3- Die Autofahrt
"Jordan. Wach auf. Schuuule!", rief irgendeine Stimme und riss mich somit aus meinem Traum. "Jordy Baby, du kommst zu spät!"
"Urrrgg, nur noch eine Minute...", sagte ich schläfrig und kuschelte mich noch tiefer in meine Decke. Konnte er nicht einfach wieder gehen? Ich wollte noch schlafen!
"Wie du willst, Kleines.", sagte mein Daddy und zog mir mit einen Ruck die Decke weg. "Aber die Decke nehme ich mit!"
"Och Dad! Gib mir meine Decke wieder!", sagte ich, hielt die Augen geschlossen und versuchte, mit meiner Hand nach der Decke zu greifen. "Bitttteee."
"Nein.", sagte er und ich konnte hören, wie er sich ein Lachen verkneifen musste. "Steh schon auf, Kleines."
Mit einen genervten Stöhnen öffnete ich meine Augen und richtete mich auf. Mein Vater stand in einem schicken Dreiteiler vor mir und seine blauen Augen funkelten belustigt. "Du bist so ein Faulpelz.", meinte er kopfschüttelnd und ging zur Tür.
"Heyy! Meine Decke...", rief ich und sah zu, wie er mit ihr um die Schultern davon ging.
"Die nehme ich mit.", meinte er und sein tiefes Lachen schallte durch den Raum. "Sonst schläfst du mir wieder ein und dann kommst du zu spät zur Schule, Prinzessin."
Als die Tür hinter ihm ins Schloss viel rappelte ich mich auf und ging ins Bad, um mich fertig zu machen. Eine halbe Stunde später war ich dann frisch geduscht, frisiert und angezogen. Make-up legte ich keins auf, da ich von Natur aus sehr dunkle, lange Wimpern und eine reine Haut hatte. Diese hatte ich von meinen Dad geerbt, genau so wie die winzig kleinen Sommersprossen, welche ich nur im Sommer bekam, die großen Lippen, die schwarzen Locken und die Grübchen. Allerdings hatte mein Vater strahlend blaue und ich regengraue Augen.
Ich hatte noch zwanzig Minuten Zeit, bevor ich mich mit Twenty am 'Stammplatz' traf.
Nun ging ich voller Freude in die Küche und wäre fast in meinen Vater hineingelaufen.
"Ohh vorsichtig, Kleines.", sagte mein Dad und wuschelte mir liebevoll durchs Haar.
"Daddy! Lass das, ich habe die gerade erst gestylt und du zerstört alles wieder.", quieckte ich lachend.
"Dann siehst du wenigstens so gut aus wie ich.", sagte mein Vater und zeigte auf seine kunstvoll verwuschelten Haare.
Ich zog nur die Augenbrauen nach oben und fragte. "So gut wie du? Gut?"
"Jaa. Denn ich bin stylisch und trendy.", sagte er und grinste.
Mein Vater war vielleicht Mitte vierzig, war aber trotzdem irgendwie jung geblieben. Er machte oft einen Spaß und zog uns mit irgendwelchen Dingen auf. Er war einfach der beste Dad überhaupt.
"Ja klar, Dad.", sagte ich sarkastisch und musste kichern, als ich seinen gespielt verletzten Blick sah.
"Das war nicht nett!", sagte er und lächelte danach ebenfalls. Doch dann wurde sein Gesicht wieder ernst und er schaute mir in die Augen. "Ich muss spätestens in einer halben Stunde im Büro sein. Ich kann dich also zur Schule mitnehmen, wenn du willst."
"Ja, super! Ich hol nur noch schnell meine Schultasche.", meinte ich, schnappte mir einen Apfel und rannte aus der Küche.
Ich liebte es mit Dad Auto zu fahren. Er fuhr ab und zu sehr schnell und drehte die Musik auf, zu welcher er dann lauthals mitssang.
Als ich wieder runterkam, gingen wir so gleich in die Garage und ich steuerte auf den silbernen Benz zu. Ich setzte mich rein und zog den Duft nach Zitrone ein, welcher an den frisch geputzten, hellen Leder haftete. "Ich liebe dieses Auto!"
Mein Vater lachte und schnallte sich an. "Oh ja. Ich auch."
Und dann ging es auch schon los. Gerade als wir aus unserer Ausfahrt fuhren, kam das Lied I'm a wanted man von Royal Deluxe und mein Vater drehte laut auf.
They didn't know it when they
turned me loose
I shot the sheriff and
I slipped the noose...
Und jetzt kam der Moment, indem mein Vater lautstark mitsang und das gar nicht mal so schlecht:
The law ain't never been
a friend of mine
I would kill again to keep
from doing time
You should never ever trust my kind...
Und nun sang auch ich mit. Allerdings klang ich eher wie eine Krähe, als wie ein Superstar:
I'm a wanted man
I got blood on my hands
Do you understand?
I'm a wanted man...
Oh. Mein. Gott. Das machte so Spaß! Royal Deluxe war eine unserer Lieblingsbands. Immer wenn eines ihrer Lieder im Radio kam, mussten wir laut aufdrehen. Das war Pflicht...
Und nun folgte mein Luftgitarrensolo!
"Däau däauuuun.", sang ich begeistert mit und bewegte meinen Kopf hin und her, sodass meine Haare herumwirbelten.
Mein Vater lachte und ich stimmte mit ein. Wenn mich jetzt jemand so sehen könnte... Jetzt kam der letzte Teil:
If you ask me to chance
I don't know
if I can
I'll always be
who I am
I'm a wanted man
I got blood on my hands
Do you understand?
