"Unwissenheit ist ein Segen"
Guten Abend, wünsche ich!
Es war ziemlich schwer, eine passende Geschichte zu diesem Zitat zu finden, deshalb hat es auch so lange gedauert. Dafür entschuldige ich mich. Die nächsten OS werden definitiv schneller kommen. Nun wünsche ich viel Spaß beim Lesen!
Zitat: Unwissenheit ist ein Segen
Wörterzahl: 1066
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Gehetzt schreite ich die Treppenstufen der U-Bahn-Station hinunter. Immer wieder schaue ich über die Schulter, um sicherzugehen, dass mir auch ja niemand folgt. Ich bin so nervös, dass Schweißperlen über mein Gesicht laufen- Hoffentlich fällt es niemandem auf. Dort vor mir fährt am Gleis die korrekte Linie ein, ich beeile mich, einen schnellen Platz zu ergreifen. Außer Atem lasse ich mich auf das ungemütliche Polster fallen und nehme zum ersten Mal seit einer Ewigkeit die Sonnenbrille ab. Ich spüre Blicke anderer Mitfahrgäste auf mir ruhen. Okay, ganz ruhig, nicht auffällig wirken. Mit der einen Hand streiche ich mir durch das Gesicht, um die Feuchtigkeit loszuwerden. Die Brille klemme ich an den Kragen meines weißen T-Shirts und aus der linken Hosentasche ziehe ich mein Smartphone hervor. Wie wirkt man am normalsten in der Hamburger U-Bahn? In dem man abwesend auf das Display starrt und die Welt um sich herum ausblendet. Vielleicht ist das genau das, was ich in diesem Moment gebrauchen kann.
Kaum bin ich aus der Bahn gestiegen, erhalte ich die nächste Anweisung.
Wir treffen uns am gewohnten Punkt, 17 Uhr. Es ist was schief gegangen.
Ich weiß, was das bedeutet, von wem diese Nachricht stammt. Mich überkommt erneut das Gefühl, dass ich verfolgt werde. Langsam drehe ich den Kopf nach hinten und beobachte einen Haufen Touristen, die wild Fotos von der Elbphilharmonie schießen. Es ist nicht mehr weit, bis zu meiner Wohnung. Der Ort, der einst Sicherheit ausstrahlte. Bei dem ich mir sicher war, dass ich dort verbleiben könnte, vielleicht sogar für immer. Aber das hat sich verändert, vor zwei Wochen wurde mein Leben ungewollt umgekrempelt und heute soll der letzte Tag in meinem bisherigen Leben sein. Ich habe Angst davor, aber vor allem habe ich Angst um das Leben der Person, die mir alles bedeutet. Die Person, die dort in der Wohnung auf mich wartet und von all dem gar nichts weiß.
Noch immer kann ich keine Menschenseele ausfindig machen, die es auf mich abgesehen haben könnte und so beeile ich mich schnellen Schrittes, endlich die Wohnung zu erreichen. Mir bleibt nicht viel Zeit. Nein, uns. Denn auch sie ist von nun an davon betroffen.
Mit zittrigen Fingern schließe ich die Wohnungstür auf. Ich schlüpfe hinein, lasse die Schuhe an den Füßen. Die Zeit haben wir nicht. Gleich wird sie mich freudenstrahlend Begrüßen, mich umarmen und mich nach meinem Tag fragen. Aber dazu werden wir nicht kommen, wir müssen uns beeilen. Ich gehe ins Schlafzimmer, ziehe das Shirt aus. Ich brauche ein anderes Hemd, vielleicht haben sie mich doch gesehen. Ein hässliches grünes Polohemd soll es sein, was mir meine Oma vor Jahren zu Weihnachten schenkte. Nie habe ich es getragen, doch jetzt ist es ideal. Nur noch eine Tasche packen, eine, für all die Jahre.
„Hey Papa, was machst du denn da?", höre ich ihre zarte Stimme aus Richtung der Tür.
Ich sehe auf, direkt zu ihr. Sie steht da, die perfekte Frau. Ihr liebstes hellblaues Sommerkleid trägt sie, die blonden Haare sind geflochten. Ich hatte es heute in der Früh für sie getan.
„Ich kann dir leider nichts genaues erklären, aber du musst jetzt ganz genau zuhören, was ich dir sage, mein Liebling", spreche ich zu ihr und lege meine Hände auf ihre Schultern.
Ihre warmen grünen Augen erwidern meinen Blick irritiert und ängstlich, und es tut mir leid, ihr das antun zu müssen. So lange hat sie sich gewünscht, endlich Freunde zu finden und glücklich zu werden, nach dem wir doch so oft umziehen mussten und nun soll ich ihr dieses perfekte Leben wieder nehmen?
„Ist etwas passiert?", fragt sie mich, aber ich kann ihr noch keine Antwort geben.
„Bitte hör mir zu, Mia. Du gehst jetzt in dein Zimmer und packst eine Tasche mit Kleidung, Waschsachen und vielleicht noch Büchern. Aber du musst dich beeilen, ja?"
„Aber warum denn?"
„Mia, ich bitte dich."
Noch verwirrter als zuvor verlässt sie mein Schlafzimmer. Ich muss mich für einige Sekunden setzen. Auch wenn das Adrenalin noch immer durch meinen Körper schießt, so werde durch meine Gedanken ausgebremst. Wenn sie doch nur wüsste, worum es hier geht, aber es würde ihr das Herz brechen. Nie hätte gedacht, dass dieser Mensch zu solchen Taten fähig ist, den ich einst so sehr liebte. Es ist Mias und meine einzige Chance auf ein sicheres Leben.
Der Treffpunkt ist nicht weit, am alten Elbtunnel werden sie auf uns warten. Erneut trage ich meine Sonnenbrille, zusätzlich habe ich mir eine Cap aufgesetzt. Mia habe ich ein Tuch um den Kopf gebunden, damit uns ja niemand erkennt. Wir können nicht mit dem Auto fahren, zu auffällig.
„Papa? Wo gehen wir hin? Ich habe Angst."
„Du brauchst keine Angst zu haben, mein Schatz. Es wird alles gut werden, du wirst sehen."
„Aber worum geht es denn überhaupt? Ich verstehe das nicht."
„Unwissenheit ist ein Segen, zumindest manchmal. Ich werde dir alles zu einem späteren Zeitpunkt erklären, aber fürs Erste müssen wir uns beeilen", erkläre ich nur und sehe schon unseren Zielort.
Keine Sekunde zu spät erreichen wir den Ort, an dem wir auf sie treffen. Der schwarze Multivan parkt am Rande des Parkplatzes, ein schwarzhaariger Mann mit Sonnenbrille und dunkler Kleidung lehnt an der Fahrertür. Neben ihm eine blonde, ähnliche gekleidete Frau.
„Mia, wir werden jetzt zu diesen Leuten dort ins Auto steigen. Sie bringen uns an einen anderen Ort, den wir jetzt noch nicht wissen. Mein Schatz, ich kann dir noch nicht viel sagen, aber wir müssen in Sicherheit gebracht werden, verstehst du? Ich erkläre dir alles während der Fahrt."
Mia nickt nur und ich sehe ihr an, wie ängstlich sie ist. Noch einmal umarme ich sie fest. Wir gehen zu den Leuten, die uns mit knappen Worten begrüßen. Sie kontrollieren genau, ob uns jemand folgt und sie neben unsere Smartphones an sich. Die SIM-Karten werden sofort entfernt. Wir sollen uns in das Auto setzen, die Schiebetür wird zugezogen.
„Sind Sie bereit? Ab jetzt wird alles anders", spricht die Frau, die auf dem Beifahrer sitz platzgenommen hat.
Ich bejahe diese Frage, ich bin mehr als bereit. Auf in ein neues und sicheres Leben, auf in eine neue Welt. Du wirst niemals gewinnen, Sofia. Niemals.
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