert mich kurz, lächelt dann jedoch.
„Hast du jemals Essen gelernt?", möchte sie wissen uns streicht mit dann behutsam mit den Daumen die Soße aus dem Mundwinkel.
Entnervt verziehe ich das Gesicht und fahren mir dann selbst mit dem Handrücken das Kinn entlang.
Und die Wangen, sicher ist sicher und um die Frage zu beantworten: Nein, habe ich nicht.
Am Ende des Tages hängt es überall, doch es bringt einen positiven Effekt mit sich.
Sollte spontan eine Hungerepidemie ausbrechen, würde ich als letzter sterben, denn irgendwo in meinen Haaren findet sich bestimmt noch etwas, was mich am Leben hält.
Kleiner Spaß, ich verasch' euch nur.
Ich geh regelmäßig duschen, okay? Ich bin nicht ekelig.
Vielleicht im Moment nicht sonderlich ästhetisch, da mir die Hälfte meiner Jalapeños irgendwo im Gesicht klebt.
Aber auch wir Kunststudenten haben unsere schwachen Momente.
„Dürfen wir nicht gehen, wenn der Professor länger als eine halbe Stunde auf sich warten lässt?"
Das ist Daniel, der sich zu uns umdreht.
Ich zucke nur unbestimmt mit den Schultern, schaue dann fragend zu Sheila, die auch unsicher scheint: "Das galt doch zu Schulzeiten aber ich bin mir nicht sicher...", entgegnet sie zögerlich, doch unsere Frage beantwortet sich von selbst, denn just in dieser Sekunde geht ein unglückliches Raunen durch den Hörsaal.
Die ersten Vorlesungsteilnehmer erheben sich, räumen ihre Sachen zusammen und stapfen leicht genervt, die Stufen, die an den Seiten der Riegen vorbei führen, hinunter, gen Ausgang.
„Ha!", freut sich Daniel und versetzt dann Samuel, neben sich einen Stoß, was einen Strich quer durch seine Zeichnung zur Folge hat.
„Oh, shit, sorry Bruder.", entschuldigt sich Daniel hastig und ich verziehe das Gesicht und lasse zischend die Luft, durch die Zähne entweichen.
Das Bild sah echt gut aus und so, wie ich das von hier einschätzen kann, hat er es mit Kohle gezeichnet und Kohle lässt sich äußerst schlecht radieren.
Wenn dann, nur mit einem Knetradierer und auch da, bleibt nach stundenlangem drüber-tupfen noch ein Schatten zurück.
Samuel seufzt leise, betrachtet sich dann wehmütig das ruinierte Werk, gibt sich dann jedoch gelassen und lässt den Block, samt Stiften in seiner Tasche verschwinden.
„Halb so wild, war eh nur eine Skizze.", murmelt er, doch ein leicht genervter Unterton schwingt dennoch in dem Gesprochenen mit.
Sheila und ich werfen uns einen jeweils vielsagenden Blick zu.
Ich habe noch nie jemanden erlebt, bei dem Affektregulation so groß geschrieben wird, wie bei Samuel und das, obwohl in unserer Landessprache beinah alles klein anfängt.
Ich werfe Sam einen entschuldigenden Blick zu, als der meine und seine sich kurz kreuzen, doch er schüttelt bloß den Kopf, zieht sich dann die Kaputze über die kurze, schwarz gefärbte Strubbelfrisur und führt unsere kleine Gruppe die Treppen hinab, gen Ausgang.
Bei Samuel kann man bis auf zehn Meilen im Voraus erkennen, dass er Kunststudent ist, fällt mir auf, wie ich ihn kurz unauffällig beobachte.
Er passt einfach zu gut ins Bild.
Alternativer urban-vintage Style, gefärbte Haare, die er sich selbst schneidet und meist ruhig, so ein wenig in seinem eigenen Kosmos unterwegs.
Er hätte mit Sicherheit gut in die Philosophie gepasst, Nick meinte das mal und hat dann irgendwas von laterales Denken erzählt und das wir Kunststudenten durch unsere Divergenz auszeichnen.
Keine Ahnung was das bedeutet, ich glaube, es war ein Kompliment, aber so genau kann man das nie wissen, wenn Nick sein Fachjargon auspackt.
„Er meinte nämlich, dass man bis zum Ende der eigentlich Vorlesung sitzen bleiben muss, aber das ist doch Quatsch!", wendet sich Daniel plötzlich an mich: "Guckt, alle Anderen gehen auch."
Ich schaue auf und tatsächlich hat sich die Personenzahl inzwischen stark dezimiert.
„Na, dann.", beschließe ich schulterzuckend, knülle das Packpapier des Sandwichs zusammen und somit verlassen Dan und ich als Letzten die oberen Riege.
Daniel und ich, ... nun sagen wir, uns sieht man weniger an, dass wir Kunst studieren.
Oder überhaupt studieren.
Sowohl Daniel und ich rocken den Jogging-Hosen-Bomberjacken-Hoodie-Style und da macht uns keiner was vor.
Nur im Gegensatz zu Daniel ist es mir nicht egal, was meine Haare machen und ich verbringe gerne mal bis zu einer halben Stunde im Bad, um sie mit Föhn und Sprühkleber in die richtige Pose zu bringen.
Ihr seht, ich bin Greta Thunbergs favorite chic.
Und anschließend fliege ich, wenn der Wind günstig steht, in meinem Plastiktüten-Heißluftballon zur Uni.
Ich werfe einen flüchtigen Blick auf Daniels kurz getrimmte Seiten und auch oben auf dem Kopf ... das können höchstens zwei-drei Zentimeter sein, wenn überhaupt.
Naja, jedem wie's ihm passt, ...
„Und wenn er doch noch kommt?" Sheila wirft mir einen nervösen Blick zu, scheint, am Fuße der Treppen, auf uns gewartet zu haben.
Unauffällig schiele ich auf mein Handy und tatsächlich ist unser Professor Twany bereits mehr als eine halbe Stunde zu spät, dabei ist der Kerl sonst immer überpünktlich, hat uns mal erklärt, dass er warten bis auf den Tod nicht ausstehen kann.
Er lässt auch niemanden mehr rein, selbst wenn dieser jemand nur ein paar Sekunden nach dem Dingel-Dong erscheint, weil er leider nicht Harry Potter ist und demnach sich auch nicht die Treppen hoch apparieren kann.
Und ihr müsst aufpassen, sie ändern gerne die Richtung.
In diese Abneigung zum warten, fällt offensichtlich auch rein, dass unser Professor, andere nicht gerne rein lässt.
Ganz nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir.
Daraus schließe ich... ich, der das induktive Schließen beherrscht wie kein Anderer.
Stichwirt Divergenz und so,...
„Vermutlich ist er krank.", spreche ich meinen Gedanken aus, was einstimmiges Nicken von Samuel und Daniel beschwört.
„Aber dann hätten wir doch nh Mail bekomme?", bemängelt Sheila unglücklich und unweigerlich rolle ich mit den Augen.
„Komm schon, Sheila, du kannst dir nicht immer wegen jedem Furz Sorgen machen.", mischt sich Daniel ein und zögerliche nickt meine beste Freundin, ehe sie mir erneut einen unsicheren Blick zuwirft.
„Scheiß drauf.", dränge ich weiter, nun etwas sanfter und zwinkere ihr dann zu, „Wenn jemand was sagt, dann behaupte einfach, wir haben dich entführt und wollten dich verschleppen der sowas,..." ,entscheide ich trocken und diesmal ist Sheila diejenige, die mit den Augen rollt.
„Was denn?", lache ich, schiebe mich durch die engen Reihen und hoppse dann, mit einem Mal wieder hochmotiviert, die ersten Stufen nach unten.
Inzwischen sind wir wirklich die Letzten.
„Dann wärst du immerhin fein aus dem Schneider.", bemerke ich und grinse sie schief an, muss allerdings erleichtert fest stellen, dass sie endlich ihre Sachen zusammen räumt und die Jacke überzieht.
„Sag das nicht so, nachher tut sie das wirklich noch.", murrt Daniel grinsend und wir beide stiefeln langsam nach unten, warten am Treppenabsatz dann auf Sheila und Samuel.
„Das würdest du nicht machen, oder Hase?", lache ich und lege meinen Arm um Sheila Schultern, sowie beide endlich zu uns gestoßen sind.
„Vielleicht ja doch.", antwortet sie hell und schaut schelmisch zu mir auf und ich muss unweigerlich noch etwas lauter lachen, denn Sheila ist einfach so herrlich unschuldig, wie sie da neben mir geht, die Bücher schützend gegen ihre Brust gedrückt und lieb zu mir auf lächelnd.
Wahrscheinlich hätte sie mir auch sagen können, dass sie einen Hannibal-Fetisch hat und gerne Menschen tötet und dann verspeist und ich hätte sie immer noch süß gefunden.
Komische Vorstellung.
