Changes part I
Ich hatte angenommen, das Bill mich mit Fragen, über das was sein idiotischer Bruder getan und mich veranlasst hatte, heulend vor seinen Füßen zusammenzubrechen, bombardieren würde, nachdem meine Tränen getrocknet waren. Ich hatte einen Ansturm von Fragen über Tom und was er gesagt oder getan hatte oder was geschehen war, erwartet. Aber nichts dergleichen, er fragte nicht. Nachdem ich eine gedemütigte Entschuldigung gemurmelt hatte, mein feuchtes Gesicht mit meinem Handrücken abgewischt hatte und es vermied auf sein feuchtes T-Shirt, wo mein Gesicht noch vor Sekunden gelegen hatte, zu schauen, lächelte er einfach, stand auf und bot mir eine Hand an.
„Komm schon.“ er zog mich hoch und rieb einfühlsam und liebevoll über meine Schulter. „Lass uns was Frühstücken.“
Selbst als wir an einem kleinen Cafe in der nähe ihres Hotels angekommen waren und uns an einem Tisch in einer ziemlich isolierten Ecke gesetzt hatten, erwähnte er seinen Bruder oder den Vorfall der vor einigen Stunden vorgefallen war kein einziges Mal. Er summte leise vor sich hin, blätterte durch die Speisekarte und überflog hinter seiner übergroßen Sonnenbrille die Menüs. Er trug eine Kapuzenjacke über seinem T-Shirt und hatte die Kapuze hochgezogen, so dass sie seine exzentrischen dunklen Haare und einen Teil seines Gesichts bedeckte.
„Schämst du dich mit mir gesehen zu werden?“ spaßte ich und starrte auf seine getarnte Aufmachung.
Er schüttelte den Kopf und summte immer noch vor sich hin, während er die Karte studierte. „Das Sonnenlicht stört mich.“ grinste er verlegen. „Ich kann meinen perfekten Teint nicht verbrennen, weißt du?“
Ich warf einen verwirrten Blick aus dem Fenster. „Aber draußen ist es bewölkt…“
„Ich denke ich nehme die Bananen Pfannekuchen.“ unterbrach er und nickte bekräftigend. Er legte die Karte beiseite und ignorierte meine Beobachtung. Er beugte sich vor, stütze sich auf zwei knochige Ellebogen ab und legte sein Kinn auf seine Hände. „Was bestellst du dir?“
Ich zog meine Augenbrauen zusammen, als ich sein Gesicht einen langen Moment lang studierte, und war total verwirrt darüber, warum er das Thema über die Bemühungen einen Teil seines Antlitz zu verbergen, so schlagartig fallen gelassen hatte, aber ließ meinen Blick schließlich wieder zurück auf meine eigene Speisekarte fallen.
„Ich weiß es nicht.“ ich zuckte mit den Schulter. „Ich bin nicht besonders hungrig.“
„Du solltest etwas essen.“ schlug er behutsam vor und tippte mit einem langen Finger auf einem Punkt meiner Karte. „Die Pekannuss-Waffeln sind ziemlich gut.“
„Ich bin Allergisch gegen Nüsse.“
Er runzelte die Stirn leicht. „Bist du? Huh.“ er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum und schaute wieder auf seine eigene Karte. „Nun…Wo drauf hast du Lust? Etwas süßes, etwas Fruchtiges?“
Ich starrte wieder auf meine Karte. „Die Schokoladen-Chips-Pfannekuchen sehen gut aus.“
Bill verzog das Gesicht.
Ich seufzte schwer. „Erzähl mir nicht dass du auch Schokolade hasst.“
„Ich verabscheue sie.“ Gab er als antwort und kräuselte seine Nase. „Sie ist zu süß. Tut meinen Zähnen weh.“
Ich zog eine Augenbraue hoch und stütze mich ebenfalls auf meinen Ellebogen ab. „Und Skittles nicht?“
Er grinste dann, zeigte seine blendend weißen Zähne und öffnete seinen Mund um zu antworten. Die Kellnerin unterbrach ihn jedoch, indem sie sich unseren Tisch näherte und unsere Bestellung aufnahm. Ich war nicht überrascht als sie mit Bill liebäugelte – er war schön, der Inbegriff der fast völligen Perfektion mit seiner makellosen Haut und den kantigen, symmetrischen Zügen. Aber den bedenkliche Blick den sie mir zuwarf, war mir unangenehm und die kleinen flüchtigen Blicke die sie den scheinbar ahnungslosen Bill zuwarf, gaben mir ein mulmiges Gefühl. Nichtsdestotrotz nahm sie unsere Bestellungen auf und machte sich auf, sie schaute ein letztes Mal über ihre Schulter zu Bill’s langer, schlanker Gestalt vor mir, bevor sie in der Küche verschwand.
