𝒘𝒊𝒏𝒕𝒆𝒓 | »Dumm, dümmer, Emma«
K A P I T E L || 34
{Emma Clark}
Genau dieses Szenario habe ich mir all die Jahre vorgestellt. Michael und ich treffen auf einander. Nur, dass ich inzwischen nicht mehr das kleine Mädchen von der Highschool bin. Ich habe es zu etwas gebracht.
Immer mehr drifte ich von dem hier und jetzt ab. In meinem Kopf fängt alles wieder von vorne an und katapultiert mich dahin, wo ich noch vor einem Jahr war.
Mein schwarzes, kurzes Kleid, mit dem hinreißenden Rückenausschnitt, sitzt wie angegossen, während ich an der Bar sitze. In meiner Hand halte ich einen Cosmopolitan und feiere, dass ich gerade einen Platz für das begehrteste Praktikum erhalten habe. Ich sehe umwerfend aus. Alles an mir strahlt Selbstsicherheit aus.
»Was macht eine Frau, wie Sie, alleine hier?«, höre ich eine raue Stimme fragen.
»Woher wollen Sie wissen, ob ich alleine bin oder nicht? Stalken Sie mich etwa schon die ganze Zeit?", entgegne ich, ohne mich umzudrehen. Ich nehme einen Schluck von meinem Cocktail, ehe ich bemerke, wie mir eine seidigweiche Strähne meines Haares aus der Hochsteckfrisur ins Gesicht fällt.
An einem leichten Luftzug erkenne ich, dass der Mann näher an mich heran tritt, ehe er antwortet: »Sie sind mir lediglich aufgefallen. Eine Frau wie Sie, in einem so kurzen Kleid...Entweder sie warten auf ihre Begleitung oder...Zja, ich weiß auch nicht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Sie alleine sind.«
»Zunächst einmal: Haben Sie mich nicht das eben noch gefragt? Zum anderen: Es ist recht anmaßend von Ihnen, davon auszugehen, dass eine Frau immer einen Begleiter braucht. Männer sind, wenn überhaupt, dann nur ein Assecoire, nicht Hauptbestandteil der Garderobe.«
Damit drehe ich mich elegant um und schlage meine glatten, gebräunten Beine übereinander. Doch als ich ihn erblicke, erstarre ich kurzzeitig.
»Darf ich Sie zu einem Drink ein-«, er unterbricht sich mitten im Satz, »Emma?«
Überraschender Weise stehe ich auf und krame genug Geld heraus, um den Cosmopolitan zu bezahlen. Energisch schmettere ich es auf die Bar und greife nach meiner Tasche. Zielstrebig mache ich mich auf den Weg zu der Tür. Michael ist das letzte, das ich jetzt gebrauchen kann.
Obwohl ich zugeben muss, dass er in einem Anzug und mit dem drei Tage Bart unheimlich gut aussieht. Verdammt. Gerade, als die Tür hinter mir zufällt, spüre ich, wie mein Handgelenk umgriffen wird. Ich hebe meinen Blick und schaue in die blauen Augen des Mannes, der mir vor Jahren das Herz gebrochen hat.
Ruppig versuche ich mich loszureißen und auf den Weg zu der Gardarobe zu machen. Doch sein Griff wird nur noch fester, ähnlich dem eines Anschnallgurtes eines Autos, wenn man sich ruckartig nach Vorne beugen möchte.
»Emma...Ich...Das, was ich damals gesagt und getan habe, war dumm. Es tut mir leid.«
»Schön. Auf wiedersehen.«
»Ich meine es ernst«, insistiert er, wobei seine Stirn in sorgenvollen Falten liegt, »Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an dich denke. Die ganze Zeit über wollte ich nur dich. Doch ich habe es vermasselt.«
Mein Kopf muss rot wie feuer sein, denn ich spüre, wie mir heiß wird. Nicht, weil ich so berührt bin, von dem was er sagt, sondern weil ich wütend bin.
»Nach allem kommt DAS von dir? Fick dich. Wenn du doch die ganze Zeit dachtest, dass ich so geil auf dich bin, warum hast du es mir dann nicht gesagt?«
»Das ist es ja...Ich wollte, dass du etwas von mir willst, aber du hast nie so gewirkt. Im Gegenteil, deine Blicke haben mich jedes mal innerlich zerstört.«
»Zja.«, damit reiße ich mich aus seinem Griff los und gehe zu der Garderobe rüber, um mir meine Jacke zu holen. Während ich so an ihm vorbeilaufe, würdige ich ihn keines Blickes. Es ist eine kühle Herbstnacht und der Wind weht mir die Haare ins Gesicht, als ich vor die Tür trete. Ich schlinge den Mantel enger um mich.
Mein Atem hinterlässt Wölkchen in der Nachtluft. Als ich um die Ecke biege höre ich Schritte hinter mir.
»Warte!«
Ich fahre herum: »Ich denke wir haben schon alles gesagt.«
»Nein, haben wir nicht.«
Michael bleibt vor mir stehen. Mein Herz schlägt so schnell, dass ich fürchte zu kollabieren. Was hat er jetzt vor? Doch bevor ich den Gedanken zu Ende denken kann nimmt er mein Gesicht in seine Hände und beugt sich vor, um mich zu küssen. Erstaunlicher Weise erwidere ich den Kuss.
»Glaubst du mir jetzt, dass es mir leid tut?«, fragt er, als er sich von mir löst. Für eine Sekunde sehe ich ihn einfach nur an. Doch dann nicke ich wortlos.
»Habe ich schon gesagt, dass du umwerfend aussiehst?«
Michaels Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Damit leider auch aus meiner was-wäre-wenn Illusion. Etwas, das so oder so nie passieren wird. Denn ich bin nicht nicht die erfolgreiche, selbstbewusste Frau, von der ich gehofft habe, dass ich es sein werde. Ich habe nichts erreicht. Was mache ich schon? Ich arbeite in einem Baumarkt.
Habe ich ein tolles Studium in Aussicht? Nein. In Wirklichkeit bin ich immer noch das kleine Mädchen von der Highschool, das sich in den beliebtesten Jungen der Schule verknallt hat. Aus diesen Grund klopft mein Herz auch wie verrückt, als ich das Kompliment aus Michaels Mund höre. Kein Wort kommt aus meinem Mund. Erst als Shawn mich von hinten umarmt, wird mir bewusst, was gerade los ist.
»Komm Schatz, wir gehen«, damit greift er nach meiner Hand und zieht mich von Michael weg. And der Garderobe angekommen sehe ich ihn wütend an.
»Was sollte das denn?«, stoße ich wütend aus.
Shawn zuckt unberührt mit seinen Schultern:»Ich habe dich gerade nur vor dir selbst gerettet. Du hast da wie angewurzelt gestanden.«
Er reicht mir meinen Mantel. Irgendetwas in mir führt zu einer trotzigen Reaktion.
»Gar nicht! Wir waren mitten in einem ausgesprochen tiefsinnigen Gespräch!«
Dass ich nicht lache.
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