8
HOLLY
Ich genieße immer gerne die Ruhe vor dem Sturm. Die Zeit bevor Jay und Jax aufstehen und die angenehme Ruhe in den sehr frühen Morgenstunden somit vorbei ist.
Mit einer Tasse Kaffee stehe ich am Fenster im Essbereich und blicke auf die beleuchtete Straße, den Mietergarten mit den Pool und den anderen Gebäuden in unserem Viertel.
Noch ist es dunkel, aber einige Menschen sind bereits unterwegs. Einige fahren mit ihren Fahrrädern den Weg am Lake Michigan in Richtung Norden entlang. In der Ferne ragen die leuchtenden und prächtigen Hochhäuser von Chicagos Downtown auf.
Hyde Park ist wirklich zur jeder Jahreszeit schön. Von hier wegzuziehen, kann ich mir nicht vorstellen.
Hier gab es einen Park, mehrere Museen, die University of Chicago liegt ins unserem Viertel, man muss nur über eine Brücke überqueren und man ist direkt in einem kleinen Park am Lake Michigan.
Außerdem sieht man aus dem Kinderzimmer und dem Schlafzimmer den kleinen Strandabschnitt 57th, Richtung Osten kommt man in Hyde Parks Downtown, in dem viele nützliche Geschäfte sind.
Ich überlege fieberhaft, wie ich meinen heutigen freien Tag einplane. Gehe ich am Lake Michigan joggen, sobald Jax im Kindergarten ist, damit ich ihn früher abholen kann, oder lasse ich ihn heute ganz aus dem Kindergarten raus, damit ich mit ihn in den Zoo fahren kann? Jax liebt schließlich Tiere aller Art, aber Autos noch mehr.
Aber ein ruhiger Vormittag nur für mich... das war schon ziemlich lange her und würde mir auch mal gut tun.
Einmal kann ich doch egoistisch sein.
***
Jay war zur Arbeit aufgebrochen, während ich Jax zum Kindergarten in der Nähe des Meds fuhr. Nachdem ich ihn dort absetzte und den Kindergarten verlasse, klingelt mein Handy.
Natalie.
Ich gehe ran. "Grüsli Müsli", begrüße ich sie.
"Äh, Servus Erdnuss", entgegnet Nat mit einem Lachen. "Habe gehört, dass du heute frei hast?"
"Ja, nach einer gefühlten Ewigkeit. Du musst heute ackern?", hake ich nach und gehe auf den Parkplatz zu.
"Nein, nicht wirklich, ich musste gestern noch eine Schicht dranhängen und habe ebenfalls frei. Jeff und ich machen uns heute einen gemütlichen Abend."
"Oh, ist Jeff wieder aus Syrien zurück?"
"Ja, er hat mich überrascht. Ich glaube auch, dass ich mir die Tage Urlaub nehme, nur damit du schon mal weißt was Sache ist, falls ich nicht auftauche."
"Danke, für die Vorwarnung."
Für mich sind Arbeitstage ohne Nat die Hölle. Arbeitstage ohne mich sind für Nat die Hölle.
Nat lachte leise. "Jaaaa, da wäre aber noch etwas. Kannst du mir einen Gefallen tun?"
"Was wäre dieser ominöse Gefallen?"
"Du weißt doch, dass heute dieser Wohltätigkeitslauf bei uns stattfindet? Ausgerichtet vom Chicago Fire Department und Chicago Police Department."
"Ich hörte davon, ja. Race Against Cancer."
"Ich war eigentlich als Läuferin angemeldet, aber durch die 24 Stundenschicht, bin ich wohl mehr als kaputt..."
"Ist doch nicht schlimm, wenn eine Läuferin fehlt, oder?"
"Naja, eigentlich schon, wären die heimlichen Wetten nicht zwischen Med, CPD und CFD."
Daher weht der Wind. Belustigt schüttle ich meinen Kopf. "Okay, wie viel hast du in den Topf geworfen... muss ich ja auch lohnen."
"Nur zweihundert."
"Nur zweihundert? Wow... Ach, ich vergas, du verdienst ja weitaus mehr als meine Wenigkeit. Ich hoffe, dass das Geld danach noch gespendet wird?"
"Da mach dir mal keine Sorgen. Das war die Bedingung für die Wette. Würdest du das übernehmen? Ich hab den Betrag schon eingezahlt."
"Kann ich machen." Soweit ich mich erinnere, soll der Lauf auch nicht lange dauern und ich hätte später noch Zeit Jax früher aus dem Kindergarten abzuholen.
"Du bist ein Schatz", höre ich Natalie sagen. "Ich bin dir damit noch etwas schuldig."
"Bist du. Wir sehen uns sicherlich die Tage."
"Klar."
Damit ist von meiner Seite aus das Telefonat beendet. Ich stecke mein Handy in die Handtasche und fuhr erstmal nach Hause, um mir die passenden Sportsachen anzuziehen. Dann fuhr ich zum Med.
