|| Kapitel 55 ||
|| Kapitel 55 ||
- May –
Ich war erstaunt, als es an der Tür klingelte. Mina und Aleyna liefen kreischend und als Möchtegern-Sailermoons durchs Zimmer- Pua natürlich jaulend und bellend hinter her, während ich mich gerade mit Bertha in ihrer Mittagspause unterhielt.
„Sie können sich ein Kaffee machen", sagte ich.
„Das ist nett, dass DU mir ein Kaffee machst. Kriegst du das nicht in dein Hirn?", fragte sie und blickte mich an.
Ich schluckte nur. Mag sein, dass ich auch eine große Klappe, wie Bertha hatte, aber ich hatte so einen Respekt vor Bertha, dass ich mir es in Zukunft einfach nur noch verkneifen konnte und ich mich zurück hielt, wenn sie was sagte.
„Kommt sofort. Mit Milch und Zucker?", fragte ich und war vom Stuhl am Tisch aufgesprungen.
„Und wenn du schon mal dabei bist, kannst du gleich im Garten die Haufen von Pua weg machen", meinte Bertha und blätterte in der Dortmunder Allgemeinen herum.
„Mina!", rief ich.
„Ja?", sofort kamen die drei in die Küche gestürmt.
„Schnapp dir die Tüten und mach die Kacke von Pua aus dem Garten weg."
„Was krieg ich dafür?"
„Zum Mittag ein Milchshake mehr", sagte ich trocken.
„Hatte zwar schon bessere Angebote, aber das geht auch", sagte sie und lief wieder durchs Haus. Pua hinter her.
Aleyna setzte sich neben Bertha an den Tisch. Dann versuchte sie mit den Fingern zu schnippen. Aber da das nicht bei ihr funktionierte, schnalzte sie mit der Zunge. „Wasser, Frau Oberin", meinte sie.
„Wie heißt das Zauberwort?", fragte ich sie.
„Mach mal hinne, sonst kein Trinkgeld", grinste sie.
Bertha lachte leise. „Von mir hat sie DAS nicht."
„Aber sämtliches andere", murmelte ich und stellte ihr den Kaffee hin. „Aber besser von dir, als wie von fremden."
Nachdem ich Aleyna ein Becher mit Wasser in die Hand drückte und sie durstig davon trank, ging ich zur Haustür, an der es vor ein paar Sekunden geschellt hatte.
„Ich weiß nicht, wer jetzt schon wieder nervt und daaaa haben wir... Marco!?", fragte ich verdutzt, als ich in das Gesicht meines Mannes blickte.
Er hob die Hand hoch. „Hi", meinte er. „Hast du mal ein paar Minuten deines Lebens für mich?"
„Wieso?"
„Darüber zur reden, was war und ist und wie es jetzt weiter geht."
„Papaaaa!", quietschte Aleyna und drückte mich bei Seite, damit sie ihren Vater in die Arme springen konnte. Klar, er war auch schon lange nicht mehr hier gewesen und hat dementsprechend seine Töchter nicht gesehen. Deshalb war von beiden Seiten die Freude groß.
„Hallo, Maus", sagte Marco und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
„Papa, ich muss dir was zeigen", wieder wurde ich bei Seite gedrückt. Dieses Mal von Mina, die ihren Papa an der Hand schnappte und sie mit ins Haus zog. Sie waren die Treppen oben verschwunden und ich blieb nur verdutzt stehen.
„Ja, hm, okay", sagte ich.
„Komm doch nach dem Training zum Trainingsplatz!", hörte ich Marco schreien. Dann knallte eine Tür zu.
„Ja, hm, okay", murmelte ich wieder und blickte zu Pua, die neben mir saß und mich anblickte.
„Müssen wir wieder Gassi gehen?", fragte ich Pua. Sie schnaubte nur und schüttelte irgendwie ihren Kopf. Siberian Huskys, waren schon merkwürdige aber liebevolle Wesen. Pua stellt sich auf die Hinterbeine und streckte ihre Vorderpfoten, um sich an meiner Hüfte festzuhalten.
„Muss das Baby wieder auf dem Arm."
Pua sprang zurück und drehte sich. Dann klopfte ich auf meine Brust und die Husky Dame kam angesprungen. Sie schlang ihre Vorderbeine um meinen Hals und bettete ihren Kopf auf meine Schulter, während ich sie in die Küche trug.
Bertha lachte leise. „Ich liebe diesen Hund", bemerkte sie. „Und eure hochwertige Kaffeemaschine. Ich wünschte, ich hätte auch so eine."
„Ich trink eh keinen Kaffee. Nimm die mit", sagte ich trocken. „Die war eigentlich nur für Gäste und Kakao für die Kinder. Bis die wieder auf Kakaopulver umgestiegen sind."
„Kriege ich dafür trotzdem meinen vollen Lohn?", hakte Bertha misstrauisch nach.
Ich nickte. „Ja bekommst du", meinte ich. „Ich mach die gleich sauber und dann kannst du die nachher mitnehmen. Im Keller sind noch genügend Tüten mit Kaffeebohnen."