Bill summte immer noch vor sich hin und griff nach einem Stück Brot im Körbchen zwischen uns, öffnete ein kleines Päckchen Butter und nahm sein Messer um sie auf das Brot zu schmieren. Ich beobachtete ihn Schweigsam, und in diesem Moment, als ein kleiner trüber Sonnenstrahl durch unser Fenster fiel und seine Gestalt anstrahlte, erschien er beinahe Engelsgleich. Genau in diesen Moment begriff ich, dass Bill eine Sicherheitsdecke für mich war – jemand, den ich vertrauen konnte und ein zuverlässiger Freund und die Entscheidung es ihm zu sagen, war schwierig.
Trotzdem entschied ich mich zu sprechen, räusperte mich leise und schluckte schwer.
„Ich bin in ihn verliebt.“
Er war einen Moment lang still, was mich überraschte. Ich hatte halb erwartet, dass sein Kopf in meine Richtung schnellte, seine Sonnenbrille seine elegante Nase hinunter rutschte und sein Mund aufklappte. Was sogar noch verwirrender war, war die Tatsache, das er sein Brot weiter mit Butter beschmierte, als ob das was ich gesagt hatte überhaupt keinen Effekt auf ihn hatte. Nach ein paar langen und nervenaufreibenden Momenten bildete sich ein dezentes Lächeln auf seinen Mund.
„Ich weiß.“
Meine Augen weiteten sich und es war mein Mund, der nach seinen Worten aufklappte. Ich blinzelte verwirrt und versuchte zu begreifen, was er gerade gesagt hatte und er Biss geräuschvoll in sein Brot und schaute kauend zu mir auf.
„Du sagst es so, als wäre das eine Überraschung.“ fuhr er fort. „Ich wusste das schon, Anna.“
Ich schluckte schwer, errötete verlegen und ließ meinen Blick auf die glatte Oberfläche des Tisches fallen. „War es so offensichtlich?“
Er biss erneut in sein Brot und lehnte sich gemächlich in seinem Stuhl zurück. „Ich habe gesehen wie ihr einander anschaut.“
Ich war einen Moment lang still, während ich seine Worte langsam begriff, aber der schnelle anstieg meines Herzschlags, brachte mich schnell wieder zu Verstand und ich spürte wie mir der Mund austrocknete. „Wa-Was?“
Er seufzte schwer und schob sich dann das letzte Stückchen Brot in den Mund. „Es gibt so viele Dinge, die ich dir erzählen will.“ begann er mit leiser, sanfter Stimme. „Aber es ist nicht an mir sie dir zu sagen.“
Ich schluckte erneut schwer. “Was – Was meinst du?“
„Ich denke, dass du und mein Bruder Mal ein langes Gespräch führen müsst.“ sagte er nach einem Moment. „Ich kann nicht…es ist einfach…es steht mir nicht zu.“
Ich spürte wieder diese vertraute Last in meiner Brust und schluckte gegen den Kloß der sich in meinen Hals bildete. Ich schüttelte mit meinen Kopf und die Worte kamen fast geflüstert über meine Lippen. „Ich will nicht mit ihm reden.“
Bill fragte nicht warum. Er stellte mir keine Fragen darüber was Tom getan hatte. Er saß mir einfach Geduldig gegenüber, seine Augen hatten hinter den Gläsern seiner Sonnenbrille mehr als wahrscheinlich wieder diesen warmen, sanftmütigen Blick.
„Ich kam gestern Abend nach Hause.“ begann ich leise und mied seinen Blick. „Und fand Tom halb nackt in meinen Wohnzimmer stehend vor.“ ich atmete zitternd ein, die überwältigenden schrecklichen Gefühle, die mich vor Stunden verzehrt hatten bauten sich neu auf. „Er hatte Sex mit meiner Mitbewohnerin.“
„Er hatte was?“
„Ich versteh das einfach nicht.“ fuhr ich fort, meine Stimme zitterte und meine Augen spürten dieses vertraute brennende Gefühl in ihnen. „Er war Stunden bevor ich ausgegangen bin bei mir gewesen…u-und er-er…ich kann…Ich versteh das nicht.“ ich brach ab, es viel mir schwer überhaupt irgendwas zu sagen. Ich wusste nicht, ob ich Bill erzählen sollte, dass sein Bruder mich praktisch gegen die Wand geschlagen und mich geküsst hatte, also entschied ich mich, es für mich zu behalten.
