𝒂𝒖𝒕𝒖𝒎𝒏 | »Besoffen von Cola«
K A P I T E L || 04
{Emma Clark}
»Touché«, gibt der Fremde von sich, bevor er sich ein Tequila Sunrise bestellt.
»Wenn du nicht versetzt wurdest, was machst du dann alleine in einer Bar? Dich mit einer Cola voll laufen lassen?«, fragt er amüsiert. Ich kann das Grinsen auf seinen Lippen nicht ignorieren, mich zu ärgern bereitet ihm sichtlich Freude.
Ich deute auf das Getränk, das vor ihn gestellt wird.
»Ist Tequila Sunrise nicht ein Mädchen Cocktail?«
Er verzieht sein Gesicht, ehe er entgegnet: »Du hast mir meine Frage nicht beantwortet.«
Ich zucke mit meinen Schultern.
»Du mir auch nicht.«
»Dann habe ich eben eine Schwäche für Cocktails«, verteidigt er sich. Ich lache ein wenig in mich hinein. Irgendwie ja süß.
»Ich habe nie gesagt, dass du die nicht trinken darfst.«
Er dreht sich wieder zu mir, sodass ich wenigstens die Teile seines Gesichtes sehen kann, die nicht verdeckt sind.
»Also, warum bist du hier?«, lässt er nicht locker. Ich seufze und nehme einen Schluck meiner Cola, die mittlerweile ekelhaft warm schmeckt. Angewidert stelle ich sie wieder ab. Auf den Wasserfleck, den das Glas ohnehin schon hinterlassen hat.
»Ganz sicher nicht um jemanden aufzugabeln. Wenn, dann akzeptiere ich nur Freundschaftsanfragen. Andere Posten sind nicht zu besetzen«, antworte ich ausweichend.
»Was bist du, ein Supermarkt? Und ich dachte schon, du könntest vielleicht meine Freundin spielen.«
Mit seinen langen Fingern schiebt er das Glas hin und her, genauso, wie ich es immer mache. Ich beobachte ihn eine Weile dabei.
»Deine Freundin spielen?«, hake ich schließlich irritiert nach.
»Brauche eine Alibi Freundin, damit meine Freunde nicht denken, dass ich schwul bin«, erklärt er.
»Was ist daran schlimm, schwul zu sein?«
»Es ist nicht schlimm schwul zu sein. Es ist schlimm, wenn jeder denkt, du wärst es und du es nicht bist. Ach, es ist sowieso dumm...«, murmelt er.
»Ich meine Tequila Sunrise...«, sage ich um ihn zu ärgern und deute auf den Cocktail, ehe ich hinzufüge, »Und wenn? Kann dir doch egal sein. Du weißt, dass du hetero bist und das reicht.«
»Ha-Ha«, lacht er künstlich. Doch dann brummt er genervt: »Du kennst die Ausmaße nicht.«
»Gut«, sage ich nach einer Weile, »Ich spiele deine Freundin, wenn du mein neuer bester Freund bist. Meinen alten kann man nämlich in die Tonne treten. Deal?«
Um ein Lachen kommt auch er nicht herum.
»Du bittest einen Fremden dein bester Freund zu sein?«
»Du eine Fremde deine Freundin zu spielen. Deal?«
»Deal«, willigt er ein. Wir beide wissen, dass das bloß ein dummer Scherz ist. Dennoch finde ich die Idee gar nicht so schlecht, schließlich halte ich damit Regel zwölf ein.
Je länger ich über alles nachdenke, desto mehr fällt mir auf, wie skurril die Situation ist. Zwei Fremde in einer Bar fangen ein Gespräch an, nur um festzustellen, wie verschroben sie doch sind.
»Ich muss los«, gebe ich plötzlich von mir und springe von dem Barhocker auf. Ich bleibe kurz stehen.
»Willst du mir nicht noch verraten, wie du heißt oder wie ich dich finden kann?«
Ich lächele und werfe ihm dann einen Schulterblick zu.
»Du hast soeben deine Seele an den Teufel verkauft, ich werde dich schon finden«, lache ich. Damit verlasse ich die Bar, während ich mich davon abhalte, mich noch einmal umzudrehen.
Mein Handy vibriert, als ich es einschalte. Ich hatte es nach einer Weile wegen Marc ausgeschaltet. Mehrere Nachrichten von Estelle. Doch das Erste, was mir ins Auge springt, sind nicht ihre Nachrichten, sondern die von Marc.
Ich konnte es nicht lassen, ihn um eine Erklärung zu bitten. Das habe ich nicht nötig, aber es wird meiner psychischen Gesundheit vielleicht gut tun und verhindern, dass ich zu oft darüber nachdenke.
Was willst du wissen /hören?
Kaum hab ich es gelesen, schalte ich mein Handy auch wieder aus. Das ist mir echt zu blöd.
Die kalte Abendluft frisst sich in meine Lungen, wie Säure. Ich frage mich, wie der Fremde heißt. Gerade hätte ich es erfahren können. Doch was mache ich? Ich dumme Kuh korbe ihn, obwohl ich ihn schon gefriendzoned habe. Was wäre dabei gewesen? Manchmal verstehe ich mich selbst nicht, aber das macht nichts. So ist es besser.
Noch mehr Verwirrung kann ich mir nicht leisten. Das lenkt mich von dem Wesentlichen ab: Uni.
Meine interlektuelle Weiterbildung sollte wichtiger sein, als irgendwelche Typen aus Bars oder mit Motorrädern, die auf einmal mit ihren Freundinnen schluss machen, nachdem man was mit ihnen hatte. Sie hatten einem zwar schon versichert, dass Schluss ist, aber die Freundin hat das irgendwie anders gesehen.
Als ich meine Augen schließe, überrollen mich die Erinnerungen, wie jedes Mal, wenn ich an ihn denke. Seine Finger streichen über den Saum meines Kleides und fahren dann über meinen Oberschenkel. Immer höher und höher. Ich ziehe die Luft scharf ein. Die Art, wie er mir gesagt, hat, dass ich heiß bin.
Ich hole mich selbst aus meinen Gedanken, ehe ich es noch bereue, wie ein normal denkender Mensch gehandelt zu haben. Seine blöden braunen Augen, die mich in den Bann ziehen. Wenn ich ihn ansehe, bekomme ich weiche Knie. Ich hasse es.
Ich schließe die Tür zu meiner Wohnung auf, ehe ich mein Handy heraushole und mich auf das Sofa fallen lasse.
Was willst du wissen/ hören?
Ist doch klar. Verdammt nochmal, ich will hören, dass es dir leid tut. Ich will wissen, warum du das getan hast. Aber anscheinend, drückst du dich um eine Antwort.
Vielleicht, warum du das getan hast?
Ich sende die Antwort ab. Mich nervt die Formulierung. Ich hätte mich anders ausdrücken sollen, aber jetzt ist es schon abgeschickt.
Okay.
Das ist alles? Alles, was kommt, nachdem ich meinen Stolz runtergeschluckt habe, um ihm die Chance zu geben sich zu erklären? Ich hatte ihn gefragt, warum er seine Nachrichten gelöscht hat und mir entfolgt ist, nur um mir dann zu erzählen, dass er mit seiner Freundin schluss gemacht hat. Alles, was ich darauf erhalte ist ein 'okay'?
Ich schmettere mein Handy auf die andere Ecke des Sofas. Frustration macht sich in mir breit. Es ist einer dieser Momente, in denen man einfach nur schreien möchte, weil einen alles so unfassbar ankotzt.
Meine Gedanken schweifen zu dem Fremden aus der Bar, um mich von Marc abzulenken.
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