|| Kapitel 53 ||
|| Kapitel 53 ||
- May –
„Wie hast du es gemerkt? Und wie kam es überhaupt dazu? Wieso ausgerechnet Ömer, Liebes? Der ist fünf, oder sechs Jahre älter als du. Du wirst erst sechszehn."
„Ich bin doch nur in ihn verliebt. Das heißt doch nicht gleich, dass ich ihm versprochen bin, Mama", seufzte Mina. „Keine Ahnung, ich hab mich einfach in ihn verknallt. Und ja, dass weiß ich, dass er Älter ist. Aber immer hin besser, als wenn er 40 ist, oder?"
„Ja, stimmt auch wieder. Ich dachte, dass es einer in deinem Alter ist. Aber gegen Gefühle kann man eben nichts. Uhm. Ja."
„Du weißt auch nicht, was du dazu sagen sollst. Ganz wie Papa und Kane."
„Ist auch komisch, wenn die kleine Prinzessin auf einmal ziemlich in der Pubertät steckt."
„Mag sein. Besser als eine herumhurende Tochter, oder?"
„Stimmt auch wieder", nickte ich.
Mina seufzte. „Ich weiß nicht, was der Grund zwischen dem Streit zwischen Dad und dir ist. Aber bitte lasst euch nicht scheiden, oder so."
„Wir lassen uns doch nicht scheiden."
„Dad ist bei Oma und Opa und seit Tagen nicht mehr hier gewesen. Und wenn, dann schaut ihr euch nicht mal mehr mit dem Arsch an."
„Ach, Mina", murmelte ich. „Okay, es gibt da Etwas was zwischen Papa und mir einen Streit ausgelöst hat. Streit kann man das nicht nennen, doch es ist ein Streit."
„Wieso streitet ihr euch? Gleich am ersten Tag, an dem Kane ins Krankenhaus kam, war Streit zwischen euch. Vermutlich werde ich wieder die Letzte sein, die den Grund dafür erfährt."
„Ja, da hast du auch wieder Recht. Der Rest vom Reus-Schützenfest weiß das schon und ist nicht gerade gut auf mich zu sprechen."
„Prima. Und wieder die Letzte in der Familie."
„Ach Mina, ist zwar jetzt blöd, aber Aleyna wird das auch noch nicht erfahren."
„Was ist denn jetzt der Grund? Magst du es mir erzählen, oder will Papa das nicht?"
„Wenn er nicht hier ist, kann er es dir auch nicht erklären. Also mache ich das."
„Okay, hat das was mit Kane zu tun? Er sagte mir, dass du und Papa nie gemeinsam ins Krankenhaus kommt. Es hat was mit Kane zu tun, oder?"
Mina musterte mein Gesicht und ich lehnte mich an den Schreibtisch an. Sie drehte sich mit dem Stuhl ein wenig zu mir, damit sie mich besser beobachten konnte.
„Ja, dass hat etwas mit Kane zu tun", sagte ich und fing Mina an, alles zu erklären. Sie hörte aufmerksam zu und ich sah, dass sie wegen der Geschichte verletzt war. Dass ihr Bruder nur ihr Halbbruder war. Ich weiß auch nicht, wieso meine Kinder nicht vor Wut ausflippten. Kane nahm es irgendwie ruhig auf und Mina ebenso. Das einzige was sie sagte war: „Hab mich schon gewundert, wieso Kane so gut tanzen kann. Von Marco und dir kann er das ja nicht haben."
Ich seufzte nur. „Ja."
„Du denkst, dass ich deswegen ausrasten könnte? Das ich deswegen sauer bin?"
„Das hört man ja nicht jeden Tag."
„Nein, dass hört man echt nicht jeden Tag", nickte Mina. „Aber wie du gesagt hast. Papa und du wart da nicht zusammen. Du eben mit Marcel und Marco eben mit Caro. Und du wusstest das all die Jahre auch nicht."
„Ich hab's verdrängt. Aber auch nur, weil ich gesehen habe, wie Kane Ähnlichkeiten mit Marco hatte."
„Was aber auch eine Erklärung hat. Opa und Tanner. Marcels Dad."
„Ja. Bist du sauer, oder kommt das noch?"
„Ich muss das erstmal sacken lassen."
„Dann lass ich dich mal alleine."
„Können wir nachher zu Kane fahren?", fragte Mina mich.
„Können wir machen. Hast du schon gegessen?"
„Nudeln von gestern. Schmecken einen Tag später eh am besten."
„Na gut."
„Wir haben noch Baguettes im Kühlfach."
„Mal gucken", murmelte ich und verließ das Zimmer.
Ich zog die Türe zu und ging nach unten- schmiss mich auf die Couch und rief Pua nach mir. Die kleine Husky-Dame kam angelaufen und sprang zu mir auf die Couch, ehe sie sich auf meinem Schoß legte. „Na Süße", murmelte ich und streichelte ihr durch das weiche Fell. Pua drehte sich sofort auf den Rücken und kuschelte sich an mich heran.
„Dann kriegst du nach einer lange Zeit mal wieder von Mama Aufmerksamkeit", ich drückte Pua einen Kuss auf die Stirn und knuddelte sie weiter durch.
Irgendwann lagen Pua und ich auf der Couch. Pua war bereits eingeschlafen und auch ich war kurz davor, immer wieder einzuschlafen. Aber ich riss mich zusammen und riss die Augen immer wieder auf, und blickte zum Fernsehen. Na super. Ein Dauerregen hat in meiner alten Heimat eine Überflutung in der Innenstadt angerichtet. Ich schaltete den Fernseher aus und zog die Wolldecke über Pua und mir. Einen Mittagsschlaf hatte ich mir auch schon mal verdient.
- Kane –
„Man, dass tut mir leid", sagte Ömer und blickte mich an.
„Sag es aber keinen weiteren. Ich habe es Nico und Curtys auch schon gesagt, dass sie das nicht weiter verbreiten dürfen. Kommt es irgendwann raus, dürfen die die Ärsche unserer Anwälte küssen."
„Dann reiß ich mich mal zusammen", scherzte er. „Und wieso rufst du deine Eltern nicht an, dass du raus darfst? Oder Nico, oder Curt?"
„Ich darf nicht raus. Ich hab mich auf eigene Verantwortung selber entlassen."
„Jetzt darfst du jeden Tag zum Arzt fahren, der sich um deine Verletzungen kümmert."
„Meine Freundin kann das auch."
„Sie ist eine Auszubildende bei einem Arzt, eine Medizinische Fachangestellte bei einem Frauenarzt. Die prökelt doch nur unten in Intimbereichen von Frauen herum."
Ich blickte Ömer an. „Tut sie doch gar nicht", sagte ich. „Sie assistiert nur."
„Okay, ich hab davon eh keinen Dunst."
„Hab ich schon gemerkt", sagte ich und packte die Sachen von mir weiter ein.
„Was ist, wenn deine Eltern hier auftauchen und du bist nicht da?"
„Dann dürfen die ihren Hintern nach Bochum bewegen."
„Was zum Henker machst du denn da?", hörte ich Mina fragen.
„Nee, eben nicht", fügte Mama hinzu.
Da traten die beiden einfach ins Zimmer und blickten mich ein wenig fassungslos an. Naja, eher Mama. Mina starrte sofort zu Ömer und wurde Rot wie eine Tomate mit Sonnenbrand.
Ich hab ja nichts soooo dagegen, dass meine Schwester sich verknallt. Es tut zwar schon im Herzen eines großen Bruders weh, aber um Gottes Willen, weiß man gar nichts mehr, wenn es einer deiner Kumpels ist und der auch noch fünf Jahre älter ist. Und Ömer ist eh die Jungfrau von Nöten. Er hatte zwar Freundinnen gehabt, aber mehr als ein Kuss hier und da und Händchenhalten, ging er nicht weiter. Durfte er auch nicht. Sonst würde ihn Nuri enterben, oder besser gesagt Opa Sahin, der so streng auf die Traditionen achtete.
Wenn das früher oder später nicht in der Familie krachen wird.
„Du solltest doch noch bis Freitag bleiben. Wieso hast du dich entlassen?", fragte Mama und holte mich aus einem Krieg zwischen den Sahins und den Reus zurück in die Realität.