„Danke dir."
„Kein Problem", sagte ich und machte mich mit Pua auf dem Weg ins Wohnzimmer. Dort legte ich Pua auf ihrer Hundecouch ab und deckte diese zu. Diese kuschelte sich ein und blickte mich an.
Dann gab ich ihr noch ihren Froschkuscheltier, den Pua freudig in ihrem Mund steckte. „Dann schlaf ruhig, Dicke", sagte ich und tätschelte sie kurz, ehe ich das Wohnzimmer verließ.
Bertha die ihren Kaffee ausgetrunken hatte, machte sich auf den Weg weiter zu arbeiten. In dem Moment kam auch Marco schon die Treppen runter.
„Ich bin zu spät dran. Besprechung wegen dem Pokalfinale", meinte er und stürzte die Treppen herunter.
„Du solltest dich vorher abschminken, Sailerman für Arme", lachte ich.
„Mach ich ihm Auto", sagte er und riss die Tür auf. „In drei Stunden hab ich Feierabend. Kannst ja da mal auftauchen, wenn du Zeit hast."
„Die beiden sind nachher eh bei den Sahins."
„Mina auch?", fragte Marco hellhörig.
Ich musste mich zusammenreißen nicht zu lachen, als ich den pinken Lippenstift auf seinen Lippen sah und die beiden roten Rouge-Kreise auf seinen Wangen.
„Ja. Ömer ist nicht da. Er trifft sich mit Freunden. Aber das weiß sie noch nicht."
„Na dann", sagte Marco.
Verdutzt und wie angewurzelt blieb ich stehen, als er mir einen Kuss auf den Mund drückte und dann aus dem Haus verschwunden war. Als die Tür zuknallte, kam ich wieder zu mich. Hat er mich nach Wochen mal wieder geküsst. Wow. Ich schluckte nur und ging in die Küche, um die Kaffeemaschine zu reinigen und wir Bertha transportfähig zu machen, während Aleyna und Mina weiter am herumtoben waren.
„Schminkt euch ab und macht euch fertig. Wir fahren in zehn Minuten!", schrie ich hoch.
„Das schaff ich gar nicht!", hörte ich Mina panisch rufen.
„Du wusstest, dass wir um drei fahren, Mina. Du hast ein Gehirn. Das ist zum Denken und Erinnern da!"
Dann knallten Türen. Aleyna kam komplett nackig und mit viel zu viel Kinderschminke im Gesicht die Treppen herunter und hielt mir eine Packung Feuchttücher weg. „Mama, du machen. Bitte."
Augenklimpernd sah sie mich an und ich nickte nur. „Na gut", sagte ich und machte Aleyna sauber.
Bertha war in der Zwischenzeit schon nach Hause gefahren, als ich meine Töchter durch das Haus jagte, damit sie alles hatten, was sie brauchten.
„Wieso hast du einen Bikini unter?"
„Die haben einen Pool unter einem Dach. Voll cool. Ich hab Aleynas Schwimmflügel auch schon eingepackt."
„Achte darauf, dass sie nicht wieder in den Pool kackt oder pinkelt."
„Das ist die oberste Regel bei Aleyna, wenn wir in einem Pool sind", nickte Mina.
Während die beiden hinten auf der Rückbank saßen, Aleyna wollte es so, ertönte Linkin Park aus dem Lautsprechern meines Autos.
„WHY IT EVRYTING SO HÄVY!", kreischte Aleyna mit. Ich war froh, dass ich nicht lange mit dem schrägen Gesang leben musste und sie nach zehn Minuten Autofahrt absetzen.
„Aleyna, kackst du wieder in unseren Pool, dann komm ich zu dir und kack dir ins Zimmer", hörte ich Nuri sagen, als die beiden durchgestartet waren.
Tugba lachte nur und wandte sich zu mir. „Wieso musst du noch mal kurz weg?"
„Marco war heute da und wollte sich aussprechen, aber seine Töchter haben ihn in Beschlag genommen. Naja, jetzt darf ich gleich nach Brackel tuckern und mit ihm reden."
Tugba grinste nur. „Wurde auch mal Zeit."
„Es kann immer noch anders laufen, als du erwartest."
„Machst du Schluss mit ihm?", hörte ich Nuri fragen, der zu uns kam.
„Nein, zum Henker. Dafür habe ich keinen Grund. Es tat zwar weh, dass er mich so geschnitten und gemieden hat, aber das ändert trotzdem nichts an meinen Gefühlen. Ich hab erst jetzt richtig gemerkt, wie viel mir Marco bedeutet."
„Hoffentlich rauft ihr euch wieder zusammen. Das wäre eine Tragödie."
„Wäre es, ja", nickte ich.
„Papa!", rief Louise.
„Was ist denn?"
„Mina hat Kacka im Pool gemacht."
„ALEYNA!", kreischte Mina. „Nicht ich."
„Okay, Fräulein. Ich fahre nachher mit nach Hause und kacke wirklich in dein Bett", sagte Nuri aufgebracht und lief zurück zum Garten.
