Feuer und Tod
Pov. Toni
Verschlafen öffnete ich die Augen. Ein seltsam rauchiger Geruch hatte mich geweckt. Es war seltsam hell, dabei schienen am Himmel noch die Sterne. Der Himmel selber war Stockfinster. Ich setzte mich auf. Ungefähr 150 Meter von mir entfernt leuchtete etwas rotes. Ich kniff die Augen zusammen. Was zur Hölle war das? Ich stand auf. Dann, aufeinmal machte es klick. Feuer! Der Wald brannte! "Andrés!", schrie ich und drehte mich um die eigene Achse um herauszufinden wo der Spanier schlief. Er lag vor einem der Bäume und schlief. Er machte keine Anzeichen, dass er von meinem Geschrei irgendwas vernommen hatte. Ich rüttelte an ihm. "Andrés! Wach auf!" Andrés blinzelte langsam wach werdend. Emotionslos sah er mich an. "Wir müssen hier weg! Der Wald brennt!" Kurz starrte er mich ungläubig an, dann zuckte er mit den Schultern. Arg! Das konnte ihm doch nicht egal sein! "Los komm! Steh auf jetzt! Das Feuer kommt immer näher!" Und das tat es auch. Das Feuer hatte keine Mühe von Baum zu Baum zu klettern und ließ einem keine Zeit zu trödeln. Bäume loderten, Büsche brannten und das Feuer bahnte sich unaufhaltsam seinen Weg auf uns zu. Bereit uns zu verschlingen. Weiter hinten stürzte einer der brennenden Bäume um. Andrés blieb weiterhin sitzen. "Andrés! Hast du mir überhaupt zugehört?! Der Wald brennt!!!" "Seit wann nennst du mich beim Vornamen?" Oh wow das erste Mal seit Wochen, dass er wieder mit mir sprach. Aber was zur? "Ist das dein Ernst?!", fauchte ich. "Der Wald brennt und du fragst mich seit wann ich dich beim Vornamen nenne?!" Er nickte. "Seit einer Woche ok?! Da es ja sowieso scheiß egal ist wie ich dich nenne, du antwortest mir ja sowieso nie!" Wieder starrte er mich einfach nur an. Ich warf einen Blick auf die Flammen, diese waren gefährlich nahe gekommen. Links und rechts nebem uns hatten sie uns sogar fast überholt und waren somit auf dem bestem Weg uns einzukesseln. "Wir müssen hier weg! Jetzt!" "Ich geh nicht weg." Verwirrt sah ich ihn an. "Du stirbst wenn du hier bleibst." Andrés nickte ruhig. "Ich weiß" "Aber aber, willst du unbedingt sterben?!" "Ich habe so oft darüber nach gedacht Toni und um ehrlich zu sein ja. Wie lange sind wir jetzt schon hier? Einen Monat? Mehr? Wir irren hier schon so lange durch die Gegend. Der Wald nimmt einfach kein Ende. Ich vermisse meine Freunde, meine Heimat. Sieh uns doch an, wir sind verdreckt, abgemagert und ohne einen Plan wo wir lang müssen. Ich weiß du bist ein Optimist und ich will dir deinen Optimismus echt nicht nehmen, aber ich bin nicht du Toni. Ich kann sowas einfach nicht. Ich glaube nicht daran, dass wir jemals wieder nach Hause kommen. Ich glaube nicht, dass wir unsere Freunde jemals wieder sehen. Ich kann es einfach nicht glauben, weil ich keine Hoffnung sehe. Ich möchte nicht für den Rest meines Lebens durch die Wälder und Landschaften Spaniens Streifen, auf der Suche nach einem Ort, den ich mein Zuhause nenne. Mit einem Menschen, zu dem ich ein Arsch war, obwohl er mir nichts getan hat. Ich möchte mich nicht mein Leben lang von irgendwelchen Würmern, Käfern und irgendwelchen Maden ernähren müssen. Ich habe lange genug gewartet. Ich habe gewartet, weil du so optimistisch noch warst. Aber auch du verlierst deine Hoffnung. Ich sehe es dir an. Du kämpfst mit dir, bist nicht bereit der Wahrheit ins Auge zu Blicken. Aber ich tue es. Ich weiß, dass diese Odysee keinen Ausgang hat. Ich verlange nicht von dir, dass du das einsiehst oder mich verstehst. Nur, dass du mich ziehen lässt."
