𝒘𝒊𝒏𝒕𝒆𝒓 | »Brautkleid bleibt Brautkleid«
K A P I T E L || 42
{Emma Clark}
»Dann hoffe ich, dass wir uns bald wiedersehen, Emma. Ich bin noch ein paar Tage in der Stadt. Vielleicht bleibe ich ja länger, als gedacht«, sagt Jack sanft und neigt seinen Kopf grinsend zu Boden, nur um ihn dann noch einmal zu heben und mir umso intensiver in die Augen zu blicken. Dabei friemelt er die ganze Zeit dem Armband herum, das er anhat.
Sanft lächelnd lasse auch ich meine Worte ausklingen: »Das hoffe ich auch...«
Seine Augen sind braun, wie die von Shawn. Es ist jedoch ein ganz anderes Braun. Wie gerne ich wieder in seine Augen schauen würde. Freundschaftlich. Aus uns würde nie was werden.
»Dann bis bald«, murmelt Jack, als wir meine Haustür endgültig erreichen.
»Danke«, hauche ich. Es hat mir gut getan mich heute abzulenken. Das ganze Shawn Drama hätte mich sonst noch wahnsinnig gemacht. Nicht, dass es mich nicht trotzdem ein kleines bisschen in den Wahnsinn treibt. Jetzt kann ich meine Gedanken auf Jack fokussieren, was mir vermutlich gut tut. Sich auf Shawn zu konzentrieren ist...ungesund.
Jack lächelt mich ein letztes Mal an, bevor er sich noch einmal verabschiedet und verschwindet. Nach ein paar Schlüsselumdrehungen befinde ich mich im Treppenhaus. Die Stufen erscheinen mir heute so, als hätten sie sich über Nacht verdoppelt. Müde schleppe ich mich hoch zu meiner Wohnung. Der Tag hat mich Stück für Stück ausgelaugt.
»Ja?«, frage ich in mein Handy, als ich ein reinkommendes Telefonat annehme.
»Welches Brautkleid soll ich tragen? Ich kann mich einfach nicht entscheiden. Das ist der Horror! Es gibt so viele und keins davon passt zu mir. Alle sind mittelmäßig und ich-«
Mitten im Satz unterbreche ich sie: »Und du bist nicht mittelmäßig.«
Durch das Telefon dringt ein zustimmendes ja. Nicht, dass sie damit unrecht hätte, allerdings heißt es, dass sie wieder ein extra Brötchen gebacken bekommen möchte.
»Was habe ich damit zu tun?«, frage ich etwas genervt. Vermutlich etwas zu genervt, denn ich höre die Missbilligung bis zu mir durchdringen.
»Hör Mal, du bist meine Schwester! Du musst mir helfen!«
»Natürlich helfe ich dir ein Brautkleid zu finden. Wann sollen wir shoppen gehen?«, frage ich.
Pampig entgegnet sie mir:»Hörst du mir eigentlich zu? Es gibt nirgendwo ein passendes! Die sind alle hässlich und mittelmäßig!«
Fast muss ich darüber lachen, weil es so symptomatisch für Sabrina ist. Dennoch stellt sich mir die Frage, wie ich ihr dann helfen soll. Eines her zaubern?
»Was soll ich tun?«
»Shawn Mendes. Der hat doch Stylisten und so. Kann der mir nicht jemanden beschaffen, der mir DAS Kleid näht?«
Da war der Name, den ich schon die ganze Zeit zu vermeiden versuche.
»Hallo?«, hakt meine Schwester nach. Vermutlich dauert ihr die Stille zu lange.
»Ja. Bin dran. Mir geht's gut.«
Am Liebsten würde ich mir jetzt selbst eins überziehen. Das klang absolut so, als ginge es mir gut. Wieso bin ich so neben der Spur? Theoretisch weiß ich warum, es ist Shawn. Aber warum ist er dazu fähig?