„Hoffen wir mal, dass das Gespräch schnell verläuft und du das Irrenhaus wieder besuchen kommst", meinte Tugba. „Viel Glück", sie drückte mich kurz und mir dann noch einen kleinen Kuss auf die Wange, ehe ich mich auf den Weg nach Brackel machte.
„Endlich mal wieder eine natürliche und wunderschöne Spielerfrau", lachte Harry, der einer der Wächter am Trainingsplatzes war. Er lachte zwar, aber er meinte es ernst. Zu mir war er immer nett und zuvorkommend, die anderen Spielerfrauen blickten ihn noch nicht mal mit dem Hintern an, weshalb er sie auch nicht gerade mochte.
„Danke", lachte ich. „Ich hab heute leider kein Kaffee für dich. Aber das nächste Mal."
„Die Saison ist vorbei, Schätzchen", meinte er. „Dein Mann wird hier Geschichte sein. Genauso wie Mayonaise Grütze."
„Weiß man schon, wer Nachfolger wird?", hakte ich nach.
„Kennst mich ja, bin ja mit deinem Mann ziemlich dicke. Sagt dir der Hummels noch was?"
„Mats wird Trainer?"
„Japp, das heißt, dass die dünne Salzstange mit dem Wackel-Dackel-Kopf hier wieder auftaucht. Anscheinend war München nach etlichen Jahren doch nichts für die."
„Na super", bemerkte ich. „Hoffentlich kriegt er hier was gerissen und hat nicht so Probleme mit Spasti und Spacki Junior."
„Ich werde dich vermissen, Frau Reus."
„Ich komm dich zwischendurch besuchen und hey, mein Mann ist hier nicht mehr Trainer. Das heißt grünes Licht für meinen Sohn. Vielleicht sehen wir uns ja doch schneller wieder, als gedacht."
„Stiiiiimmt, da war ja was. Wenn er noch beim BVB erwünscht ist. Ich hoffe mal, dass wir am Samstag gewinnen. Nichts gegen deinen Sohnemann."
„Schon okay, da gibt es leider kein Unentschieden."
„Spielt er denn wieder?"
„Nicht von Anfang an. Er sitzt auf der Bank, wird vermutlich ein Einwechselspieler. Fabian hat da ein wenig Schiss vor, wegen seinen Rippen, die gerade erst geheilt sind."
„Ick kenne Marco und ick kenne Kane. Beides starke Säue, wenn keine Verletzungen aus dem Nichts kommen. Ich hoffe mal, dass Kane nicht so anfällig für Verletzungen ist, wie sein Vater."
„Er hatte schon immer stabilere Knochen, als andere gehabt."
Hinter mir hupte es. Ein pinkfarbender Porsche stand hinter mir. Einer der Spielerfrauen.
„Ich wünschte, ich könnte die hier nicht reinlassen", murmelte Harry. „Fahr mal weiter, Püppchen."
„Danke, Schnegge", entgegnete ich lachend und fuhr rein, nachdem Harry das Tor aufgemacht hatte. Ich musste lachen, als ich sah, dass Harry der Ische wegen Umwelt und alles eine Szene machte. Nein, nicht wegen dem Auto, sondern wegen dem ganzen Plastik, der in ihr steckte und bei ihrem Ableben irgendwo auf den sieben Weltmeeren schwimmen würde.
Gerade als ich mich am Feld, zwischen mehreren Spielerfrauen stellte, blickte Marco zu mir und beendete sofort das Training. Wer kann der kann. Ich blickte auf die Uhr. Stimmt, wir waren auch fünf Minuten rüber.
Die Jungs räumten alles auf und brachten alles ins Lager.
„Komme gleich", rief Marco rüber.
Ich nickte nur und stellte mich Abseits des laufenden Parfüms mit Menschen.
Nach weiteren fünf Minuten, kam mein Mann mit einem Rucksack zu mir.
„Wir können reden. Lass uns zum Parkplatz gehen."
„Klar", nickte ich.
„Also, ist schon ziemlich blöd verlaufen, was?", fing Marco nervös an.
„Komm einfach nur..."
„Marco!", rief Sebastian nach ihm. „Ich brauch dich mal. Besprechung."
„Alter", murrte er und drehte sich um. „Wie lange?"
„Das ist eine Besprechung. Was glaubst du denn?"
Marco blickte zu mir. „Es tut mir leid."
„Schon okay", sagte ich. „Ich fahre zu Nuri und Tugba, bevor du Aleyna in Gelsenkirchen aussetzen. Wie dem auch sei. Melde dich, wenn du Zeit hast."
„Es tut mir leid, May", meinte Marco.
„Ist schon okay. Wir finden schon einen Zeitpunkt, dass wir uns in Ruhe aussprechen können."
„Okay. Ich melde mich. So schnell es geht. Versprochen."
„Super", meinte ich und ließ Marco stehen. Ich machte mich auf dem Weg zum Auto und verließ das Trainingsgelände, um mich in die „Sahin-Irrenanstalt" zu begeben.
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