I'm a wanted man
Mein Dad bewegte sich im Takt hin und er und wir beide sangen am Ende nur noch:
Wohohohohou Wohohoouuuu Wooohohohohouuu Wohohohohou
Meine Mutter musste immer lachen, wenn wir dies taten, sang aber selbst nie mit. Eigentlich war sie das komplette Gegenteil von Dad und mir. Sie war ruhig, sanft und... einfach viel zu viel sie selbst. Zwar lachte sie, wenn wir mal einen Spaß machten, aber selber machte sie keine Witze. Während wir nur so vor Energie zu pulsieren schienen, war sie eher eine Art Ruhepol. Genau diese Eigenschaft hatte mein Bruder James geerbt.
"So, Kleines. Wir sind da. Viel Spaß bei deinem ersten Schultag.", sagte er und riss mich somit aus meinen Tagträumen raus. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass wir schon auf dem Schulparkplatz waren.
"Dankeschön und dir auch einen schönen Tag im Büro.", lachte ich, stieg aus und winkte ihn nochmal zu, als er davon fuhr.
Kurz bevor ich den Benz nicht mehr sehen konnte, drehte ich mich auch schon um und lief zum Stammplatz. Ich hoffte einfach, dass Twenty schon da wäre, sodass ich mich nicht so allein fühlte zwischen den ganzen anderen Schülern.
Offenbar wurden meine Gebete nicht erhört, denn als ich um die Ecke kam, standen nur fünf andere Schüler aus der Oberstufe dort und... Moment mal... Ist das dort Melanie? Normalerweise fährt sie immer mit dem Bus und ist demnach einer der Letzten, die am Stammplatz ankamen. Wahrscheinlich hatte sie wieder einen neuen Freund, welcher sie zur Schule mitgenommen hatte.
"Hey.", begrüßte ich sie selbstbewusster, als ich mich in diesem Moment gefühlt hatte. "Schöne Ferien gehabt? "
Ich hoffte nur, dass man mir meine Nervosität nicht anmerkte. Ein Junge mit dunkelblonden Haar und einem verschmitzten Lächeln, kam auf mich zu und wollte mich umarmen, während er sagte. "Ja, aber leider viel zu kurz. Wie waren deine?" Ich glaube, er heißt Tim.
Ich erwiderte die Umarmung, da es öfter vorkam, dass einen irgendjemand umarmte, mit dem man vorher gar nicht so oft gesprochen hatte. Allerdings war das für niemand ein Problem, da es ein Zeichen war, dass man akzeptiert wurde.
Nur leider war es nicht normal, wenn man von diesem Personen an den Hintern angefasst wurde. "Meine auch. Du kannst jetzt also deine Hand wieder von meinem Arsch nehmen, Tim! "
Tim -offenbar hatte ich richtig geraten- fing allerdings nur an zu lachen. In diesem Moment hörte ich eine mir nur allzu bekannte Stimme. "Wenn ich noch einmal sehe, dass du sie dort anfässt, dann kannst du was erleben."
Nate.
Es klang nicht aggressiv, sondern er lachte dabei, hatte aber einen warnenden Unterton in der Stimme. In der gleichen Sekunden wurden mir die Augen zugehalten und ich vernahm Tatianas schallendens Lachen. "Wer bin ich?"
Ich fing ebenfalls an zu Grinsen und drehte mich zu ihr um, um sie zu umarmen. "Hiii. Gott sei Dank bist du da!", sagte ich erleichtert und wir wandten uns wieder der Truppe zu, welche Twenty ebenfalls begrüßten.
Plötzlich spürte ich, wie sich zwei Arme von hinten um mich schlangen und eine heißere Stimme mir ins Ohr flüsterte. "Ach und ich werde also nicht begrüßt?"
Die meisten der Schüler waren mit Twenty beschäftigt und als sie ihr Aufmerksamkeit dann wieder auf Nate richteten, hatte sich dieser schon von mir gelöst und mich in eine kurze Umarmung gezogen.
Ich war so überrascht, sodass ich für einen kurzen Moment einfach nur stumm dastehen konnte, bis Tatiana mich an der Schulter berührte. "Hey, alles klar bei dir?", fragte sie und ich nickte nur.
"Ja, alles ist gut. Ich war nur gerade ein bisschen... in Gedanken... ", meinte ich und schenkte ihr ein halbherziges Lächeln, welches sie mit einen ungläubigen Blick kommentierte.
Nates Berührung hatte eine Kribbeln auf meiner Haut hinterlassen und ein warmer Schauer lief mir über den Rücken. Ich konnte mir vorstellen, dass sich ein leichtes Rosa um eine Wangen ausbreitete.
Himmel! Der Kerl hatte aber auch eine Stimme!
"Du weißt doch, dass du mit mir über alles reden kannst, oder?", fragte sie vorsichtig und kniff leicht die Augen zusammen.
"Ja, das weiß ich!", sagte ich und verdrehte nur die Augen. "Sei nicht so misstrauisch! Es ist alles in Ordnung."
"Na wenn das so ist.", meinte sie nun endlich überzeugt. "Ich muss nochmal ins Sekretariat und dann mal kurz zu Ben. Kommst du bitte mit? Ich will da nicht alleine rein. Du weißt ja wie gruselig Mrs. Hortwad ist."
Froh darüber, dass ich endlich eine Ausrede hatte, um schnell vom Stammplatz zu verschwinden -oder wohl eher vor einer Person- nickte ich erleichtert und wir beide machten uns auf den Weg zur Schule.
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