Less cannabis, meine Freunde... und, ähm, der ganze andere Scheiß, ach ihr wisst schon.
Draußen auf dem Flur teilt sich unsere kleine Gruppe und während der Rest des Dreamteams den Weg nach rechts einschlägt, entscheide ich mich für den Linken.
Augenblicklich halten die drei Inne und grinsend wirble ich auf den Fußspitzen herum.
„Ich warte noch auf Nick, er hat in knapp ner Stunde aus.", erkläre ich, während ich wippend zum Stehen komme.
„Ach so, ja gut, dann bis morgen.", verabschiedet Daniel sich und auch die Anderen winken.
„Denk dran, morgen ist theoretische Kunst in den ersten beiden.", ruft Daniel mir noch hinterher und ich hebe die Hand, um zu verstehen zu geben, dass ich ihn verstanden habe.
Das weiß ich, nur ob ich komme, ist die Frage.
Das ist halt immer so ein Ding, mit der Motivation.
Mal ist sie da... und mal wieder nicht.
Wie das so ist, bei den Studenten.
Und wenn du dir Einen rauchst, dann ist sie ohnehin die nächste Zeit erst einmal auf Wanderung.
Leicht schmunzelnd schlage ich also den Weg in Richtung des Gebäudetraktes ein, in dem Nick der Weilen hockt und sich wahrscheinlich, höchst motiviert seine Philosophie-Vorlesung gibt und so wie ich den Jungen kenne, jedes noch so kleine Detail mitschreibt.
Kultur- und Geisteswissenschaften.
Oder für's einfache Fußvolk übersetzt: Philosophie.
Ich finde, man muss schon ziemlich kaputt in der Birne sein um so eine Studiengang zu belegen, aber zu Nick passt es irgendwie.
Und irgendwie wirkt es an ihm auch gar nicht so nerdig, wie es das an manch anderem möglicherweise tun würde, doch an Nick ist irgendwie alles cool.
Selbst so ein freakiges Fachgebiet, lässt er cool erscheinen.
Das ist ein Talent.
Definitiv.
Ein Blick auf das Display meines Iphones verrät mir, dass es allerdings noch zu früh ist und wenn ich nicht eine dreiviertel Stunde planlos vor dem verschlossenen Vorlesungssaal herumlungern möchte, sollte ich mir so lange eine andere Beschäftigung suchen.
Leise schnaubend lasse ich das Mobilteil zurück in meine Tasche gleiten und statt weiter geradeaus und somit Richtung Saal zu gehen, nehme ich die Treppen, die rechts von mir nach oben führen.
Mein Weg führt mich schließlich zum Atelier, vorsichtig öffne ich die Tür und luge in den Raum, muss aber erleichtert fest stellen, dass ich tatsächlich alleine bin.
Die Jalapeños wirken.
Wer hätt's gedacht.
Ernsthaft mal,... wer hätt's gedacht?
Laut aufseufzend betrete ich den Raum, die Luft hier drin ist kühl, denn die Fenster sind eigentlich immer geöffnet, den Dämpfen wegen, trotzdem riecht es nach Farbe, nach Lack und auch ein bisschen nach Sägespänen.
Leise summend lege ich meine Sporttasche auf einem der langen Tische ab, behalte meine Jacke dennoch an, denn warm ist definitiv anders und gehe durch den großen, offenen Raum, in Richtung Öfen.
Der Boden ist vollgeschmiert mit Farbe, an manchen Stellen mit Zeitungspapier ausgelegt, was wahrscheinlich ein süßer Versuch sein soll, ihn vor weiteren Verunreinigungen zu schützen, doch da sind Hopfen und Malz verloren.
Genau so wie bei den Tischen und ich lüge nicht, wenn ich sage, ich habe keine Ahnung, welche Farbe sie ursprünglich einmal hatten.
Irgendwann haben uns die Professoren und Lehrer einmal die Anordnung gegeben, wann immer wir mit etwas arbeiten, was „Dreck" verursacht, bitte Unterlagen zu benutzten, wobei ich mich frage, was das noch bringen soll.
It's over, baby.
Den Schmär kriegste' nicht mehr ab.
Nach wie vor summend und mich inzwischen für eine Melodie entschieden habend und zwar für „One last time" von Ariana Grande, was das totale Mädchenlied ist, aber hier drin hört mich ja keiner.
Mit einer schwungvollen Bewegung öffne ich die Klappe einer der Tonöfen, lange hinein und ziehe meine beiden Skulpturen heraus, muss allerdings deprimiert feststellen, dass sie explodiert zu sein scheinen.
