Lieber Chióni,

manchmal frage ich mich wirklich, was in deinem Gehirn vorgeht. Wie kommt man bitte auf sowas? Aber ja, es ist alles gut ausgegangen. Hoffe ich zumindest. Wenn mich jetzt jemand des Verrats durch Briefe bezichtigt, ist das deine Schuld.

Ach komm, so langweilig kann es doch nicht gewesen sein. Du bist einfach nur eine Schlafmütze, Chióni. Du bist sogar auf einem Drachen eingeschlafen, und dort oben war es lauter als auf einer Baustelle zu Arbeitszeiten!

Na ja, so schlimm war es nicht. Ich lebe doch noch, oder? Und außerdem haben die mich nicht so hart rangenommen, weil ich aus deren Augen etwas 'Besonderes' war. Und das nicht im positiven Sinne. Eher im du-wärst-ein-tolles-Testobjekt Sinne. Und nein, es wäre sicher nicht gut gegangen, wenn du da aufgetaucht wärst. So ungehorsame Wesen wie dich haben die nämlich immer als Erstes aussortiert. Ich lebe lieber in der Gegenwart  als in der Vergangenheit mit dir zusammen.

Meinetwegen, ich glaube dir. Auch wenn das für mich eher wie eine kleine Feder aussieht . . . Na gut, nein. Aber seit wann wirst du zum Tiermörder, nur um mir etwas zu beweisen? Lass die armen Blattschmetterlinge in Ruhe und hör auf, denen Flügel auszureißen! Sonst sind die noch ausgestorben, bevor ich einen einzigen Lebendigen gesehen habe!

Natürlich gefällt es mir! Ich hätte nicht gedacht, dass du einen so guten Geschmack hast . . . nein, wirklich, die Ohrringe sind wunderschön! Aber es reicht auch schon, dass du an mich gedacht hast. Danke, Chióni. Ich weiß nicht, ob ich ohne dich überhaupt noch gewusst hätte, dass es so etwas wie Geschenke von Herzen gibt.

Und, wenn wir schon bei Geschenken sind: Ich habe auch noch was für dich! Erinnerst du dich noch an die Mythe von der legendär guten Schokolade in diesem kleinem Dorf auf der Drachenspitze? Ich war dort oben und habe tatsächlich Schokolade gefunden! Schreib mir dann, ob die lecker war. Du darfst nämlich als Erster probieren, das hast du dir schließlich gewünscht.

Nein, bekommen wir nicht. Bei uns sind solche Feste komplett egal, Freundschaft und Familie interessiert niemanden. Früher habe ich auch so gedacht, weißt du . . . Aber jetzt hätte wirklich eine Familie, mit der ich Nikolaus feiern könnte, so wie du.

Bisher sieht es nicht so aus, gerade spionieren wir nur das Dorf aus und stellen sicher, dass unsere Gruppe groß genug ist. Und bisher sieht es so aus, wie als ob alles passen würde, zum Glück.

Das einzige Bemerkenswerte auf unsere Mission ist bisher Suna, der es irgendwie geschafft hat, sein Zelt anzubrennen. Jetzt muss der Typ draußen schlafen. Na ja, ich denke, selber schuld. Aber, bevor er am Ende noch erfriert, baue ich lieber noch ein Zelt.

Ja, im Notfall zähle ich auf dich, Chióni. Aber auch nur im allergrößten Notfall. Ich sterbe lieber, als dich in Gefahr zu bringen, Idiot.

Du bist ja mal ein Optimist. In der Legende wird nicht nur gesagt, dass diese Wesen Herrscherinnen eines Dämonenstammes sind, sie werden auch als unbesiegbar bezeichnet. Also hätte ich niemals eine Chance. Aber das ist nur eine Legende, diese Viecher gibt es nicht.

Natürlich war unsere Gruppe besser. Auch wenn ich bezweifle, dass wir gegen die gewonnen hätten. Die sind wirklich stark, stärker als wir beide zusammen. Aber trotzdem hätte ich jetzt lieber Leute an meiner Seite, denen ich vertrauen kann.

Höre ich da etwas sowas wie Eifersucht aus deinen Worten heraus? Niedlich, kleiner Dämon. Und das, obwohl uns immer beigebracht wurde, das Dämonen keine Emotionen haben. Aber abgesehen davon . . . Du hast definitiv mehr Chaos als Suna angerichtet! Ich erinnere nur daran, wie du ein Haus abgebrannt hast, nur weil du nicht in der Lage warst, eine Kerze auszupusten!

Ja, ein wahrer Krieger bist du. Und definitiv nicht einfach zu faul, um irgendwas zu lernen. Hast du immerhin etwas weiter mit deinen Wurfklingen geübt? Das nächste Mal, wenn wir und sehen, will ich sehen, dass zu zumindest bei einer Entfernung von 15 Metern das Ziel triffst. Und zwar auch, wenn dieses sich bewegt.

Das wäre sicher toll . . . Auch wenn ich mehr Wert auf eine richtige Küche und ein dichtes Dach legen würde. Sonst müssen wir uns noch wie bei unserer gemeinsamen Reise von Rinde ernähren, und das war wirklich ekelhaft. Ich hätte dann auch gerne einen Kräutergarten, davon träume ich schon lange! So einen Richtigen, mit einer großen Auswahl!

Wirklich? Also, ich wäre da vorsichtig. Am Ende schleicht sich der noch bei euch ein und klaut euer Essen! Und außerdem musst du aufpassen, dass Lawine den nicht angreift. Sie wird schließlich genau wie du sehr schnell eifersüchtig. Und vom Namen her . . . Ähm, keine Ahnung, vielleicht Polari oder Fuchsi? Das würde deiner Kreativität definitiv entsprechen.

Grüße eines viel heldenhafteren Dämonenjägers,

Lixue