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HOLLY
Ich sitze noch immer fassungslos und gedankenverloren neben Kim, während sie mir zwischendurch Geschichten von Zoe erzählt.
Als sie dann auf Jay zusprechen kommt, blicke ich sie irritiert an. „Was?"
„Ich wusste gar nicht, dass du Halsteads Freundin bist. Ich arbeite ebenfalls fürs 21te Revier."
„Oh, dass konnte ich nicht wissen. Sorry. Bist du auch in der Unit?"
Kim schüttelt ihren Kopf. „Nein, noch nicht."
„Kommt sicherlich noch. Alle guten Leute landen bei Voight und in der Unit. Detective McGowan ist übrigens mein Bruder", füge ich bei.
Kim nickt und rümpft kurz die Nase. „Nichts für ungut, aber müssen Sam und Jay sich nicht verstehen?"
Ich schnaube belustigt. „Jay ist schon ein hitzköpfiger Sturkopf, mein Bruder, der ist tatsächlich noch schlimmer."
„Man merkt die Spannungen zwischen den beiden. Sie geraten noch immer oft aneinander, sind grundsätzlich immer anderer Meinung."
„Hat sich also nichts geändert", bemerke ich und blicke zu Dr. Wheelan die auf uns zu kommt.
Schweigend setzt sie sich gegenüber von uns - Tränen rennen ihr über die Wangen. Sie sieht ziemlich fertig aus.
Irritiert blicke ich meine Namensvetterin an. „Holly, rede mit mir", sage ich. Die Frage, ob es ihr gut geht, hat sich bei diesen Krokodilstränen erledigt.
Dr. Wheelan war Kinderkrankenschwester und erst seit zwei Monaten im Med tätig, wir verstanden uns bisher ganz gut.
„Meine Schwester", weint sie bitterlich und ich ahne, was sie sagen will.
Kim hatte irgendwas von einem anderen verletzten Mädchen geredet, die eine Schwester einer Ärztin ist. Gar nicht gut.
„Was ist mit Imogene?"
Holly erklärt bitterlich weinend, dass ihre Schwester Gehirntot sei und sie ihre Eltern nicht erreichen konnte, um eine Entscheidung zu treffen.
Bei der Explosion hat sich Imogene anscheinend ziemlich heftig am Kopf verletzt, sodass eine weitere neunjährige um ihr Überleben kämpfen muss.
Ich stehe auf und knie mich vor Holly hin, um ihre Hand zu halten. „Es tut mir so leid. Wer ist für Imogene's Behandlung verantwortlich?"
„Willhite."
Ich entschuldige mich und suche im ganzen Chaos nach Dr. Willhite. „Alec hast du mal eine Minute", sage ich, als ich ihn endlich finde.
„Ich könnte wirklich mal durchatmen", seufzt er verzweifelt. „Was gibt es denn Holly?"
„Du behandelst doch Hollys Schwester Imogene, richtig?"
Alec nickt bedrückt. „Ja, aber da gibt es nichts mehr zu tun, keine Gehirnaktivitäten..."
„Das andere Mädchen... Zoe, sie braucht dringend eine neue Leber. Welche Blutgruppe hat Imogene?"
„Davon hörte ich. Da muss ich nachschauen, mein Kopf ist einfach zu voll."
Ich folge Alec zum Krankenschwester Raum auf der Intensivstation, dieser sucht nach der Akte von Imogene Wheelan. „Okay. Imogene hat 0+. Weißt du, welche Blutgruppe Zoe hat?"
„Ich frage Dr. Arata. Er behandelt Zoe."
„Dann spreche ich mit ihm. Vielleicht haben wir ja Glück und wir können heute wenigstens ein Mädchen retten. Danke, Holly."
***
Gegen späten Nachmittag muss ich das Med verlassen, um Jackson vom Kindergarten abzuholen und da das Krankenhaus nicht gerade Sicherheit bot, fahre ich nach Hause.
In Gedanken bin ich aber bei den beiden Kindern, die uns Überleben kämpfen, bei Kim und Holly und bei Jay, der sich keine Ahnung wo herumtreibt.
