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JAY
Fast hätte ich mich Hollys Küsse und Berührungen hingeben können, wäre nicht plötzlich dieser merkwürdige Krach aus dem Kinderzimmer gekommen.
Holly weicht leise lachend aus den leidenschaftlichen Küssen zurück, zieht ihre Hand aus meiner Boxershorts und greift über mir auf dem Nachttisch nach dem Babyfon mit dem kleinen Bildschirm.
Ich drehe neugierig meinen Kopf, um ebenfalls einen Blick auf den Bildschirm zuerhaschen. Jax, der mal wieder aus seinem Bett geklettert war, sitzt davor auf seinem Teppich und kippte gerade die Kiste mit den vielen Hotwheels-Autos um. Daher der Krach.
Man konnte ihm schon immer sämtliches Spielzeug hinhalten, wie Knete, Stifte und so weiter, damit beschäftigte er sich nicht mal fünf Minuten, um sich dann seinen kleinen Spielzeugautos zuzuwenden.
Hochkonzentriert sucht Jax sich die Feuerwehrautos heraus und ging zum Spielzeug-Parkhaus, welches genauso groß ist, wie der Kleine selbst.
Überhören kann man diesen tosenden Krach um fünf Uhr in der Früh auch nicht.
Ich ziehe Holly mit den Worten: "Er ist jetzt erstmal beschäftigt", das Babyfon aus der Hand, lege es zurück auf den Nachttisch, greife nach Hollys Gesicht und küsste sie. Holly zieht mich ungeduldig auf sich.
***
Quietschend und sichtlich begeistert flitzt Jax zu Holly. Diese steht in der Küche und versucht vergeblich die "gottverdammte, verblödete Dreckskaffemaschine" zum Laufen zu bringen, aber nach Jahren der Dauernutzung wollte sie wohl das zeitliche segnen.
Holly lässt genervt von der Kaffeemaschine ab und wendet sich freudestrahlend Jax zu. Sie nimmt den Kleinen auf den Arm und drückt ihn an sich.
Auch Jax legte seine Kleinkinder-Arme um seine heißgeliebte Mutter und strahlt mindestens genauso schlimm wie ein Kernkraftwerk in Übersee.
"Hab dich vermisst", sagte Jax leise.
Holly schnaubt belustigt auf. "Wir haben uns doch vorhin schon gesehen", bemerkt Holly und drückt meiner exakten Selbstkopie einen Kuss auf das rotblond-lockige Haar.
Japp, eine exakte Kopie meinerseits. Wenn man Fotos von mir mit zwei Jahren und Jax jetzt vergleichen würde, würde man denken, man hätte ein und dasselbe Kind vor sich.
Was hatte Jax von Holly? Soweit ich weiß, absolut nichts, außer ihre Gene im Verborgenen seines Kleinkinderkörpers.
Jax kichert wie wild, als Holly mit dem Mund gegen seinen speckigen Kinderhals furzt. Ich muss lachen und wende mich der Kaffeemaschine zu. Vielleicht kann ich ja was retten.
Holly und Jax verschwinden ins Kinderzimmer. "Er hat schon wieder die Windel gesprengt", höre ich Holly noch sagen, während ich den ausgesteckten Kabel der Kaffeemaschine anblicke. Das erklärt, warum diese "gottverdammte, verblödete Dreckskaffeemaschine" nicht funktioniert.
***
Während der Kaffee durch die Kaffeemaschine sickert, mache ich mich für die Arbeit fertig bereite das Frühstück für den Kleinen vor, der mit einer frischen Windel und einer Snapback auf dem Kopf aus dem Zimmer zum gedeckten Esstisch rennt.
Holly blickt im Vorbeigehen sichtlich irritiert auf die Kaffeemaschine. "Wie?"
"Der Stecker..." Den ich gestern beim Putzen wohl nicht mehr eingesteckt hatte.
Wir frühstückten, ich verließ vor Holly, die Jax vor der Arbeit immer in den Kindergarten brachte unsere Wohnung.
Anfangs war's für Holly und mich, sowie für den Kleinen schwierig, in den Kindergarten zugehen, aber mittlerweile gab uns Jax einen Kuss und verschwand freudestrahlend, mit einem "Bye", in der Gruppe.
Er weinte nicht, Holly und ich manchmal schon. Holly selbst bereute es ihn mit einem Jahr in den Kindergarten zuschicken, damit sie wieder arbeiten konnte.
Ich konnte ihr das alles nicht verübeln, war ihr nicht böse. Wieso denn auch? In meinen Augen, ist Holly die beste unperfekte-perfekte Mutter auf dem ganzen Planeten, die sich Hingebungsvoll um unseren Sohn kümmert.
Der beschissene finanzielle Aspekt (auch wenn wir sparsam mit dem Geld umgehen), sprach dagegen, dass Holly noch Zuhause blieb.
Nach einem Jahr hat sich diese erneute Veränderung routiniert und Holly sichtlich glücklich, aber erschöpft, wenn sie von der Arbeit im Med kam.
***
Fassungslos starre ich den Zettel in meinen Händen an, während ich aus dem Büro des Chiefs kam.
Ganz still und heimlich, habe ich in den letzten Tagen die Prüfung zum Detective durchgezogen und jetzt halte ich diesen besonderen Wisch in meinen Händen, der mir feinsäuberlich erklärte, dass ich ab heute ein Detective bin und das würde wiederum bedeuten, dass Voight mich in der Intelligence aufnehmen würde. Hoffentlich.