Straßenabsperrungen wurden aufgebaut, vor dem Krankenhaus wurden schon Zelte errichtet: Essen, Getränke, Behandlungszelte und welche von den Sponsoren.
Ich parke mein Auto im Parkhaus gegenüber des Meds, nehme die drei Männer die gegenüber von mir an einem Auto, einem Leihwagen aus Milwaukee stehen und sich in einer fremden Sprache unterhalten erst gar nicht wahr.
Erst als einer der gut aussehenden Männer mich grüßt, grüße ich netterweise zurück, bin aber auch irritiert, als die anderen beiden Männer sich mit dem Rücken zu mir wenden, als wollen diese nicht erkannt werden.
Die Männer, sehen exotisch aus. Dunklere Haut, schwarzes Haar, einer hatte einen dichten schwarzen Vollbart, während der Nette weiche Gesichtszüge hat und völlig fehl am Platz wirkt.
Der jüngere Typ sieht aus, als sei dieser einer Britisch-irischen-Boyband entsprungen, während die anderen vermuten lassen, dass sie den Islam anhimmeln.
Ich schließe das Auto ab, schultere meinen Rucksack und nehme immer noch den bohrenden Blick des netten Typen auf meinem Rücken wahr, als ich mich zum Ausgang begebe.
***
Im A-Flügel des Meds melde ich mich für den Lauf an, bekomme eine Nummer, die ich mir auf dem Rücken und unter die Brust auf meinem Sport-T-Shirt klebe.
Eine halbe Stunde, habe ich noch, weshalb ich mich draußen umsehe.
Am Stand des CPDs ist nur eine unbekannte Brünette am Gange alles aufzubauen, während ich im angrenzenden Zelt des CFDs Dawson und Casey sehe.
Ich grüße die beiden im Vorbeigehen. Dawson pfeift mich aber zurück und möchte von mir wissen, wo sie sich für den Lauf anmelden kann. Dabei deutet sie auf meine Nummer.
„Der Besuchereingang da vorne, dann links, Richtung Gebäudeflügel A, kurz vor der Notaufnahme, ist die Anmeldung", erkläre ich und deute in die Richtung, aus der ich gekommen bin.
Gabby bedankt sich bei mir, fragt Casey, ob sie ihn kurz allein lassen kann, dieser nickt und sie geht.
„Wusste gar nicht, dass du heute mitläufst. Stehst nicht auf der Wettliste, die ich führe. Willst du noch mit einspringen?", fragt Casey mich, die blauen Augen mustern mein Gesicht.
Ich schüttle meinen Kopf. „Ich übernehme für Dr. Manning. Sie ist verhindert."
Casey nickt. „Ja, du kannst dein Einsatz aber noch erhöhen, ist ja schließlich für den guten Zweck."
Frech grinsend blickt er mich an.
„Ich hab jetzt kein Bargeld hier. Die Taschen meiner Hose reichen nur für mein Handy und meine Autoschlüssel."
„Ich komm darauf zurück", sagt Casey.
„Klar", nicke ich. „Setz fünfzig drauf. Mehr hab ich nicht mit."
Casey zieht aus dem Inneren seiner Jackentasche ein kleines Heft an dem ein Kugelschreiber heraus hängt. „Natalie und Holly. 250 Dollar", murmelt er und schreibt das auf.
„Läufst du eigentlich auch mit?", frage ich.
„Nein, ich halte hier die Stellung, während Gabby mitläuft und hoffentlich als erste ins Ziel kommt. Es geht mir nicht ums Geld, sondern den Pokal, den die Wache 51 gewinnen wird."
„Ihr von der 51 konntet schon immer große Töne spucken", schnaube ich belustigt und fahre vor Schreck zusammen, als plötzlich jemand in mir hinein läuft und umkippt.
„Oh, Gott, das tut mir leid", höre ich ein Mädchen panisch sagen. Das Mädchen, vielleicht um die zehn Jahre alt, sitzt auf den Boden und reibt sich die Stirn.
Ich gehe neben mir in die Hocke. „Hast du dir wehgetan?", frage ich besorgt.
„Nein alles okay. Ich hab die Kurve nicht richtig gekriegt."
„Och, dass kenn ich", lache ich leise.
Ich stelle mich hin und halte ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. „Danke", sagt sie und reibt sich die Hände an ihrer Bluejeans sauber.
„Zoe was machst du denn?" Die unbekannte Brünette vom CPD-Stand kommt zu uns geeilt. „Es tut mit wahnsinnig leid. Ich sag ihr immer, dass sie gerade aus gucken soll..."
„Ist ja nichts passiert. Alles gut", winke ich ruhig ab.
Die Brünette verstummt und nickt. „Okay, dass ist gut, ja. Tut mir wirklich leid."
„Mir auch", sagt Zoe zu mir und geht zu der Frau.
„Auch, wenn ich nur deine Tante bin, will ich, dass du auf mich genauso hörst, wie auf deine Mutter", tadelt die Brünette, dass jüngere Mädchen, während ich mich auf dem Weg zur Startaufstellung mache.
Dort soll ich aber nicht ankommen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro