Noch am Nachmittag, am Tag zuvor.
Nates Sicht:
Ich sah zu, wie Jordan davon schwam. Meine Augen klebten an ihr und ich verspürte den Drang, ihr nach zu schwimmen.
Keine Ahnung, was gerade genau passiert war. Ich hatte mit den anderen den Ball hin und her geworfen und als Jordan ins Wasser gefallen ist, ist der Ball gerade weiter weg geflogen und ich bin ihm nach, um ihn wieder zu holen.
Nach einen kurzen Augenblick sah ich, wie Callum Jordan folgte. Irgendetwas schloss sich in diesem Moment etwas um mein Herz. Fuck, was war das denn für eine kitschige Beschreibung? Aber es stimmte. Es fühlte sich an, als würde sich eine eiskalte Hand um mein Herz schließen und zudrücken.
Jetzt reiß dich zusammen, Winston! tadelte ich mich selbst und schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben.
"Kommt schon. Spielen wir weiter!" rief uns June entgegen, als sie gerade auf uns zu geschwommen kam.
"Was ist denn da gerade passiert?" fragte ich die anderen und ignorierte Junes Aufforderung.
Musste sie eigentlich immer so nerven? Manchmal brachte mich so eine helle, schrille Stimme echt zur Weißglut. Und Junes Stimme konnte weiß Gott so klingen.
Früher, als ich noch mit ihr zusammen war, hatte sie immer mit einer etwas tieferen, sinnlichen Stimme gesprochen. Sollte sie allerdings wieder mit dieser Hohen sprechen, habe ich ihr gesagt, sie soll mal damit aufhören. Das klang ja schrecklich.
Anscheinend hatte sie meinen Rad von damals nicht zu Herzen genommen, denn nun sprach sie wieder so schrill und verjagte damit die Enten auf der anderen Seite des Sees.
"Ach, nichts weiter. Jordan ist vom Boot gefallen und jetzt macht sie einen auf Drama-Queen und ist wie eine beleidigte Leberwurst abgezischt," erklärte June und wedelte genervt mit ihrer Hand. "Mit unseren lieben Callum, der ihr heldenhaft hinterher ist."
"Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du unausstehlich bist?" fragte Jemy und warf ihr einen wütenden Blick zu.
"Nein," sagte June bissig zurück und erwiderte den Blick.
"Tja, dann weißt du's ja jetzt," sagte er und zog kurz die Augenbrauen nach oben.
"Ich bin nicht unausstehlich!" verteidigte sie sich und stempte wütend die Hände in die Hüfte.
Nun mischte auch ich mich mit einem Grinsen sein. "Doch, bist du," sagte ich. "Und zwar genauuuuu jetzt."
June funkelte mich zornig an. "Viele Dank auch, Nate!" meinte sie, doch ich verdrehte nur die Augen.
Lexa und Betty mischten sich da nicht mit ein, warfen sich aber bedeutende Blicke zu, die ich als Junge nicht deuten konnte.
"Immer wieder gern," sagte ich und schenkte ihr ein breites Lächeln.
Mein Blick huschte aber wieder zum Ufer. Ich suchte nach Jordan und fand sie an ihrem Platz. Hinter ihr stand Callum und ich musste die Zähne zusammen beißen, um nicht zu ihnen zu gehen und Callum eine reinzuhauen.
Jordan hatte sich nämlich nach vorne gebeugt, um ihre Sachen aufzusammeln. Merkte sie denn nicht, dass Callum ihr auf den Arsch starrte?!
Verdammt, richte dich doch endlich wieder auf!
Zwar konnte ich aus dieser Entfernung nicht genau erkennen, ob er ihr wirklich auf dem Hintern starrte, aber jetzt mal im Ernst... Welcher Kerl würde das nicht tun?
Ich sah zu, wie sie sich ihr Kleid überstreifte und entspannte mich augenblicklich. Immerhin war er jetzt nicht mehr mit ihr allein, während sie halb nackt war.
"Also was war jetzt mit, Jordan?" fragte ich nochmal und schaute kurz zu den anderen.
Hoffentlich hatten sie nichts gemerkt, dass ich die ganze Zeit ans Ufer schaute, sonst hielten sie mich vielleicht noch für einen verrückten Spanner.
"June hat Jordy vom Boot geschubst und sie ist mit dem Rücken auf die Wasseroberfläche aufgeprallt. Das hatte sich ziemlich schmerzhaft angehört," sagte Jemy und schaute wieder wütend zu June.
Diese verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine beleidigte Miene. "Was kann ich denn dafür, wenn sie ihren Körper in dem Moment gerade hält? Sie hätte sich ja auch aufrecht halten können, so dass sie nur mit ihren kleinen Hintern aufgekommen wäre!"
Jemy verdrehte nur die Augen und sagte, "Boa, du bist so dämlich!" während ich rief, "Beleidige nicht ihren tollen Arsch!"
Daraufhin warfen mir alle einen verwirrten Blick zu, bis auf Jamie. Dieser verzog gespielt angewidert das Gesicht, "Baaahh. Ihr redet gerade über den Arsch meiner Schwester! Igitt, das will ich gar nicht wissen!"
Jamie ignorierend wandte Jemy sich wütend an mich. "Was hast du gesagt? Warum sagst du sowas über meine Schwester?"
"Ja! Wieso sagst du sowas?" fragte mich nun auch June vorwurfsvoll und klang dabei ziemlich verletzt.
Ich zuckte nur mit den Schultern. "Ich finde sie eben attraktiv," meinte ich. "Ist daran etwas auszusetzen?"
Jordan wollte nicht, dass irgendwer davon erfuhr, dass wir so ein seltsames Verhältnis zueinander hatten und das respektierte ich. Allerdings versetzte mir dieser Gedanke einen Stich. War ich ihr etwa peinlich? Sah sie das, was wir zusammen getan hatten, etwa als Fehler an? Würde sie es am liebsten rückgängig machen?
Ich würde es nicht rückgängig machen wollen. Ich würde es immer und immer wieder tun und ich wollte, dass Jordan das genauso sieht. Die Nacht war wunderschön gewesen. Ich würde es niemals laut aussprechen, aber das war das erste Mal gewesen, wo ich mich komplett um die Bedürfnisse meines Partners gekümmert habe.
Ich wollte, dass sie sich wohl fühlte und dass sie das gerne mit mir tat. Sie sollte sich bei mir geborgen fühlen und bei mir bleiben wollen. Ich bin zu ihr unglaublich sanft und zärtlich gewesen, wie ich es bei noch keiner anderen gewesen bin. Sie hatte einfach so zerbrechlich in meinen Händen gewirkt. Vielleicht hörte sich das jetzt etwas larmoyant an, aber zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich nicht nur mit einer Frau Sex hatte, sondern dass ich wirklich mit ihr Liebe machte.
Okay, das war wohl einen Ticken zu kitschig gewesen. Warum hatte ich nur solche Gedanken?! Fuck, ich bin Nathaniel Winston. Ich ließ mich dich nicht von einem Mädchen aus dem Konzept bringen.
Ich sollte mich mal zusammenreißen und endlich mal wieder runterkommen. Vielleicht sollte ich mich mal etwas von Jordan fernhalten? Ihr mal etwas Freiraum lassen? Dann könnten wir möglicherweise zu unseren früheren Leben zurückkehren?
Ich hörte im Hintergrund, wie sich June über Jordans Arsch beschwerte und dass er doch viel zu klein wäre. Unter anderen Umständen hätte ich etwas darauf erwidert, doch etwas anderes zog gerade meine Aufmerksamkeit auf sich.
Mein Blick glitt wieder zum Strand und ich erstarrte. Tausende von winzigen Nadeln bohrte sich in meine Brust und raubten mir den Atem. Was ich sah, war für mich wie ein Schlag ins Gesicht.
Auf der Wiese stand Jordan und ich konnte sehen, wie Callum seine Lippen auf ihre presste. Sofort wandte ich den Blick ab und versuchte mein schnell schlagendes Herz wieder zu beruhigen.
Die anderen fingen wieder an zu spielen, doch ich achtete gar nicht so genau auf sie. Meine Gedanken kreisten viel mehr um Jordan und Callum. Ich zwang mich, den Blick auf das Wasser zu richten, da ich sonst befürchtete, müsste ich mir das noch eine Sekunde länger angucken, würde ich durchdrehen.
Ich würde aus dem Wasser sprinten und Callum die verdammte Zunge aus dem Hals reißen! Wie konnte er sie einfach so küssen? Wusste er denn nicht, dass ich mich in letzter Zeit sehr mit ihr beschäftigte? Wusste er denn nicht, dass ich sie mochte?
Aber natürlich weiß er das nicht!
Schließlich ist er erst hier her gezogen und kannte mich vorher gar nicht. Vielleicht dachte er, so ein Verhalten wäre normal für mich? Aber selbst wenn er mich gekannt hätte, hätte er es überhaupt gemerkt? Immerhin redete ich nicht über sie und habe auch sonst keinerlei Andeutungen gemacht.
Zwar wusste ich, dass Tim und Ben mir ab und zu mal ein paar komische Blicke zu warfen, wenn ich zu Jordans Tisch schaute, aber gesagt hatten sie noch nichts.
Nach einer Weile konnte ich mich dann noch nicht mehr beherrschen und blickte wieder zu Jordan, aber sie war weg. Von ihr und Callum war keine Spur mehr. Wo sind sie hingegangen? Verdammt, ich hätte doch zu ihr gehen sollen! Vielleicht fahren sie jetzt zu ihm nach Hause, um dann weiter zu knutschen oder... oder um noch schlimmere Sachen zusammen zu machen!
Fuck, sowas durfte ich noch nicht mal denken! Noch viel mehr Wut machte sich in mir breit und ich hatte das Gefühl, zu platzen, wenn ich sie nicht augenblicklich raus lassen würde.
"Nate, pass auf! Der ist für dich!" rief mir Jamie zu und warf mir den Ball entgegen.
Eigentlich ist mir die Lust aufs Ballspiel gründlich vergangen, aber ich hatte auch keine Lust, dem Ball auszuweichen. Daher nahm ich meine Wut zusammen und schlug mit voller Wucht gegen die rote Kugel.
Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit flog sie über die Wasseroberfläche und knallte dann gegen das Trettboot. Die anderen sahen mich entgeistert an.
"Wow, na da ist ja jemand gut drauf," sagte Jamie und schaute zu dem kleinen Ball, der vom Boot abgeprallt war und nun ein paar Meter von diesem entfernt schwimmte.
"Ich geh jetzt nach Hause!" sagte ich nur und lief durchs Wasser zurück zum Strand.
___
Als ich nach Hause kam, war meine Schwester mit Ben schon da. Beide warfen mir einen besorgten Blick zu, als sie meine grimmige Miene sahen. Sofort stürmte ich an ihnen vorbei in mein Zimmer und verschloss die Tür hinter mir. Ich wollte einfach mit niemanden reden, sondern nur noch allein sein.
Mehrmals klopfte es an meiner Tür, doch ich machte nicht auf. Stattdessen drehte ich die Musik nur noch weiter auf, um ihnen zu zeigen, dass ich in Ruhe gelassen werden will.
Da ein paar Stunden endlosen Schmollen, wurde ich allerdings müde und legte mich ins Bett, doch als ich unter der Bettdecke lag, konnte ich einfach nicht einschlafen.
Meine Gedanken kreisten weiterhin um Jordan und Callum. Liebte er sie? Liebte sie ihn? Was hatten sie nach dem Kuss noch getan? Dachte Jordan gerade an mich? Unzählige Fragen schwirrten in meinen Kopf, auf die ich keine Antwort kannte.
Ich versuchte zu schlafen, aber ich konnte einfach nicht. Wenn ich die Augen zu machte, sah ich nur Callum, wie er meine Jordy küsste. Dieses verdammte Arschloch! Immer wenn ich an den Kuss dachte, machte sich eine unglaublich Wut auf ihn in mir breit.
Aber was ist, wenn es gar nicht Callum war, der denn Kuss wollte? Was ist, wenn es Jordan war? Scheiße, darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht!
Nun konnte ich gleich recht nicht mehr schlafen. Ich schaute zu der Uhr. Hm, wir hatten es mittlerweile ein Uhr morgens. Sie würde bestimmt schon schlafen. Ich wollte sie nicht wecken, aber ich musste es herraus finden!
Noch einmal versuchte ich mein Glück, drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Die Sekunden verstrichen.
Ich lauschte den Wecker. Tick Tack Tick Tack... Gott, konnte das nerven! ...Tick Tack... Hatte das Geräusch auch Jordan genervt, als sie hier geschlafen hatte? Verflucht, ich sollte doch nicht an sie denken! ...Tick Tack Tick Tack Tick Tack... Sie hätte mir bestimmt gesagt, wenn das Ticken sie genervt hätte.
"Schon wieder! Nicht an sie denken!" tadelte ich mich selbst und drehte mich wieder auf die andere Seite.
Tick Tack Tick Tack Tick Tack... Und bestimmt hätte sie mir auch gesagt, wenn sie etwas für Callum empfunden hätte.
"Ach leck mich doch!" rief ich aufgebracht und schmiss die Bettdecke von mir.
Dann würde ich wohl einfach zu ihr fahren und es herraus finden müssen!
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