»Emma? Hält dir jemand eine Knarre an den Kopf oder warum bist du so komisch?«, dringt die Stimme meiner Schwester wieder zu mir durch. Meine Gedanken wabern um mich herum, wie eine riesige Menge Wackelpudding. Ein Wunder, dass sie überhaupt zu mir durchdringt.
»Nein. Eh. Alles gut. Was kann ich für dich tun?«, wiederhole ich mich. Schließlich gelingt es mir dann doch, mich auf Sabrinas absurde Aussage zu fokussieren.
»Du musst Shawn überreden, seine Kontakte spielen zu lassen.«
Schneller, als ich darüber nachdenken kann, sage ich: »Das geht nicht.«
»Du kannst deinen Freund nicht um einen Gefallen bitten? Wozu hast du dann bitte einen Freund?«
»Also ganz sicher nicht, um meiner Schwester ein Brautkleid zu besorgen, weil ihr alle anderen Kleider zu banal sind.«
Augenverdrehend schließe ich endlich meine Tür auf. Zuvor bin ich mehr oder weniger davor stehen geblieben. Allerdings befürchte ich, dass sich dieses Gespräch noch etwas in die Länge ziehen wird. Schnell ziehe ich meine Schuhe aus, ohne mich dabei zu bücken. Die Tür schließe ich mit einem eleganten Kick meines rechten Fußes.
»Du willst deiner Schwester nicht helfen?«, fragt sie schmollend.
Seufzend antworte ich: »Ja. Beziehungsweise nein. Shawn und ich haben uns gezofft. Wir haben keinen Kontakt mehr. Außerdem weißt du ganz genau, dass wir eigentlich gar nicht zusammen sind, sondern nur so tun.«
»Getan haben«, verbessere ich mich.
»Oh. Ihr vertragt euch schon wieder. Zurück zum Wesentlichen: Das Kleid. Weißt du noch, als du mir damals mein Abschlussballkleid genäht hast, weil ich mir kein richtiges leisten konnte und Mom und Dad mir eigentlich verboten hatten dort hinzugehen? Wegen-«
Grinsend vervollständige ich ihren Satz: »Der Motorrad-Pool Geschichte?«
»Genau. Es war ein sehr schönes Kleid. Du hast damals billige Stoffreste von Wallmart benutzt. Mit richtigem Stoff schaffst du doch bestimmt noch mehr.«
»Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?«, frage ich.
»Näh mir mein Kleid.«
»Oh nein. Nein. Nein, nein, nein.«
»Bitte«, bettelt sie. Ich schüttele meinen Kopf.
»Ich kann das nicht. Vor Ewigkeiten habe ich dir vielleicht Mal ein Ballkleid genäht, aber das war nur dein Abschlussballkleid. Ich werde dir ganz sicher nicht dein Hochzeitskleid verhuntzen. Nein.«
»Du bist blöd. Für nichts zu gebrauchen. Eigentlich will ich ja eh Elie Saab.«
Aus Irritation blinzelnd hake ich nach: »Wer?«
»Verstehst du nicht. Mode. Ein Designer. Den du mir beschaffen könntest, wärst du nicht so stur.«
Gleich muss ich ausgiebig lachen. Als ob ich tatsächlich irgendeinen Einfluss hätte. Selbst, wenn ich noch mit Shawn befreundet wäre. Eigentlich stellt sich mir jetzt die Frage, warum Shawn eigentlich nicht mehr mit mir befreundet sein will, wenn er doch eigentlich eh nicht auf mich steht? Vermutlich einfach ein schneller Weg aus unserem Deal. Ohnehin Schwachsinn. Wer macht schon sowas?
»Ich schicke dir einfach Shawns Nummer. Mach was du willst«
War das jetzt ein Fehler? Ja. Juckt es mich? Nein. Sie ist schließlich kein durchgeknallter Fan, der ihn stalken will oder seine Nummer leaked. Wenn ja dann...
Ich lege grinsend auf.
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