Mit zusammengekniffenen Augen beuge ich mich etwas hinunter und schaue in den hinteren Teil des Ofens und es tut mir wirklich leid, doch so wie es ausschaut haben sie augenscheinlich auch alle umliegenden Figürchen mit in den Tod gerissen.
Nervös schnalzend und die Zähne verkrampft aufeinander drücken, ziehe ich unter lautem Zischen die Luft ein und frage mich, wie ich die Schuld an diesen Lehmfiguren-Massenmord am unauffälligsten wem anders in die Schuhe schieben kann.
Am besten ich lasse meine beiden Meisterwerke auffällig, unauffällig verschwinden, denn das scheint mir der erste, richtige Schritt zu sein und während ich zum Mülleimer stiefle.
Und während ich von „One Last time" zu „Time to say goodbye" überwechsle, höre ich auf einmal ein lautes Poltern, aus dem hinteren Teil, des Raumes.
Augenblicklich halte ich inne und schaue verwundert auf, doch erkennen kann ich nichts.
Möglicherweise eine Leinwand, die mal wieder von irgendwelchen Anfänger nicht richtig auf der Staffelei befestigt worden ist und nun ein Opfer der Gravitation geworden ist.
Schulterzuckend versenke ich meine Lehmfiguren im Mülleimer, reiße noch ein paar Papierhandtücher, aus dem Spender, über dem Waschbecken, neben mir, was im übrigen ähnlich weiß ist, wie die Tische vermutlich einmal braun waren und beerdige meine Werke da drunter.
Aus den Augen, aus dem Sinn.
Gut gemacht, Deidara.
Wenn ich ein Mörder wäre, dann wäre ich ein harter Fall für die Polizei, nennt mich „Jack the Ripper".
Wenn ich mal wieder in der Heimat bin, dann schicke ich Scotland Yard nh' Postkarte.
Wie es sich gehört.
Einen letzten anerkennenden Blick schenke ich den Verstorbenen, murmle ein „Macht's gut." und wende mich dann von den beiden Kamikaze-Helden ab, gehe zurück zu meiner Tasche, da höre ich es erneut.
Dieses Poltern.
Wieder bleibe ich stehen, schaue mich mit zusammengekniffenen Augen um, doch immer noch, kann ich niemanden erkennen.
„Hallo?", rufe ich in den hinter liegenden Teil, des lang gezogenen Raumes hinein, doch wie zu erwarten war, erhalte ich keine Antwort.
„Ist da jemand?", möchte ich wissen, lasse von meiner Tasche ab und gehe ein paar unsichere Schritte.
Dann halte ich inne.
Stille.
Und dann poltert es erneut, dieses Mal noch lauter.
Augenblicklich richtet sich mein Blick auf die Tür des anliegenden Kabuffs, in welchem wir die Materialien bunkern.
Zwar neugierig, aber auch ein bisschen nervös, zugegebenermaßen, bewege ich mich auf Zehenspitzen in Richtung der dicken, blauen Tür, bis ich vor ihr zum Stehen komme und mucksmäuschenstill mein Ohr an das Holz halte.
Es folgt erneut Stille und ich wage kaum zu atmen, doch dann poltert es mit einem Mal erneut und ich springe augenblicklich zurück, muss mich beherrschen nicht auf zu quieken, denn, was auch immer dort ist, es befindet sich direkt hinter der Tür.
Kritisch musterte ich nun genau diese, mache noch einen weiteren Schritt zurück, so, als bestände die Gefahr, sie könnte mich ansonsten anfallen und keine Ahnung, erdolchen, oder beißen und mit Tollwut infizieren.
Tja, die Rabies machen auch vor dem ZNS von Holztüren keinen Halt, da muss man sich schon in Acht nehmen.
Ich seufze, zwinge ich mich dann zur Ruhe, ehe ich mir innerlich Mut zuspreche und führe mir auch gleichzeitig vor Augen, wie albern ich mich gerade aufführe.
Wahrscheinlich ist es einfach nur ein Vogel, der durch das offene Fenster hineingelangt ist und nun verzweifelt seinen Weg nach draußen sucht und dabei alles runter reißt.
Und die Tollwut hat.
Oder aber, ...
Wohl kaum, würde sich irgendwer am helllichten Tage, im Ressourcenraum der Dawn University verstecken, obwohl, ... man hört vieles.
Vielleicht war es sogar Dr. Lecter, der tatsächlich auf Sheila gewartet hat und am Ende hatte ich mit meiner Vermutung doch Recht und wurde zu allem Überfluss auch noch das Abendessen.
Darüber schmunzelnd, lange ich mit der einen Hand in das Regal neben mir und ziehe eines der größeren, frisch geschleiften Messer zu mir heran, denn, sicher ist sicher, die andere Hand legt sich um die eiserne, kühle Türklinke.
Ich warte ein paar Sekunden, hole tief Luft und reiße die Tür dann auf.
Beinah hätte ich das Messer fallen lassen und völlig entgeistert, mit heruntergeklappter Kinnlade, starre ich auf das, was dort vor mir ist.
Ein Vogel ist es nicht und auch kein Hannibal Lecter.
Vielmehr ist es ein Mensch, jemanden, den nicht direkt erkenne, da er mir mit dem Rücken zugewandt, ... hängt.
Er hängt, ihr habt richtig gelesen, er hängt, an einem Strick, einer Art provisorischem Galgen, der mehr schlecht als recht, durch die Balken der Regale an der Wand gehalten wird und unter ihm ein umgekippter Hocker.
Für ein paar Sekunden stehe ich da wie angewurzelt, habe sogar vergessen zu atmen und stünde ich nicht komplett unter Schock, hätte ich vermutlich geschrien, ... ich meine... was zur Hölle?!
Ich meine...
What the fuck?!
Da hat sich einfach gerade jemand umgebracht und ich habe diese Person gefunden.
Am helllichten Tage.
Im Atelier der Uni.
Blinzelnd schaue ich auf den sich mir darbietenden Anblick, mein Herz klopf mir bis zum Halse und ganz sicher, dass meine Augen mir da gerade einen Streich spielen, bin ich mir nicht.
Dann beginnt die Person mit einem Mal zu zappeln, ihre Beine zucken unkontrolliert und sie beginnt zu rotieren und sich um ihre eigene Achse zu drehen.
Mit nach wie vor geöffneten Mund wohne ich diesem Überlebenskampf bei, bis mir mit einem Mal auffällt, dass, wer immer dieser Mensch auch sein mag, denn sein Gesicht kann ich nach wie vor nicht erkennen, noch lebt und gerade röchelnd und japsend, vor mir, an einem Strick baumelt.
Wie von selbst bewegen sich meine Beine, ich nehme Schwung, springe gekonnt auf den daneben stehenden Tisch und cutte mit einer einzigen Bewegung das Seil, mit dem Messer, welches sich nach wie vor in meiner Hand befindet.
Die Schnittfläche ist dermaßen geschärft, dass der Strick sofort durch ist, die Person fällt halb auf den Boden, halb auf den Hocker, der immer noch dort liegt und ich zucke unter dem lauten Schmerzensschrei kurz zusammen.
Das hat locker gut wehgetan.
Aber lieber Rückgrat durch, als Genick, obwohl... beides jetzt nicht so geil.
Muss man nicht haben.
Am ganzen Körper bebend, gehe ich in die Knie und lasse mich schwer atmend auf die Tischplatte sinken und erst jetzt, fällt mir auf, was hier gerade passiert ist.
Und was hier vermutlich passiert wäre, hätte ich nicht so reagiert, wie ich reagiert hätte.
Und das war nur Glück, denn viel gedacht habe ich nicht mehr und irgendwie bin ich auch ein bisschen stolz, dass ich nicht einfach ohnmächtig geworden bin, denn gerade wird mir schon etwas schwindelig.
Mit zitternden Händen lege ich das Messer neben mir ab, beuge mich etwas nach vorne um zu erkennen, wem ich denn da gerade das Leben gerettet habe und augenblicklich bleibt mir die Spucke im Halse stecken.
Ich möchte etwas sagen, doch über meine Lippen kommt nur ein kratziges Irgendwas und fassungslos starre ich auf die Person, welche sich dort unten gerade stöhnend aufsetzt und sich mit beiden Händen sofort in den Nacken greift, dann schmerzerfüllt das Gesicht verzieht.
Mit weit aufgerissenen Augen und offen stehendem Mund schaue ich auf den jungen Mann, welcher nun ebenfalls den Blick hebt, mich entsetzt mustert und für einen kurzen Moment betrachten wir uns einfach gegenseitig schockiert.
„Jamie?"
Er ist der Erste, der die Sprache wieder findet.
Ich nicke, schließe dann meinen Mund und rutsche näher an die Kante des Tisches heran, reibe nur kurz über die Augen, um sicher zu gehen, dass ich mich nicht verguckt habe, doch Tatsache...
„Professor Twany?", hauche ich entsetzt.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro