1. Türchen
Der Adventskalender beginnt mit dem OS der Lieben @unkxwnperxn
Viel Spaß beim Lesen!
Gestresst suchte ich die Bücher für den heutigen Unterricht zusammen. Ich war wieder einmal viel zu spät dran und musste mich nun mehr als beeilen, meinen Bus noch zu erwischen.
»Tschüss Mom«, rief ich durch das Haus, während ich die Treppen hinunter hastete. Mir fiel allerdings dann erst auf, dass sie erst morgen Abend von ihrer Geschäftsreise zurück sein würde. Schnell schlüpfte ich in ein paar Schuhe und zog meine Jeansjacke darüber. Ich hatte nun wirklich keine Zeit, noch eine etwas dickere Jacke zu suchen. Wenn es nicht regnen würde, würde diese Jacke bestimmt ausreichen.
Mit diesen Gedanken riss ich die Türe auf, schlüpfte eilig hinaus und schloss die Tür. Erst als ich mich zum Gehen umdrehte, erkannte ich das Ausmaß der ganzen Katastrophe. Es hatte über Nacht geschneit und eine leichte Schneeschicht bedeckte den Boden.
Genervt atmete ich aus und wollte nach meinem Schlüssel greifen, um doch noch eine etwas wettertauglichere Jacke anzuziehen, doch dann fiel mir ein, dass ich diesen gar nicht eingepackt hatte.
Fluchend lief ich also unsere Einfahrt entlang und versuchte, möglichst nicht hinzufallen. Das wäre wohl noch die Krönung an diesem sowieso schon bescheidenen Tag. Erst hatte ich verschlafen, konnte dann nicht einmal frühstücken, zog mich nicht dem Wetter gemäß an und vergaß auch noch meinen Schlüssel.
Ich konnte mich nicht wirklich darüber freuen, dass dieses Jahr bereits so früh wieder Schnee lag und eigentlich liebte ich den Schnee. Doch heute konnte mich absolut nichts aus meiner schlechten Laune befreien.
Von weitem konnte ich die Bushaltestelle bereits sehen und zu meinem Leidwesen stand der Bus auch schon dort. Ich verdrehte die Augen bevor ich anfing zu rennen. Denn wenn ich etwas hasste, dann war es zu spät zur Schule zu kommen und von allen angestarrt zu werden.
Der Busfahrer war allerdings auch nicht auf meiner Seite und so fuhr der Bus genau vor meiner Nase ab. Das durfte doch nicht wahr sein. Wütend fluchte ich und kickte den Schnee weg, auch wenn das nicht viel bringen würde. Mir jedoch half es dabei, meine Wut ein wenig herunterzuschlucken. Dann würde ich einfach auf den nächsten Bus warten und dem Unterricht erst nach der großen Pause beiwohnen. Das würde wohl keinen interessieren. Außerdem konnte ich sagen, dass ich einen Arzttermin hatte und von diesem wiederum könnte ich mir ein Attest abholen.
Seufzend setzte ich mich in das überdachte Häuschen auf die Bank. Sofort zog sich mein Unterleib aufgrund der eisigen Kälte zusammen. Und hier durfte ich nun eine Stunde warten, bis der nächste Bus kommen würde. Bis dahin war ich in meiner Jacke erfroren.
Um mir die Zeit ein wenig besser zu vertreiben, holte ich meine Kopfhörer aus der Jackentasche und steckte sie in mein Handy. Lange suchte ich nach einem passenden Lied, das ich in dieser Stimmung hören wollte. Doch wenn ich wütend war, wurde ich ein sehr wählerischer Mensch.
Damit die Zeit schneller verging, nahm ich mir vor, die Lektüre für Englisch zu lesen, damit ich die Hausaufgaben machen konnte, die wir aufbekommen hatten. Das würde meiner mündlichen Note sicherlich zu Gute kommen.
-
Mit einiger Verspätung des Busses hatte ich es dann endlich zur Schule geschafft. Doch hier hatte ich immer noch eine halbe Stunde Zeit, bis die große Pause beginnen würde. Also entschloss ich mich dazu, mich so lange in die Mensa zu setzen. Dort konnte ich auch in Ruhe meine Hausaufgaben erledigen, die ich auf heute aufbekommen hatte.
In der Kantine setzte ich mich an einen freien Tisch und holte meinen Block und das Arbeitsblatt heraus. Schnell beantwortete ich die Fragen zum Inhalt und schrieb eine kleine Zusammenfassung des Kapitels, bevor ich mich Mathe zuwendete.
Allerdings war ich bereits bei der ersten Aufgabe gezwungen, einfach aufzugeben. Mathe fiel mir schon immer verdammt schwer und mein Lehrer machte das nicht besser. Die Einführung in ein neues Thema fiel immer sehr karg aus und dann beschäftigte er uns den Rest der Stunde mit Übungsaufgaben, während er vorne an seinem Laptop irgendetwas machte oder Klassenarbeiten korrigierte.
»Eigentlich solltest du ja im Unterricht sein... «, holte mich plötzlich eine Stimme heraus aus dem Mathebuch zurück in die Realität. Ich sah auf und sah einen jungen Mann vor mir stehen, der einen Jahrgang über mir war. »Woher willst du wissen, dass ich nicht die ersten beiden Stunden Hohlstunde habe?«, konterte ich also und wendete mich wieder der Aufgabe zu, die ich aber selbst nach dem dritten Versuch nicht lösen konnte. Zumindest kam ich auf kein logisches Ergebnis.
Mein Gegenüber ließ sich auf den Stuhl gegenüber von mir fallen und zog mir das Buch weg. »Oh, da seit ihr gerade. Das ist 'n echt mieses Thema«, murmelte er wohl mehr zu sich selbst als zu mir. »Brauchst du Hilfe?«, fragte er, nachdem er meinen verzweifelten Gesichtsausdruck gesehen hatte. Eifrig nickte ich, was er mit einem Lächeln kommentierte.
»Also dann, pass' mal auf... «, begann er. Und dann erklärte er mir das gesamte Thema. Er zeichnete einige Skizzen von irgendwelchen Formen oder Parabeln, kritzelte mir massig Formeln an den Rand und erklärte mir alles in totaler Ausführlichkeit. Auch einige schwierige Textaufgaben rechnete er mit mir, bevor wir uns gemeinsam an meine Hausaufgaben setzten.
Er diktierte mir gerade einen vernünftigen Antwortsatz, als ich in einer kurzen Pause aufschaute. Auffordernd schaute ich ihn an, doch lange konnte ich mich nicht konzentrieren. Bisher hatte ich ihn noch gar nicht wirklich betrachtet. Und leider musste ich sagen, dass er verboten gut aussah.
Die schwarzen Haare hingen ihm wild in die Stirn, doch das ließ ihn süß und unschuldig aussehen. Dies stand wiederum in totalem Kontrast zu seinem Körper. Mit dem breiten Kreuz und diesen Oberarmen wirkte er unheimlich bedrohlich. Doch diese Breite war nicht übertrieben, wie bei den Extremsportlern, wo es so breit war, dass es wieder nicht mehr gut aussah.
Die Klingel ließ mich aufschrecken und erst jetzt bemerkte ich, wie er mich aus seinen grünen Augen ebenfalls anstarrte. Peinlich berührt packte ich meine Sachen zurück in den Schulranzen, bedankte mich bei ihm und verließ dann die sich füllende Mensa.
-
Der Schulschluss rückte immer näher und heute konnte ich mich nun wirklich nicht darüber freuen, dass die Schule zu Ende war. Denn dann stand ich mitten im Winter in der Dunkelheit draußen im Schnee und starb an Erfrierungen, da ich nur eine lächerliche Jeansjacke an hatte, in der ich bereits den ganzen Tag fror.
Als es schließlich klingelte packte ich langsam zusammen und lief über den mit Laternen beleuchteten Schulhof. Hier herrschte beinahe ein Schneesturm. Es windete und die Flocken waren so groß wie die Hälfte meiner Hand. Schnell stellte ich mich in das Häuschen, in dem für gewöhnlich die Fahrräder standen.
»Deine Jacke ist vielleicht ein wenig zu kalt und durchlässig, meinst du nicht?«, fragte der Junge von heute morgen, dessen Namen ich nicht einmal wusste. Ich zuckte unbeteiligt mit den Schultern, während er sich eine Zigarette anzündete und dann sein Feuerzeug wegsteckte.
»Ich kann dich auch nach Hause fahren, deinen Bus hast du nämlich verpasst«, bot er mir an. Ich hingegen seufzte nur tief. »Ich fürchte, dass wird mir auch nicht helfen. Denn ich habe meinen Schlüssel zu Hause liegen lassen und bis morgen Abend ist niemand zu Hause«, gab ich zu und wollte einfach nur im Erdboden versinken. Es war mir peinlich, dass ich so dumm war und meinen Schlüssel hatte liegen lassen.