„Du bist gestern Abend ausgegangen?“ wiederholte er leise. „Mit Wem?“
Ich schniefte und zuckte mit den Schultern, Nates Bild kam mir in den Sinn.
Die Erinnerung bracht eine kurzzeitige Linderung der Zerstörung die mich durchflutete. „Der Typ mit dem ich letzte Woche im Club einen Drink hatte, hat mich ausgeführt.“
Bill starrte mich einen langen Moment lang an, sein Mund öffnete sich langsam und schloss sich dann wieder. Die Kellnerin unterbrach unsere Unterhaltung, ihre Präsenz tauchte auf, als sie unsere dampfenden Frühstücksteller vor uns abstellte. Sie schaute Sehnsüchtig auf Bill, dessen Blick immer noch intensiv auf meine Gestalt gerichtet war und fragte dann, ob er noch irgendetwas brauchte. Er schüttelte seinen Kopf langsam und gab ihr mit einer beiläufigen Handbewegung zu verstehen, dass sie gehen sollte. Sie zog sich zögernd zurück, ihr Blick wanderte über ihre Schulter zu Bill’s regungsloser Gestalt.
Ich starrte unbehaglich auf meinen Teller mit Schokoladen-Chips-Pfannekuchen. Bill hatte nichts gesagt, seitdem ich ihm von meinem Date mit Nate erzählt hatte, und sein Blick bohrte sich in die tiefen meines Körpers. Schließlich sah ich aus meinen Augenwinkeln, wie er sich bewegte. Seine Hände griffen nach seinem Besteck und er goss sich eine großzügige Portion Sirup auf seine Pfannekuchen.
„Als Tom und ich in der Grundschule waren.“ begann er schließlich, seine Stimme unheimlich ruhig. „Wir müssen so neun oder zehn gewesen sein – interessierte er sich für ein Mädchen.“
Ich schaute interessiert auf und beobachtete wie er langsam in seine Pfannekuchen schnitt. Er brachte einen bissen zu seinen Mund und kaute langsam. „Er war in sie verliebt, oder das hat er zumindest gesagt.“ er kaute nachdenklich und trank ab und zu einen Schluck aus seinem Kaffeebecher. „Ich weiß nicht was er in ihr gesehen hat. Sie trug diese gottverdammten Kleider und diese kitschigen Schleifen im Haar. Jedenfalls interessierte er sich für sie. Sie interessierte sich auch für ihn, und sie flirteten, schätze ich.“
„Oh.“ ich lachte leise. „Spielplatz Geplänkel?“
„Ja.“ nickte er mit einem Mund voller Pfannekuchen. „Ja, genau. Er zog an ihren Pferdeschwanz oder sie traten sich im Klassenzimmer gegenseitig unter den Tischen. Sie zwickten sich gegenseitig in den Arm und schubsten einander von der Schaukel, solche Sachen eben.“
Der Gedanke von einem zehn jährigen Tom, der einem kleinen Mädchen auf dem Spielplatz einer Grundschule nachjagte, kam mir in den Sinn, und trotz meiner momentanen Gefühle der Abneigung gegen ihn, konnte ich mir ein kleines lächeln nicht verkneifen.
„Eines Tages, kam er zur Schule und sah, dass sie und dieser andere Junge sich gegenseitig zwickten und sich gegenseitig untere ihren Tischen traten.“ erzählte er weiter. „Ich denke, das hat ihn schwer getroffen.“
Ich blinzelte und hörte Bill weiter aufmerksam zu. Ich lehnte mich nach vorne und meine Pfannekuchen, die auf dem Teller vor mir langsam kalt wurden, waren völlig vergessen.