Pov. Andrés
Fassungslosigkeit lag in dem Blick des Deutschen vor mir. Er ließ sich auf den Boden fallen. Das Feuer schien vergessen. "Das kann ich nicht.", flüsterte er. "Warum nicht? Ich kann das nicht mehr. Ich will nicht mehr sein und das hier ist eine Möglichkeit um es zu beenden." Ich sah den Deutschen schlucken. "Ja, du hast es richtig erkannt. Ich verliere langsam meine Hoffnung. Tag für Tag kämpfe ich darum und ich würde lügen, wenn ich sagen würde ich hätte noch nie darüber mach gedacht den leichteren Weg zu wählen. Aber in meinem Kopf, da gibt es immernoch diese eine Stimme, dieses 'Was wäre wenn..' Immer wieder stelle ich mir diese Frage. Wenn ich aufgebe, verpasse ich dann was? Hätte es doch noch einen Weg nach Hause gegeben? Was wäre wenn ich meine Freunde wieder sehen würde? Was wäre wenn ich meinen Freund wiedersehen könnte? Was wäre wenn wir wieder zurückkehren? Was wäre wenn ich wieder für Madrid auf den Platz stehen könnte? Was wäre wenn ich weiter kämpfen würde? All diese Fragen halten mich davon ab einfach aufzugeben. Ich kann einfach nicht gehen, wenn ich weiß, dass es auch anders sein kann. Das da immernoch ein Weg ist, der anders ist. Der mich zurück bringen kann. Der all das hier auf seine Weise beenden kann. Verstehst du? Ich kann nicht in den Tod gehen, wenn mein Herz mir sagt, dass es sich zu kämpfen lohnt. Für meine Freunde, für meinen Freund, für meinen Bruder, meine Familie, für den Verein, für mich. Ich könnte das alles nicht aufgeben. Nicht solange mein Herz mich in eine andere Richtung weist. Mein Kopf denkt wie du, aber ich höre auf mein Herz. Und wenn du das tun würdest, würdest du auch nicht aufgeben." Toni stand wieder auf, in seinen Augen glitzerten Tränen. "Ich mag dich Andrés. Sehr sogar. Du schienst mir immer der vernünftigste von den Blaugranan. Ich weiß nicht wie du von mir denkst, aber ich mag dich immernoch, trotz der Tatsache, dass du alles andere als Nett zu mir warst. Und nein, ich werde dich nicht aufgeben. Das habe ich mir selber geschworen. Aber ich tue das nicht für mich. Ich tue das für dich. Für dein Team, für deine Freunde, deine Familie. Was denkst du werden sie tun, wenn sie hören, dass du Aufgegeben hast? Hast du im Fußball jemals aufgegeben bevor der Pfiff ertönte, bevor das Spiel endgültig vorbei war? Hast du? Ich glaube nicht. Du hast immer weiter gekämpft. Wie jeder andere auch. Und deshalb Frage ich dich jetzt. Warum nicht auch im Leben außerhalb des Spiels im Stadion? Alles bei uns dreht sich um den Fußball. Selbst der Grund weshalb wir hier sind ist durch den Fußball entstanden. Wir alle lieben unserem Sport und das was uns mit ihm verbindet. Gibst du das alles wirklich auf? Gibst du wirklich auf, bloß weil wir durch den Wald irren?" Ich schwieg. Bis grade war ich mir noch sicher gewesen, dass der Tod der richtige Weg war. Aber nun war ich mir da nicht mehr so sicher. Sollte ich das wirklich wagen? Ich horchte in mich hinein, nichts, völlige Leere. Ich schüttelte den Kopf. "Ich gehe nicht mehr weiter", flüsterte ich. Toni fixierte mich mit seinem Blick, um uns herum brannte mittlerweile alles. Langsam schlichen Tränen das Gesicht des Deutschen hinab. Schmerz und Kummer lag in seinem Blick. Er blickte in die Ferne. Wenn er jetzt ging, hatte er noch eine Chance zu entkommen. Und ich war mir sicher, er würde sie ergreifen. Doch er rannte nicht. Floh nicht, obwohl das seine einzige Chance war. Stattdessen ging er auf mich zu und schloss mich einfach in eine Umarmung. Ich erwiederte nicht. Ich war zu verwirrt, verstand nicht was das sollte. Das widersprach jeglicher Logik. Warum floh er nicht? Warum war er immernoch hier? Warum nahm er die Gefahr des Feuers auf sich? Ich war ein hoffnungsloser Fall, ich würde nie hier raus zurück kommen. Nicht lebendig. Warum verstand er das nicht und rettete sich selbst? Oder hatte er es vielleicht verstanden? Aber dann wäre er doch gegangen. Das machte einfach keinen Sinn. Er machte keinen Sinn. Schließlich erwiederte ich die Umarmung doch, keine Ahnung wieso. Ich tat es einfach. Drückte mich an ihn und genoss es einfach. Es war lange her, dass mich jemand umarmt hatte. Und um ehrlich zu sein, ich hatte es vermisst. Da standen wir nun also, in eiem Wald, der lichterloh brannte, einander umarmend, als würde uns das alles gar nichts angehen. Ich schloss meine Augen. Alles andere war egal, nur dieser eine Moment zählte. Die Tatsache, dass Toni, obwohl er mich gar nicht kannte bei mir geblieben war. Mit mir zusammen sterben würde. Das hier, dieser Moment war mehr wert als tausend Worte. Es sagte mehr aus als es irgendwer sagen könnte. Und es löste etwas in mir aus. Die Leere in mir verschwand, sie wurde überflutet von Glücksgefühlen. Ich spürte wie ich anfing zu lächeln.
Unergründlich war die Tat von Toni, aber aufeinmal wollte ich nicht mehr sterben. Leben durchflutete meinen Körper. Ich wollte rennen, den Flammen entkommen und mich nach Hause durch kämpfen. Für meine Familie, für den Verein, für meine Freunde, für Xavi. Mein Lächeln hatte sich in ein Strahlen verwandelt. So glücklich war ich. Und das ohne, dass ich es richtig ergründen konnte. Ich löste die Umarmung, nahm Toni bei der Hand und fing an zu laufen. Bahnte mir meinen Weg durch die Flammen, so schnell wie es irgendwie möglich war. Und da wurde mir klar, was Toni getan hatte. Der Deutsche hatte mein Herz wieder geöffnet...
War das zu viel Drama? Ich glaube es war zu viel. Egal. Ich hoffe es gefällt euch, ich würde mich über ein, zwei Kommentare freuen.
Bis bald :)
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