»Macht doch nichts, dann kommst du eben zu mir«, meinte er begeistert und trat seine Zigarette aus. Verwundert sah ich ihm hinterher, wie er den Pausenhof überquerte. »Jetzt komm' schon oder willst du da festfrieren?«, rief er mir durch das Gestöber zu und lief dann weiter. Eilig folgte ich ihm und versuchte -wie bereits heute morgen- nicht auszurutschen.
Als ich ihn erreichte stieg er bereits in einen schwarzen Mercedes ein. Verwundert öffnete ich schnell die Beifahrertüre und stieg ebenfalls ein, nachdem ich meinen Rucksack im Fußraum platziert hatte.
»Wie kannst du dir so ein Auto leisten?«, fragte ich erstaunt nach. »Reiche Eltern«, war sein einziger Kommentar dazu. Ich beließ es auch dabei. Meine Antwort hatte ich schließlich bekommen.
Bei ihm angekommen zogen wir uns erstmal Schuhe aus. »Deine Jacke kannst du mir geben. Die kann ich im Bad aufhängen, damit sie trocken wird«, meinte er und hielt mir auffordernd seine Hand hin. Ich gab ihm also meine Jacke, woraufhin er einfach in irgendeinem Raum im unteren Geschoss verschwand.
Etwas verloren stand ich nun hier herum und betrachtete den eher hell eingerichteten Flur. »Austin, willst du ... Huch, wer bist du denn?« Sie wollte vermutlich ihren Sohn sprechen, doch als sie aus der Küche kam, fand sie nur mich.
»Das ist Noah, Mum«, stellte mich -scheinbar hieß er Austin- vor. Irritiert sah ich zu ihm hoch. Woher kannte er denn jetzt meinen Namen? Ich beschloss, nicht weiter nachzufragen. Das konnte ich schließlich auch ein andern mal machen.
»Magst du was essen?«, fragte er mich, doch ich schüttelte schüchtern den Kopf. Ich hatte irgendwie keinen Hunger, was darauf schließen ließ, dass ich mir wohl eine etwas stärkere Erkältung eingefangen hatte. Das war bei meiner Bekleidung aber auch wirklich keine Überraschung.
»Ich ess' später.« Mit diesen Worten schob er mich in Richtung der Treppen nach oben. Ich ließ ihn vor mich laufen, damit ich ihm einfach nur noch folgen musste.
-
Nach diesem Tag hatten wir uns beinahe täglich getroffen. Irgendwie hatte ich ihn sofort in mein Herz geschlossen. Er war eine so liebevolle und humorvolle Person, man musste ihn einfach gern haben.
Doch da heute Weihnachten war, konnten wir uns nicht sehen. Unsere Familien bestanden beide jeweils darauf, dass wir Weihnachten zu Hause verbrachten. Etwas traurig saß ich daher in meinem Zimmer, da ich ihn schon vermisste. Er war nach diesem Monat wirklich fester Bestandteil meines Alltags geworden.
Plötzlich vibrierte mein Smartphone. Schnell nahm ich es von meinem Nachttisch und entsperrte es. Es war eine Nachricht von Austin.
> Ich hab' ein Geschenk für dich, das bringe ich dir gleich vorbei. Bin in zehn Minuten da. <
Sofort begann mein Herz schneller zu schlagen. Er hatte eine Möglichkeit gefunden, wie wir uns heute sehen konnten und dann hatte er auch noch ein Geschenk. Was wollte man mehr?
Aufgeregt lief ich durch mein Zimmer und stellte mir ständig die Frage, was es wohl sein würde. Doch darauf würde ich erst eine Antwort bekommen, wenn er da war.
Wie gerufen klingelte es in genau diesem Moment. Sofort riss ich die Türe auf und eilte die Treppe hinunter zur Tür. Meine Mutter schüttelte nur lächelnd den Kopf, als ich an ihr vorbeirannte.
An der Türe blieb ich kurz stehen und atmete tief durch, bevor ich sie öffnete. Austin sah wie immer unheimlich gut aus. Allerdings hatte er kein Geschenk in der Hand. Leicht verwirrt sah ich in seine grünen Augen.
»Frohe Weihnachten, Noah.«
Und dann küsste er mich.
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