„Am nächsten Tag, als sie ihn beobachtete, ging Tom zu seinem anderen Mädchen und zog an ihren Pferdeschwanz.“
Er nahm einen langen Schluck von seinem Kaffeebecher, stellte ihn weg und warf mir ein neckendes Lächeln zu. Ich spürte wie gewaltige Wellen der Verwirrung über mir einbrachen und verzog nachdenklich meinen Mund. Ich öffnete meinem Mund, um ihn zu fragen, warum er mir die Geschichte von Tom und seinem Grundschul-Schwarm erzählt hatte, aber der plötzliche, leichte Schmerz in meinem Schienbein, unterbrach meine Gedanken. Ich schaute unter den Tisch und sah, dass Bill’s Fuß mich leicht getreten hatte, und als ich aufschaute, um ihn zu fragen was zur Hölle er sich dabei gedacht hatte, sah ich ein schelmisches lächeln auf seinen Lippen.
Und dann wurde es mir klar.
Ich war das Mädchen.
Die Kellnerin näherte sich uns ein weiteres Mal, während ich Erstaunt da saß und geistesabwesend an meinem halb gegessenen Pfannekuchen herum zupfte. Sie suchte wie erwartet Bill auf, mit einem Stück Papier in ihren Händen. Ihre Finger zitterten, als sie ihm zögernd das Papier hinhielt und ihre Augen glänzten offenbar vor Nervosität.
„Könntest du…?“ ihre Stimme schwankte ein wenig und Bill riss plötzlich das Papier aus ihren Händen, bevor ich sehen konnte, was es war.
Sie hielt ihn dann einen blauen Kugelschreiber hin und er nahm in ihr etwas weniger grob, aber genau so schnell ab. Er kritzelte schnell etwas auf das Papier und gab ihr dann beides zurück. Ich konnte immer noch nicht sehen was es war.
Sie strahlte ihn an, ihre Augen glitzerten vor Aufregung. „D-Danke.“
Als sie sich vom Tisch entfernte, räusperte Bill sich unbehaglich und schob dann einen weiteren großen Bissen, seines fast beendeten Frühstücks in seinen Mund. Er kaute schnell und schaute überall hin, nur nicht in mein Gesicht.
„Bill…“ begann ich leise, und schauten ihn zögernd in die Augen. „Warum hast du etwas unterschrieben?“
Er lächelte mich nervös an. „Das war die Rechnung.“
„Du hast die Rechnung unterschrieben?“
„Natürlich.“ fuhr er fort. „Aus Sicherheitsgründen – Identifizierung und was weiß ich nicht alles.“
Ich blinzelte. „Du hast doch noch gar nicht bezahlt…“ ich zog meine Augenbrauen zusammen, während ich sein Gesicht mit enormer Verwirrung studierte. „…Was geht hier vor? Was verheimlicht ihr beiden vor mir?“
Bill legte seine Gabel zur Seite und nickte, während er seine Lippen fest aufeinander presste. Er schaute zu mir und schob seine Sonnenbrille unter die Kapuze ins Haar und gab mir somit freie sicht auf seine Augen. Sie waren sanft, fast entschuldigend und andere unlesbare Gefühle flackerten darin, als er mich anstarrte. Die Worte mit denen er antwortete, hatten einen grimmigen, reumütigen Klang und erinnerten an den Beginn des Frühstücks.
„Es gibt so vieles, das ich dir erzählen will.“
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Trotz der merkwürdigen Ereignisse, die Bill’s ungewöhnliche Tarnkleidung und die seltsamen Interaktionen der schüchternen Kellnerin mit einbezog, kam ich von meinem Frühstück in einer besseren Laune nach Hause. Das süße Frühstück war ein freudiges Willkommen für meinen leeren Magen und Bill hatte mich mit Lachern und leichter Unterhaltung versorgt, die mich zeitweise daran erinnerten, dass ich nicht völlig hoffnungslos oder so armselig war wie ich dachte. Ich war en wenig enttäuscht, als er ankündigte, das wir gehen sollten, aber ich verstand es, weil er Besorgungen machen musste und ich ebenfalls Dinge zu erledigen.
Er setzte mich zu Hause ab und mit einer festen, freundlichen Umarmung forderte er, das ich in Verbindung bleiben sollte und das wir bald mal wieder einen Film zusammen schauen oder etwas Essen gehen sollten. Er fuhr davon, als er sah dass ich die Tür zu meinem Wohnkomplex geöffnet hatte. Ich schlurfte die Stufen hinauf und spürte immer mehr Elend in mir aufsteigen, als ich mich meine Tür näherte. Ich hatte Angst sie zu öffnen – was wenn Tom und Paige sich auf der Couch rumrollten? Was wenn sie zusammen etwas kochten oder eine Film zusammen anschauten, oder sie sich wie wild küssten? Oder noch schlimmer – was wenn sie zusammen kuschelnd auf der Couch lagen, ihre Glieder genau vor meinen Augen vertraut umeinander gewickelt?
Ich atmete zitternd ein, öffnete die Tür und stellte mich darauf ein, das schlimmste zu sehen.
Ich war überrascht, als nichts dergleichen zusehen war.
Ich sah Paige mit einer Flasche Nagelack neben ihrer Hand am Küchentisch sitzen, sie summte leise vor sich hin und war nun in einem hellblau taillierten Jogginganzug gekleidet. Ihre Hand lag ausgebreitet auf dem Tisch, die andere führte den Nagellackpinsel mit glatten, geschmeidigen Bewegungen über ihre Fingernägel und verteilte die Farbe dort gleichmäßig. Sie schaute auf, als ich eintrat, ihre Augen weiteten sich überrascht.
„Anna.“ keuchte sie, in ihrer Stimme schwang ein Hauch von Erleichterung mit „Wo zur Hölle warst du? Ich hab mir sorgen gemacht.“
„Bei Victor.“
Ich fühlte mich schuldig Victor erneut für meine Ausrede zu benutzen, aber ich konnte ihr nicht erzählen, dass ich bei dem Zwillingsbruder von dem Mann war, den sie gestern Abend gevögelt hatte. Ich spürte wie mein Hals brannte, als mir der Gedanke von Tom’s vor mir stehenden und entblößten Körpern, und neben den von Paige’s Lakenbedeckten durch den Kopf schoss. Von seinen braunen Augen, die sich in meine brannten, während mein Verstand den Ablauf von Ereignissen, die sich in ihren Schlafzimmer zugetragen hatten, zusammensetzte. Ich atmete tief ein und wehte an ihr vorbei in mein Schlafzimmer. Mein Blick viel sofort auf die schwere, schwarze, mit seiner Kleidung gefüllten Tasche, die er neben meinen Schrank hatte fallen lassen. Ich musste sie hier raus schaffen – ich konnte es nicht ertragen sie in meinem Zimmer, in meinem Blickfeld zu haben. Ich konnte den leichten Geruch seines Aftershaves wahrnehmen, das in seiner Tasche eingezogen war und aus dem geschlossenen Reißverschluss entwich. Und ich war mir sicher, dass ich mich selbst, mit dem kleinen Andenken von Tom, das mich aus der Ecke heraus verspottete, in den Wahnsinn treiben würde.
„Anna?“
Ich schloss meine Augen langsam und presste meine Zähne fest aufeinander. Ich lehnte mich gegen die Wand und schluckte schwer, während meine Atmung nur flach und in kleinen Stößen meinen Mund verließ.
Sei Still, sei Still, sei Still.
Ich war kurz davor zu Explodieren. Ich war so kurz davor in die Küche zu eilen und ihr ins Gesicht zu schreien, das ich nicht mit ihr Reden wollte oder sie sehen wollte oder jemals wieder was mit ihr zu tun haben wollte – das sie mich auf tiefste ebene Verrate hatte. Aber nach ein paar tiefen, wohltuenden Atemzügen, erinnerte ich mich ruhig daran, dass sie keine Ahnung von der komplizierten Beziehung zwischen mir und Tom hatte, und machte mich langsam auf in die Küche.
Sie war immer noch mit ihren Nägeln beschäftigt, der widerwärtige Kaugummifarbene Lack glänzte von ihren Fingernägeln. Ich riss meinen Blick von ihren Fingern los, unfähig sie weiter anzustarren, da mein Verstand fortfuhr sich, mögliche Aktivitäten die diese Finger letzte Nacht ausgeübt und um was sie sich gewickelt haben könnten, auszumalen. Ich schloss meine Augen fest und spürte das üble, brennende Gefühl in meiner Magengrube. Sie nickte Wortlos zu dem Stuhl ihr gegenüber. Ich glitt langsam und Steif auf dem Platz, und zwang mich dazu, mich an die tiefen, entspannenden Atemzüge, die ich im Schlafzimmer gemacht hatte, zu erinnern.
