𝒂𝒖𝒕𝒖𝒎𝒏 | »Schicksal oder so«
K A P I T E L || 07
{Emma Clark}
»Bekomme ich deine Nummer, Emma?«, fragt der Typ aus der Bar, der anscheinend Shawn heißt. Ich bleibe still. Es ist keine gute Idee, ihm meine Nummer zu geben.
»Wenn es Schicksal ist, dass wir uns sehen, dann wird das auch passieren«, gebe ich von mir. Das ist der größte Scheiß, der jemals aus meinem Mund gekommen ist. Ich glaube ja nicht einmal an Schicksal.
»Wow... Ich bin wohl ziemlich blöd...«, stammelt der Junge. Ich lege meinen Kopf schief und kneife meine Augen zusammen, während ich ihn dabei beobachte, wie er sich umdreht.
»Nein, warte«, sage ich auf einmal. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Mir ist nicht einmal bewusst, was ich jetzt sagen soll. Der Junge bleibt stehen.
»Kommt noch etwas oder tue ich dir gerade einfach nur leid?«
Ich atme tief durch.
»Du musst wissen, ich glaube nicht an Schicksal, aber alleine der Fakt, dass wir uns zweimal in einer Stadt wie Toronto über den Weg laufen, ist ein Zeichen. Es ist so, dass ich in der Vergangenheit nur Idioten kennengelernt habe. Was ich im Moment brauche, ist kein Freund, sondern lediglich einen Freund.«
»Denkst du, ich habe unseren Deal vergessen?«
»Ich arbeite in einem Baumarkt in der Nähe... Vielleicht brauchst du in nächster Zeit ja Mal eine Pflanze.«, sage ich und streiche mir eine Strähne hinter mein Ohr. Shawn dreht sich um. Ein Lächeln liegt auf seinen Lippen.
»Vielleicht brauche ich das»
Ich jogge den Rest noch, obwohl es wirklich keine lange Strecke ist, die ich zurücklegen muss. Zu gerne würde ich wissen, was seine Haarfarbe ist. Noch lieber würde ich seine Augen sehen.
Während ich die Tür aufmache, denke ich weiter über die Begegnung nach.
«Was gibt's?», fragt mich meine Schwester enthusiastisch, als sie ans Telefon geht. Ich freue mich ihre Stimme zu hören.
»Ich finde wir sollten uns bald Mal wieder treffen.«
»Dafür hast du doch nicht angerufen. Raus mit der Sprache!«, kommandiert sie mich. Dieser Engel.
»Hey! Sei etwas netter zu deiner Schwester, die dich bloß wiedersehen will!», ziere ich mich, ehe ich doch sage, »Habe einen Typen kennengelernt«
»Hat er eine Freundin?«, fragt sie lachend. Ich verdrehe meine Augen und presse zwischen zusammengebissenenen Zähnen hindurch, »Das ist nicht witzig! Außerdem will ich nichts von ihm! Er scheint eher das Potential eines besten Freundes zu haben!«
Die Braunhaarige lacht kurz auf.
»Männer und Frauen können nicht nur befreundet sein. Das funktioniert nicht. Einer von beiden steht immer auf den anderen.«
»Was ist mit Milan und mir?«, werfe ich ein, während ich an den Verräter denke. Das nehme ich ihm immer noch übel.
»Das zählt nicht, weil ihr nicht mehr befreundet seid! Ist der Typ hässlich?« , fragt sie und fügt noch hinzu, »Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?«
»Nein...äh...», stammele ich ,«Ich glaube nicht.»
Ich lehne meine Füße gegen die weiße Wand, während ich auf dem Rücken liege.
»Also ja. Na ja, dann steht er auf dich. Hat er dich angesprochen?«
»Nein, ich weiß nur nicht genau, wie er aussieht... Und ja. Letztens in einer Bar. Heute haben wir uns wieder gesehen. Er wollte meine Nummer haben, doch ich habe ihn abgeblockt. Ich habe gesagt, dass er zu mir in den Baumarkt kommen kann.«, erkläre ich und wackele mit meinen Füßen.
Sabrina schnaubt belustigt; »Du Vogel!«
»Was denn?», frage ich eingeschnappt.
»Na ja, erstens will der was von dir. Zweitens: Manchmal bist du echt seltsam. Wenn er wirklich in den Baumarkt kommt, steht ja fest, dass er dich heiraten will«, lacht sie.
»Blödsinn! Deal ist Deal!«
»Was?«, fragt sie noch, doch ich lege auf, bevor sie das Wort zu Ende sprechen kann.
Ich atme tief durch, ehe ich mich dazu entscheide ins Bett zugehen. Es ist schon relativ spät und morgen muss ich früh raus. Früher als sonst, weil ich meiner Mutter versprochen habe anlässlich des Besuchs meines Bruders Chauffeur zu spielen. Alles andere als freiwillig, aber meiner Mutter zu widersprechen ist, als würde man den Teufel höchst persönlich beleidigen.
Alles, was mir bleibt ist, morgen in aller Frühe aufzustehen, um meinen Bruder vom Flughafen abzuholen. Vorher muss ich mir noch das Auto meiner Eltern leihen. Sabrina kann sich mit der Ausrede drücken in einem anderen Land zu leben. Da hat sie sich schön rausgeredet. Natürlich weiß ich, dass sie nichts dafür kann, aber es ist trotzdem unfair.
Unsere Eltern nennen unseren Bruder «liebenswert» und «optimistisch».
Sabrina und ich nennen ihn jedoch «nervig». Er ist übermotiviert und muss jede Minute des Tages so gut drauf sein, dass ihm Regenbögen und Einhörner aus dem Arsch geschossen kommen. Es ist die reinste Folter.
Im meinem ganzen Leben haben ich noch nie einen Menschen kennen gelernt, der so verdammt gut drauf ist. Es macht mich völlig wahnsinnig.
Dieses Jahr hat er an irgendeinem Yoga Workshop teilgenommen. Was dabei heraus gekommen ist, möchte ich gar nicht wissen. Er war in LA und hat dort angeblich seine große Liebe gefunden. Wie es damit aussieht, ist eine andere Frage. Letztes Jahr verkündete Ashton, er wolle Pfarrer werden. Als er dann aber Jason traf (einen heißen Amerikaner mit brasilianischen Wurzeln), entschied er sich ganz schnell um. Damals hatte er uns mitgeteilt, es sei seine große Liebe (War es dann doch nicht, sie trennten sich nach einem Monat). Mit ihm zog er nach LA.
Eigentlich schade, dass es mit Jason nicht geklappt hat. Ich fand ihn symphatisch.
Das Schlimmste ist aber, dass er uns seine gute Laune oder seine Ideologien immer aufdrängen will. Mom und Dad fressen ihm aus der Hand, als würden sie für kurze Zeit ihren Meschenverstand verlieren (Meine Schwester und ich benutzen auch gerne das Codewort »Lemmingalarm«).
Während ich meine Augen schließe, wird der Gedanke an meinen Bruder durch den an Shawn verdrängt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er in den Baumarkt kommt. Wenn doch dann...
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