Mit einem ziemlich bescheuerten Grinsen, hole ich wenig später aus dem Sekretariat meinen neuen Dienstausweis und die Aufnäher für meine Uniform ab.
"Hören Sie auf so bescheuert zu grinsen", bemerkt Penelopé, die Sekretärin und wirft mir einen genauso angewiderten Blick zu, wie er in ihrer Stimme liegt.
Ich lasse mich davon aber nicht beirren, verlasse ihr Büro und suche in meinen gespeicherten Kontakten nach Antonio, um ihn die Neuigkeiten mitzuteilen, während ich mich auf den Weg zu den Umkleiden mache.
"Ich sehe zu, was sich machen lässt und werde gleich mit Voight reden. Melde mich und herzlichen Glückwunsch dazu, Halstead."
Ich sitze auf einer der Sitzbänke zwischen den großen Spinden, starre immer noch fassungslos das Ergebnis meiner bestandenen Prüfung und meinen neuen Arbeitsvertrag an. Das Gespräch mit Antonio war schon längst beendet und ich hätte schon an meinem Schreibtisch sitzen müssen, um wieder mit den sämtlichen Zeitungsverlagen über die Berichte zu diskutieren.
Ich spiele mit der Idee, Holly einfach anzurufen und ihr von den Neuigkeiten zu berichten, beschließe aber, sie heute Abend einfach damit zu überraschen, schließlich wusste auch sie nichts von meiner Prüfung.
Nicht mal eine halbe Stunde später, sitze ich an meinem Schreibtisch und beende genervt das Gespräch mit der Chicago Times, die unbedingt ihre geschmückte Version eines Raubüberfalls drucken wollte, aber da das meiste hinzugedichtet wurde, ließ ich das nicht durchgehen.
Ich will gerade eine Email von einer anderen bekannten Zeitung der Stadt beantworten, als sich die quietschende Tür zum Großraumbüro mit den vier Schreibtischen öffnet und tatsächlich Antonio Dawson, gefolgt von Sam, Hollys Bruder, hineintritt.
Sam ist ebenfalls in der Unit von Voight, und ich habe es mir zig mal überlegt, überhaupt in diese Unit zu gehen, weil es zwischen Sam und mir kleine Differenzen gibt, die immer noch nicht geklärt waren.
Um es kurz zu fassen: Sam provozierte mich, ich provozierte Sam, es stachelte sich so hoch, dass wir beide ein bisschen körperlich aneinander geraten sind und da ich nur ein kleiner Officer war und Sam Detective, wurde ich für unbestimmte Zeit in die Nachrichtenzentrale des CPDs versetzt, während Sam nicht mal einen erhobenen Finger kassierte, weil Detective und Sohn von Sergeant McGowan.
Prinz von und zu Vollidiot Samuel McGowan kann sich vermutlich alles leisten, ohne einen auf den Deckel zu bekommen.
Naja, seitdem ist es schwierig zwischen uns beiden... es ist sowieso schon alles komplizierter, als es eigentlich sein sollte.
Diese Situation mit Sam war in den letzten zwei Jahren nicht die einzige gewesen, an welche Holly und ich, heute noch, zu knabbern haben.
Die beiden bleiben an meinem Schreibtisch stehen. Während Sam mich ignoriert und die dreckigen Lampen an der Decke inspiziert, begrüßt und beglückwünscht Antonio mich freundlich.
"Ich habe tatsächlich gute Neuigkeiten", lässt er mich wissen und ich ahne es. "Voight will mit dir sprechen und dir einen Arbeitsvertrag für das 21te Revier anbieten."
Innerlich kreische ich wie eine Fünfzehnjährige auf einem One Direction Konzert. Äußerlich lasse ich mir nichts anmerken. "Für die Unit?" hake ich dumm nach.
Antonio nickt, während Sam genervt die Augen verdreht. Ich ignoriere den bescheuerten Idioten und wende mich ganz zu Antonio. "Wann?"
"Jetzt. Voight hat bereits mit deinem Chief gesprochen, ich mit Voight und ich hab dir ja gesagt, dass ich alles tun werde, was in meiner Macht steht, damit du in die Unit kommst. Es spricht nichts dagegen." Antonio hält inne, kratzt sich die Nase und deutet auf Sam. "Er ist aber dagegen."
"Ach was", bemerke ich sarkastisch, lehne mich im Stuhl zurück und verschränke die Arme vor der Brust, während ich Sam höhnisch mustere. "Hätte ich mir ja so gar nicht denken können."
Sam wirft mir einen sichtlich gereizten Blick zu. "Wenn's nach mir ginge und ich in der Unit das sagen hätte, würde ich dich nicht mit offenen Armen empfangen."
"Gut, dass dich niemand nach deiner Meinung gefragt hat und es immer noch Voights Entscheidung ist, wen er in seine Unit aufnimmt."
Antonio streckt mir den Zeigefinger entgegen, schaut genervt zwischen Sam und mir hin und her. "Ey", mahnt er dann mit strenger Stimme. "Aber nur unter einer Bedingung. Ihr beiden Zicken lasst eure Bitchfights in Zukunft sein. Ihr müsst nicht die besten Freunde werden, aber als Kollegen zusammenhalten. Wir sind ab heute ein Team."
Sam schnaubt nur. "Ja, was auch immer. Ich muss Scheißen."
Ich lege die Stirn in Falten, während Antonio Sam irritiert hinterher blickt, als dieser einfach geht. "Ja, was auch immer. Fahr einfach selbst ins 21te. Voight wartet dort auf dich. Bis gleich."
"Bis gleich", nicke ich und lehne mich zurück. Ich kann das alles immer noch nicht glauben.
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