„Ich brauche deinen Rat.“ begann sie, ihren Blick hatte sie auf ihre Nägel gerichtet. Sie tauchte den Pinsel in die kleine Glasflasche, zog ihn wieder raus und begann ihren kleinen Finger anzumalen. „Es geht um letzte Nacht.“
Ich stöhnte innerlich auf. „Was ist damit?“
„Nun - “ seufzte sie und hielt inne, um ihre Hand hoch zu halten und ihre arbeit zu begutachten. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, sie legte die Hand wieder auf den Tisch und schaute mich schließlich mit ihren hellblauen Augen an. „Es war – es war offensichtlich großartig…“
Atme. Atme. Atme.
„Aber – Ich…ich weiß auch nicht.“ sie endete mit einem schweren, dramatischen Seufzer. „Ich würde deine Meinung gerne über etwas hören.“
„Ich denke nicht, dass ich die Person bin, mit der du darüber reden solltest.“ antwortete ich monoton und schluckte schwer. Und das war ich nicht. Ich würde in diesen Moment lieber lebendig verbrannt werden, als von ihren wilden Eskapaden in den Laken, mit dem widerlich, gemeinen Mann, für den ich erbärmlicher weise Gefühle hatte, zu hören. „Ich bin nicht gerade eine Expertin in dem Bereich.“
„Ich frag dich nicht weil du 'erfahren' bist.“ antwortete sie, hob ihre Hand und blies leicht gegen ihre feuchten Fingernägel. „Ich frag dich weil du schlau bist. Du denkst logisch.“
Ich ließ meine Augen für einen Moment zufallen, öffnete sie langsam, entspannte meinen Kiefer wieder und atmete schwer durch meine Nase aus. „Worum geht’s?“
„Nun, als wir…als wir uhm…“ sie räusperte sich und zuckte mit den Schultern. „Du weißt schon. Es war gut, verstehst du? Aber es war etwas sehr seltsames bei der ganzen Sache.“
Ich schluckte erneut schwer und wünschte mir, dass genau in diesen Moment, einfach jemand in unsere Wohnung kommen und mir in den Kopf schießen würde, um meine Qualen zu beenden. Trotzdem atmete ich scharf ein und versuchte so zu klingen, als wäre es mir egal. „Was?“
„Er wollte mich nicht küssen.“ Sie seufzte und runzelte die Stirn. „Jedenfalls nicht auf den Mund.“
Das haute mich um.
Ich blinzelte und starrte sie verwirrt an. „Was?“
„Das ist seltsam, oder?“ sie schielte auf ihre Nägel. „Jedes Mal wenn ich es versuchte, hat er seinen Kopf zur Seite bewegt. Und es war nicht einfach nur Zufall, denn ich hab es oft versucht.“
Ich öffnete meinen Mund um zu antworten, aber fand keine Worte. Mein Herz begann wieder wie wild in meiner Brust zu schlagen und ich war mir sicher, dass sie es von ihrem Platz aus hören konnte.
„Ich weiß es nicht.“ Schaffte ich zu murmeln, mein Blick benommen und meine Gedanken zerstreut, als ich versuchte herauszufinden, was zur Hölle mit meinen Verstand, meinem Herzen und meinen Körper passierte.
Paige seufzte leicht. „Ich weiß es auch nicht.“
Ich hielt inne und schaute über meine Schulter hinweg zu meiner Schlafzimmer Tür. Ich musste die Tasche mit der Wäsche loswerden, aber mein anfängliches Vorhaben, sie aus dem Fenster zu werfen und seine kostbare Kleidung auf der nassen Straße zu verteilen, war lächerlich. Ich war mir ziemlich sicher, dass diese Kleidung mehr Wert war, als meine komplette Wohnung. Ich konnte sie immer noch dreckig zurück geben, aber ich wollte nicht noch mehr Streitereien anzetteln.
Ich musste sie waschen.
Ich stand schnell von meinen Platz auf und ging zurück zu meinem Schlafzimmer.
„Wohin gehst du? Ich brauche immer noch einen Rat.“
Ich schaute sie ruckartig an, mein Blick hart als ich sie anstarrte. „Ich hab Wäsche zu waschen.“ gab ich monoton von mir. „Und ich habe nichts zu deinem Ausländischen Fuck Buddy zu sagen.“
Ihre Augen weiteten sich bei meinen kalten Worten, ich verschwand umgehend in mein Zimmer und hing mir Tom’s Tasche um. Ich schaute kurz runter auf die Tasche und dann Entschlossen nach vorne.
Ich war fertig mit nett sein.
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