Ich blinzelte verwirrt und seufzte nur. „Ich soll mich hier ausruhen? Das geht hier nicht so einfach, Mama. Die ganze Nacht das Piepen des Notrufes, Geschreie und mein neuer Zimmernachbar, der ist 80 und hatte eine OP am Darm. Und jedes Mal, wenn er das Gefühl hat zu Furzen, flippt er aus."
„Oh, wow. Was ist mit dem davor?"
„Hat sich selbst entlassen, weil ihn mein andauernder Besuch auf die Nerven ging."
„Wo ist dein neuer Nachbar jetzt?"
„Keine Ahnung, mir auch egal. Ich will hier einfach nur weg", murmelte ich und packte weiter meine Sachen. Gleichzeitig durchzuckte mich wieder ein stechender Schmerz im Kopf. Ich kniff die Augen zusammen.
„Sicher?", fragte Ömer mich.
„Ja, ziemlich sicher. Fahr mich einfach nur nach Hause."
„Das kann ich auch machen", sagte Mama und holte aus dem Schrank die Tüte mit der Dreckwäsche heraus.
„Nee, du kannst ja Morgen rum kommen. Ich brauch einfach nur mein Bett."
„Sind die Entlassungspapiere unterschrieben?"
„Ja, Mama. Ich darf gehen."
„Na dann, sind wir wohl umsonst hier her gefahren. Ich fahre nach Hause und gebe Solin bescheid, dass sie sich um dich kümmert."
„Dann bist du mit Pua, Mina und Aleyna alleine."
„Bertha macht den Haushalt und Aleyna ist für eine Woche bei Marco. Das kriege ich mit den beiden schon hin."
„Na gut", sagte ich. „Was ist mit Nico?"
„Der arbeitet jetzt bei mir", verkündete Mama.
„Hoffentlich treibt er die Werkstatt nicht in den Ruin", meinte Ömer.
„Quatsch, der mag zwar einen behinderten Eindruck machen, aber er ist ein ganz liebevoller und schlauer Mensch."
„Da hat Mom Recht. Mach den armen Kerl doch nicht runter. Der macht schon genug durch."
„Wie dem auch sei. Ömer bringt dich nach Hause, ja?"
„Ja."
„Soll ich dir nachher was Leckeres vorbeibringen?"
„Mama, das macht Solin sicherlich schon", antwortete ich und blickte zu ihr. „Ich bin jetzt erwachsen."
„Dann würdest du dir selber Essen kochen", murmelte Ömer und kratzte sich am Nacken. „Aber bevor du ganz Dortmund abfackelst..."
„Halt einfach deinen Mund", fluchte ich herum, während Mina leise am Lachen war.
Ömer brachte mich nach Hause. Ich hätte gerne geredet, um die peinliche Stille zu unterbrechen, aber mein Kopf tat mir wieder weh. Und jedes Wort, was ich rausbekam, schmerzte in meinem Kopf. Ich lehnte mich im Ledersitz von Ömers Geländewagen zurück und schloss meine Augen.
„Alles okay?", fragte er mich.
„Hab nur Kopfschmerzen."
„Vermutlich war das doch ein Fehler zu früh zu gehen, oder?"
„Nein", meinte ich. „Ich weiß, welche Medikamente ich nehmen muss und hab mich dementsprechend an dem Medikamentenschrank bedient."
„Krimineller Spacken."
„Die wollten mir nichts von der Medikamente mitgeben und solange ich nicht Überdosiere, ist das schon in Ordnung. Mehr oder weniger."
„Mehr oder weniger bist du ein Spacken", lachte Ömer. „Aber ich gestehe, bei meinem Schulterbruch, hab ich mich da auch bedient."
„Krimineller Spacken", drehte ich den Spieß um. „Magst du noch mit hoch? Ich lade dich auf Döner, Dürüm, Ayran ein."
„Du hast gesagt, dass du bezahlst. Was wird wohl meine Antwort sein?"
„Klar, wie Kloßbrühe", nickte ich.
„Eben, du Sack."
"Dürüm-Fresse."
"Kartoffel-Fresse."
"Wieso Kartoffeln?"
"Ist typisch Deutsch."
"Wie du meinst."
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