Ich hoffe nur, dass er Abends nach Hause kommen würde und das gesund und munter, meinetwegen soll er schlecht drauf sein, oder sonst was, Hauptsache ihm passiert nichts.
***
Jackson lag bereits seit einer Stunde im Bett, während ich auf der Couch sitze, gespannt die Haustür im Blick halte und darauf warte, dass Jay nach Hause kommt.
Ohne ihn werde ich sowieso die Nacht kein Auge zubekommen und außerdem hoffe ich auf Neuigkeiten aus dem Krankenhaus.
Gegen halb zwölf tritt ein ziemlich fertiger Jay endlich in die Wohnung und schließt hinter sich leise die Tür.
„Und?", frage ich aufgeregt und sprang von der Couch auf. „Wie ist es gelaufen? Habt ihr den Täter?" Ich höre abrupt auf ihn mit Fragen zu bombardieren. „Tut mir leid, komm erstmal an."
„Alles gut", beruhigt er mich. Jay zieht seine Jacke und Schuhe aus und fährt sich müde mit der Hand durchs Gesicht. Dann kommt er auf mich zu und nimmt mich einfach in den Arm. „War ein harter Tag für beide von uns", murmelt er in meine Schulter hinein.
„Das glaub ich dir." Meine eine Hand streichelt über seinen Hinterkopf. „Willst du bei einem Bier darüber quatschen?"
„Immer."
Einen Augenblick später sitzen wir beide gegenüber voneinander auf der Couch, je eine Flasche Bier in der Hand, und ich höre Jay gespannt zu.
Der Verdächtige namens Paul Watts wurde tot in dessen Wohnung gefunden. Erst sah es wie ein Suizid aus, aber nach genauem hinsehen, wurde klar, dass Watts ermordet wurde.
Watts wurde durchgecheckt, Kontakte, Bewegungen, einfach alles und sie fanden eine neue Spur. Ein Kerl namens Täter Nummer 2, stand mit Watts im Kontakt, und eben dieser Täter Nummer 2 war im Med und wurde von Olinsky zu dem Anschlag befragt.
Noch im Med trafen sie auf den Typen, es kam zu einer Auseinandersetzung, aber sie konnten ihn festnehmen und Voight ihn alleine befragen. Kann mir schon vorstellen, dass Voight Täter Nummer 2 ziemlich nett behandelte, um an Informationen zukommen.
Voight bekam einen weiteren Namen und dieser Kerl pflegte wohl einen Groll auf die Polizei, die Feuerwehr und gefühlt jeden ausländischen Menschen auf den Planeten, man fand in einem Lagerhaus eine weitere Leiche und Anzeichen für eine dritte Bombe, die gefunden und entschärft werden konnte.
„Der Van mit der Bombe stand am neunten Revier."
Ich ziehe scharf die Luft durch die Zähne ein, weil mein Dad dort arbeitet und höre Jay weiter zu.
„Wir fanden den Täter in der Nähe des Reviers, verfolgten ihm und konnten ihn festnehmen."
„Gott sei Dank." Ich trank einen kräftigten Schluck vom gekühlten Blonden. „Wart ihr noch mal im Krankenhaus?"
Jay nickt. „Du hattest einen richtigen Riecher. Die beiden Mädchen haben dieselbe Blutgruppe. Die Eltern von Imogene haben die Geräte ausgestellt und stimmten einer Organtransplantation zu, beide Mädchen hatten wohl dieselbe Blutgruppe. Zoe geht's bald wieder besser." Jay denkt kurz nach und greift dann nach meiner Hand. „Willst du darüber reden was passiert ist?"
Ich schaue auf die Bierflasche. „Puh, ich glaube ich brauche was Härteres."
Jay schnaubt belustigt. „Tequila?"
„Tequila", nicke ich zustimmend.
Da Jay Morgen einen Tag von Voight freibekommen hat, beschloss ich ebenfalls krank zu feiern.
Ich weiß eh nicht, wo ich morgen hin sollte, wenn es die Notaufnahme nicht mehr gab und einen Familientag konnten Jay und ich, nach diesem Tag sichtlich dringend gebrauchen.
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