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23 - Erinnern

Eine Stunde später sitzen wir zwischen Kissenbergen auf mein Sofa gekuschelt, wir haben gegessen. Paul konnte zwar nicht grade alleine gehen – das hatten wir in diesen vier Tagen ja noch nie, weil er gleich mit Unterernährung und Fieber gestartet war – aber er ist so viel fitter als am Tag zuvor, dass wir dieses amerikanische Zeug allmählich für ein Wundermittel halten. Und nun blättern wir gemeinsam durch meine Kindheitsfotoalben. Wie gestern schon schwelgen wir in den guten alten Zeiten, lachen über Gesichtsausdrücke, veraltete Klamotten und komische Situationen. Nur bin diesmal ich es, der erzählt. Da Nena keine zwei Jahre jünger gewesen war als ich, taucht sie ziemlich bald auch auf den Bildern auf, und Paul geht sehr sensibel damit um, fragt vorsichtig, hört aufmerksam zu, wenn ich mal mit Lachen, mal mit Schwärmen, mal mit Tränen von dem süßesten Katzenmädchen aller Zeiten erzähle. Von ihrer Lieblingsfarbe, ihrem Lieblingsspiel, ihrem Lieblingsschlaflied, ... Mir wird bewusst, dass ich alle Alben mit Kinderbildern seit Nenas Tod nicht mehr angesehen habe.
Ich wollte vergessen. Geholfen hat das überhaupt nicht. Aber das hier, das Erinnern, das tut gut ...

„Was hat sie denn am allerliebsten gegessen?"
Ich muss schmunzeln.
„Rate mal, warum ich uns am Donnerstag auf Verdacht diesen großen Pott Milchreis gekocht habe."
Paul schaut fast zärtlich auf ein Bild, wo Nena auf meinem Schoß sitzt, und ich erkläre das Bild.
"Wir sind da beide im Grundschulalter. Ich war tatsächlich in der Grundschule, Nena war zu Hause - sie galt als nicht beschulbar, weil sie nur ganz wenige Worte sprechen konnte."
Man kann beim Betrachten des Bildes gradezu hören, wie sie schnurrt, weil ich sie zwischen den Ohren kraule.
„Danke, Nena. Du hast einen guten Geschmack!"
Sein Dank verblüfft mich, aber er macht mich auch glücklich. Paul weckt meine goldige Schwester in meinen Erinnerungen auf, so intensiv, als ob sie neben uns sitzen, in die Hände klatschen und fröhlich auf das Bild zeigen würde.

„Ich bin wirklich kein großer Koch. Aber Milchreis hat Nena sooo geliebt, dass ich das irgendwann gelernt habe, ihr zuliebe."
Paul schüttelt den Kopf und schaut mich ungläubig an.
„Das ist doch nun wirklich nicht schwer!"
Ich plustere empört die Backen auf.
„Wohl! Hast du'ne Ahnung! Ich kann sogar Wasser anbrennen lassen."
Paul kringelt sich bei der Vorstellung.
„Schon gut. Da ist Milchreis allerdings eine echte Herausforderung! Aber das reicht mir ja völlig aus."
Dann legt er seinen Kopf auf meine Schulter und schweigt verträumt.

Danke, Niklas, dass ich heute nochmal so viel von dir erfahren darf. Das mit den Bildern von Nena fällt dir bestimmt nicht leicht. Sammys Tod hat schon so weh getan. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, was es heißt, eine Schwester zu lieben und dann zu verlieren.

Irgendwann redet er leise weiter.
„Ich hab mir immer eine Schwester oder einen Bruder gewünscht. Aber meine Eltern haben sich nicht mehr getraut. Stattdessen hatte ich Sammy."
Sammy war auf ein paar Bildern in Pauls Album drauf gewesen, deshalb weiß ich, wie er ausgesehen hat. Er war ein echt niedlicher Knirps und sah so unschuldig aus, dass sein Schock über sein Schicksal und sein Leiden als Versuchs"kaninchen" wirklich unbeschreiblich groß gewesen sein müssen.
„Ich bin immer an Weihnachten und an seinem Geburtstag an sein Grab gegangen. Das Grab wird nicht mal gepflegt. Ich war der einzige, der dort Blumen hin gebracht hat."

Niemand geht dann mehr an Sammys Grab ...

Wir blättern weiter im Album und albern bald wieder rum. Diesmal sind es Bilder von einem Urlaub am Meer. Während ich offensichtlich quietschend vor Vergnügen im flachen Wasser plantsche und versuche, meinen Vater in meiner Nähe nass zu spritzen, steht Nena wie ein Storch im Salat am Ufer auf einem Bein und schaut das Wasser so angeekelt an, als wäre es giftig oder würde beißen. Während Paul mir erzählt, dass ihm das Meer und die meisten Schwimmbäder einfach zu unübersichtlich waren, er es aber im Sommer geliebt hat, an heißen Tagen durch den Rasensprenger zu rennen, läuft in meinem Kopf eine Gedankenspur nebenher.
Sammys Grab ... 

Und dann wird mir auch klar, was.
„Du, Paul? Wenn du ... falls du ... stirbst. Wo möchtest du denn dann eigentlich begraben werden, und wie?"
Paul schiebt das Album von meinem Schoß und legt sich in meine Arme.
„Das hab ich auch eben plötzlich gedacht. Als wir von Sammy gesprochen haben."
Eine Weile schweigen wir, und Paul denkt nach.
„Hm. Ich glaube, ich möchte nicht, dass meine Eltern das regeln. Sondern ihr und Oma. Ich könnte natürlich bei Oma ... Aber die wird ja nicht mehr so ewig lange leben, und dann ist da niemand mehr, der mich ab und zu 'besucht'. Also lieber hier."

Wieder schweigen wir. Aber in meinem Kopf formt sich eine Idee.
„Paul, könntest du dir vorstellen, dass wir versuchen, dich neben Sammy zu legen? Wenn da ein Platz frei ist!"
Sofort leuchten seine Augen auf.
„Sammy liegt irgendwo abseits, auf dem Waldfriedhof. Da geht das Gelände schon fast in Wald über, da hüpfen sogar Eichhörnchen rum, und es steht eine Bank ganz da in der Nähe. Da kommt nur sehr selten jemand hin, weil da nicht viele liegen. ... Ich mag Wald ..."
Das klingt nach einer guten Lösung.
„Gut, dann werden wir das versuchen. Und mir ist das egal. Dann besuche ich euch eben gleich beide! Und pflege natürlich beide Gräber. Mach dich auf Remmidemmi gefasst. Ich werde nicht nur zweimal im Jahr vorbeischneien!"

Das wäre aber eine ziemliche Sensation,
wenns da im Sommer schneit ...

Paul grinst.
„Das wäre schön! Hoffentlich erlauben meine Eltern das. Meine Oma ist ja festgenagelt, die kann nicht dafür kämpfen. Und meine Eltern werden vielleicht nicht auf euch hören."
Ich wiege den Kopf hin und her.
„Aber du könntest einen letzten Willen schriftlich formulieren. Wir haben im Netzwerk auch Anwälte und Notare. Da findet sich bestimmt einer, der heute noch hier vorbei kommt, um das zu beglaubigen. Was meinst du?"

In dem Moment kommt mein Vater rein und bringt uns das Laptop.
„Jungs, Oma ist dran. Eine Runde Skypen. Und – ich habe ihr alles erzählt."
Wir richten uns auf, und ich sortiere ein paar stützende Kissen in Pauls Rücken.
„Du Papa. Wir sind grade noch auf was gekommen. Könntest du versuchen, Kalle zu erreichen? Damit Paul noch einen notariell beglaubigten letzten Willen schreiben kann."
Mein Vater nickt.
„Klar, versuch ich gleich."

Schnell klappen wir den Laptop auf und gehen auf Skypen. Pauls Oma strahlt uns förmlich entgegen.
„Jungs,ich bin so froh, dass es Paul noch mal so gut geht. Ihr sollt doch noch Freude aneinander haben heute!"
Paul grinst.
„Das haben wir, Oma. Das haben wir. Aber wie geht es dir? Ich höre gar kein Gekeife im Hintergrund."
Seine Oma kichert.
„Weg. Husch-husch – davon! Die Pflegedienstleitung ist aus dem Urlaub gekommen. Der Mann hat sich erst die Beschwerden der Ärzte über mich schwierige und störende Patientin angehört. Dann hat er sich Jacks Beschwerden über die diskriminierenden Ärzte und die jammernde 'Mitbewohnerin' angehört. Und schwupp – war die Kneifzange draußen. Der Mann ist persönlich zu mir gekommen, um sich bei mir zu entschuldigen, dass das alles so schief gegangen ist. Er hat sogar versucht, ob ich noch heute verlegt werden kann. Daraus wird leider nichts. Aber spätestens übermorgen bin ich bei euch, sagt er. Sie darf jetzt ein Sechsbettzimmer auf Trab halten und schikanieren, und ich habe hier meine Ruhe."

Sie imitiert die Empörung der anderen Dame, als ihr die Verlegung verkündet wird. Wir sitzen hier vor meinem Laptop und kringeln uns weg bei dieser Vorstellung.
„Aber ihre Proteste sind völlig ins Leere gelaufen, weil der Pflegedienstleiter ihr mit ihren eigenen Argumenten den Wind aus den Segeln genommen hat."
Wir lachen Tränen über diese saukomische Vorstellung.
„Oma! Du hättest zum Kabarett gehen sollen. Du hast echt Talent!"
Ahnst du, Paul, WIE glücklich du mich damit machst, dass du nochmal so befreit lachen kannst?

Wir alle wissen, dass eine Verlegung am Montag oder Dienstag für Paul und seine Oma zum Abschiednehmen zu spät ist. Aber keiner spricht es aus. Jedenfalls wird sie hier sein, die Eltern in Schach halten und die Beerdigung mit organisieren können. Und das erleichtert uns alle sehr.
„Aber sag mal, Paulchen. Du siehst soviel besser aus als gestern Abend. Das ist sooo schön zu sehen. Hoffentlich hält das noch einige Stunden an!"
Paul und seine Oma reden noch eine ganze Weile, und es ist ein Genuss, dass Oma nun völlig frei sprechen und sich natürlich benehmen kann. So hat sie noch viel mehr Esprit und Ausstrahlung als in den letzten Tagen schon.

Doch urplötzlich ist es still hier und dort. Die beiden schauen sich zärtlich an.
„Paule, ..."
„Oma, ich ..."
Schweigen. Und Tränen.
„Paulchen, ich glaube, ... wir sollten es uns nicht zu schwer machen. Wir sagen jetzt tschüß. Ich liebe dich. Ich denke an dich. Ich werde heute Nacht mit Jack zusammen hier wachen. Vielleicht reden wir nochmal, vielleicht auch nicht. Aber das allerwichtigste ist, dass du in deinem letzten Augenblick weißt: du bist unendlich geliebt!"
Paul hat die ganze Zeit genickt dazu. Doch sagen kann er nichts mehr. Seine Oma macht direkt nach ihren Worten ihr Gerät ganz schnell aus.
Ich bin soo dankbar, Jack bei ihr zu wissen.

Viel Zeit, darüber nachzudenken, habe ich allerdings nicht. Denn Paul fängt herzzerreißend an zu weinen. Ich kann ihn nur halten. Trösten kann ihn im Moment keiner, nicht mal die Maus, an die er sich klammert. Er sehnt sich dermaßen nach seiner Oma, dass es uns alle schier in Stücke reißt. Erst nach einer ganzen Weile geht sein Schluchzen in unruhigen Schlaf über. Ich mache es mir – mit Paul im Arm – auf dem Sofa bequem. Eine Weile später nimmt mein Vater sein Laptop und will wieder gehen.

„Papa? Wie haben die vier Kollegen eigentlich auf dein Experimentieren reagiert?"
Mein Vater setzt sich wieder und schaut mich direkt an.
„Nick, ich möchte, dass du weißt, dass ich nicht stolz darauf bin, dieses Risiko eingegangen zu sein. Deshalb war ich auch mit jeden eintreffenden Werten erleichterter, dass sich das Wagnis nicht gerächt hat. Die Kollegen in den USA haben ja schon ein paar Erfahrungen damit und haben es gelassen hingenommen. Die beiden anderen haben etwas 'die Stirn gerunzelt'. Im Gespräch, nachdem ich diese mehr als drei Tage hier geschildert hatte, haben aber alle gesagt, dass sie wahrscheinlich genauso reagiert hätten. Die Ami's haben mir geraten, das Mittel ab 21:00 allmählich rauszufahren. Sie haben noch keine Erfahrungen damit, das Mittel bis zum Schluss zu geben. Und es war auch in den letzten Stunden nie mehr nötig. Jedenfalls sind wir auch wild entschlossen, jetzt dieses Mittel bekannt zu machen und breit zu testen an den Wesen, die ausdrücklich bereit sind, die Risiken einzugehen."
Ich greife nach seiner Hand. Um ihm zu zeigen, dass ich ihm nicht böse bin, und dass ich den Weg weiter mit ihm gehen werde.

„Aber viel interessanter waren unsere Gespräche über ... euch beide, das Knabbern, die messbaren Veränderungen – und die verdammte Frage nach dem richtigen und dem falschen Kuss. Alle vier haben spontan gesagt:'Dann ist dein Sohn sein GEGENÜBER!' Und alle vier sind sofort zurück gerudert, als ich gefragt habe:'Und was, wenn nicht?' Das Gespenst des falschen Kusses geht uns dermaßen auf die Nerven! Wir wissen nur nicht, wie wir rausfinden sollen, ob - oder eben nicht."

Es muss doch eine Alternative zu „harten" Experimenten geben. Ist wirklich jede Möglichkeit ausgeschöpft?
Plötzlich habe ich eine Idee.
„Papa, ich glaube, wir sollten die Chance nutzen. Hast du die Möglichkeit, hier von mehreren Personen gleichzeitig Messungen abzunehmen?"
Er stutzt.
„Ja, warum?"
Ich lächele.
„Hier ist mein Arm. Pack mir das Ding dran und finde raus, wie ICH auf SEIN Knabbern reagiere! Zeichne mich auch auf, lückenlos, bis nach Mitternacht. Sammle Daten. Wer weiß, wozu es gut ist!"

 Mein Vater starrt mich an, als wäre ich der Weihnachtsmann.
„Papa! Wir haben 1000 Fragen – finde die Antworten! Kann man GEGENÜBERsein messen? Stimmt das Gerücht vom falschen Kuss? Von den schrecklichen Folgen? Noch viel idiotischer: stimmt es, dass die beiden GEGENÜBER nicht drauf aufmerksam gemacht werden dürfen sondern es selbst herausfinden müssen, damit der Kuss wirkt? Was passiert genau um Mitternacht? Bei ihm. Bei mir."
Paul greift im Schlaf nach meiner Hand. Ich zeige mit der anderen Hand drauf und sehe meinen Vater eindringlich an.
„Fang an!"
Also geht er nach hinten und holt den zweiten Armsender. Er kontrolliert, dass unsere beiden Armbänder unterschiedliche Frequenzen haben, damit sie sich nicht ins Gehege kommen, legt mir den zweiten um und geht wieder nach hinten, um die zusätzlichen Geräte aufzubauen und so unterzubringen, dass er alle Monitore gleichzeitig im Blick haben kann. Ich betrachte derweil meinen schlafenden Paul, der mir sanft in den Daumen beißt, allmählich weniger weint und dann endlich in einen tieferen Schlaf gleitet.

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21.7.2019    -    25.9.2019

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